27.04.2020
Rechtsmediziner- Alle Corona-Toten, die ich untersucht habe, hatten Vorerkrankungen
Hamburg. Sie hatten schon vorher ein geschädigtes Herz oder Lungenerkrankungen, sie litten unter Krebs oder Diabetes. Bisher hatte jeder der sogenannten
Corona-Toten in der Hamburg eine Vorerkrankung. Allein rund 80 Prozent jener 133 Menschen, die bis einschließlich Sonntag im Zusammenhang mit
Covid-19 gestorben sind, litten unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Das Durchschnittsalter der Verstorbenen liegt bei 79,5 Jahren. „Dies entspricht in etwa dem mittleren Sterbealter, wie wir es aus der Bevölkerung auch ohne Corona kennen“, erläutert
Klaus Püschel, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin in Hamburg, wo die mit Covid-19 infizierten Toten obduziert werden.
„Der überwiegende Anteil der Verstorbenen war schon vorher relativ alt und schwerkrank“, fasst der Chef-Rechtsmediziner zusammen. Er gehe davon aus, so Püschel, dass sich Covid-19 in der
Jahresstatistik „nicht bemerkbar machen wird“.
Rechtsmediziner: Tod von Corona-Patienten war absehbar – Kitas sollten öffnen
„Es waren Menschen, die im Altenheim oder in Krankenhäusern darniederlagen und von der Infektion noch zusätzlich niedergedrückt wurden. Stark vereinfacht kann man auch formulieren, dass mit dem Ableben in absehbarer Zeit zu rechnen war“, sagt Püschel dem „Hamburger Abendblatt“. Es sei „kein 50-Jähriger dabei gewesen mit gut eingestellter Diabetes oder gut eingestelltem Bluthochdruck“.
Er sehe keinen Grund für die Bevölkerung in Deutschland, wegen Corona
übermäßige Angst zu haben. Er sei dafür, so Püschel, allmählich die Isolierungen der Menschen zurückzufahren und beispielsweise auch
Kitas wieder zu öffnen.
Neben den festgestellten 80 Prozent Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben die Untersuchungen der Verstorbenen ergeben, dass etwa 60 Prozent von ihnen
vorgeschädigte Lungen hatten, wie man sie etwa von Rauchern kennt. Weitere Vorerkrankungen, die häufig festgestellt wurden, waren beispielsweise Krebserkrankungen, oft auch mit einer einhergehenden Schwächung des Immunsystems wie bei Blutkrebs oder Knochenmarkkrebs. 60 Prozent der Toten sind Männer.
Jeder Corona-Tote in Hamburg hatte Vorerkrankungen
In Sachen Tod ist ihm nichts fremd. Rechtsmediziner Klaus Püschel hat schon Zigtausende Verstorbene obduziert und dabei alle möglichen Todesursachen festgestellt – natürliche und solche, die gewaltsam entstanden sind. In den vergangenen Wochen hat er vor allem Herzinfarkte, Arteriosklerose oder andere
Erkrankungen der Herzen gesehen, zudem sehr viele geschädigte Lungen.
Ein Viertel der Verstorbenen litt an Stoffwechselkrankheiten, zum Beispiel Diabetes. Eine Störung der Blutgerinnung mit
Thrombosen und Lungenembolie hatten knapp 40 Prozent. Fast 30 Prozent litt an Demenz. Und rund 20 Prozent waren an Krebs erkrankt, vor allem Blutkrebs oder Knochenmarkkrebs, also solche Krankheiten, bei denen das Immunsystem besonders geschwächt ist.
„Auch der bislang jüngste mit Covid-19 infizierte Verstorbene, ein 31-Jähriger, hatte eine metastasierende Krebserkrankung und stand unter Chemotherapie“, erklärt Püschel.
Und nicht zuletzt: Annähernd 100 Prozent der Verstorbenen hätten einen
Atemwegsinfekt oder eine Lungenentzündung gehabt – wobei diese nur teilweise direkt auf die Einwirkung des Virus zurückzuführen sei.
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