Wut auf Ärzte und kein Vertrauen mehr, wem geht es genauso?

Ziemlich alle hier im Forum haben diese Erfahrungen gemacht. Die meisten
gehen erst einmal durch alle normalen schulmedizinischen Mühlen, bis sie
dann hier landen. Nahezu jeder halbwegs gesunde Mensch beschäftigt
sich nur ungern oder so selten wie möglich mit gesundheitlichen Themen.
Erst wenn der Leidensdruck zu groß wird, man als Hypochonder abgestempelt wird und man nur einen kleinen Spalt durch die Fassade des Systems geschaut hat, ist man bereit, sich selbst sein bester Arzt zu sein.
Sich selbst mit der Gesundheit zu beschäftigen und die Meinung des Arztes zu hinterfragen, ist nicht gesellschaftsfähig, ich habe dadurch sehr viel Unverständnis im Familien und Bekanntenkreis erfahren.
Sehr schlimm ist auch, wenn man es dann besser weiß und mitbekommt, wie es vielen Menschen immer schlechter geht, man aber nur zu einem gewissen Grad (wenn überhaupt) etwas sagen kann. Je mehr man diese Menschen mag, umso schlimmer ist es, das mitzubekommen. Es hilft aber alles nichts, solange der Leidensdruck nicht groß genug ist, ist immer
die Ästhetik, die Bequemlichkeit, die Meinung des allwissenden Arztes wichtiger, da nehme ich mich selbst nicht aus. Meist sind auch einfach die direkten Zusammenhänge nicht klar bzw. die Auswirkungen über Jahre nicht direkt nachweisbar.

Ich habe auch gute Ärzte kennengelernt, die mir zwar nicht immer helfen konnten, die sich jedoch ernsthaft um mich bemüht haben. Diese haben mich oftmals auch darin bestärkt, sich selbst weiter mit Gesundheit zu beschäftigen und dieses Mehrwissen im Dialog auf anderem Niveau angenommen. Meist haben diese Ärzte dann auch ihre Sprechstundenhilfen fair behandelt und verantwortungsvoll in den Praxisalltag eingebunden.

Man kann an allem zugrundegehen, es gibt aber auch immer wieder Phasen, in welchen man über sich hinauswächst. Man lernt auch in anderen Lebensebereichen, Dinge zu hinterfragen und nicht einfach alles so anzunehmen. Große Enttäuschungen gehen große Erwartungshaltungen voraus und man lernt, sich kleinere Ziele zu setzen. Weitreichende Planungen sind meist nicht mehr möglich, man versucht, jeden Tag so gut als möglich hinzubekommen und das Beste daraus zu machen. Bei den "Freunden" trennt sich die Spreu vom Weizen, es gibt dabei viele hässliche Momente, doch die, die bleiben, bleiben meist für immer.
Komplett den Boden weggezogen zu bekommen und nur noch mit ganz wenig dazustehen, ist eine Lebenserfahrung, die einen für immer prägt.
Was wäre damit alles möglich, wenn es uns gelänge, diese Erfahrung in ein halbwegs gesundes Leben mitzunehmen? Mir bleibt dieses tolle Gefühl bislang leider verwehrt, aufgegeben habe ich allerdings noch nicht.

Herzliche Grüße,
Mingus
 
Oh, ich bin echt überwältigt! Dass ich so viel Antworten bekomme, hätte ich nicht für möglich gehalten.

Ich werd die Tage mal antworten, jetzt gerade ist es ein wenig viel Input für mich ;-)

LG und eine gute Nacht!

Alia
 
Zuletzt bearbeitet:
Weil hier die Frage nach meinen Erfahrungen gestellt wurde ein kurzer Abriss der Zusammenhänge, die ich erlebt habe:
Nachdem ich der Überzeugung war, dass bei mir schwerwiegend gepfuscht wurde, habe ich zur Klärung die Schlichtungsstelle für Arzthaftungsfragen beauftragt. Nach etwa 1,5 Jahren (es soll nach Möglichkeit max. 6 Monate nicht überschreiten) erhielt ich die Bestätigung, dass 3 verschiedene Fehler und eine Fehlmedikation festgestellt wurden. Die Schlichtungsstelle bestätigte, dass ich Anspruch auf Ausgleich/Schmerzensgeld hätte.
Bis hier hin hatte ich keinen Anwalt/Gutachter und es entgstanden auch keine nennenswerten Kosten.
Der Haftpflichtversicherer jedoch lehnte eine Regulierung ab. So blieb mir nur die Möglichkeit zur Klage. Da mein Einkommen als EU-Rentner natürlich gering ist, stellte ich Antrag auf Gerichtskostenhilfe. Diese wurde gewährt und so bezahle ich nur einen sehr geringen monatlichen Anteil (2-stellig). Die Klage war erfolgreich (dauerte 4,5 Jahre) und ich erhielt eine Entschädigung, die auch mich zurfieden stellte. Da Schmerzensgeld weder steuerlich relevat ist noch zum Einkommen gerechnet wird, stand es mir voll zur Verfügung.
Ich schreibe hier nur um Mut zu machen! Mein Beispiel zeigt, dass es sich lohnt um sein Recht zu kämpfen. Es scheint die Regel (und Methode) zu sein, dass viele geschädigte Patienten vorzeitig aufgeben oder es gar nicht erst versuchen. Eigentlich schade, denn so wird sich am bestehenden Schlendrian nicht ändern, da der finanzielle Druck fehlt....
 
Zuletzt bearbeitet:
Wut, Verzweiflung, Ohnmacht hilflos mit anzusehen, wie Jahrzehnte lang die Weißkitteln die Gesundheit von Menschen ruinieren.

Ich kann nur jeden warnen, seine Arztgläubigkeit früh genug zu über denken,
sonst könnte der Schaden größer sein, als er sich jemals vorstellen kann.

Das Vertrauen zu den Ärzten habe ich schon lange verloren.


Nur vereinzelt hat man mal Glück, einen pflichtbewussten Mediziner
noch anzutreffen.
Aber leider ist das eine Realität und oft scheitert es am Ende auch noch an den Finanzen.


Das System ist so was von krank, dass Menschenrechte mit den Füßen
getreten werden.
 
Mingus, das hast Du sehr treffend und bewegend formuliert, Du sprichst mir (und bestimmt den meisten anderen hier) damit aus der Seele.

Liebe Grüße
Kama
 
Hallo ihr Lieben,

nun möchte ich mich auch noch mal äußern.

@Therakk, Karde

Ja, ich finde es auch sehr wichtig sich gesund zu ernähren und verantwortungsvoll der Umwelt und den Ressourcen umzugehen. Leider habe ich keinen Garten, wo ich selbst etwas anpflanzen kann, aber ich gehe oft zum Markt, weil ich es gut finde die Bauern in der Region zu unterstützen und auch meine, dass die Lebensmittel frischer sind als importierte Ware.
Massentierhaltung finde ich auch ganz schlimm, deshalb kaufe ich z.B. nur Eier von frei lebenden Hühnern.
Natürlich hat das Ganze auch einen finanziellen Aspekt, nur Bio könnte ich mir auch nicht leisten. Man muss halt irgendwie die Waage finden.

Tja, Antibiotikum ist ein Thema für sich. Dagegen, dass es in Lebensmitteln zu finden ist, kann man leider nicht viel machen, so lange der Mehrheit der Menschen nur eins wichtig ist: Der Preis.
Wenn ich Antibiotikum vom Arzt verordnet bekomme, nehme ich es meist nicht bzw. erst dann, wenn ich merke, ohne geht es nicht.
Ich wette, sehr viele haben angebrochene Packungen Antibiotikum zu Hause rumliegen, es wird viel zu schnell verschrieben, so als wären es Lutschbonbons. Dadurch und durch die "verseuchten" Lebensmittel entstehen dann die Resistenzen bei viel zu vielen Menschen. Und dann wird es richtig gefährlich.

@Dadi
Ich verstehe dich. Ich habe teilweise auch einen richtigen Hass, eine zeitlang hatte ich sogar Rachefantasien. Ich wünschte auch, man könnte Symptome mal für eine gewisse Zeit den Menschen übertragen, die einen ncht ernst nehmen oder mitverantwortlich sind. Ich denke, wenn sie das spüren würden, was wir spüren, würden manche vielleicht mal von ihrem hohen Ross runterkommen.
Ja, vielen Ärzten ist man wirklich sch...egal. Leider!
Es interessiert mich sehr, was dir wiederfahren ist. Du kannst mir gerne schreiben, auch per PN

@Mingus
Ja, ich stimme dir voll uns ganz zu. Du hast es auf den Punkt gebracht.
Ich wünschte auch, ich wäre, als ich noch gesund war, so weit gewesen wie jetzt: informiert, aufgeklärt, skeptisch, hinterfragend.
Leider ist es, wie du sagst. Wenn man noch gesund ist, hat man erstmal dieses Urvertrauen in die Ärzteschaft. Erst wenn man merkt, da läuft was in die falsche Richtung beginnt das zu bröckeln. Manchmal ist es dann leider schon zu spät.

@James
Ich finde es super, dass du das durchgezogen hast und noch besser ist es natürlich, dass du Recht bekommen hast! Ich werde auch versuchen diesen Weg zu gehen.
Danke, dass du versuchst anderen Mut zu machen und dass du Menschen unterstützt, die durch die Ärztefehler geschädigt wurden!!!

@Dora
Ja, ich sehe das ganz genauso wie du!!

So, erstmal genug geschrieben. Wünsche euch einen schönen (Fußball-)abend!

LG
Alia
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo, ich schreib mal hier noch etwas aktuelles rein, da ich total frustriert bin. Für einige Jahre hatte ich einen Hausarzt, der mein Krankheitsbild ernst nahm, und mich auch mit den nötigen Zeugnissen unterstützte. Eine Rente wurde mir im 2009 verweigert, und beim Gespräch im Mai 2011 mit ihm und der Pflegefachfrau, ob ich eine Neuanmeldung machen soll, sagte er, wenn ich nicht zusätzlich eine Psychiatrische Diagnose hätte, könne ich es vergessen, und die hätte ich nicht und ich hätte auch bestens gelernt mit meinem Krankheitsbild umzugehen, mehr könne er und ich nicht machen, es bräuchte einfach Zeit. Er übergab danach Praxis einem Arztpaar, und verwies mich an diese, da er sein Fachgebiet änderte, und der ganze "Schreibkram" für die Aemter war ihm auch zu viel. Die Aerztin lernte mich im Dez.11 kennen, machte einen Hausbesuch, und wir telefonierten dann im Jan. und März, da ich dringende Bestätigungen brauchte. Im März verlangte sie von mir dass ich zu einem Psychiater gehe, sie sei schwanger, und könne mich nicht weiter betreuen, ihr Mann der sie normalerweise vertritt, könne mich nicht übernehmen, da ich nicht in sein Fachgebiet falle. Bei dem Gespräch merkte ich dass sie gar nichts über mein Krankheitsbild weis..... Dann:
Die Pflegefachfrau, die mich seit Feb. 11 kannte, und seit August selbständig in Grundpflege und Alltagshilfe betreute, machte mir nie eine Rechnung, sagte aber jedesmal wenn ich sie darauf ansprach, dass alles mit den Arztverordnung ok sei, sie mache die Rg. an die Krankenkasse schon noch. Im Jan geschahen einige unschöne Dinge mir ihr, da sie auch Arbeiten, die wir abmachten nicht machte etc., wodurch ich in Probleme mit Aemtern geriet, ebenso bat ich sie wiederholt um die Rg. Im März bat ich sie mir helfen zu kommen, da teilte sie mir mit, ich solle mich an die öffentliche Spitex wenden, ebenso teilte sie mir dann mit, dass sie keine Rg. mache, die Arztverordnung sei nicht korrekt, (obwohl sie beim Arztbesuch dabei war, später auch noch in die Arztpraxis ging) die Zeit in Alltagshilfe und Grundpflege die sie bei mir gewesen sei, mache sie als Volontariat. Ich bat sie die Rg. trotzdem zu machen ,und mir auch das Patientendossier zu zustellen, worauf sie meinte, sie mache keine Rg, hätte das so entschieden, sie hätte kein Patientendossier erstellt. Wenn ich zu einem Psychiater gehe, komme sie wieder, dann könne sie Haushaltshilfe und Krankenpflege machen.
Ich bin total sauer, muss einen Arzt finden und auch einen Psychiater, wenn das so weitergeht werde ich wohl noch irre.
So, es gäbe ja noch anderes, aber das reicht wohl fürs Erste.
KARDE
 
Hallo Alia,
ja, es geht vielen anderen so. Ich könnte Bücher füllen mit Beispielen, selbsterlebt oder erzählt bekommene, auch Psychologen.
Ich versuche mich nicht mehr aufzuregen (1. ist der Zustand wohl (leider) normal so, 2. macht mich das noch kränker)
aber:
und wie in jedem Beruf und anderen Lebensbereichen gibt es immer "solche" und "solche"...
und manchmal gibt es mehr solche als solche, leider.
Aber versuchen wir unermüdlich nach den wenigen "solchen" zu suchen, die gibt' s auch.
Und versuchen wir immer mitzudenken und kritisch zu bleiben und gleichzeitig auch diplomatisch. Ich finde, der moderne Patient müsste von seiner KK Schulungen bekommen: "Wie sag ich's meinem Doc, dass er mich richtig versteht und sich nicht gleich auf den weißen Schlips getreten fühlt."

Viele Grüße,
gib nicht auf,
Arosa
 
Oben