Hier vom Sonntag eine Diskussionsrunde mit Anne Will und ihren Gästen Malu Dreyer, Ranga Yogeshwar, Hendrick Streeck, Martina Weisband und Frank Ulrich Montgomery zum Thema: Ein halbes Jahr Corona-Krise - geht Deutschland mit der richtigen Strategie in den Herbst?
Streeck ist für die Einführung eines Ampel-Systems und der Einhaltung guter Hygienekonzepte und Trial and Error - Ausprobieren, was geht und was nicht. Pauschale Aussagen seien kein guter Weg. Unter guten Hygienekonzepten können auch geschlossene Räume wie Bars/Discos etc wieder geöffnet werden.
Weisband spricht sich für den Ausbau von Luftfilteranlagen in Schulen, Auslagerung des Unterrichts in vorhandenen zusätzlichen Räumen, mehr Personal und die Gewährleistung von hybridem Unterricht - online/Präsenzunterricht- aus.
Ranga betont, dass durch mittlerweile mehr Faktenkenntnisse die Lage differenzierter zu bewerten ist, regionale Betrachtungen erfordern eventuell unterschiedliches (angepasstes) Handeln. Beim Vergleich von Kreuzfahrtschiffen (mit und ohne Maske) hätte sich auch die positive Wirkung von Masken bestätigt. Der kommende Herbst und Winter berge durch geschlossene Räume und eingeschränkter Belüftung noch zusätzliche Herausforderungen an die Hygienemassnahmen, als im vergangenen Halbjahr.
Seiner Meinung nach, ist, - auch wenn die Zustimmung lt. Umfrage zu den Maßnahmen bei 66% liegt, 18% fordern sogar strengere- dass eine teilweise Ermüdung dazu deswegen passiert, weil Corona eher als abstrakte Gefahr wahrgenommen wird. Man kennt, im Gegensatz zu anderen schwer betroffenen Ländern, weniger erkrankte Personen.
Montgomery findet, dass widersprüchliche Regeln das Vertrauen der Bevölkerung in die Maßnahmen schwächen können und setzt gemeinsam mit den anderen Teilnehmern eine transparente Kommunikation mit der Bevölkerung in den Vordergrund.
Dreyer erläutert, dass in ihrem Bundesland bereits daraufhin gearbeitet wurde, Vertreter aus allen Bereichen bei Entscheidungen zu Maßnahmen regelmäßig mit einzubeziehen. Der Schul- und Kitabetrieb in Rheinland-Pfalz sei mit gut durchdachter Planung angelaufen und sie ist zuversichtlich, dass die Situation auch so positiv bleibt. Man dürfe die Situation allgemein aber nicht unterschätzen. Die Gesundheitsämter dürften in der Nachverfolgung der Kontakte nicht überfordert werden, bedeutet Neuinfektionen sollten ein gewisses Maß nicht übersteigen. Der solidarische Ansatz, Risikogruppen im Auge zu behalten und zu schützen, darf nicht verloren gehen.
Auf die Frage, warum die Intensivbetten -Belegungen und Todesrate trotz gestiegener Infektionsraten (nahe denen im April) bisher im Vergleich zum April niedrig geblieben sind, antwortet Streeck, dass dies an mehreren Faktoren liege. Diese Zahlen seien deshalb nicht miteinander vergleichbar, da zum einen viel mehr getestet wird und damit auch die Dunkelziffer sehr viel besser ausgeleuchtet und zum anderen sind deutlich jüngere infiziert, die mehr milde Verläufe haben und es wurde noch nicht in die ältere Bevölkerung getragen. Ein weiterer Faktor ist, dass die AHA-Regeln die Viruslast für eine schwere Erkrankung entscheidend verringern.
Befürwortet wurde von allen das von Streeck vorgeschlagene Ampelsystem und eine verbesserte Kommunikation und Einbeziehung der Bevölkerung, um das Gefühl von Kontrolle auch seitens derselben zu verstärken und deshalb auch weniger an Fake News oder Verschwörungsthesen Anteil und Glauben haben zu wollen.
Über die Corona-Pandemie in Deutschland diskutieren Malu Dreyer, Ranga Yogeshwar, Hendrik Streeck, Marina Weisband und Frank Ulrich Montgomery.
www.ardmediathek.de