Hallihallo,
... Uns Kindern wurden damals noch völlig andere Dinge vermittelt! Wert der Freiheit, Leistungsgesellschaft usw.
Das sind m.E. systematische Versuche unsere westliche Gesellschaft auf allen Ebenen zu zerstören!
Ich freue mich, wenn Du Deine Kindheit so positiv in Erinnerung hast
Meine Erinnerung: ich bin mit Kinderbüchern aufgewachsen (2 sprachig - beide im selben "Ton", mit den selben Botschaften) - Du musst gehorsam sein, sonst passiert Dir was Schreckliches.
(Gebrüder Grimm - wenn man seine Suppe nicht isst, stirbt man. Hänsel und Grätel (von den Eltern im Wald ausgesetzt). Schneewittchen wird von der Stiefmutter vergiftet/umgebracht usw...)
Also sooo friedlich fand ich die damalige Zeit nicht.
Freiheit war, dass wir Kinder einfach rumlaufen durften und keinen hat es gekümmert. solange wir "keinen Blödsinn" gemacht haben. Aber das war eher vom Aspekt her, dass die Eltern keine Zeit hatten sich um uns zu kümmern und froh waren, dass wir uns selbst beschäftigt haben.
Ansonsten war schon "Gehorsam" absolut im Vordergrund. Nach "außen funktionieren". Ein "nützliches Mitglied der Gesellschaft".
Schwarze Pädagogik, wohin man schaute (schlaf endlich, sonst holt Dich die Hexe/der schwarze Mann wenn Du böse bist. Der Nikolo kommt nur wenn Du brav bist, wenn nicht, kommt der Krampus und bringt Dir Kohlen und tut Dir eventuell weh. Nur wenn Du brav bist, kommt das Christkind... Katholische Kirche ist ja sensationell in ihrem gut/böse Framing).
Das Framen von "Sozialschmarotzern", wenn jemand - warum auch immer - nicht in der Lage war, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen - auch sehr beliebt damals (zumindest in Ö hat sich das massiv gebessert).
Ich hab erst als Teenager mitbekommen, dass es Kinder gibt, die daheim nicht geschlagen wurden. Das fand ich total seltsam. (ich hab schon gespürt, dass das was meine Mutter gemacht hat, nicht ok war. Aber in meiner Welt bin ich davon ausgegangen, dass es allen Kindern so geht. Die meisten, die ich kannte, wurden auch auf die eine oder andere Art körperlich "diszipliniert".
Mittlerweile ist es verboten Kinder zu schlagen, aber bis vor 30 Jahren, war es gesetzlich nicht untersagt:
Als viertes Land von aktuell 33 Staaten hat Österreich – nach Schweden (1979), Finnland (1983) und Norwegen (1987) – mit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 1989 das Gewaltverbot in der Erziehung eingeführt.
www.oe-kinderschutzzentren.at
(in den letzten Jahren habe ich einige "meiner Generation + Älter" kennen gelernt, die es heute noch "normal" finden ihren Kindern/Enkelkindern eine "gsunde Watschen" zu geben. (interessanter Weise schauen sie alle ganz geschockt, wenn ich dann sage, ob sie auch ihren Partner prügeln bzw. der sie "aus Liebe und pädagogischen Gründen" prügelt, weil man ja dadurch so viel lernt und das so "gsund" ist - Abwasch nicht gemacht? Watschen... Vergessen Mehl zu kaufen? Ein kleiner Tritt. - na wenn es doch "so gesund ist", müssten wir Erwachsenene es uns doch auch gönnen? (triefender Sarkasmus Ende). Da sitzen die Kinheitsprogrammierungen tief...)
Mein Vater und meine Mutter wurden noch in der Schule von ihren LehrerInnen geschlagen. Meine Mutter auch von ihren Eltern und div. Verwandten. Das was "normal".
Mein Lebensgefährte wurde von einer Nonne in der Schule gequält/musste im Eck auf Holz knien als Kindergarten- und dann auch als Volksschulkind usw...
Ich hab vom Religionslehrer/Pfarrer regelmäßig mit dem Heft eins übergezogen bekommen am Kopf oder eine Kopfnuss kassiert, wenn ich getratscht hab.
In der Öffentlichkeit war es "normal" dass Kinder von Erwachsenen eine Watschn bekommen haben. Von Wildfremden, die sich angemaßt haben sie auf diese Art und Weise zu disziplinieren.
Die Mehrheit stand daneben und hat den watschenden Erwachsenen beigepflichtet, man müsse den Rotzpipn Disziplin beibringen.
Jene, die dazwischen gegangen sind (zB mein älterer Bruder), mussten fürchten auch eine "geschmiert" zu bekommen, weils so "deppat waren"...
Alles "normal" damals... (und wir wundern uns, woher die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft kommt).
(und ich erlebe "am Land"/in meiner Gegend, leider, dass vieles vom obigen noch immer "normal" ist für manche).
***
In Ö: wenn der Bauer seine Frau misshandelt hat, wurde das in Ö lange vorm Bezirksgericht verhandelt (wenn überhaupt. Frau war, so wie, Kind quasi rechtlos - Gewalt in der Ehe war "normal". Da gibt es auch Tonnen Frauenwitze, die das abbilden).
Kindesmisshandlung kam nicht vor Gericht, außer es war extrem bzw. sexuelle Misshandlung - auch da kam nur die Spitze des Eisberges an den Tag. Dann aber auch nur vor das Bezirksgericht.
Hat der Bauer hingegen Schwein misshandelt, kam das auf nächster Instanz zur Verhandlung (Landesgericht). Wenn er Frau (Kind) + Schwein misshandelt hat, kam dann nach einer Novelle beides vors Landesgericht (man wollte das Schwein nicht schlechter stellen. Das wäre gegen die Grundrechte gewesen. Daher hat man dann die Frau "hochgestuft" und ihr Fall durfte mit dem Schwein gemeinsam am Landesgericht verhandelt werden).
(*das mit dem Bauern war ein realer Fall. Der wurde dann genutzt, um die Unterscheidung zwischen Schwein (aka Tier bzw. Sache) und Mensch anzugleichen. Also nicht mehr die Wertigkeit von "Sache" über "Mensch" zu stellen. Natürlich kann Bauer durch "Mann" ersetzt werden oder durch "Frau" oder Lehrer/in... ersetzt werden).
Da rennen noch viele der alten "Fehlprogramme" in unserer Gesellschaft mit...
Und ja, einiges habe ich auch als besser in Erinnerung. Aber vieles von den "alten, verstaubten" Regelungen und Bräuchen war nicht besser. Im Gegenteil.
Wir als Menschheit können/dürfen/sollen uns weiterentwickeln. Über alles diskutieren dürfen. Versuchen es besser zu machen und besser zu leben.
Da gehört für mich auch die Toleranz dazu, es zu respektieren, auch wenn man es nicht gut findet/es nicht nachvollziehen kann. (umgekehrt gezwungen zu werden auch so "leben zu müssen" - aka Impfpflicht etc. geht natürlich auch nicht).
***
Zu der schönsten Frau der Welt, scheint mir passend:
Egoismus besteht nicht darin, dass man sein Leben nach seinen Wünschen lebt, sondern darin, dass man von anderen verlangt, dass sie so leben, wie man es wünscht. Und Selbstlosigkeit heißt, andere in Frieden lassen und sich nicht in ihre Angelegenheiten mischen. Der Egoismus ist immer bestrebt, um sich herum eine absolute Gleichheit des Typus zu schaffen. Die Selbstlosigkeit erkennt die unendliche Vielfalt des Typus als etwas Kostbares an, stimmt ihr zu, geht darauf ein, ja, erfreut sich daran. Es ist keineswegs egoistisch, an sich zu denken. Wer nicht an sich denkt, denkt überhaupt nicht. Es ist äußerst egoistisch, von dem Mitmenschen zu verlangen, dass er in derselben Weise denken, dieselben Meinungen haben soll. Warum sollte er das? Wenn er denken kann, wird er wahrscheinlich verschieden denken. Wenn er nicht denken kann, ist es lächerlich, überhaupt Gedanken irgendwelchen Art von ihm zu verlangen. Eine rote Rose ist nicht egoistisch, bloß weil sie eine rote Rose sein will. Sie wäre schrecklich egoistisch, wenn sie von allen anderen Blumen des Gartens verlangen wollte, dass sie nicht nur rot, sondern auch Rosen sein sollten. Unter dem Individualismus werden die Menschen ganz natürlich und vollkommen selbstlos sein, sie werden die Bedeutung der Worte kennen und sie in ihrem freien, schönen Leben anwenden.
(Oscar Wilde, Hervorhebungen von mir)
lg togi