Erster Frost

21.11.2011

Zeiten

Der Verstand versagte,
Ließ in die Flucht sich schlagen.
Das Herz warf in die Brust sich
Und nicht mehr bei Verstand,
Wollt es das Fliegen wagen.

Den Vogel zeigte es
Und flog voran so eilend.
So war's darum geschehen,
So hab ich es gespürt,
So flatternd in mir weilend.

Die Richtung fehlt, darum
Verläuft der Flug im Kreise
Und kann im Fall nur enden
Bevor der Winter kommt.
Kalt grüßt der, frostig, leise.
 
Patentverdächtig

22.11.2011

Wirbelblockaden
für’tedeli

Wer wagt es? Wer traut sich in diesen Wahn?
Wer traut sich auf diese Achterbahn?
Memmen ist hier jetzt nicht angesagt!
Wagemut ist gefordert, gefragt.

Hinauf erst und später dann wieder hinab,
Gerüttelt, geschüttelt und nicht zu knapp,
Ab in die Tiefe und laut geschrien,
Verschätzen, Entsetzen - alles verziehn.

Dann hält sie, es zittern die Knie noch leicht,
Während der Thrill langsam von dir weicht,
Bemerkst du, du bist nicht mehr so blockiert,
Bemerkst, selbst die Wirbel haben’s kapiert.

Schlimmeres gibt’s nicht, als diesen Moment,
Wo beinah nichts von Vernichtung dich trennt.
Abfahrt zum Tiefpunkt, so wird er genannt,
Dahin unterwegs, setzt er aus, der Verstand.

Erleichterung! Hoppla, du hast überlebt,
Derweil dein Gehirn neue Muster gewebt.
Du hast es geschafft! Du schaffst es, zum Glück,
Du schaffst es sogar immer wieder zurück.

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Bodennähe

23.11.2011

Ich

Erfühlen, was niemals für mich bestimmt,
Zu sprechen, wenn ich nicht gemeint,
Zu atmen, auch wenn’s meinen Atem nimmt,
Erlauschen, wenn fern jemand weint.

Was bin, ein Spanner oder Voyeur?
Ein wandelndes Raumteleskop?
Belüg ich mich selber? Ist, was ich hör,
nur Echo, das in mich sich schob?

Als säh’ ich den überlagerten Teil,
Des Films, der mir nicht mal gehört.
Als ob ich das Drama, in dem ich verweil,
Als Gast ungebeten gestört?

Zu irren und wieder im Labyrinth
Stets vor einer Mauer zu stehn,
Als sei ich ein ewig fragendes Kind,
Zu blind, um den Ausgang zu sehn.

Zu sehen, was ich nicht zu sehen wag,
Zu hören, was unhörbar klingt,
Erkennen, was ich nicht erkennen vermag,
Zu spüren, was fremd in mir singt.

Ich renne und renne nur endlos im Kreis;
Ich bin’s nicht, ich kann es nicht sein!
Ich bin noch nicht ich, flüstert es leis,
Ich wachse doch erst noch hinein.
 
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Fluchtkreise

25.11.2011

Verlass(en)

Wolltest du flüchten
Vor Deinem Schmerz
Des Verlassenseins?
Auf was soll ich mich
Verlassen,
Wenn ich zu dir
Nicht flüchten kann
Mit meinem Schmerz,
Von dir
Verlässlich verlassen
Zu sein?
Ist Verlass auf dich,
Dass du dich
Nicht verlässt,
Von mir verlassen
Zu werden?
Ich verlasse mich,
Dass du nicht flüchtest
Vor meinem Schmerz
Des Verlassenseins!
Ich flüchte nicht
Vor der Verlassenheit.
Ich werde mich nicht
Verlassen.
Lieber flüchte ich
Zu dir
Und bin verlassen,
Als dich zu verlassen.
 
Kreislauf

27.11.2011

Auseinanderzuhalten
...
Ohne Antwort
Von mir
Selbst
Meine Fragen sind an dich
Vorsichtig
Gehe ich rückwärts
Gewandt
Bin ich zu dir
Wieder
Fühle ich und verstehe
Nicht
Ich bin verlassen und
Verloren
Hier zwischen allem
Reden
Abwesend
Lauschen
Nach dem beständigen
Hin und Her
Schreitend
Im Raum
Tastend
Ohne Antwort von dir
Weinend
Fragen
Wer mich meint
Dich meinend
Weinen
...
 
Liebe (r) aurinko,

Du schreibst so berührend schöne Gedichte.

Wäre es nicht an der Zeit Deinen Thread zu eröffnen, damit diese Worte nicht irgendwann ins Nirwana abtauchen.
Hm?

Liebe Grüße
Kayen
 
Sichtweise

28.11.2011

Sprung

Wirbel dich im Kreis herum
Um dich selber dreh!
Tanz dich singend oder stumm
Schließ die Augen, seh!

Schaust du in das Fenster rein,
Siehst du dich nochmal,
Auch ein Kind und auch noch klein,
Aber nicht egal.

Heller, weicher als ich war,
Sah es anders aus.
Dort so fern schien trotzdem klar
War auch mein Zuhaus.

Sicher war, es war kein Traum,
Was ich staunend sah;
War ich, werd bin, in dem Raum,
War zugleich ich da?

Es war wirklich, es war da,
Wie ein and’rer Part,
Selbstverständlich. Wie’s geschah,
Hab ich stets gewahrt:

Das Geheimnis, diesen Dreh
Und den Sprung dahin;
Kurzes Staunen, dass ich seh,
Wo ich auch noch bin.

So ganz anders doch vertraut,
Fremd und trotzdem gleich,
Habe ich dich angeschaut
Dort in meinem Reich.

Und ich wusste nichts davon,
Sprang nur manchmal hin.
Später nicht mehr, älter schon,
Glitt es aus dem Sinn.
 
Auri'n Cass, ihr seid sooo superklasse! Danke! Die Inspiration seid ihr doch selbst :kiss:



Ihr seid der Shooting Star der Reimerei,
Poeten des Spiegels, davor und dahinter.
schenkt ALLEN Gefühlen ein wärmendes Kleid,
in Text nun gewickelt erwart' ich den Winter!

Doch ich weine und lache gleichzeitig. Die Teile sind wieder verbunden.
Es ist nicht mehr aufzuhalten!!! Ich freue mich so sehr auf meine Schwestern und Brüder und auch auf die ganz banalen Dinge des Lebens :D

Deep Space 9 :bier:
 
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Als Dankeschön an Euch ein wenig unvergleichliche Poesie:

youtube.com/watch?v=T-NCQHiNILs - The Prophet by Kahlil Gibran - Joy and Sorrow narration

Liebe Grüße
 
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Als Dankeschön an Euch ein wenig unvergleichliche Poesie:

The Prophet by Kahlil Gibran - Joy and Sorrow narration - youtube.com/watch?v=T-NCQHiNILs

Liebe Grüße

Ach mein Lieblingsgedicht von ihm, es ist so schön, hier die ungefähre Übersetzung:


Und dieselbe Quelle, aus der euer Lachen entspringt, ward oft erfüllet von euren Tränen.
Und wie könnte es anders sein?
Je tiefer das Leid in eurem Innern bohrt, umso mehr Freude vermöget ihr zu fassen.
Ist nicht die Schale, die euren Wein enthält, das gleiche Gefäß, das im Ofen des Töpfers gebrannt?
Und ist nicht die Laute, die euer Leid lindert, das gleiche Holz, das von Messern durchbohrt ward?
Seid ihr fröhlich so spähet tief in eurem Herzen und ihr werdet entdecken, dass nur was euch Leiden schuf, euch auch Freuden bringt.
Seid ihr betrübt, so spähet wiederum in eurem Herzen, und ihr werdet finden, dass ihr in Wahrheit weinet um gewesene Wonne.
Etliche von euch sagen: Freude ist größer denn Kummer, und andere sagen: Nein, Kummer ist größer als Freude.
Doch ich sage euch: Beide sind unzertrennlich.
Sie kommen gemeinsam; und sitzet nur die eine oder der andere bei euch zu Tische, so bedenket, dass der eine oder die andere auf eurem Lager schlummert.
Nur wenn ihr leer seit, steht ihr still und im Gleichgewicht.
Wenn der Schatzhalter euch hochhebt, um sein Gold und sein Silber zu wiegen, muss entweder eure Freude oder euer Leid steigen oder fallen.
Khalil Gibran
 
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Krankheit die es gar nicht gibt

Wirbelwind der Gefühle

verborgen spielst Du Katz und Maus
hältst alle für Narren und lachst sie aus.

Millionen leiden unter deinem Wahn
legst das Ganze Gesundheitssystem lahm.

Immer mehr Krankheiten werden erfunden
Hauptsache man hält sich finanziell über die Runde.

Der chronische Patient und seine Lebensqualität,
dank Politik schon lange nicht mehr zählt.

Für Krankenkassen zieht man das Geld zwar ab,
für sinnvolle Therapien, hält man uns knapp.

Eine Krankheit die mit der Syphilis verglichen wird
bei der Mehrzahl von Medizinern, es gar nicht gibt.

©
 
Für Aurinko :kiss:

"Der Schlüssel zur Freiheit

Liebst du etwas, lasse es los.
Kehrt es zu dir zurück, ist es dein
in diesem Moment. Bleibt es fort,
hat es dir nie gehört."

Peter Lauster
 
Wer es könnte
die Welt
hochwerfen
daß der Wind
hindurchfährt
(Hilde Domin)​


Du aber
du kannst es. Ich weiß.

Die Welt ist dazu gemacht und der Wind
der Sehnsucht fehlte uns nie.

Du darfst es nur nicht vergessen
beim Aufwachen gleich
jeden Tag.
 
Du weißt zu viel
von zu wenig.

Vielleicht
wächst anderswo
dir noch ein anderes Kraut.​
 
Ein versiegelter Brief

mach ihn nicht auf
auf den Blättern steht
nichts

leg ihn unters Ohr
und horch
 
Dieser Steg endet hier.
Wer weiter will
braucht Flügel.

Wollen wir die?
und wachsen die uns?
 
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