Grenzen setzen, ohne zu verletzen

Hallo Beat,

habe meinen Beitrag an dich hier gelöscht und lasse ihn dir nun per PN zukommen. Irgendwie wird mir langsam alles zu viel. Es sind z. Z. so viele Themen aufgemacht worden, auch im Seele/Geist-Teil des Forums, die zwar sehr interessant sind, aber die (mir) doch sehr nah gehen. Wenn man antwortet, liest man automatisch am nächsten Tag wieder, antwortet und es geht immer so weiter... Werde mich nun lieber erstmal zurückziehen und mich besinnen. Hoffe auf Verständnis.

Liebe Grüße
Anne
 
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Ermutigen


Ein wichtiges Grundbedürfnis des Menschen ist es, dazuzugehören, Teil einer Gemeinschaft zu sein.
Erziehung zielt darauf ab, aus Kindern mutige, fähige, auf Zusammenarbeit ausgerichtete Erwachsene werden zu lassen. Sie sollen lernen, Verantwortung zu tragen und Ordnung zu halten. Sie sollen geduldige und freundliche Menschen werden, die durchhalten und mit Geld umgehen können. Die sich selbst und andere ermutigen können und für die alle Menschen gleichwertig sind.

Menschen brauchen das Gefühl der Zugehörigkeit, um diese Aufgaben bewältigen zu können.
Erfahren Kinder – und auch Erwachsene – zu häufig Ablehnung, Abwertung, Verwöhnung und Strafen, verlieren Erwachsene wie Kinder ihr Zugehörigkeitsgefühl. Sie halten die familiären, sozialen oder gesetzlichen Regeln nicht mehr ein, suchen verstärkt nach Aufmerksamkeit oder zetteln „Machtkämpfe“ an.

Denken wir jetzt zunächst an Kinder. Dann wird deutlich, daß Kinder Ermutigung brauchen.
Kinder können folgendermaßen Wertschätzung und Ermutigung erfahren:

• Helfen lassen – Kinder erfahren, daß sie etwas können und gebraucht werden.
• Mit den Kindern sprechen – Das Kind erfährt Zuwendung und es
erlebt, daß das wichtig ist, was es sagt.
• Fehler werden als nicht so wichtig betrachtet – Das Kind fühlt sich weiter angenommen, es lernt: „Irren ist
menschlich!“.
• Auf Stärken aufbauen – Ein kleines Kind hat besondere Fähigkeiten, wie zum Beispiel „Geschichten erzählen“. Es erfährt nicht, „Du lügst!“ sondern: „Du hast viel Fantasie und kannst gut Geschichten erfinden!“ Das Kind fühlt sich angenommen, es ist wichtig.
• Verantwortung tragen lassen – Kinder werden ermutigt, verschiedene Aufgaben mit Unterstützung durch Erwachsene, selbst zu erledigen, wie das Flicken des Fahrrades.
• Vertrauensvorschuß geben – ‚Du kannst das!‘ Das Kind erlebt, daß ihm etwas zugetraut wird.
• Anlernen – Eltern nehmen sich Zeit, ihren Kindern etwas beizubringen. Das Kind bekommt zum Beispiel vorgemacht, wie das Zimmer aufgeräumt werden soll.

Dies alles wirkt ermutigend.
Eltern tun ihrem Kind dann etwas gutes, wenn sie darauf achten, was ihre Kinder können und nicht so sehr darauf, was sie noch nicht können.

Ermutigen ist, wie wir gesehen haben, wichtig!

• Eltern (und alle anderen) können sich täglich vor Augen führen, was sie gut können, in etwa wie „Ich finde gut an mir ...“
• Für Kinder wie für Erwachsene kann es gut sein, in schriftlicher Form festzustellen, was gut an den Eltern, an der gegenwärtigen Lebenssituation und an den Mitmenschen ist. Dies ist in schriftlicher Form, für sich selbst und als Brief an andere möglich. Es kann auch hilfreich sein, andere direkt anzusprechen und, zum Beispiel zum Kind zusagen: „Das finde ich gut an Dir...!“
• Das „Dreieck der Ermutigung“ ist eine besonders wirksame Form des Ermutigens.
Zum Beispiel: Die Mutter sagt zum Vater: „Der Felix hat sein Zimmer heute ganz toll aufgeräumt!“ Das Kind hört, wie ein wichtiger Mensch zu einem anderen wichtigen Menschen eine wertschätzende Äußerung macht. Das kann sehr ermutigend wirken.


Herzliche Grüße von

Leòn
 
Das ist eine sehr brauchbare Aufstellung, Leòn, und sie gilt doch auch für Erwachsene unter sich, oder? Danke!
Ein wichtiger Punkt dabei ist für mich auch, daß Kinder so lernen, andere für ihr Verhalten zu loben. Wird ein Mensch ständig kritisiert, wird er dafür das Kritisieren lernen und entsprechendes Feed-back erfahren.

Was mir noch wichtig ist: Kinder lernen, dass es Grenzen gibt für Verhalten. Dazu gehört auch, daß sie lernen, daß es in Ordnung ist, wenn Erwachsene nicht immer zur Verfügung stehen, daß auch die öfters das Bedürfnis haben, sich zurückzuziehen.
Ich weiß nicht , ob ich mich da täusche, aber ich habe den Eindruck, daß Kinder (vor allem Einzelkinder) oft richtig nervend sein können, weil sie meinen, überall die erste Rolle zu spielen, wenn eine größere Gruppe zusammen ist. Liegt das vielleicht daran, daß es immer mehr Einzelkinder gibt und daß die oft erst relativ spät (vom Alter der Eltern her gesehen) zur Welt kommen? Daß sie dann tatsächlich schier "hofiert" werden?

Gruss,
Uta
 
Hallo Uta,

ich danke dir sehr, für Deine "ermutigende" Rückmeldung!:)

Das ist eine sehr brauchbare Aufstellung, Leòn, und sie gilt doch auch für Erwachsene unter sich, oder? Danke!

Ja, ganz bestimmt. Beispiel: Wenn mir von vorgesetzten etwas zugetraut wird und sie mir eine entsprechende Aufgabe geben, ermutigt mich das auch.

Ein wichtiger Punkt dabei ist für mich auch, daß Kinder so lernen, andere für ihr Verhalten zu loben. Wird ein Mensch ständig kritisiert, wird er dafür das Kritisieren lernen und entsprechendes Feed-back erfahren.
Ja, und dann bewegen wir uns im defizitären Bereich, statt in dem der Ressourcen.
Was mir noch wichtig ist: Kinder lernen, dass es Grenzen gibt für Verhalten. Dazu gehört auch, daß sie lernen, daß es in Ordnung ist, wenn Erwachsene nicht immer zur Verfügung stehen, daß auch die öfters das Bedürfnis haben, sich zurückzuziehen.

Das sehe ich ganz genauso. Und ich kann Kindern meine Bedürfnisse durchaus deutlich machen, ohne sie zu verletzen: "Ich brauche jetzt etwas Ruhe, hilfst Du mir, dass ich sie kriege?"

Ich weiß nicht , ob ich mich da täusche, aber ich habe den Eindruck, daß Kinder (vor allem Einzelkinder) oft richtig nervend sein können, weil sie meinen, überall die erste Rolle zu spielen, wenn eine größere Gruppe zusammen ist.
:))) :))) :))) Also, ich als Betroffener kann Dir da sagen: ja, ich nerve ganz schön .... :D . Aber Spaß bei Seite. Sicher haben Einzelkinder es schwerer, dieses soziale Verhalten zu lernen, die Eltern finden glaube ich weniger leicht "den Absprung" des Loslassens und übertragen nicht so leicht ALTERSGEMÄSSE Verantwortung auf das Kind. Und es fehlt die "gleichaltrigen Ebene" für das Kind in der Familie.
Liegt das vielleicht daran, daß es immer mehr Einzelkinder gibt und daß die oft erst relativ spät (vom Alter der Eltern her gesehen) zur Welt kommen? Daß sie dann tatsächlich schier "hofiert" werden?

Ja, bestimmt. Und da kommt der Familie und dem Freundeskreis eine größere Bedeutung zu. Dass Kinder da eben ihre gleichaltrigen Gruppe finden. Für mich waren als Kind meine Cousins und Cousinen ganz wichtig.
Für meine Tochter war es die Krabbelgruppe, das andere Kind im Hause (die beiden wohnen nicht mehr im selben Gebäude, sind aber bis heute ganz enge Freundinnen), Kindergartenfreunde usw. .

UND, wie Du es schon sagtest, liebe Uta: die "älteren" Eltern heutzutage, müssen sich sehr bewusst sein, was sie mit ihren Kindern tun. Elterliches "Verwöhnen" ist meines Erachtens auch eine Form von Misshandlung, weil sie in die Unselbständigkeit führt.

Herzliche Grüße von

Leòn

 
Der Ausstieg aus dem Kampf um Aufmerksamkeit

„Unser Sohn beschäftigt sich kaum alleine, ständig ‚hockt er uns auf der Pelle‘, unterbricht unsere Gespräche,“ erzählt ein Elternpaar, „Oder er macht irgendwelchen Unfug und macht etwas kaputt. Das nervt! Wir fühlen uns dann hilflos und werden auch manchmal wütend!“

Eine schwierige Situation, in der sich die Eltern hier befinden. Wie könnten sie reagieren?

Folgendes geschieht:
Der Junge ‚stört‘ seine Eltern, indem ihnen kaum ‚von der Seite weicht‘, Gespräche unterbricht oder ‚Unfug‘ anstellt. Dahinter kann der Wunsch nach Aufmerksamkeit verborgen sein.
Es ist, als würde das Kind glauben: „Ich gehöre nur dazu und habe nur dann Bedeutung, wenn ich Aufmerksamkeit bekomme und wenn sich andere mit mir beschäftigen!“

Als Eltern fühlt man sich irritiert, verunsichert, aufgeregt oder ärgerlich.
Manche werden versuchen, dem Jungen gut zuzureden oder über das Verhalten klagen.
Vielleicht versucht man auch, dem Sohn alles recht zu machen, um die Situation zu ‚entschärfen‘.

Ein Kind, das Aufmerksamkeit durch ‚Störverhalten‘ sucht, wird es in der Regel stoppen, wenn es Aufmerksamkeit (auch negative Aufmerksamkeit) erfährt.
Es besteht die Gefahr, daß Kinder lernen, nur durch Störverhalten Aufmerksamkeit erlangen zu können.

Manchmal fragen Eltern: „Wie kommt es nur, daß mein Kind immer auf negative Aufmerksamkeit aus ist? Es nervt mich so lange, bis ich ärgerlich werde! Wenn es anders wäre, könnte ich auch mal positive Zuwendung geben!“.
Hier sollte man sich vergegenwärtigen, daß Kinder manchmal keine andere Möglichkeit sehen, als sich ‚negative‘ Beachtung zu holen.

Was können Eltern tun?

• Hilfreich kann es sein, keine Verärgerung zu zeigen. Auch negative Aufmerksamkeit ist Aufmerksamkeit!
• Stattdessen sollte das Kind oder der/ die Jugendliche reichlich und regelmäßig, ermutigende Hinweise auf ‚nicht-störendes‘ Verhalten bekommen. Wie zum Beispiel: „Ich habe mich sehr gefreut, daß Du vorhin so schön alleine gespielt hast! Toll!“.
• Hierbei sollten keine Vergleiche angestellt und mitschwingende Vorwürfe (z.B.: „Warum geht das nicht immer so?“), vermieden werden.
• In einer Besprechung, an der möglichst alle Familienmitglieder teilnehmen (‚Familienrat‘), können gemeinsam gute Alternativen entwickelt werden.
Ein Ergebnis könnte sein: „Wenn wir alle zuhause sind, spielen wir eine gewisse Zeit miteinander, danach spielst Du eine Weile alleine!“
• Sinnvoll kann es sein, nicht darauf einzugehen, wenn ein Kind ‚ungebührliche‘ Aufmerksamkeit fordert, z.B., daß Erwachsene sich weiter unterhalten, wenn das Kind dazwischen redet.
• Es ist hilfreich ‚logische‘ Konsequenzen anzuwenden. Wie zum Beispiel: Wenn sich Erwachsene in Ruhe unterhalten wollen, ist das Wohnzimmer eine ‚kinderfreie Zone‘.
• Sinnvoll ist es, Konsequenzen so ruhig wie möglich erfolgen zu lassen.
• Nicht hilfreich dagegen ist ‚meckern nörgeln‘ und kritisieren. Ebensowenig wie das Aussprechen von Strafen. Hiermit erreicht man eher das Gegenteil. Denn wie gesagt: auch negative Aufmerksamkeit kann den Wunsch von Kindern nach Zuwendung befriedigen.


Herzliche Grüße von

Leòn
 
Hallo Leon und Uta

Finde alles toll und stimme allem zu, was Ihr beiden geschrieben habt.
 
Ein Teilthema der "negativen Aufmerksamkeit erheischen" sind die kindlichen Störenfriede in der Schule.
In der 1. Klasse meines Sohnes war ein Kind, das ständig durch "Kasperle-Spielen" (z.T. auch richtig witzige Sachen) die Aufmerksamkeit auf sich zog. Die Mitschüler reagierten unterschiedlich: manche waren begeistert von dieser Unterhaltung, andere fingen an, ihn zu mobben, andere beklagten sich bei Eltern und Lehrerin.
Es ging so weit, daß man die Eltern dieses Jungen bat, ihn in eine andere Klasse zu geben. Die Lehrerin meinte, das Kind sei einfach noch nicht reif für die Schule und würde deshalb ständig stören.

Der langen Geschichte kurzer Sinn: es war ganz anders: der Junge konnte schon längst lesen, als er in die Schule kam; er hatte sich das selbst beigebracht. Alles fiel ihm sehr leicht - er langweilte sich schrecklich. Also vergnügte er sich eben anders.
Letztlich übersprang er dann in der Grundschule eine Klasse, und im Gymnasium noch einmal eine. Mit 22 hatte er sein STudium beendet....
Das ganze ist schon eine ganze Weile her. Heute bestünde Hoffnung, daß es auffallen würde, daß er hochbegabt und wirklich nicht minderbegabt oder unreif war.
Was mich an dieser Geschichte immer noch in Gedanken beschäftigt: es ist mehr als bedauerlich, daß in Schulen sehr oft nur auf die Schwächen der Kinder geachtet wird statt eben - wie in diesem speziellen Fall - auf die Stärken. Das Niveau der Klasse richtet sich nach den schwachen Schülern und behindert damit die starken Schüler.

Uta
 
Hallo Uta

Finde es ein gutes Beispiel. Bei jedem auffälligen Kind sollte man immer an langeweile zB infolge Hochbegabung oder schon angeeignetes Wissen denken, auch wenn Auffälligkeiten aufgrund dessen zwar sicherlich nicht der Normalfall ist, aber doch eine nicht unwesentliche Minderheit.

Das Niveau der Klasse richtet sich nach den schwachen Schülern und behindert damit die starken Schüler.
Dem kann ich hingegen so nicht zu stimmen. Sicherlich gibt es solches, aber anderes ebenso sehr. Einige Kinder werden schon vor der Schule von Ihren Eltern gelernt (lesen, rechnen, etc) oder werden sogar darauf gedrillt und können dies dann bei Schuleintritt. So ist es möglich, dass die anderen nicht "gedrillten" Kinder abfallen und die Lehrerin auf die besseren eingeht und die anderen Kinder als schlechte Schüler erachtet.
Ich bin der Meinung, dass man den Lehrpaln einhalten soll. Wenn ein Kind schon lesen etc kann, wird es sich langweilen und damit haben die Eltern entweder dem Kind einen Bärendienst erwiesen, oder das Kind ist eben hochbegabt. Im letzteren Fall soll es eine Klasse überspringen und/oder zusätzliches zb chinesisch lernen, eventuell dazu sogar das Kind aus der Klasse nehmen bei Sachen die es schon kann.
Die schwächeren Kindern sollen mit Stützunterricht bzw Schulbegeleitung gefördert werden. Sollte dies nicht klappen, kann eine (vorübergehende) andere Schule (zur Defizitaufbereitung) sinnvoll sein.

Quintessenz:
Aus pädagogoschem Aspekt (auch für die "normalen Schüler) ist eine integrative Schule für Lernschwächere wenn möglich vorzuziehen. Mit geeigneten Mittel (Stützunterricht, Schulbegleitung) ist jedoch sicherzustellen, dass der Lehrplan für die "normalen" Kinder eingehalten wird.
Bei Hochbegabung ist durch Klassenüberspringen und anfoderungsreichen Zusatzunterricht wie zB chinesisch eine Integration des hochbegabten Kindes in einen Klassenverband und gleichzeitige Förderung seiner Begabung recht gut möglich. Wenn möglich ist dabei aber auch die Einschulung in eine Hochbegabtenschule zu prüfen.
 
In Deutschland ist es in den Grund- bzw. Hauptschulen die Regel, daß die schwächeren Schüler das Tempo und das Niveau bestimmen. Wenn man sich z..B. eine Kölner Hauptschule anschaut, in der mehr Ausländer ohne große Deutschkenntnisse drin sind, dann wird es problematisch, die wenigen guten Schüler zusätzlich zu fördern, während alle anderen "gepflegt" werden,damit sie überhaupt einigermaßen mitkommen.
Aber das ist noch einmal ein anderes Thema , wenn auch ein immer drängenderes.

Gruss,
Uta
 
Hallo Uta

In der Schweiz gibt es eigentlich den Lernplan. Aber in der Praxis ist es manchmal auch so wie Du es von D schreibst. Speziell das Problem bei grossem Anteil an Ausländerkinder kennt die Schweiz in gewissen bezirken in gewissen Städten auch. Und dies ist ein immer drängerndes Problem. In solchen Klassen wagt sich die Lehrerein oft nicht einmal mehr, zB Weihnachten zu feiern, weil man damit Probleme mit Eltern von enigen dieser Kinder bekommen könnte. Da sind wir wieder bei unserem westlichen immer weniger christlchen immer mehr wischiwaschi, alles darf nichts muss bzw falsche Toleranzkultur. Das hängt alles zusammen. "Hurra, wir kapitulieren" ist übrigens ein Buch, welches dies sehr gut beschreibt. Und es wird immer schlimmer, wenn wir nicht endlich unsere Naivität ablegen und einsichtig werden. Aber hast recht, wäre ein anderes Thema
 
„Unser Sohn beschäftigt sich kaum alleine, ständig ‚hockt er uns auf der Pelle‘, unterbricht unsere Gespräche,“ erzählt ein Elternpaar, „Oder er macht irgendwelchen Unfug und macht etwas kaputt. Das nervt! Wir fühlen uns dann hilflos und werden auch manchmal wütend!“

Hallo León,

tatsächlich empfand ich diese Zeilen oben als sehr deprimieren, zeigt es mir doch, wie wenig manche Eltern ihre Kinder verstehen. Ich denke, es ist so, dass dieses Kind quasi nach Aufmerksamkeit schreit. Wir hatten mit unserer Tochter auch solch eine Phase - es war nach einer Phase als ich mal wieder im Kh war und ich mit manchen Dingen einfach überfordert war. Unsere Tochter war auch überfordert, denn sie mußte in der Zeit meines Krankenhausaufenthaltes mit mehreren Problemen fertig werden. 1. die Verlustangst, dass der Mama was passieren könnte (sie hat nämlich mitbekommen, dass ich mit dem Notarzt abgeholt wurde), 2. der andere Betreuungsstil von Menschen, die ihr nicht so nahe standen 3. viel weniger Aufmerksamkeit. So war es danach auch so, dass sie vor allem mir, ständig "auf der Pelle hockte", ich war sowohl körperlich, als auch geistig noch total geschwächt, sah die Problematik, war jedoch zunächst nicht im Stande was zu ändern. Eine Freundin mit der ich mich darüber unterhielt, machte mir den Vorschlag folgendes zu versuchen: Ich sollte am Tag nur 1 Stunde meine ganze Aufmerksamkeit unserer Tochter widmen und zwar ausschließlich, ohne Telefon, ohne Klingeln - ganz ohne Unterbrechung. Den Vorschlag fand ich gut und ich war zunächst überrascht, wie schwierig es manches Mal ist, nicht gestört zu werden ;-), was mich jedoch auch sehr überrascht hat war, dass unsere Tochter schon nach kürzester Zeit wieder das ausgeglichene Kind war, was sie vorher gewesen ist.

Ich habe mir danach auch recht viele Gedanken darüber gemacht, weil dies irgendwie ein Schlüsselerlebnis für mich war. So habe ich festgestellt, dass viele Eltern wohl viel Zeit mit ihren Kindern verbringen, jedoch oftmals keine halbe Stunde ihren Kindern die ungeteilte Aufmerksamkeit entgegenbringen können. Da klingelt dann das Handy, da kommt dann eine andere Mutter, ein anderes Kind, an der Tür wird geklingelt oder man muß noch dies und das erledigen. Seit dieser Zeit versuche ich unserer Tochter täglich ihre Stunde ungeteilte Aufmerksamkeit entgegen zu bringen und obwohl ich die Problematik kenne, gelingt es mir nicht immer. Eigentlich schade, aber manchmal wirklich nicht zu ändern. Umso wichtiger finde ich es, wenn in Kiga und Schule die Kinder die verhaltensauffällig sind, eine Extraportion Aufmerksamkeit bekommen würden. Leider werden dann jedoch solche Maßnahmen ergriffen, die die Kinder noch mehr ausgrenzen. Ein aktueller Fall: das Kind wurde ganz allein in die Mitte des Klassenzimmers gesetzt. Das Ende vom Lied - der Junge wurde noch auffälliger, hat noch mehr gestört.

Da ich mit verhaltensauffälligen Kindern arbeite und mit ihnen Yoga, Entspannung u. Meditation mache, konnte ich mir auch darüber ein paar Gedanken machen. Ich denke, dass diese Kinder noch mehr Aufmerksamkeit brauchen als die Mehrzahl der Kinder. Dies liegt jedoch daran, dass die Kinder sich selbst nicht richtig wahrnehmen können. Sie haben oftmals eine Blockade, die wie eine Mauer zwischen ihnen und der Umwelt steht. Das ist ein großes Problem und hier kann meiner Meinung nach, nur die Alternativangebote und eine Extraportion Aufmerksamkeit helfen. Ich kenne viele Kinder die mit Osteopathie u. Cranio Sacral Therapie sehr erfolgreich therapiert wurden. Auch Entspannungstechniken, Massagen, Meditation etc. können diesen Kindern weiterhelfen. Fakt ist allerdings, dass es immer mehr verhaltensauffällige Kinder gibt und dies sehe ich als Problem unserer Gesellschaft an. Die Gesellschaft ist immer schnelllebiger, man hat viel weniger Zeit füreinander, also auch für die Kinder, dank Handy ist man überall und allzeit erreichbar und viele Eltern haben nicht die Konfliktbereitschaft um sich mit ihren Kindern auseinander zu setzen und halt die für sie wichtigen Grenzen zu setzen.
Ich persönlich weiß auch nicht wie das alles weitergehen soll und ich mache mir schon heute Gedanken auf welche Schule unsere Tochter gehen soll. Die hiesige Grundschule hat zwar was das lerntechnische anbelangt einen sehr guten Ruf, jedoch habe ich zuvor noch niemals erlebt, dass in der Grundschule schon derart vielfältige Mobbingattacken von Kindern gestartet wurden, wie auf dieser Schule. Und wir leben ländlich und hier ist die Welt noch relativ in Ordnung. Da frage ich mich, wie es dann wohl in den Grundschulen der Städten aussieht...

LG Chiara
 
Hallo zusammen

Chiara hat sichtiges geschrieben finde ich und einiges vorherige noch ergänzt. Möchte folgende Sachen festhalten:

1. Kinder werden oft verhaltensauffällig, um Aufmerksamkeit zu bekommen
Gründe.
- gemäss Chiara: weil sie wirklich zuwenig bekommen. Denke dies ist ein häufiger Grund. Ob dies jetzt täglich eine Stunde ganz alleine sein soll (bei 5 Kindern wird dies zB sehr schwierig) oder ob ein Teil auch zusammen mit anderen Kindern möglich ist, zB auch mit zusammen arbeiten etc bleibt mal vorbehalten
- gemäss Uta, weil das Kind meint es bekommen zuwenig Aufmerksamkeit, das Gefühl hat, alles muss sich um sich drehen, womit ein Verziehen des Kindes eintreten könnte, wenn man ihm nachgibt. Denke auch dies trifft auf einige Kinder zu. Denke, dass der erste Aspekt in unserer schnellen Zeit vieleixcht sogar der häufigere ist.

2. Chiara: Diese kinder können sich selber nicht richtig wahrnehmen.
enke das trifft auf viele zu (ADS bzw ADS-Zühe, oder andere Wahrnehmungsstörungen) aber nicht auf alle.
- Chiara: Brauchen eine Extraportion aufmerkssamkeit: Denke trifft zu wenn es wirklich Wahrnehmungsgestörte Kinder sind, ansonsten nicht.
- Chiara: Alternativangebote im psychologischen Bereich wie auch Cranio-Sacral können helfen. Denke das trifft zu, auch weil sie dadurch eben wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen. Denke aber auch das gerade hier metabolische (Immunsystem, Stoffwechsel) Störngen dahinterstecken und diese biomedizinisch (SM-Ausleitung, Ernährung/Diäten, Vitalstoffe und Darmsanierungen) meist gut behandklet werden können. Diese Behandlung wäre erst noch ursächlicher und unterstützt psychologische Therapien alternative oder klassische sehr gut.
Dies meine Ergänzungen zu Utas und Chiaras und anderen Aussagen.

Noch was zu: jedoch habe ich zuvor noch niemals erlebt, dass in der Grundschule schon derart vielfältige Mobbingattacken von Kindern gestartet wurden, wie auf dieser Schule.
Und es wird immer schlimmer. Aber die wirklichen Gründe will man ja nicht angehen. Die Kinder bekommen keine Werte zuhause mehr mit und es wird ihnen auch kaum etwas davon vorgelebt. Den Kindern wird zu Hause keine Grenzen mehr gesetzt (wie auch Chiara das angetönt hat), oder noch schlechter, sie werden zwar gesetzt aber nicht durchgesetzt. Konsequenzen bleiben aus. Mit dem Verbot der Klapse wurde das Konsequenzensetzen noch erschwert und kaum jemand (Chiara ausgenommen) beschäftigt sich damit, wie und welche Konsequenzen man bei Überschreitung ergreift.
Den Lehrer wird die Autorität abgegraben, so dass die Eltern sich bei Schwierigkeiten sofort auf die Seite des kindes stellen. Die Lehrer gehen deswegen den Schwierigkeiten aus dem Weg, weshalb auch gegen Mobbing kaum was gemacht wird, weil sonst irgend ein Elternteil "schützend" vor das doch so gute und fehlerfreie Kind steht, "das es nicht so gemeint hat und nur die anderen ahben es dazu gebracht so zu sein" und so ähnlich.
 
Habe mal kurz in einer Abteilung für Jugendstrafsachen gearbeitet. Es waren teilweise richtig schlimme Wiederholungs-Straftaten, für die ein Erwachsener eine saftige Strafe kassiert hätte. Es werden von diesen Jugendlichen sogar Wetten abgeschlossen, wer was aufgebrummt bekommt und nach den Verhandlungen wird gefeiert und sich über uns Erwachsene schlapp gelacht. Die Jugendlichen kamen nicht immer aus schwierigen Verhältnissen, oft hatten sie sogar gutsituierte Eltern. Die saßen im Gerichtsaal oft im Hintergrund und haben ihre "lieben" Kinder natürlich immer wieder rausgeboxt, genauso wie die Jugendgerichtshilfe. Ein fataler Fehler. Oft habe ich gedacht, denen gehört mal so richtig eins "übergebraten". Ja, denen auch mal was auf die Nase zu geben, wäre nicht verkehrt, so wie sie es mit anderen hilflosen Menschen machen. Dann wissen sie, wie sich das anfühlt. Das ist das einzige, was da m. E. hilft. Angst vor Gewalt oder harter Konsequenz unterdrückt Gewalt. Sorry, sowas darf man eigentlich nicht laut sagen, aber das ist so.

Es gibt auch den sogenannten Opfertyp unter Kindern. Dem wurde oft moralapostolisch eingetrichtert: "Man haut nicht zurück!" Das macht es jedoch gewalttätigen Kindern leicht - und die gibt es nunmal! - Mitschüler, die sich aus Anstand nie wehren, auf das Schlimmste zu mobben.

Meine Kinder wurden nicht mit Gewalt und auch nicht zur Gewalt erzogen, aber sie wissen sich zu wehren. Allein die Haltung, bei einem Angriff genauso zurückkzuschlagen, schützt vor Angriffen. Das ist Fakt!

Ein Kind, das zum Beispiel seine Eltern oder Geschwister ständig haut, mal einen Klaps auf die Finger zu geben, führt m. E. nicht zu einem seelischen Schaden. Kenne etliche Kinder, die so erzogen wurden und sich trotzdem ganz normal zu selbstbewußten und friedlichen Menschen entwickelt haben.

Anne
 
Hallo :) ,

ich danke Euch allen für eure rege Teilnahme an diesem Thema!



Nun, es ist wohl klar, dass man mit Schlägen und Androhung von Strafen in gewisser Weise "Grenzen setzen" kann. Andererseit ist auch bekannt, dass Strafen immer nur temporäre Wirkungen auf das Verhalten haben. Fällt die Strafe - bzw. die Androhung weg, entfällt auch die Wirkung. Als Beispiel denke man an den Straßenverkehr.

aber genau das ist ja nicht das Thema hier, sonder die Frage, wie man auf andere Weise Grenzen setzen kann!

Hier ein Beispiel:

Aus dem Machtkampf aussteigen


Jemand berichtet:
„Ich sage zu meiner Tochter: Du musst sofort nach der Schule Deine Hausaufgaben machen! – Sie schreit mich an und sagt, sie mache ihre Hausaufgaben, wann sie es wolle! – So ein unmögliches Verhalten, was erlaubt sie sich? – Ich schreie zurück und bestehe darauf, dass sie die Aufgaben sofort macht. Trotzig geht sie in ihr Zimmer und knallt die Tür zu. Die Aufgaben macht sie jetzt nicht!“

So wie in diesem Beispiel ergeht es Eltern häufiger, aber auch ErzieherInnen und LehrerInnen, sowie anderen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben: Es wird eine Forderung gestellt, die wird nicht erfüllt und … schon befindet man sich in einem Machtkampf. Dies kann bereits bei jüngeren Kindern geschehen (Beispiel: „Nein, ich räume mein Zimmer nicht auf!“), häufiger noch besteht die Möglichkeit für Erwachsene, in einen Machtkampf hineinzugeraten, wenn es um das Verhalten von Jugendlichen geht.

Wenn Kinder oder Jugendliche die Eltern in einen Machtkampf verwickeln wollen, sind sie darum bemüht, Überlegenheit zu beweisen. Kinder wie
Jugendliche wollen hier zeigen, dass sie „stärker“ sind.
Sie versuchen zu beweisen, dass sie nicht gezwungen werden können, etwas zu tun oder zu unterlassen. Oft gelingt es ihnen, dies zu erreichen, indem sie „ungehorsam“ sind, sich „widerspenstig“ zeigten Wutausbrüche bekommen oder trödeln. Oder das Kind provoziert durch unliebsame Verhaltensweisen, verhält sich rechthaberisch, legt Unordnung oder trotziges Verhalten an den Tag.
Es erweckt den Anschein, als glaube das Kind: „Ich habe nur dann eine Bedeutung, wenn ich das tue, was ich will!“
Der Erwachsene fühlt sich oft in seiner „Autorität“ bedroht und steigt in vielen Fällen in dieses „Angebot zum Machtkampf“ ein. Selten haben sie das Gefühl, dass sie den Machtkampf gewinnen. In den meisten Fällen bleibt das Kind „Sieger“ und erreicht, was es wollte: „Ich tue/ bekomme, was ich will!“.

Was ist zu tun?
Wichtig ist es,
• nicht in den Machtkampf einzusteigen, etwa mit Streitereien, Drohungen oder Strafen
und
• nicht von der Forderung zurückzugehen!
• Wenn Eltern merken, dass sie „überkochen“, können sie sich zurückziehen und Wege suchen, sich „abzukühlen“.
So kann man zum Beispiel die Forderung aufrecht erhalten, in dem man sie nochmals ruhig formuliert und dann – bis auf weiteres – etwas anderes tut..
• Kinder/ Jugendliche dürfen überlegen sein.
Es ist gut, wenn man ihnen die Gelegenheit bietet, ihre Überlegenheit konstruktiv einzusetzen: Beispiel: „Du sprichst besser Englisch als ich, übersetzt Du mir diesen Text bitte?“
• .In angespannten Situationen dem Kind/ Jugendlichen zuhören und - wenn es gelingt ruhig zu bleiben
• und in ruhigen Situationen nach gemeinsamen Kompromissen suchen
In der Machtkampfsituation geht es weniger um sachliche Inhalte. Aber Eltern können mit ihren Kindern in entspannteren Momenten nach praktischen Lösungen suchen und z.B. Regeln verändern, wie zum Beispiel:
„Die Hausaufgaben werden erst nach einer ausreichenden Erholungsphase gemacht!“, o. ä. .

Herzliche Grüße von

Leòn
 
Das erinnert mich doch wieder einmal an "Spiele der Erwachsenen" - ein Buch, das ich immer sehr geschätzt habe, wie die Transaktionsanalyse überhaupt.
Bücher von Amazon
ISBN: 3499613506


Auf der amazon-Seite dieses Buches werden noch andere Bücher aus der TA genannt, die durchaus lesenswert sind.

Gruss,
Uta
 
Hallo Uta,

ich verstehe im Moment nicht so genau, was du mit deiner Buchempfehlung zu o. g. Thema sagen möchtest.

Du erkennst Dich selbst, wenn Du weißt was Du spielst. Das geistreiche Meisterwerk des Beziehungsanalytikers Eric Berne. Auf wissenschaftlich kompetente und amüsante Weise macht Eric Berne deutlich, wie das Erkennen der eigenen Ehe -, Party-, Sex-, Räuber-, Doktor- und Lebensspiele den Weg zu bewusster und konstruktiver Lebensführung ebnet.

Vielleicht hast du ja Lust es etwas genauer zu erläutern.

Gruß Chiara
 
Hallo Uta, hallo Chiara,

ja - der Verweis auf die Transaktionsanalyse hat etwas. Ich denke dabei auch an eher einfachere, handlungs- und kommunikationsorientierte Modelle a`la Watzlawick oder Schoenaker, es gibt auch ein Modell von Flanders usw. .

Entscheidend ist aber, so denke ich, dass man die ablaufenden Prozesse betrachtet, sie "analysiert" und gegebenenfalls in entsprechenden Schritten verändert.

Herzliche Grüße von

Leòn
 
Hallo Zusammen

Möchte noch auf die Erfahrungen von Anne eingehen

Die Jugendlichen kamen nicht immer aus schwierigen Verhältnissen, oft hatten sie sogar gutsituierte Eltern. Die saßen im Gerichtsaal oft im Hintergrund und haben ihre "lieben" Kinder natürlich immer wieder rausgeboxt, genauso wie die Jugendgerichtshilfe. Ein fataler Fehler.
Das entscheidende ist doch das "immer wieder rausgeboxt". Die Kinder haben scheinbar auch früher nie oder zumindest nie harte Konsequenzen erfahren müssen. Dies ist der fatale Fehler. Als Kleinkind hätte ein Klaps genügt, wenn Kinder etwas grösser sind andere Konsequenzen. Jetzt ist ein Schlag zweifelhaft, von einem Elternteil sogar schlecht, es bringt es so nicht.
Wichtig wäre jetzt, das die Eltern diese Kinder voll reinlaufen lassen, damit sie einmal die Konsequenzen Ihres tun spüren. Gefängnis und Reinigung der öffentlichenn Tioiletten zB. Da sie so etwas nie als Kleinkind erfahren haben, wird es eben jetzt für die armen Kerle sehr schwierig. Anders gesagt, durch früher nicht austeilen von Konsequenzen/Klapse aus falschverstandener Liebe, hat man die Kerle in Ihr Unglück gehen lassen. Zugespitzt gesagt, der Nichtklaps war also ein Missbrauch, der sich jetzt zeigt.
 
Nicht nur Kinder, auch Erwachsene spielen ihre Spiele miteinander. Und zwar täglich. In seinem 1962 erschienenen Klassiker zur Transaktionsanalyse "Spiele der Erwachsenen" analysiert der amerikanische Psychiater Eric Berne 36 dieser Spiele.

"Ein Spiel besteht aus einer fortlaufenden Folge von komplementär-Transaktionen, die zu einem ganz bestimmten, voraussagbaren Ergebnis führen. Es lässt sich auch beschreiben als eine periodisch wiederkehrende Folge sich häufig wiederholender Transaktionen, äußerlich scheinbar plausibel, dabei aber von verborgenen Motiven beherrscht" (67).

Die Spielanalyse versucht dem Spieler aufzuzeigen, welches Spiel er spielt und welche verdeckten Motive er damit verfolgt. Ein Beispiel ist das "Wenn du nicht wärst..."-Spiel, was häufig zwischen Eheleuten gespielt wird. Dieses besteht aus einen dominanten Mann und einer untergeordneten Frau. Der Mann verlangt, dass seine Frau abends zu Hause bleibt, um das Essen für ihn vorzubereiten. Die Frau beklagt sich zwar nach dem Motto "Wenn du nicht wärst, könnte ich jetzt ausgehen/mich ausruhen/telefonieren...", fügt sich aber dem Willen des Mannes. Zur Analyse dieses Spieles geht Berne davon aus, dass jeder Mensch aus drei Persönlichkeiten besteht: dem rationalen Erwachsenen-Ich, dem verspielten Kindheits-Ich sowie dem Eltern-Ich, welches für Routinehandlungen zuständig ist. Das gerade zitierte Gespräch findet auf der Ebene des Erwachsenen-Ich statt. Berne behauptet nun, dass der wahre Sinn dieser Transaktion auf de Ebene des Kindheits-Ich zu finden sei. Dort sagt der Ehemann nämlich: "Bleib zu Hause, weil ich Angst vor dem Alleinsein habe" und die Frau antwortet: "Natürlich bleibe ich! So muss ich mich nicht meinen Ängsten vor der Außenwelt stellen".

Es ist verblüffend, wie viele der von Berne dargestellten Spiele man in seinem Alltag beobachten kann. Zwar wirkt seine Unterteilung der menschlichen Persönlichkeitsstruktur in drei Ich-Sphären arg konstruiert und dogmatisch, was aber nichts daran ändert, dass vieles einfach zu stimmen scheint. Das menschliche Kommunikation von unbewussten, meist negativen oder gar bösartigen Motiven geleitet wird, mag auf den ersten Blick deprimierende wirken. Doch Berne weiß auch einen Ausweg aus diesem Teufelskreis: "Für einige glückliche Menschen gibt es nämlich etwas, das sie über alle systematischen Verhaltensweisen erhebt, und das ist die Bewusstheit" (297). Um die Spiel nicht zu spielen, muss man erst mal wissen, dass es diese Spiele überhaupt gibt. Ein erster Schritt dazu ist die Lektüre dieses Buches.
Amazon.de: Spiele der Erwachsenen. Psychologie der menschlichen Beziehungen.: Bücher: Eric Berne

Das ist die Buchbesprechung beim amazon, und ich finde, sie trifft es gut.

Kurz mit meinen Worten:
wenn mir klar wird, daß die "Kommunikation" zwischen Menschen, die miteinander umgehen, immer nach dem gleichen Muster ablaufen und deshalb völlig festgefahren sind, kann ich mir überlegen, warum das so ist, ob ich etwas daran ändern kann, wo die Veränderungen anfangen könnte.

In seinem Buch beschreibt Berne die verschiedenen Arten von Spielen und den möglichen Ausstieg aus ihnen.

Gruss,
Uta
 
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