Hallo karlschub29,
Ich war rund fünf Monate schwerkrank, konnte mich kaum bewegen und nur eingeschränkt klar denken. Die Kanadischen Konsenskriterien (2011) habe ich nicht nur knapp, sondern überdeutlich erfüllt, weshalb meine Vermutung schon früh in Richtung CFS ging.
Extrem banal, was am Schluss die Lösung war: Eine Mandel-OP.
Etwa drei Wochen nach der OP hat es quasi Klick gemacht und ich konnte täglich merken, wie meine Kräfte wiederkam. Heute kann ich wieder arbeiten und täglich eine halbe Stunde joggen gehen, kurzum: Ich hab mein Leben wieder.
Als erstes möchte ich dir ganz herzlich gratulieren, dass deine Geschichte relativ "schnell" zu einem guten Ende kam

!
Nachdem du dich in die Thematik CFIDS/ME eingelesen hast, bin ich sicher, dass du dein Glück zu schätzen weißt, dass dieser Kelch an dir vorüber gezogen ist :bier:
Ich wünsche dir alles Gute, auf dass es so bleibt.
Ein süddeutscher "CFS-Spezialist" (und Stammgast auf den Fatigatio-Tagungen) hat mir die Diagnose anhand vermeintlich eindeutiger Kriterien gestellt: TNF-alpha erhöht, intrazelluläres ATP erniedrigt, Protein S100 B deutlich (zehnfach über Referenzbereich) zu hoch. Dazu zwar kein aktive EBV-Infektion, aber sehr hohe Antikörpertiter, die für ihn auf eine Reaktivierung hindeuteten. An anderer Stelle wurden deutlich zu niedrige NK-Zellwerte, sowie leicht erhöhte Virentiter bei Picornaviren, Influenza A sowie Cytomegalieviren diagnostiziert...Alles in allem: Vieles, was - auch nach ausführlicher Lektüre in diesem Forum - auf CFS hindeutete.
Ich persönlich kenne mich mit all diesen Immunparametern nicht gut aus.
Aber wenn ein Spezi aufgrund deiner Parameter, die deinen Erzählungen nach auf einer chronischen Mandelentzündung basierten nicht differenzieren konnte zwischen "typischen" ME-Parametern und einer chronischen Mandelentzündung, lerne ich für mich daraus, dass die Immunparameter bei ME für den Organismus identisch sind mit denen einer laufenden chronischen Entzündung.
Nun sind im Verhältnis zu jahrelangen Erkrankungen 5 Monate ein relativ kurzer Zeitabschnitt.
Sicher wirst auch du dir nach deiner Genesung des Öfteren was-wäre-wenn-Fragen gestellt haben.
Die Antworten darauf können nur rein spekulativ sein.
Was wäre, wenn man erst nach 6 Jahren auf die Idee gekommen wäre, deine Mandeln zu entfernen?
Welchen Schaden hätte ein bis dahin so langfristig chronisch aktiviertes Immunsystem dann noch kompensieren können?
Wie hätten sich die anderen bei dir gefunden Erreger in diesem Zeitraum ausgewirkt?
Hätte eine Mandel-OP dann ausgereicht?
Was wäre, wenn nicht die Mandeln ursächlich gewesen wären, sondern doch z.B. ein reaktivierter EBV, den man nicht heraus operieren kann?
Was wäre, wenn alles in deinem Fall so gelaufen wäre, dass du erstmal 2 Jahre Psychotherapie gemacht hättest, statt es mit der Mandel-OP zu versuchen?
Was wäre, wenn du eine andere genetische Konstellation, oder andere "Vorschäden" mitgebracht hättest?
Ich kann dich wirklich nur offenherzig beglückwünschen, dass du die Antwort auf diese Fragen nicht erfahren musstest.
Mich würde noch interessieren, ob nach deiner Wiederherstellung nochmals die zuvor auffälligen Immunparameter gemessen wurden?
Und hast du vielleicht sogar im Nachhinein noch ein Gespräch mit dem Arzt in München gehabt?
Ich selbst stelle mir manchmal die Frage, ob mir die Krankheit hätte erspart bleiben können, wenn von Beginn an anders gehandelt worden wäre.. wenn ich nicht von einem Termin zum nächsten bis zu 9 Monate hätte warten müssen, um dann zu erfahren, dass dieses Fachgebiet auch nichts für mich tun kann.
Aber niemand kann die Zeit zurück drehen und gehandelt werden kann nur in der Gegenwart...in Richtung Zukunft.
Um nochmal kurz das Thema Psyche aufzugreifen:
Existiert irgendeine schwere Krankheit, die nicht den meisten Betroffenen früher, oder später, oder immer wieder mal auf die psychische Verfassung schlägt?
Ich kann es mir schwer vorstellen, dass z.B. all die Betroffenen von chronischer Borreliose keine Stimmungstiefs durchleben.
Dass eine Erkrankung, die das Leben dauerhaft schwer beeinträchtigt eine psychische Herausforderung für den Betroffenen, aber auch das persönliche Umfeld ist, muss man doch nicht extra erwähnen, oder?
Ja - man kann es erwähnen. Immer und immer wieder..
Darauf gehe ich gleich nochmal separat ein..
Gruß - tiga