Wenn ich zum Beispiel weiß, dass Kinder unter neun Jahren so gut wie nie einen schweren Verlauf haben und dass es auch keinen Beleg dafür gibt, dass sie ihre Lehrer anstecken – dann muss ich für diese Altersgruppe nicht die gleichen Maßnahmen ergreifen, als wenn ich im Altenheim einen Covid-19-Ausbruch verhindern will. Im Sozialen gibt es kein kategorisches Richtig oder Falsch, sondern hier gilt das Kriterium der Angemessenheit. Und das ist mittlerweile verletzt. Wenn es in der ersten Phase der Pandemie das Ziel war, eine Überlastung der Intensivkapazitäten zu verhindern und wir jetzt die Erfahrungen haben, dass es in dieser Hinsicht keine Bedrohung war und gegenwärtig auch nicht mehr ist, dann lassen sich die Corona-Maßnahmen in dieser Pauschalität nicht mehr rechtfertigen. Es zeigt vielmehr, wie wenig lernend und risikostratifizierend die Politik derzeit unterwegs ist.