In ihrem Buch “Die Schock-Strategie” von 2007 hat Naomi Klein detailliert beschrieben, wie die Anhänger des Neoliberalismus in der jüngeren Vergangenheit bis heute Krisen ausnutzen, um mit Hilfe ihrer mächtigen Institutionen wie IWF oder Weltbank den Menschen die neoliberalen “Reformen” aufzuzwingen, denen diese in freien demokratischen Wahlen nie zugestimmt haben bzw. hätten. In Krisen werden Menschen und Gesellschaften in einen Schockzustand versetzt, in dem ihre Widerstandskraft gegen Manipulation herabgesetzt ist. Dieser Zustand der Wehrlosigkeit wird dann gnadenlos ausgenutzt.
Natürlich kann man genau diese Schock-Strategie heutzutage im Zusammenhang mit der Finanzkrise im ganz grossen Stil beobachten. Neu ist lediglich, dass sie nicht mehr vor allem in der dritten Welt zur Anwendung kommt, sondern nun die früher mal “reich” genannten westlichen Industrieländer selbst zum Ziel geworden sind. Das bekannteste Beispiel ist Griechenland, aber betroffen sind letztlich die Menschen in allen Ländern, denen jetzt die sogenannten “Sparprogramme” und andere Massnahmen aufgezwungen werden, bei denen es sich um nichts anderes als eben diese auf demokratischem Wegen nicht realisierbaren neoliberalen Wunschträume handelt.
Auch in Deutschland wird der Schockzustand nicht nur genutzt, um weitere Sparmassnahmen auf Kosten derjenigen durchzudrücken, die jetzt schon am wenigsten haben, sondern auch um Milliardenbeträge am Parlament vorbei den Banken zur Verfügung zu stellen, ein Vorgang, der in ruhigeren Zeiten in diesem Ausmass kaum vorstellbar wäre. In Krisenzeiten jedoch sind die Menschen eher bereit, an die berühmte “Alternativlosigkeit” solcher Massnahmen zu glauben und darauf zu vertrauen, dass “die da oben” schon alles richtig machen werden. Vor allem will auch niemand, der die Massnahmen kritisiert, hinterher schuld sein, wenn es zur Katastrophe kommt – z.B. zum Zusammenbruch der Weltwirtschaft, weil man einer Bankenrettung nicht zugestimmt hat. Schockstarre eben.