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Adelbert von Chamisso (1781-1838)
Der Gemsenjäger und die Sennerin
1828
www.gstanzln.com/Pictures/Dort_obn_auf_da_Alm.gif
Nimm mich verirrten Jäger,
Du gute Sennerin, auf!
Es lockte mich über die Gletscher
Die Gemse mit flüchtigem Lauf.
Bin fremd auf dieser Alpe,
Verlassen für und für;
In rauher Nacht verschließe
Nicht hart mir deine Tür! -
"Muß, Jäger, wohl sie verschließen,
Ich bin ja ganz allein;
Gar eng ist meine Hütte,
Für dich kein Lager darein." -
Nur Schutz an deinem Herde,
Ein Lager begehr' ich nicht;
Ich scheide, sobald die Gletscher
Sich färben mit rötlichem Licht. -
"Und wenn ich ein dich ließe . . .
O Jäger, laß mich in Ruh'!
Nachrede gäb's und Geschichten;
Was sagte der Hirt dazu? -"
Der Hirt soll nicht mich hören,
Das, Gute, versprech' ich dir:
Ich halte mich friedlich und stille;
Befürchte doch nichts von mir! -
"Und willst du dich halten, o Jäger,
Ein stiller und friedlicher Gast,
So werd' ich herein dich lassen;
Die Nacht ist zu grausig doch fast."
Sie öffnete leise die Türe
Und ließ den Jäger herein;
Es loderte gastlich vom Herde
Die Flamme mit freundlichem Schein.
Und bei dem Scheine sahen
Die beiden sich staunend an. -
Die Nacht ist ihnen vergangen;
Der Morgen zu dämmern begann.
"Wie ließ ich dich ein, o Jäger,
Ich weiß nicht, wie es kam;
Nun rötet der Morgen die Gletscher
Und meine Wangen die Scham.
"O lieber, lieber Jäger,
So schnell vergangen die Nacht!
Auf, auf! du mußt nun scheiden,
Bevor der Hirt noch erwacht." -
Und muß für heut ich scheiden,
So bleibe du Gute, mir hold;
Hast keinen Grund, zu weinen,
Nimm diesen Ring von Gold!
Ein Haus, das mir gehöret,
Dort drüben im anderen Tal,
Mein Stutzen, auf Gletscher und Felsen
Die flüchtigen Gemsen zumal:
Ich kann dich ehrlich ernähren,
Du liebe Sennerin mein;
Und steiget zu Tal der Winter,
Soll unsere Hochzeit sein.
Der Gemsenjäger und die Sennerin
1828
www.gstanzln.com/Pictures/Dort_obn_auf_da_Alm.gif
Nimm mich verirrten Jäger,
Du gute Sennerin, auf!
Es lockte mich über die Gletscher
Die Gemse mit flüchtigem Lauf.
Bin fremd auf dieser Alpe,
Verlassen für und für;
In rauher Nacht verschließe
Nicht hart mir deine Tür! -
"Muß, Jäger, wohl sie verschließen,
Ich bin ja ganz allein;
Gar eng ist meine Hütte,
Für dich kein Lager darein." -
Nur Schutz an deinem Herde,
Ein Lager begehr' ich nicht;
Ich scheide, sobald die Gletscher
Sich färben mit rötlichem Licht. -
"Und wenn ich ein dich ließe . . .
O Jäger, laß mich in Ruh'!
Nachrede gäb's und Geschichten;
Was sagte der Hirt dazu? -"
Der Hirt soll nicht mich hören,
Das, Gute, versprech' ich dir:
Ich halte mich friedlich und stille;
Befürchte doch nichts von mir! -
"Und willst du dich halten, o Jäger,
Ein stiller und friedlicher Gast,
So werd' ich herein dich lassen;
Die Nacht ist zu grausig doch fast."
Sie öffnete leise die Türe
Und ließ den Jäger herein;
Es loderte gastlich vom Herde
Die Flamme mit freundlichem Schein.
Und bei dem Scheine sahen
Die beiden sich staunend an. -
Die Nacht ist ihnen vergangen;
Der Morgen zu dämmern begann.
"Wie ließ ich dich ein, o Jäger,
Ich weiß nicht, wie es kam;
Nun rötet der Morgen die Gletscher
Und meine Wangen die Scham.
"O lieber, lieber Jäger,
So schnell vergangen die Nacht!
Auf, auf! du mußt nun scheiden,
Bevor der Hirt noch erwacht." -
Und muß für heut ich scheiden,
So bleibe du Gute, mir hold;
Hast keinen Grund, zu weinen,
Nimm diesen Ring von Gold!
Ein Haus, das mir gehöret,
Dort drüben im anderen Tal,
Mein Stutzen, auf Gletscher und Felsen
Die flüchtigen Gemsen zumal:
Ich kann dich ehrlich ernähren,
Du liebe Sennerin mein;
Und steiget zu Tal der Winter,
Soll unsere Hochzeit sein.