Ich finde es dennoch ein schwieriges Thema..
Ja, das finde ich auch.
Gluten war dafür bei mir definitiv nicht verantwortlich. Womit ich nicht sagen will, dass Gluten unbedenklich ist - es trifft nur in meinem Fall nicht zu. Es gibt sehr viele Ursachen für Leaky Gut. ..Wenn man sich nur auf Gluten als Auslöser konzentriert, könnte das dazu führen, dass andere Quellen übersehen werden.
Auch dem stimme ich zu!
Es reicht nicht, die Trigger wegzulassen.
Das ist Bedingung!
Man muß die Organsysteme heilen – allen voran den Darm (leaky gut), aber genauso wenn andere Organe betroffen sind: die Schilddrüse (Hashimoto Basedwo), die Gelenke (Rheumatoide Arthritis), usw.
Nicht bei allen ist Gluten ein Trigger!
Es gibt diverse andere Trigger.
Erst vor ein paar Tagen las ich, was
Dr. Ben Lynch (der im Methylation thread oft zitiert wurde) zu Darmheilung sagte:
"Einer der ersten Schritte in Richtung Heilung ist,
den Darm zu heilen.
Ich sage das ständig im Radio, auf Seminaren und Konferenzen … Das Problem ist dann, die Leute sehen mich an und fragen Wie? -
Es ist nicht einfach."
One of the first steps towards healing is to heal the gut. I say this all the time on the radio, webinars, and conferences around the world. Problem is people look at me and ask, "How?" It is not easy.
Hier ist ein älterer, aber wie ich finde, sehr interessanter Artikel von
Dr. Fasano. Ich poste ihn weil er auf DEUTSCH veröffentlicht wurde und weil man sehr gut versteht, wie sich die ganze Sache entwickelt hat.
Inzwischen ist die Entwicklung natürlich weitergegangen.
Und im Artikel steht auch, was ich schon früher (z.B. #44) geschrieben hatte, daß drei Bedingungen zusammenkommen müssen …
Schließlich ist auch die Geschichte seines „frustrierender Rückschlags“ interessant, weil sie, wie so oft in der Medizin, zeigt, wie aus Fehlern neue Erkenntnisse entstehen können, wenn man nicht aufgibt.
Und auch einige Graphiken sind nicht schlecht.
Man kann den kompletten Artikel auf der spektrum-Seite lesen, wenn man den Download-Button klickt.
Autoimmunkrankheiten: Fatale Darmkrankheit Zöliakie - Spektrum der Wissenschaft
Mai 2010
Fatale Darmkrankheit Zöliakie
Von Alessio Fasano
In Kürze - Zöliakie ist eine Autoimmunkrankheit des Darms, die Verdauungsbeschwerden und Ernährungsdefizite verursacht. Ausgelöst wird sie durch den Verzehr von Gluten, dem »Klebereiweiß« in Weizen, und ähnlichen Proteinen in anderen Brotgetreidearten. Damit eine Zöliakie entsteht, muss offenbar auch eine genetische Disposition dafür vorliegen und zudem die Darmschleimhaut ungewöhnlich durchlässig sein. Die gleichen drei Gegebenheiten – ein Umweltfaktor, eine genetische Veranlagung und ein zu durchlässiger Darm – scheinen auch anderen Autoimmunkrankheiten zu Grunde zu liegen. …
Alessio Fasano ist an der University of Maryland in Baltimore Professor für Pädiatrie, Medizin und Physiologie. Er leitet in der medizinischen Fakultät das Mucosal Biology Research Center und das Center for Celiac Research (das Forschungszentrum für Schleimhautbiologie und das Zentrum für Zöliakieforschung).
Fasano, A., Shea-Donohue, T.: Mechanisms of Disease: The Role of Intestinal Barrier Function in the Pathogenesis of Gastrointestinal Autoimmune Diseases.
Quelle: NatureClinical Practice Gastroenterology &Hepatology 2(9), S. 416 – 422,September 2005.
Sollid, L. M., Lundin, K. E . A.: Diagnosis and Treatment of Celiac Disease.
Quelle: Mucosal Immunology 2(1), S. 3 – 7, Januar 2009.
Für die größte wissenschaftliche Revolution überhaupt halte ich die Geburtsstunde des Ackerbaus – die Umwälzungen vor 10 000 Jahren, als Menschen im Nahen Osten erkannten: Neue Pflanzen wachsen aus Samen, und die müssen dazu auf den Boden fallen. Vorher hatte sich der Mensch hauptsächlich von wild wachsenden Früchten, Nüssen und Wurzelknollen ernährt, bei Gelegenheit auch von Fleisch. Er war den Launen der Natur ausgeliefert und musste sich dorthin begeben, wo es für ihn Nahrung gab. Auf Dauer am selben Ort siedeln konnte er nicht.
Doch als jene Menschen begriffen, was es mit Samen auf sich hat, lernten sie schnell, Pflanzen zu kultivieren und zu domestizieren. Bald kreuzten sie verschiedene Gräser und züchteten wichtige Getreide wie Weizen, Roggen und Gerste – nahrhafte, lagerfähige, vielfältig nutzbare Grundnahrungsmittel, die auch gut für den Handel geeignet waren. Jetzt konnten Menschen sesshaft werden und sogar Städte bauen. Zufall ist es sicher nicht, dass die Gegend des ersten Ackerbaus auch zur Wiege unserer Zivilisation wurde.
Der Fortschritt hatte jedoch seinen Preis – mit einer verheerenden Darmkrankheit, die wir heute Zöliakie nennen (bei Erwachsenen auch einheimische Sprue). Sie wird, wie erst seit wenigen Jahrzehnten bekannt, durch den Verzehr von Gluten hervorgerufen, die übliche Sammelbezeichnung für die so genannten Kleberproteine der Brotgetreide. Ursprünglich waren Glutene und verwandte Substanzen kein Bestandteil der menschlichen Kost. Vor Jahrtausenden erlaubte der Anbau von Weizen, Roggen oder Gerste zwar immer größere feste Siedlungen, doch gleichzeitig dürfte Gluten viele Menschen gequält, oft sogar umgebracht haben, vor allem Kinder. Denn wenn dafür anfällige Personen diese Proteine öfter aßen, schädigte das den Darm so schwer, dass ihr Körper nicht mehr genug Nährstoffe aufnehmen konnte. Betroffene litten unter Bauchschmerzen, Durchfällen und einem aufgeblähten Hungerbauch, und sie magerten ab. Die Krankheit mit all ihren Auswirkungen bedeutete oft frühes Siechtum.
Falls die Menschen diese Todesfälle damals überhaupt eigens wahrnahmen, begriffen sie die wahre Ursache wohl nicht. Ein genaueres Verständnis der Zöliakie gewannen Forscher sogar erst in den letzten 20 Jahren. Demnach handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit – das eigene Immunsystem greift Darmgewebe an. Doch Gluten trägt daran nicht allein die Schuld. Vielmehr müssen als weitere Faktoren eine besondere genetische Veranlagung und abnorme Strukturen des Dünndarmgewebes hinzukommen.
Auch bei vielen anderen Autoimmunkrankheiten könnte ein entsprechendes Zusammenspiel dreier Komponenten und Ebenen vorliegen – ein äußerer Einfluss, bestimmte Gene sowie eine Anomalie der Darmstruktur. Deswegen erbrachten die Forschungen zur Zöliakie nicht nur für diese Krankheit neue Behandlungsideen, sondern auch für eine Reihe anderer Autoimmunleiden: darunter rheumatoide Arthritis, multiple Sklerose und Typ-1- Diabetes …..
Die Entzündungen und Schäden am Dünndarm kommen zu Stande, weil Gluten bei entsprechender Veranlagung verschiedene Immunzellen aktiviert. Diese greifen daraufhin gesundes Darmgewebe an ….
In der bislang umfangreichsten Breitenstudie testeten wir über 13 000 Nordamerikaner, darunter viele scheinbar nicht Betroffene. Zu unser aller Erstaunen wiesen wir Zöliakie beinahe 100-mal öfter nach als gedacht, nämlich auch bei jedem 133. scheinbar Gesunden. Ähnlich hohe Fallzahlen fanden Kollegen dann in vielen anderen Ländern – und ganz entgegen den Erwartungen auf allen Kontinenten.
Wieso also blieben bisher 99 Prozent der Fälle unerkannt? Der Grund dürfte sein, dass die klassischen, deutlichen Symptome – anhaltende Verdauungsstörungen und chronischer Durchfall – erst auftreten, wenn ausgedehnte und kritische Darmabschnitte erkrankt sind. Kleinere oder leichtere Darmentzündungen fallen oft nicht so auf oder verursachen atypische Beschwerden. …..
Derzeit stellt die Zöliakie das einzige Beispiel einer Autoimmunkrankheit dar, die sich durch Gabe oder Wegnehmen einer Umweltkomponente – in dem Fall Gluten – quasi ein und abschalten lässt. Sie ist damit ein höchst wertvolles Modell, um Autoimmunerkrankungen zu ergründen……
Wieso werden manche Menschen von Gluten krank, andere nicht? Normalerweise tritt das Immunsystem erst dann in Aktion, wenn es im Blut oder in den Geweben erhebliche Mengen an Fremdproteinen entdeckt. Die könnten ja von Krankheitserregern stammen…. Nur löst der Proteinschub durch Mahlzeiten gewöhnlich keinen Alarm aus. Denn an sich zerlegt das Verdauungssystem Proteine – wenigstens die meisten – in ihre Grundbausteine, die Aminosäuren. Erst diese werden dann über den Darm aufgenommen.
Bei Gluten ist das anders. Es enthält ungewöhnlich viel der beiden Aminosäuren Glutamin und Prolin, weswegen die Verdauungsenzyme manche Abschnitte nicht genügend zerkleinern können. Unzerteilte Fragmente, so genannte Peptide, bleiben übrig. Die werden bei gesunden Menschen weit gehend im Darm zurückgehalten und ausgeschieden, bevor das Immunsystem sie bemerkt. Sollten doch einmal einige wenige Fragmente die Darmbarriere überwinden, stört sich ein normal funktionierendes Immunsystem meist nicht daran. Doch Zöliakiepatienten besitzen eine Genmixtur, die zu einer erhöhten Empfindlichkeit für die Glutenfragmente beiträgt…..
Ein weiterer Faktor, den meine Kollegen und ich in den letzten zehn Jahren erkannten, kommt wohl hinzu: eine ungewöhnlich durchlässige Darmwand. Gleiches scheint auch für andere Autoimmunerkrankungen zu gelten. Immer mehr weist darauf hin, dass den meisten, wenn nicht allen dieser Leiden im Prinzip die erwähnten drei Einflussgrößen zu Grunde liegen: eine Umweltsubstanz, gegen die das Immunsystem kämpft, eine Veranlagung für eine überschießende Immunreaktion darauf – und ein zu durchlässiges Darmepithel.