Wer süchtig ist wird sein Mittel finden

Themenstarter
Beitritt
19.03.06
Beiträge
9.021
Hallo, ich grüße Euch alle.

Ich möchte an dieser Stelle keine neue Suchtdefinition aufstellen oder eine Ursachendefinition betreiben.

Der Psychologe Thomas Heins sagte einmal bei einem Vortrag:
"Wer süchtig ist, wird seine Droge (sein Mittel) finden".

Dr. Henrik Jungaberle, von der Universität Heidelberg (Kinderuni) erklärte in einer Gesprächsrunde:

https://www.kinder-hd-uni.de/rituale/ritu11.html

" Sucht hängt davon ab, welche Droge man wie oft und wie klug gebraucht, ob jemand seine Probleme auch ohne Drogen lösen kann, von den Menschen, mit denen er zusammen ist, ob er weiß, wann er die Kontrolle verliert und eben auch, welche Rituale damit verbunden sind. Viele Drogen machen nicht körperlich abhängig, können aber einen Menschen seelisch gewaltig fesseln".

https://www.kinder-hd-uni.de/rituale/ritu11.html

Ich finde, dass hier deutlich wird, dass Gebrauch,, Missbrauch, Sucht und (körperliche wie psychische) Abhängigkeit, durchaus voneinander zu unterscheiden sind.
(meine körperliche Abhängigkeit von Kaffee kann ich leichter in den Griff bekommen, wenn ich nicht süchtig bin.)

Ich habe inzwischen den Eindruck gewonnen, dass die Suchtgefahr ganz entscheidend von bestimmten Umständen abhängt,

die zum Einen im Stoff (oder Nichtstoff) implizit liegt (Heroin z. B. bietet eben einen großen physischen Abhängigkeitsfaktor, andere Stoffe vielleicht nicht so sehr - oder so schnell),

zum anderen in psychosozialen Kompetenzen der "Nutzer" liegen.
(Vielleicht gibt es noch weitere Faktoren, die lasse ich jetzt aber mal weg!).

Es ist sicher nicht hilfreich, veraltete Begriffe wie "Suchtcharakter" oder Suchtpersönlichkeit" wieder aufzuwärmen.

Ich finde den Gedanken dagegen überlegenswert, dass bestimmte psychische oder psychosoziale Dispositionen offenbar die Suchtentwicklung deutlich beeinflussen.
Ich vermute, dass bestimmte Defizite durch süchtigen
Gebrauch, bzw. Missbrauch (nicht durch Gebrauch an sich, z.B. vom Fernsehen), "ausgeglichen" werden sollen.
Bei einer Suchtausprägung kommt es dann zu einer Verselbständigung des Ganzen, durch körperliche und/oder seelische Abhängigkeit.

Um bei meinem Fernsehbeispiel zu bleiben: "1. Ich fühle Einsamkeit (psychosoziales Defizit). 2. Ich versuche das durch fernsehen zu kompensieren. 3. Ich kann mich ohne laufenden Fernseher nicht mehr in der Wohnung aufhalten."

So, ich bin auf Antworten hierzu gespannt!


Herzliche Grüße von
Leòn
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Leon

Was du schreibst kann ich nur unterstützen. Dass du in knapp 8 Monaten über 1300 Beiträge in diesem Forum verfasst hast, kann auch als Beispiel für deine Aussage genommen werden (sein Mittel gefunden haben..)

Liebe Grüsse
Bert
 
Um bei meinem Fernsehbeispiel zu bleiben: "1. Ich fühle Einsamkeit (psychosoziales Defizit). 2. Ich versuche das durch fernsehen zu kompensieren. 3. Ich kann mich ohne laufenden Fernseher nicht mehr in der Wohnung aufhalten."


4. Der ständig laufende Fernseher versagt als "menschliches" Unterhaltungs-
mittel bzw. Kommunikationsersatz
5. Ich fühle mich einsam

Der Teufelskreis beginnt von neuem, wenn nicht an die Ursachen gegangen wird.

Mehr fällt mir nicht ein, Leon, weil Du mit Deinem Posting schon alles geschrieben hast.

Uta
 
Hallo Uta und bollbo,

ich danke Euch für die Antworten, Dir Uta auch für die Ergänzung.

Aber genau dort liegt ja meines Erachtens eines der therapeutischen Probleme, bzw. eine Ursache dafür, warum Suchttherapien oft nicht (langfristig!!!) funktionieren. Der Focus wird hier immer noch auf die Sucht gerichtet, nicht aber auf das zugrundeliegende Thema, was ich hier als "psychosoziales Defizit" bezeichne:
Dem Menschen fehlt etwas (zur Ganzheit?) und das versucht er, mit stofflichen oder nichtstofflichen Mitteln, auszugleichen.

Ich wünsche allen eine schöne Woche,
Euer
Leòn
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
habe ich vielleicht folgenden gedanken überlesen, oder kam er noch nciht zur sprache. es gibt untersuchungen, die belegen, dass es gendefekte gibt, die mit "stoff" ausgeglichen werden können.
 
Wie meinst Du das, Monika?
Es wird ja immer wieder davon berichtet, daß Forscher angeblich ein "Sucht-Gen" gefunden haben. DAs wird aber dann auch bald wieder vergessen. Mir scheint, die Forschung steckt hier fest.

Gruss,
Uta
 
Hallo, einen Gruß an alle,

nun, die Frage nach "genetischen Ursachen" ist ja schon recht alt. Wie bei der Frage: "welchen Anteil haben genetische Grundbedingungen bei der Ausprägung der Persönlichkeit", finde ich, wenn es um Lösungen geht, auch hinsichtlich der Sucht, diesen Aspekt vernachlässigbar.

Interessant finde ich, wie sich Phil der Frage unter "Ersatzsucht" genähert hat. Ich denke, dass ich mal zitieren darf:

Wer SUCHT wird FINDEN? Ein möglicher Hintergrund der Sucht. Ein vielzitiertes Buch als Einstieg in die Sucht? Tun sich da etwa neue
Betrachtungsweisen auf? Man versucht das zu finden, was einem fehlt, was kompletiert und so ein Ganzes macht. Die Sehnsucht sehe ich durchaus in diesem Zusammenhang. Ist es nicht die Sehnsucht nach dem Heilsein, was am Anfang jeder Sucht steht, und wenn's nur der kurze "Kick" ist?

Herzliche Grüße von Leòn
 
Die Sehnsucht nach dem Heilsein weckt bei mir Assoziationen zu den "Lore- , Ärzte-, und anderen Romanen", die eine heile Welt vorgaukeln.
264203_67778a2596.jpeg


Natürlich ist "Heilsein" ganz anders gedacht, aber vielleicht wäre es ganz gut, erst einmal zu erklären , was damit gemeint ist, bzw. wie ein jeder das versteht?

Ich glaube, daß ein zu häufiges Lesen von solchen Kitschromanen, wo die Hauptpersonen meistens in irgendwelchen rosaroten Wolken schweben, wenn z.B. die Liebe sie überkommt, tatsächlich süchtig machen kann nach einer Welt, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Das gleiche Ergebnis dürften die Kitschromane der Courths-Mahler bringen oder die Heimatfilme der 50iger Jahre.
Entsprechend diesen Vorlagen wird dann ein Partner gesucht, der diese Sehn-Süchte erfüllen soll. Es wird kräftig auf den Partner projeziert, was man sich so ausgemalt hat, und man wundert sich, wenn der Partner sich dem ganzen früher oder später entzieht.

Gruss,
Uta
 
Hallo Uta,

mir fallen dazu auch noch die "modernen" soap - operas und Telenovelas ein! Ihr habt da zum Beispiel in Süddeutschland so eine ganz wunderbare :p) , Sturm der Liebe, heißt sie. :wave:
Sturm-der-Liebe-Vol-4_92__10015533_20.jpg

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Oh, eure Schnulzenbeispiele sind natürlich ganz schön heftig. Aber wenn man genug Bügelwäsche nebenbei hat, kann man so was in kleiner Dosis vielleicht ertragen ;)

Anne
 
Ups, das erinnert mich an was...
Da steht doch so eine Wäschewanne mit Tischdecken, die ich bügeln wollte, wenn ich viiiiiel Zeit habe...
Ich werde mir wohl die Zeit nehmen müssen. Irgendwo unter den Osterdecken müssten sich noch die Weihnachtsdecken verstecken:eek:

LG
 
Hallo ADo,

verspürst Du eine Art
buegeln.3zd.gif
Bügelzwang?:)))

Herzliche Grüße von
waesche.gif
[/IMG]

Leòn
 
Ich bin zwar nicht Ado ;)

Na wenn die DVD sehr gut ist, könnte das schon passieren. Wenn ich eine DVD habe und die gut finde, habe ich überhaupt kein Problem, die auch mal 10 x nacheinander anzusehen :rolleyes:

Anne
 
Hallo Leòn,
suchst Du jemand, der sich Deiner Hemden annimmt?
a035.gif
Ich schließe auf jeden Fall aus Deiner Frage an Ado, daß Du nicht bügelsüchtig bist....
a020.gif


Grüsse,
Uta
 
Wir sind alle süchtig!

Denn Sucht ist im Prinzip die (sinnvolle oder sinnlose) Wiederholung von Vorgängen ...

Und diese Ursache steckt wohl (solange nicht biochemisch, von Außen, bedingt) - tief - in unserem biologischen Urinstinkt!
Es hat sich ganz einfach bewährt immer wieder die selben Vorgänge zu wiederholen, und an „etwas dran zu bleiben“.
Auch entgegen jeder Logik!

Zum Beispiel kümmern sich die meisten Väter um ihre Kinder. Sie haben ganz einfach das Gefühl, dies tun zu müssen.
Sie können nicht anders! Sie sind also ihrer „Sucht“ völlig ausgeliefert.

Wenn sie es logisch angehen könnten, dann würden sie sich nicht um ihre Kinder kümmern. Denn in der Zwischenzeit könnten sie sich ja schon wieder paar andere anschaffen.
Die Chance, dass die Kinder in dieser Gesellschaft auch ohne Vater überleben ist ja sehr hoch.

Und das eigentliche biologische Grund-Ziel - soviele Nachkommen wie möglich zu haben - wäre anders viel besser erfüllt! :lol:

>>> später dann „ verselbstständigen “ sich diese Vorgänge natürlich und man kann nichts mehr so klar trennen ... :rolleyes:

Lieben Gruß X
 
Oben