Ein aktueller Text zum Nachdenken aus Schweden, von einem in Stockholm in der Notaufnahme eines großen Krankenhauses tätigen Arzt. Es geht um die Frage, wie weit die Infektion bereits durch die (schwedische) Bevölkerung 'durch' ist:
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Ich finde den Text (trotz dieses provokanten Foto-Aufmachers) erfreulich, weil er klar sagt, was man weiß und was nicht, und weil der Verfasser auf dem Boden der Wissenschaft steht und keinerlei bloße Behauptungen aufstellt, sondern "Vermutung" dazusagt, wenn er etwas bloß vermutet.
Seine Hauptthese dürfte sein:
Ich will damit nicht sagen, daß ich mich diesen Schlußfolgerungen anschließe, aber sie sind diskussionswürdig und nicht ganz unplausibel.
Er geht davon aus, dass die T-Zellen wohl die hauptsächliche Immunität ausmachen? Und dass dies bei den Schweden soweit "durch" sei, weil weniger Fälle im Krankenhaus auftauchen?
Liegt es nicht eher daran:
www.handelskammer.se
Folgende Maßnahmen, die einer weiteren Verbreitung des Coronavirus entgegenwirken sollen, gelten in Schweden /Stand 12.8.:
- Es gilt ein Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern.
- Es gilt ein Verbot für Besuche in Altenheimen.
- Universitäten, Hochschulen und der Oberstufe an Gymnasien wird empfohlen, online zu unterrichten.
- Grund- und Vorschulen sowie Kindergärten sind grundsätzlich geöffnet.
- Restaurants, Bars und Cafés sind geöffnet. Gäste dürfen nur an Tischen, nicht aber an der Bar bedient werden.
- Ein Mindestabstand von 1,5 Metern soll eingehalten werden (in Restaurants: 1 Meter).
Ich meine, wenn man weiß, dass Risikogruppen mehr schwere Verläufe haben und von daher Besuche im Altenheim dann -relativ spät allerdings - in Schweden verboten wurden und ansonsten auch Mindestabstand eingehalten wurde und auf Home-Office und online Unterricht ausgewichen wurde etc. Dann sind das auch wirkungsvolle Maßnahmen.
Da sich momentan vor allem die jüngere Generation ansteckt, ist es mir verständlich, dass Krankenhausfälle eher jetzt seltener auftreten.
Was mich bei seiner Darstellung auch etwas irritiert, dass er so jovial über die Todesfälle spricht, diese 6000 wären ja eh noch im gleichen Jahr verstorben? Und auf andere Länder quasi etwas herabschaut... Ich meine, kann man das wirklich so übertragen?
Hätten wir anfangs genauso reagiert wie die Schweden und die Altenheime/Risikogruppen mehr oder weniger genauso ignoriert, wie hätte das bei über einer achtfachen Bevölkerung ausgesehen? 50 000 Tote? Ich glaube kaum, dass Deutschland diese Zahl je erreichen würde, auch wenn man hier über längere Zeit nur peu a peu öffnen würde.
Auch hat Schweden eine viel geringere Bevölkerungsdichte als Deutschland, sich distanziert zu verhalten, scheint mir dort wesentlich einfacher.
Ich glaube, dass die Situation komplexer ist. Ich stimme auch zu, dass die T-Zellen eine größere Rolle spielen, als gedacht, glaube aber nicht, dass das der hauptsächliche Grund ist, weswegen kaum noch Krankenhausfälle in Schweden gemeldet werden.
Man müsste vielleicht auch abwarten, was passiert, wenn tatsächlich alle Maßnahmen dort zurückgenommen werden, bzw. wenn sich alle "normal" verhalten. Es wurde ja auch empfohlen, dass Risikogruppen und über 70jährige soziale Kontakte meiden sollen - ich denke, auch das war/ist wesentlich.