Sprossen/Microgreens und Gemüse - ist das gleiche Saatgut geeignet?

Kate

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Die Frage hatte mich länger beschäftigt und ich fand es mal wieder erstaunlich schwierig, Antworten zu finden, die "auf den Punkt" kommen :rolleyes:

Häufig genannt wird der Aspekt, dass bei der Herstellung und Verpackung besonders darauf geachtet werden sollte, Keime zu reduzieren - um "Keimlinge ohne Keime" zu erhalten:
Wer bei der Onlinesuche »Sprossen« eingibt, bekommt mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit auch den Suchvorschlag »Sprossen gefährlich« angezeigt. Upps? Im Frühjahr 2011 kam es vor allem im norddeutschen Raum zu einer Reihe von Infektionen mit EHEC-Keimen. Als wahrscheinlichster Auslöser des Krankheitsausbruches wurde der Verzehr von (Bockshornklee-) Sprossen ermittelt. Damit geriet das »grüne Lebensmittel« in den Fokus, seitdem gelten neue Kriterien zur Lebensmittelsicherheit.

Das heißt nicht, dass Sprossen und Microgreens per se problematisch wären.

Oft genannt wird auch die besondere Relevanz der (kontrollierten) "Bio"-Qualität, um sicher zu sein, dass das Saatgut nicht bestrahlt, gebeizt oder sonst unnötig behandelt wurde (Stoffe, die man im Falle von Sprossen evtl. direkt mitessen würde und die bei über der Erde abgeschnittenen und dann verzehrten Microgreens womöglich immer noch sehr konzentriert vorhanden wären). - Dieses Argument würde allerdings nicht ausschließen, dass man "Bio"-Gemüsesamen für Sprossenzucht nimmt.

Es gibt einen weiteren Aspekt, der mir vorher nicht geläufig war und die Kriterien betrifft, nach denen das Saatgut gezüchtet wird:
  • Saatgut für Sprossen und Microgreens: für die ersten 20 Tage optimiert(!)
  • Saatgut für Gemüse: oft nach für den Handel wichtigen Eigenschaften des "Endproduktes" (Größe, Form) gezüchtet
Das heißt:
  • Sprossen-Saatgut würde zwar irgendwie auch zu "Gemüse" heranwachsen, das aber zumindest für heute übliche Ansprüche womöglich etwas mickrig geraten würde (habe ich mit Radieschen ansatzweise schon versucht)
  • Umgekehrt kann sich der Sprossen-Züchter das Geld für die teure Gemüse-Züchtung sparen...
  • und profitiert gleichzeitig noch davon, dass die un-ge/ver-züchteten Sorten oftmals nährstoffreicher sind

Siehe: Kann ich mit dem Saatgut auch richtiges Gemüse im Garten anbauen?

Theoretisch ja. Praktisch ist das Saatgut für Microgreens aber nicht genauso gezüchtet wie das Saatgut für den Erwerbsgartenbau. Deswegen darfst du zum Beispiel bei Brokkoli kein großen kompakten Kopf oder bei Radieschen keine große Knolle erwarten. Züchtung ist teuer und in unserem Fall nicht notwendig. Im Gegenteil: Die ungezüchteten Sorten sind meist auch noch viel besser in Bezug auf Inhaltsstoff- und Vitamingehalte. Bei den gezüchteten Varianten wird meist nur nach Eigenschaften gezüchtet, die für den Handel wichtig sind, Vitamine und Inhaltsstoffe spielen eine eher untergeordnete Rolle. Bei Sprossen und Microgreens kommt es aber nur auf die ersten 20 Anzuchttage der Pflanzen und auf die wertvollen Inhaltsstoffe an. Deswegen fahren wir mit dem ungezüchteten Saatgut, welches dadurch auch günstiger ist, umso besser.
 
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