Hallo Gummiball,
zuerst folgenden Hinweis:
Du klingst sehr entmutigt und depressiv, was ich angesichts Deiner Leidensgeschichte verstehen und nachvollziehen kann. Aber ich wollte Dich ermutigen, nicht aufzugeben. Du hast vermutlich eine Krankheit, die feststellbar ist und die vor allem behandelbar ist.
Du darfst nur eines nicht: Den Mut verlieren, nach den Ursachen zu suchen.
Auch ich brauchte lange, bis ich wusste, was ich haben könnte und vielen im Forum geht es sicher ähnlich.
Daher rate ich, auch wenn es manchmal noch so schwer fällt, nicht aufzugeben.
Ich bin sicher, dass Du auch herausfindest, was Du hast.
Da mich Deine Beschwerden sehr an meine Beschwerden erinnern, möchte ich Dir daher auch die Krankheiten schildern, die bei mir festgestellt wurden.
Natürlich kann ich nicht sagen, ob Du gerade diese Krankheiten hast.
Aber vielleicht liest Du dazu mal nach und hoffentlich bist Du dann schlauer (egal, ob nun in positivem oder negativem Sinne).
Heute ist wieder so ein Tag, an dem mir das laufen und stehen unwahrscheinlich schwer fällt.
Die Tatsache, dass ich schleichend meine Bewegungsfreiheit verliere,
In den letzten Wochen war übrigens mein Stuhl hellbraun bis gräulich. Wenn ich richtig informiert bin, ist das ein Zeichen dafür das meine Leber krank geworden ist.
Auch ich habe das Problem mit der eingeschränkten Bewegungsfreiheit.
Ich kann nicht lange stehen und laufen auch nur, wenn es nicht zu lange geht.
Auch Deine übrigen Beschwerden erinnern mich in vielem an meine Beschwerden.
Ich habe eine starke Histaminintoleranz, viele Allergien (auch gegen Schimmelpilze), bin infektanfällig, auch bei mir ist Glutathion-S-Transferase erniedrigt, etc. etc.
Ich habe 2 Diagnosen, die als Ursache meiner Beschwerden in Betracht kommen und da Du auch die Leber ansprichst und glaubst, dass die Leber krank sein könnte, will ich Dir zuerst die Leberkrankheit nennen:
1. Die Leberkrankheit Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit).
Das ist eine schleichende, genetisch verursachte Kupfervergiftung. Die Leber kann aufgrund von Gendefekten Kupfer aus der Nahrung nicht ausscheiden.
Kupfer ist ein Schwermetall, wie Du sicher weißt, da Du offenbar auch mit Schwermetallen schon Probleme hattest (vielleicht gar zu viel Kupfer?).
Das Kupfer verteilt sich, wenn die Leber es nicht mehr speichern kann, im Körper und geht auch ins Gehirn.
Aber:
Es gibt dafür eine wirksame Therapie.
Zuerst bekommt man meist Chelatbildner (Penicillamin oder Trientine) und später meist hochdosiert Zink oder eine Kombination aus Zink und Chelatbildner.
Auch Deine depressive Verstimmung würde dazu passen, denn Menschen, die diese Krankheit haben, haben oft auch Depressionen.
Aber, wie gesagt, die Behandlung ist in den allermeisten Fällen effektiv, d. h. die Beschwerden gehen nach gewisser Zeit zurück.
Was Du nicht machen solltest ist, Zink mal einzunehmen und dann wieder nicht.
Zink ist eine Therapie auf diese Krankheit, d. h. wenn man Zink mal nimmt und dann wieder nicht, ist das wie eine "Achterbahn" für die Leber.
Daher ist es auch problematisch, wenn man bei dieser Krankheit das Zink absetzt ohne eine andere Therapie dafür zu beginnen.
Die Zinktherapie bei dieser Krankheit wird langsam einschleichend begonnen und langsam gesteigert, ebenso eine evtl. Therapie mit Chelatbildner.
Wenn Du Zink derzeit einnimmst und Du Dich auf die Krankheit untersuchen lassen willst, solltest Du vor dem Absetzen des Zinks erst mit einem Facharzt (siehe Fachambulanzen) sprechen. Wie gesagt, abruptes Absetzen kann problematisch werden.
Ich las in einem Deiner Beiträge, dass Du auf die Einnahme von Zink unangenehme Reaktionen hattest:
ich nahm gestern Abend vor dem zu Bett gehen eine Zinkorot 25 mg Tablette auf nüchternen Magen ein.
Was Du auch vermeiden solltest ist, Zink einzunehmen vor dem Schlafengehen.
Zink wird beim M. Wilson immer eine halbe bis ganze Stunde vor der Mahlzeit nüchtern (
wenn es der Magen verträgt) eingenommen. Aber man muss also spätestens eine halbe bis ganze Stunde danach etwas essen. Nur so kann es wirken. Zink soll nämlich im Darm vor der Nahrung ankommen und dort dann eine Barriere aufbauen, damit das Kupfer aus der Nahrung nicht aufgenommen wird.
Verträgt der Magen hochdosiertes Zink nicht, sollte man bei der Krankheit Protonenpumpenhemmer zusätzlich nehmen, denn sonst greift das Zink den Magen zu sehr an.
Nicht immer sind bei den Betroffenen die Leberwerte erhöht. Aber man kann, obwohl die Leberwerte nicht erhöht sind, dennoch einen ordentlichen Leberschaden haben.
Oft hat die Krankheit nur einer in einer Familie, obwohl sie genetisch verursacht ist.
Auch Entzündungen im Mund haben einige, die diese Krankheit haben.
Überhaupt sind die Symptome sehr variabel, weil es für diese Krankheit rd. 500 Genmutationen geben soll und die Symptome fallen je nach Genmutation etwas unterschiedlich aus.
Die Krankheit gilt als seltener. Aber man weiß, dass die Dunkelziffer enorm hoch ist, eben weil sie nicht jeder Arzt kennt. Rund 2 Drittel der Menschen, die diese Krankheit haben, erfahren nie die Diagnose (!).
Da Du schon so viel untersuchen und abklären hast lassen und immer noch nicht weiter gekommen bist, solltest Du vielleicht auch an solche seltenere Krankheiten denken.
Auch ich war mal ganz zu Anfang meiner Krankengeschichte der Überzeugung, dass meine Beschwerden nur vom Amalgam gekommen sind.
Später dachte ich, dass es vielleicht doch eine unbehandelte Borreliose gewesen sein könnte.
Bis ich dann im Wartezimmer einer Praxis für Leberkrankheiten eine Broschüre über M. Wilson fand, in der genau meine Symptome, nämlich neurologische und Lebersymptome genannt waren.
Natürlich kann ich Dir nicht sagen, ob Du diese Krankheit nun hast.
Ohne Laborwerte kann man eh nur spekulieren.
Es gibt hier im Forum eine Rubrik zu der Krankheit, siehe unter Erbkrankheiten.
Hier ein paar gute Links dazu:
https://www.morbus-wilson.de/
Dort gibt es eine Liste mit Fachambulanzen in Deutschland und außerdem ein (weniger) aktives Diskussionsforum.
https://www.eurowilson.org/en/home/index.phtml
www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-091_S1_Morbus_Wilson_10-2008_10-2013.pdf
Wichtige Laborwerte:
Leberwerte wie GPT, GGT, GOT, Cholinesterase, alkalische Phosphatase, Bilirubin, GLDH
Betr. den Kupferstoffwechsel:
Coeruloplasmin und Kupfer im Blutserum
(Die Laboruntersuchung sollte möglichst am Tag der Blutabnahme auch stattfinden)
und
24h-Urinkupfer (wobei ich hier warne, denn es gibt Labore, die das Urinkupfer falsch bestimmen)
Wiederholte Bestimmungen sind sinnvoll, weil die Werte oft schwanken.
Kupfer sollte bestimmt werden, wenn man sehr lange Zeit kein Zink eingenommen hat.
Coeruloplasmin und Kupfer sollte man auch nur dann bestimmen, wenn man keinen Infekt oder keine Entzündung hat.
Zink senkt das Kupfer und Infekte und Entzündungen erhöhen sogar beide Werte.
Ebenso können bei der Krankheit folgende Werte auffällig sein:
Alkalische Phosphatase - Ist oft niedrig
Harnsäure - kann niedrig sein
Alpha-2-Globulin in der Eiweiß-Elektrophorese - kann niedrig sein
Zinkmangel ist häufiger, weil man zuviel Kupfer im Körper hat und Mg-Mangel ist bei Leberkrankheiten eh sehr häufig.
Auch Kaliummangel kann man bei der Krankheit haben und dieser Kaliummangel kann eine Art von Muskelschwäche verursachen, was eines der Symptome der Krankheit sein kann.
Da Du über solche Beschwerden klagst, wäre es sinnvoll, mal einen zuverlässigen Kaliumwert bestimmen zu lassen. Leider steigt Kalium an, wenn das Blut nicht sofort zentrifugiert und abpippetiert wird, was leider die wenigsten Ärzte richtig machen. Daher wäre eine Blutabnahme und Bestimmung im Labor sinnvoll.
Ich vermute bei Dir, einen Magnesium und Kaliummangel. Du schreibst, dass es Dich schon geschüttelt hat. Das könnte mit solchen Mängeln zusammenhängen.
Ebenso kann man bei der Krankheit (und nicht nur bei dieser) Calcium über den Urin verlieren (auch wenn der Wert im Blut normal ist- denn der Körper holt sich dann das Calcium aus den Knochen, wenn es fehlt).
Calcium ist auch wichtig für das Funktionieren der Muskulatur.
Kupfer sollte man in NEMs natürlich nicht einnehmen, denn Kupfer verschlimmert die Sache nur.
Bei jeder Leberkrankheit hat man zuviel Kupfer. D. h. wenn Deine Leber nicht gesund ist, speichert die Leber vermehrt Kupfer.
Beim M.Wilson tut sie es aber massenhaft.
Oft hat man bei der Krankheit Koordinationsstörungen (Ataxie). Ich habe das. Manche haben ein Zittern, vor allem bei großen Anstrengungen. Muskuläre Probleme sind häufig - überhaupt betreffen die Störungen meist die Nerven und die Muskulatur.
Eine leichte Untersuchung, die den Verdacht auf den M. Wilson evtl. erhärten könnte, ist, wenn der Augenarzt mit der Spaltlampenuntersuchung einen „Kayser-Fleischer-Ring“ im Auge findet.
Findet er diesen Ring aber nicht (er findet sich erst in weit fortgeschrittenem Stadium), dann kann man die Krankheit dennoch haben, im Frühstadium.
Das MRT des Gehirns sollte man einem auf MW spezialisierten Neurologen zeigen. Dieser kennt sich mit typischen Veränderungen am besten aus. Leider sind die Radiologen darauf nicht spezialisiert, d. h. übersehen gern mal die typischen Veränderungen.
Nun zu der 2. Krankheit:
Es ist das Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom (LEMS):
Diese Myasthenie-Erkrankung geht von den Beinmuskeln aus. Die Muskulatur der Beine ermüdet vorzeitig und man kann sich nicht lange auf den Beinen halten und muss sich zur Regeneration immer wieder setzen, was die Beweglichkeit sehr einschränkt.
Oft fallen noch hängende Augenlider auf (Ptosis) und auch Doppelbilder sind denkbar. Ich habe leicht hängende Augenlider, habe aber mit dieser Muskelschwäche schon mind. 18 Jahre Probleme.
In 85 % der Fälle sind die Calcium-Kanal-Antikörper (meist nur die vom Typ P/Q) auffällig. 15 % der Fälle ist seronegativ.
Ganz wichtig ist, dass es für diese Krankheit ein eigens dafür entwickeltes Medikament gibt:
3,4 Diaminopyridin
Das hilft auch in den meisten Fällen. Es ist als Fertigarznei schweineteuer. Aber man kann es in einer darauf spezialisierten Apotheke auch in Kapseln abfüllen lassen und dann ist es rd. 10-mal billiger.
Es ist allerdings verschreibungspflichtig.
In 60 % der Fälle haben die Betroffenen einen Lungentumor.
Aber die restlichen 40 % haben eben keinen Tumor und haben dennoch diese Krankheit.
Ich selbst hatte ein Lungenkarzinoid (eines mit der besten Prognose). Da aber meine Mutter, im Alter aber erst, ähnliche Probleme entwickelte, hängende Augenlider und seit ein paar Jahren auch Doppelbilder hat, glaube ich nicht, dass bei mir das Karzinoid die ausschlaggebende Verursachung alleine war.
Bei mir sind auch die o. g. Ak bisher nicht positiv gewesen. Sie waren mal grenzwertig, aber das war es dann auch.
Dennoch glaubt mein Neurologe, dass ich diese Muskelschwäche habe und dass sie nicht die Folge des Morbus Wilsons ist.
Er hat typische pathologische Messergebnisse bei mir festgestellt, als er am kleinen Finger der rechten Hand die Muskulatur gemessen hat.
Um diese Krankheit auszuschließen, solltest Du zu einem Neurologen, der sich mit Myasthenien auskennt.
Lese Dir mal die Symptome der Krankheit durch. Wenn Du glaubst, dass Du davon betroffen sein könntest, lasse Dich darauf untersuchen.
Hier ein paar Links dazu:https://www.lems.com/de/what_is_lems
https://www.lems-mg.de/
https://www.lambert-eaton-myasthenisches-syndrom.de/
Auch wenn Du diese beiden Krankheiten nicht haben solltest, solltest Du nicht aufgeben nach anderen Ursachen zu suchen.
Das ist ganz wichtig. Ich bin sicher, dass Du dann auch die wirkliche Ursache Deiner Probleme findest.
Weiter oben las ich (Abendschein):
Laß Dich einmal gründlich durchschecken, dann kann man besser
behandeln, als alles nur auf "Vielleicht" und "Wahrscheinlich"!
Bitte mach was!
Ja, das unterstütze ich voll. Du darfst nicht nur vermuten. Lasse Dich untersuchen. Eines nach dem anderen. Fange mit dem an, was Dir am wahrscheinlichsten erscheint.
LG
margie
Anmerkung:
Ich bin für mind. eine Woche vermutlich nicht mehr im Forum (falls Rückfragen bestehen sollten).