Hi Kate,
Sorry, hast recht, Abkürzungen ausschreiben
BPS = Bio-Psycho-Soziales Modell
Wikipedia:
[Es] postuliert die Gleichzeitigkeit von psychologischen und physiologischen Prozessen innerhalb ein und desselben Ereignisvorgangs, der seinerseits immer unter öko-sozio-kulturellen Rahmenbedingungen abläuft. Jedes seelische Ereignis (jeder Gedanke, jedes Gefühl, jeder Handlungsimpuls etc.) ist immer zugleich auch ein physiologisches Ereignis.
Das mag auf Anhieb für viele schlüssig klingen und Resonanz wecken. Ich muntere aber zum Nachdenken darüber auf.
Zu beachten ist, dass es sich um ein POSTULAT handelt, das im naturwissenschaftlichen Sinne nicht bewiesen ist (sondern erst bewissen werden müsste, was seit fast 200 Jahren nicht gelingt). Zum anderen zählen nicht Worte, sondern Taten, und man sollte sich dabei anschauen, was BPS-Anhänger konkret produzieren.
Das BPS-Modell ist in der Psychologie umstritten.
In Bezug auf ME ist die Aussage der BPS-Anhänger, dass vergangene Erfahrungen, Gefühle, Traumata, "unterbewusste Konflikte", falsche Glaubenssätze, "unadäquate" Reaktionen usw. - kurz "psychische Störungen" verantwortlich für die ME-Symptomatik seien. (Hier gehören auch MCS und Fibromyalgie rein.)
Man kann eigentlich noch weiter gehen und aus dem BPS-Modell ableiten, dass JEDER körperlichen Erkrankung (Diabetes, Herzinfarkt, Krebs, Infektionen...) eine psychische Störung zugrunde liegt - womit wir uns dann eigentlich im geisteswissenschaftlichen, philosophischen, spirituellen, religiösen oder esoterischen Bereich bewegen. In aller Konsequenz müsste man dann auch die Neue Germanische Medizin als korrekt betrachten und anwenden.
So gesehen ist es eine Verallgemeinerung der "somatoformen Erkrankungen" ("unterbewusster Konflikt", der zu körperlichen Symptomen führen soll und nur durch Psychotherapie lösbar sei).
Spinnt man weiter, braucht man sich vielleicht irgendwann gar nicht mehr über Behandlungsmöglichkeiten austauschen, weil das Heilmittel der körperlichen Erkrankung, der dann immer eine psychische Störung zugrunde liegt, die Psychotherapie und Psychopharmaka sind. Wer die großen Gewinner einer solchen Ideologie oder Lehre sind, dürfte offensichtlich sein.
Ich frage mich immer, was kommt dabei heraus? Meiner Meinung nach dürfte die Folge einer Durchsetzung des BPS-Modells eine recht unmenschliche Sicht- und Verhaltensweise sein, die dazu führt, dass Krankheit IMMER eine persönliche Schuld ist, die man überwinden kann, wenn man nur will. Krankheit ist dann nicht mehr eine Gesellschaftsfrage und Gemeinschaftsaufgabe, sondern eine Sache des Einzelnen.