Du meinst, dass Substanzen wie K2 MK-4 und Q10, Epimedium, Forskolin und Bor dann besser (weil sicherer) wären, um zu stark aktivierte TH1-Anworten zu dämpfen? Verstehe ich Dich richtig? Wo liest Du nur so was?
Nein. Ich meinte, dass u.a. diese Substanzen u.a. auch immunologisch hemmend wirken und fragte daher, welche Nische mit der Verwendung von Lithium im Vergleich und Gegensatz zu anderen Wirkstoffen gefüllt wird.
Zu Lithium findet man eine gewaltige Anzahl an (Labor)Studien. Wenn man die richtigen Schlüsselbegriffe schließlich ausgemacht hat wird es wirklich interessant:
Allgemein wirke Lithium im Wettstreit mit Magnesium hemmend auf Enzyme, die Magnesium verwenden. Auch Beryllium und Zink stehen in Wettbewerb zu Magnesiumbindung und können ähnlich Lithium hemmen.
Am vielleicht bedeutendsten für die Wirkung von Lithium ist die
Hemmung der Glycogen synthase kinase-3 beta (GSK-3β):
Eine umfangreiche Gesamtschau darüber bietet bswp. dieser Artikel:
Glycogen synthase kinase-3: a putative molecular target for lithium mimetic drugs
Neuropsychopharmacology . 2005 Jul;30(7):1223-37.
GSK-3β als Teil des intrazellulären Immunsystems steigert viele wichtige intrazelluläre Signalwege wie p53, CREB, BAX (pro-apoptotisch, also zum Zelltod führend) und zwar als Antwort auf ganz verschiedene Stressoren:
- Intrazelluläre Erreger oder
- extrazellulre Erreger oder deren Endotoxine und Lipopolysaccharide
- zuviel Cortisol (Stress),
- chronischer Stress induziert mehr GSK-3beta Aktivität.
- Toxine,
- mechanisches Trauma,
- oxidative oder nitrative/nitrosative Radikale,
- Sauerstoffmangel/Durchblutungsmangel usf.
- Ischämie/Zerebrale Durchblutungsstörungen induzieren mehr GSK-3beta Aktivität im Rahmen vaskulärer Ursachen für Demenz.
GSK-3β ist ein primärer Regulationsmechanismus für das Überleben von Nervenzellen.
Durch Hemmung von GSK-3β wird anstelle erhöhter Apoptose der WNT/β-catenin Signalweg eröffnet mit wesentlicher Bedeutung für die Zelldifferenzierung.
Das Dilemma einer (kurzfristig sinnvoll) erhöhten GSK-3β besteht bei chronisch anhaltenden aktivierenden Zuständen.
Die Komplexität kann man in diesem Schaubild erspähen.
Protein Kinase B (Akt) deaktiviert die GSK-3β durch Phosphorylierung.
Aktivierender Vorläufer für Akt ist die Phosphoinositid-3-Kinase (PI3K).
Maßgebliche Regulatoren der Permeabilitätion der Mitochondrien sind BAX und BAC (pro-apoptotisch) und Bcl-2 und Bcl-xL (anti-apoptotisch).

Lithium reichere sich besonders in verschiedenen Hirnarealen mit teilweise abweichenden Effekten an.
Die förderliche Wirkung von Lithium auf die Gedächtnisleistung oder das Denkvermögen ist zwiespältig und kontrovers.
- Sowohl in Patienten als auch in Gesunden sei ein verlangsamtes Denken und "Brain-fog" eine häufige Lithium-Nebenwirkung.
- Vereinzelt sind bei Lithiumpatienten teilweise schwere Einschränkungen des Kurzzeitgedächtnis seit den 1970ern bekannt (Beschwerden zunehmend ansteigend bis zur Unterkante des "therapeutischen Bereichs" bei 0,6mMol/mL).
+ Die chronische Verwendung ist bei bipolaren Patienten mit einer Normalisierung der bei dieser Erkrankung sonst verringerten Größe des Hippocampus verbunden.
- Unter Alzheimer-Patienten trat nur bei der Untergruppe der bipolaren Alzheimer-Patienten eine Verbesserung/Angleichung an eine gesunde Kontrollgruppe auf
(Nunes et al. 2007).
Ob Lithium diverse Zeichen neurodegenerativer Erkrankungen verbessert und z.B. eine Angleichung an Gesunde bewirkt, scheint insgesamt stark davon abzuhängen, ob eine und welche Erkrankung individuell vorliegt. Und wo im Gehirn sie ausgeprägt ist.
Bezüglich der Neurogenese im Hippocampus möchte eher niemand bewusst so lange warten, bis sich per MRT/Bildgebung eine offensichtliche Schrumpfung abzeichnet. Ob eine aussagekräftige Volumenmessung des Hippocampus bei neurodegenerativen Erkrankungen üblichweise überhaupt diagnostisch erfasst und ausgewiesen wird, ist mir nicht bekannt.
Außerdem und in Bedeutung nachgeordnet zeigt Lithium eine Beeinflussung sowohl des Dopamin- als auch des Serotonin-Stoffwechsels:
- Die Dopaminfreisetzung werde reduziert. Dadurch bleibe postsynaptisch mehr Protein Kinase B (Akt) intakt, die GSK-3β durch Phosphorylierung deaktiviert.
- Andererseits könne Lithium nach traumatischen Hirnschäden durch Erhalt der entsprechenden synaptischen Proteine die Dopamin-Signalwege aufrechterhalten (positiv).
- Die Serotoninaktivität und -empfindlichkeit werde durch Lithium insgesamt gesteigert.
- Durch mehr Noradrelanin werden postsynaptisch die Serotoninsignale verstärkt.
- GSK3β phosphoryliert Deaf1. Weniger GSK3β bedeutet also mehr Deaf1, was damit die Aktivität postsynaptischer 5-HT1A Rezeptoren erhöht und im Gegenzug die Aktivität an den präsynaptischen Autorezeptoren verringert (Stärkere Wirkung von freigesetztem Serotonin sowie weniger negativer Feedback-Mechanismus).
- Die Gabe von serotoninfördernden Substanzen entfaltet somit eine stärkere Wirkung und erhöht damit klassisch auch die Cortisolausschüttung.
- Hiervon rührt auch die Vorsichtmaßnahme gegen Kombination mit MAO-Hemmung, da der Serotoninstoffwechsel erhöht und genügend abgebaut werden muss.
- Lithium bilde zudem mit hoher Affinität stabile Komplexe/Chelate mit Serotonin und Melatonin, was deren Abbaugeschwindigkeit verringere.
- Lithium wirke dagegen antagonistisch an der Serotonin Rezeptorengruppe 5-HT2. Hemmung dieses Rezeptors könnte auf eine bestimmte Weise stressmindernd und lebensverlängernd wirken.
- Lithium zeigte keine Beeinflussung des Serotoninrezeptors 5-HT1B.
- Noradrelanin werde erhöht durch α-2 Antagonismus. Lithium wirkt damit dem α2-Agonismus von
- Veränderte Rezeptorwirkungen durch Lithium scheinen ungewöhnlicherweise reversibel zu sein nach 2 Tagen (bzw. wenn Serumspiegel wieder verringert).
- Die ersten messbaren Veränderungen durch Lithiumeinnahme zeigen sich nach 2-3 Tagen, ein voller Wirkungseintritt nach 2 Wochen
- Ein gutes Ansprechen oder ein Nichtansprechen auf Lithium ist im Zusammenhang mit verschiedenen genetischen und epigenetischen Markern festgestellt worden.
Ein Behandlungserfolg mit Lithium scheint also vom genetischen oder epigenetischen (dazu zählen chronifizierte Erkrankungen) Zustand des Patienten bedingt. Das schränkt die Aussagekraft von Untersuchungen zu Lithium in-vitro an einzelnen Zellinien zusätzlich ein.
Sonstiges:
- Lithium reduziert Inositol-Monophosphat (IMP) durch Hemmung der Inositol-Monophosphatase. Das sollte theoretisch freies Inositol erschöpfen, welches für Phosphoinositol-regulierte intrazelluläre Signalkaskaden erfordert ist.
- Estradiol, interessanterweise, induziert eine vorübergehende Aktivierung von GSK-3β im Hippocampus, gefolgt von einer länger anhaltenden Hemmung. Neuroprotektive Effekte durch Estrogenen könnten demnach hauptsächlich durch GSK-3β vermittelt sein.
GSK-3β bildet einen Komplex mit ERα und erhöht die Aktivität des Estrogen-Rezeptors ERα.
Zugleich deaktivere Estradiol das GSK-3β - aber nur im Zytoplasma, nicht im Zellkern. Sobald ERa in den Zellkern translokiert interagiere er wieder/weiterhin mit GSK-3β.
Lithium hemmt GSK-3β sowohl im Zytoplasma als auch im Zellkern und senkt damit die nukleäre ERα-Aktivität.
Im Klartext: Lithium verhindert/hemmt die Wirkung von Estrogen Rezeptor α. Was möglicherweise die erfolgsversprechende Verwendung von Lithium bei Brustkrebs erklärt.
- Ein weiterer Hemmer von GSK-3β ist Hispidin, aus Phellinus linteus (Feuerschwamm). Das ist ein vorwiegend in Korea verwendeter Heilpilz mit vielen weiteren Wirkungen.
- Ob eine Einnahme von Lithium "schlau" ist hängt auch davon ab, ob man eine Ursache der Neurodegeneration konkretisieren und näher an deren Ursprung behandeln kann.
- Beispielsweise das Verhindern von Schädel-Hirntrauma.
- Oder mit Glutathionerhöhung.
- Oder mit Durchblutungsförderung.
- Oder mit Zellstoffwechselverbesserung.
- Oder durch Erregerelimination, und
- Vermeidung der Aufnahme von Erregern und Toxinen.
- Verminderung von überschießendem nitrativen/nitrosativen Stress. Z.B. ist Alpha-Liponsäure ist besonders wirksam gegen nitrative Radikale - erhält dabei aber eine leicht pro-oxidative Wirkung (oxidative Radikale), was Akt stimuliert und GSK-3β hemmt.
- Oder das Reduzieren von Prednisolon/Glukokortikoidbehandlung (Glukokortikoide wirken der WNT3a-induzierten Erhöhung von β-catenin entgegen -> bekanntlich katabole Wirkung auf Körper und Nervensystem). Oder Ernährungsumstellung mit Verhinderung von Unterzuckerung ->Cortisol.
- Als Einnahmezeitpunkt sporadischer Verwendung bietet sich möglicherweise bis zu 1h vor dem Schlafengehen an: Einerseits durch die nachts regulär erhöhte Immunaktivität allgemein und im Besonderen weil GSK-3α im zirkadianen Rythmus exprimiert werde; Lithium hemmt deren Level und Aktivität. Das verlängere den zirkadian Rythmus durch Wirkung auf den Nucleus suprachiasmaticus (den körpereigenen Zeitgeber).
Peace out.