Hallo, liebe Petra!
Eins ist ganz klar: Du wirst dich nicht von heute auf morgen da rausholen können. Es wird dauern und je mehr Panik du bekommst, desto schlimmer ist es. Es hilft nichts, darüber nachzudenken, ob du vielleicht nie wieder gesund wirst. Das blockiert dich nur und macht dich fertig. Was du geschrieben hast, erinnert mich an das Beispiel von jemandem, der mit dem Fahrrad einen steilen Berg runtersaust und unterwegs merkt, dass das die falsche Richtung ist. Bei einer Vollbremsung legt man sich bestenfalls auf den Hintern, wahrscheinlich wird aber viel mehr passieren. Und den Lenker rumreißen und die andere Richtung nehmen, kann auch nicht klappen. Also muss man langsam anhalten,
absteigen und umdrehen. Und – leider – erstmal schieben.
Magst du uns nicht etwas über dein Leben erzählen – ob du ganz alleine bist, ob du arbeitest oder krankgeschrieben bist, an was du Freude hast, was dich belastet... Vielleicht finden wir ja gemeinsam raus, wie du aus deinem Loch wieder rauskommst. Mach dir klar, dass du nicht alleine bist, sondern immer hier schreiben kannst. Das hat schon bei anderen geholfen und vielleicht hilft es ja auch dir. Dass ich der Meinung bin, dass du irgendwie von deinen Psychopharmaka runterkommen musst, habe ich dir ja schon geschrieben. Aber ich schrieb ja auch, dass du das nicht alleine kannst (dazu brauchst du am besten einen Profi). Und dass man so etwas nicht abrupt absetzen kann, ist ja ohnehin klar. WAS mir nicht klar ist, ist die Frage, WARUM du diese Medikamente bekommen hast. Was für einen Befund gab es, der sagte, dass du so etwas nehmen MUSST? Oder warst du durch dein Schilddrüsen-Durcheinander ganz einfach so durch den Wind, dass dich jemand "ruhigstellen" wollte, weil du zu unbequem warst in deiner Panik? Durch diese Fragen steige ich nicht durch. Ich weiß nur von mir selber, dass alles, was medikamentenmäßig auf die Psyche einwirkt, meinen Verstand ausschaltet und ich den Gefühlen hilflos ausgeliefert bin. In meinen früheren Jahren habe ich mich das eine oder andere Mal auf so etwas eingelassen und empfand es als schrecklich, keine Zugang zu meinen Gefühlen mehr zu haben. Ich war meinen Gefühlen ausgeliefert und hatte keine Möglichkeit, mit meinem Verstand dagegenzuarbeiten. Ich bekam Angstzustände, Atemprobleme, Todesängste – und ganz ehrlich bekommt niemand mehr so etwas in mich hinein. Ich werde meinen Willen nie wieder von Medikamenten brechen lassen. Und wenn die Ängste kommen, dann stelle ich mich ihnen entgegen und sagen ihnen, dass sie ruhig kommen sollen und dass ich garantiert nicht vor ihnen zurückweichen werde. Manchmal komme ich mir vor wie Gandalf, der sagt "DU kommst NICHT vorbei!!!"

Aber ich habe gelernt, dass man vor seinen Gefühlen nicht weglaufen darf – und auch nicht kann, denn sie finden immer einen Weg – und dass der eigene Wille und der eigene Verstand dafür gemacht wurden, alles zu überwinden, was sich uns in den Weg stellt.
Ich persönlich bin der Meinung, dass sich im Körper sehr viel wieder von allein einpendelt, wenn man zur Ruhe kommt und die Auslöser der psychischen Probleme aus der Welt geschafft wurden. Es mag ja gut sein, dass man nitrosativen Stress hat, auf Magnetfelder reagiert und was weiß ich nicht noch alles. Und sicher muss man manchmal auch intensiv dagegen angehen. Aber, so glaube ich mittlerweile, der Körper hat so viele Selbstheilungskräfte, dass er sehr viel von alleine regelt, wenn er die Chance dazu bekommt. Ich rede dabei nicht von Psychosomatik, das ist noch etwas anderes. Ich rede davon, dass der Körper tatsächlich Schaden nimmt, wenn die Seele zu lange leidet und der Körper sich dabei übernimmt, alles alleine zu tragen. Die Nebennieren gehen kaputt, alle Hormone fangen an zu spinnen, die Schilddrüse leidet immer mehr – die Spirale dreht sich immer schneller. Irgendwann hat man viele Symptome, die von den Ärzten tatsächlich als Krankheiten identifieziert werden können: Diabetes, Autoimmunerkrankungen, Arthrose, Allergien, Überempfindlichkeiten... Das kann so weit gehen, dass der Körper ganz kaputt geht. Aber sowie Körper und Seele zur Ruhe kommen durften und endlich die Möglichkeit haben, sich zu regenerieren, setzt sehr oft die Selbstheilung ein und langsam, ganz langsam heilt der Körper wieder.
Ich denke, dass du mit dem Rad eine Vollbremsung gemacht hast und noch immer deine einzelnen Knochen zusammensammelst, um sie zu nummerieren. Wenn du dich irgendwann wieder zusammengesetzt hast, kannst du dich auf den Weg nach oben machen. Und bei der Steigung deines persönlichen Berges wird es eine anstrengende Angelegenheit werden. Aber wenn du entschlossen bist, die Dinge annimmst, wie sie im Moment sind, Steinchen für Steinchen wegräumst, wenn sie dir im Weg liegen, und daran glaubst, dass alles wieder gut ist, wenn du oben angekommen bist, dann wird auch tatsächlich alles gut. Vielleicht kannst du nie wieder Bäume ausreißen, aber ganz kleine Bonsais bestimmt.
Ich fürchte, im Moment kann dir niemand sagen, welche Abzweigung für dich die beste ist. Ich an deiner Stelle würde noch einmal nach einem neuen Nuklearmediziner suchen, der sich meine kläglichen Schilddrüsenreste anschaut und mir erklärt, wie ich mit dem, was jetzt bei mir Tatsache ist, umgehen kann, um wieder gesund zu werden. Und wenn der Arzt doof wäre, würde ich den nächsten suchen. Und ich würde mir einen Umweltarzt suchen, der mich auf alle anderen Sachen noch mal untersucht. Natürlich kannst du den Umweltarzt nur nehmen, wenn du dir das Geld dafür leisten kannst. Aber vielleicht gibt es ja welche, die nur Teile privat abrechnen und etliches über Krankenkasse. Zumindest war ich bei solchen Ärzten. Gerade bei der Schilddrüse hilft es nichts, einfach aufzugeben. Ich würde immer weiter suchen, bis ich den passenden Arzt dafür gefunden hätte. Bei mir hat es auch lange gedauert, aber dann hatte ich MEINE NUKLEARMEDIZINERIN! Sie hört mir zu, versucht zu helfen, ich vertraue ihr und bin froh, nicht alleine zu sein mit meiner Schildi.
Gib nicht auf! Sortiere deine Gedanken, finde zu dir selbst, und lass dir von uns helfen, wenn du Zuwendungen oder Rat brauchst. Du musst das alles nicht alleine durchstehen, kannst dir jederzeit Trost und Rat holen. Nur leider musst du alleine dein Fahrrad den elenden Berg hochschieben, wenn du wirklich gesund werden willst. Und vielleicht ist es tatsächlich so, dass du von nun an einige Einschränkungen haben wirst, die du wirklich akzeptieren musst, weil sie von nun an zu dir gehören. Aber mein Gefühl sagt mir, dass die Sache ganz und gar nicht so schwarz ist, wie sie dir im Moment scheint. Es wird sicher ganz viel wieder gut!
Fühl dich ganz lieb umarmt!
Viele liebe Grüße :wave:
Sonora