Warum reagieren wir auf Immunglobuline?
Im humanen Immunglobulin ist immer ein Rest IgA enthalten. Wer einen IgA-Mangel hat oder wenn das IgA komplett fehlt, ist die Wahrscheinlichkeit auf eine Reaktion viel höher. Der Körper von Menschen, deren Blut kein IgA oder kaum IgA enthält, erkennt das Fremde Immunglobulin A als Feind und bildet dann selbst wiederum Antikörper gegen dieses fremde Eiweiß. Bei der Verabreichung von Blut oder Blutprodukten kann es dann zu einer schweren allergischen Reaktion bis hin zum Schock kommen. Dieses Risiko sollten gerade Patienten mit selektivem IgA-Mangel und deren Angehörige immer im Kopf behalten.
Immunglobuline sind Eiweiße, auch das therapeutisch gewollte Immunglobulin G. Der Mensch kann auf alle Eiweiße allergisch reagieren...
Es gibt Chargen, also “Produktionslinien”, die verträgt man nicht so gut wie andere. Das liegt einfach daran, dass sich die Zusammensetzung der Eiweiße ändern kann. Das passiert schon wenn andere Menschen zur Plasmaspende gegangen sind als sonst. Jeder Hersteller hat seinen eigenen Plasmapool. Dieser sollte für Immunglobuline im Bestfall aus mindestens 8.000 – 15.000 Plasmen von unterschiedlichen Menschen bestehen, um eine möglichst hohe Bandbreite an Antikörpern gegen die unterschiedlichsten Keime und Erreger zu haben. So kann es vorkommen, dass man, obwohl man sein Präparat sonst vertragen hat, plötzlich ganz stark allergisch reagiert....
Eine Rötung und/oder Schwellung an der Einstichstelle ist normal. Zum einem weil das Immunglobulin Platz im Gewebe weg nimmt und durch den Druck zu einer mechanischen Reizung führt. Zum anderen sind die Immunglobuline sehr konzentriert an einer Stelle, was die Wahrscheinlichkeit einer lokalen Reaktion natürlich erhöht.
Viele Patienten berichten unabhängig von der Substitutionsart über grippeähnliche Symptome wie Kopf und Gliederschmerzen, Muskelschmerzen und Abgeschlagenheit. Auch die Lymphknoten können anschwellen oder man fiebert ein wenig. Die Behandlung kann auch auf den Kreislauf gehen, was sich dann durch Übelkeit, Erbrechen oder Schwindel bemerkbar machen kann. Diese Nebenwirkungen sind häufig bis sehr häufig und treten teilweise schon bei mehr als jedem zehnten Patienten auf. Diese Begleiterscheinungen sollten sich in den Tagen nach der Substitution wieder legen....
Es gibt aber auch Nebenwirkungen, die sind nicht nur nicht erwünscht und lästig sondern auch regelrecht gefährlich. Allerdings sind diese so selten, dass ihr jetzt keine Angst haben müsst. Wie oben schon erwähnt ist der allergische Schock eine der schlimmeren Reaktionen. Wenn es im Hals anfängt zu Kribbeln, der Mund oder die Zunge taub werden, wenn die Luft weg bleibt und der Körper blau anläuft, wenn der Kreislauf zusammenbricht… dann bitte direkt den Notarzt rufen und gegebenenfalls mit dem Behandler besprochene Maßnahmen einleiten! Hier ist Zeit einfach alles!
Die seltenste Nebenwirkung – und nicht mal in Zahlen benennbar – ist die aseptische Meningitis. Diese Form der durch Medikamente ausgelösten Hirnhautentzündung unterscheidet sich in der Symptomatik nicht von einer durch Bakterien oder Viren ausgelösten Meningitis. Bestätigt wird die Diagnose mit einer Untersuchung des Liquor (Gehirn- bzw. Rückenmarksflüssigkeit). Nackensteifigkeit, starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und hohes Fieber sind die Kernsymptome dieser Erkrankung.
Zwar ist die aseptische Meningitis eine extrem seltene Nebenwirkung, allerding sollten gerade Immundefektpatienten bei Verdacht sofort einen Arzt aufsuchen.
Als drittes möchte ich an dieser Stelle noch auf das Thromboserisiko aufmerksam machen. Bei Patienten die viel Immunglobulin über die Vene bekommen wird das Blut etwas dicker, wodurch bei Risikopatienten die Gefahr einer Thrombose bestehen kann. Zwar ist bei subkutanen Präparaten diese Gefahr nicht gänzlich auszuschließen, allerdings doch eher unwahrscheinlich. Eine Thrombose kann Gefäße verschließen und zu Schlaganfall, Herzinfarkt und Embolien führen.
Bei allen anderen Beschwerden gilt immer: Dokumentieren und rechtzeitig mit dem Arzt reden. Nur wer sagt was nicht gut läuft, dem kann auch geholfen werden...
Die Immunglobulintherapie ist eine Belastung für den Körper. Nicht jeder verträgt sie komplikationslos. Umso wichtiger ist es, dass man sich auch dementsprechend verhält und sich die Substitutionszeit so angenehm wie möglich gestaltet....
Trotz Therapie viel krank?
Es kann passieren – und das höre ich immer wieder – das Patienten trotz adäquater IgG-Ersatztherapie häufig an kleinen Infekten erkranken oder ihren Dauerschnupfen nicht los werden. Das kann unterschiedliche Gründe haben. Von den Immunglobulinen A, G, M, D und E ist IgG die einzigste Antikörperart die man derzeit ersetzen kann. Bei zusätzlichen Defekten der zellulären oder humoralen Immunabwehr, reicht die Substitution alleine manchmal nicht aus. Hier kann es sein, dass z.B. eine zusätzliche Antibiotikaprophylaxe helfen würde....