1 Das Overgrowth-Syndrom
Auszug aus Martin,
Michael:Gastroenterologische Aspekte in der Naturheilkunde
Ralf Reglin Verlag, Köln
Als Overgrowth-Syndrom bezeichnet man die unphysiologische Kontamination des Dünndarms - zum Teil auchdes Magens - mit Keimen aus tieferen Darmabschnitten bzw. des Kolons (small bowel bacterial overgrowth;Syndrom des kontaminierten Dünndarms = contaminated small bowel syndrom (CSBS)). Die Besiedlung obererDarmabschnitte mit aggressiven Keimspezies aus dem Dickdarm führt letztlich zu mannigfachen Störungen undBeschwerden
Das Overgrowth-Syndrom entspricht einer intestinalen Ökokatastrophe, einem „dysbiotischen Gau“, bei der es aufgrund einer bakteriellen Überwucherung weiter Dünndarmabschnitte mit Keimen der Dickdarmflora kommt. Die physiologische Dünndarmflora aus Laktobazillen und Enterokokken wird zurückgedrängt, die Keimzahlenanaerober Bakteriengattungen wie Bacteroides, Bifidobakterien oder Clostridien nehmen massiv zu. Trotz deru.U. heftigen Symptome wird diese drastische Form der gestörten intestinalen Ökologie bei Patienten mitunklaren abdominellen Beschwerden kaum berücksichtigt und somit eher selten fachgerecht diagnostiziert.Wie bereits ausgeführt, unterscheidet sich die Bakterienflora des Dünndarms und des Dickdarms ganzwesentlich voneinander. Die Natur hat deshalb auch eine anatomische Schleuse vorgesehen - die Ileocaecalklappe- die den Darminhalt nur in eine Richtung passieren lässt: vom Dünndarm in den Dickdarm. Auch die Peristaltik drückt den Darminhalt immer nur in diese Richtung.Verschiedene Störungen oder Veränderungen können dazu führen, dass die Dickdarmflora die Trennung zwischen Dünndarm und Dickdarm überwindet und sich auch in mehr oder minder ausgedehnten Bereichendes Dünndarms ansiedelt, an Stellen also, die dem „Angriff“ der Dickdarmflora keinen Schutzmechanismusentgegensetzen können. Als ursächliche Faktoren kann beispielsweise eine herabgesetzte Motilität oder Passagestörung im oberen Intestinaltrakt dazu beitragen, dass Darmabschnitte entstehen, in denen Chymus undSekrete stagnieren - optimale Voraussetzungen also für eine bakterielle Proliferation. Entsprechend der antimikrobiellenWirkung der Magensäure werden auch bei Anazidität oder Säuremangel vermehrt Fehlbesiedelungen des Dünndarms gefunden. Weitere Ursachen können in einer Schädigung der Mucosa, einerErkrankung von Leber und/oder Pankreas oder in einer stark gestörten immunbiologischen Situation des Wirts(herabgesetzte Abwehrlage) liegen.Die Resorption der Nahrungsbestandteile hat, wenn der Darminhalt den Dickdarm erreicht, bereitsstattgefunden, so dass die Dickdarmflora normalerweise kaum noch Nahrungsreste vorfindet, die sie verwertenkönnte - die durch den menschlichen Darm nicht verwertbaren Ballaststoffe ausgenommen. Das geringeNahrungsangebot des ausgenutzten Darminhaltes sorgt so für eine natürliche Begrenzung der Keimzahl derputriden Flora. Hat die Fäulnisflora nun jedoch bereits im Dünndarm Zugriff auf die Ingesta, finden die Keimeeinen „reich gedeckten Tisch“ vor, was einen erheblichen Überlebens- und Entwicklungsvorteil nach sich zieht.Als Folge der bakteriellen Überwucherung können sich erhebliche gesundheitliche Störungen entwickeln:
Schädigung der Darmschleimhaut
Durch die Fehlbesiedelung des Dünndarms kommt es zu einer Schädigung der Dünndarmschleimhaut und zuStörungen in der Resorption. Die so entstehende Malabsorption bezüglich essentieller Nahrungsbestandteilesteht neben starkem Mundgeruch nicht selten im Vordergrund der klinischen Symptomatik des Overgrowth-Syndroms. Als Ursache für die Schleimhautschädigung können toxische, bakterielle Stoffwechselprodukte (vorallem durch den Bakterienstoffwechsel dekonjugierte Gallensäuren) verantwortlich gemacht werden. Beifortschreitender Mucosaschädigung ist mit einer erhöhten Darmschleimhautpermeabilität zu rechnen, diewiederum aufgrund einer dadurch bedingten Antigenüberflutung zu Störungen des intestinalen Immunsystemsführt (Nahrungsmittel-allergien, Infektanfälligkeit).
2 Steatorrhoe
Die Fehlflora des Dünndarms schädigt und verändert darüber hinaus die zur Fettverdauung notwendigeGallenflüssigkeit, so dass auch die Fettverdauung gestört sein kann. Die so veränderte Galle hemmt außerdemdie Mineralstoff- und Wasserresorption und fördert die Abgabe von Wasser in den Dünndarm. Dies ist dieUrsache für die bei der Dünndarmfehlbesiedelung meist auftretenden breiigen bis dünnen Stühle, die jedochnicht regelmäßig auftreten müssen. Da außerdem in den fehlbesiedelten Dünndarmbereichen noch reichlichunverdaute Nahrungsbestandteile vorhanden sind, verstoffwechselt die Fehlflora diese Substanzen unter meistheftiger Gasbildung (Völlegefühl, Blähbauch), wobei ein Teil der gebildeten Gase über die Darmwand in denBlutkreislauf gelangt und über die Lungen abgeatmet werden. Dieses Phänomen ist sehr häufig die Ursache fürMundgeruch.
Kohlenhydratmalabsorption
Oftmals besteht auch eine Milchunverträglichkeit, oft auch eine Unverträglichkeit von Rohrzucker(Industriezucker) und anderen Kohlenhydraten. Die Kohlenhydratmalabsorption beruht auf einer Schädigungder Enterozyten durch dekonjugierte Gallensäuren. Häufig verstoffwechselt die Fehlflora mit der Nahrungaufgenommene Kohlenhydrate jedoch selbst, so dass sie dem Organismus nicht mehr zur Verfügung stehen.Meteorismus und Flatulenz sind Folgen der bakteriellen Kohlenhydratmetabolisierung.
Hypoproteinämie
Im Rahmen schwerer Krankheitsverläufe ist auch eine Hypoproteinämie zu beobachten, die vorwiegend auf einebakterielle Verwertung des Nahrungseiweißes zurückzuführen sein dürfte.
Vitamin-, Mineral- und Spurenelement-Malabsorption:
Das Auftreten einer perniziösen Anämie oder Polyneuropathie erklärt sich ebenfalls durch die mikrobielleVerwertung von freiem oder an Intrinsic factor gebundenem Vitamin B 12. Entwickelt sich durch die o.g.aggressiven Stoffwechselsubstrate der Fehlflora eine entzündliche Veränderung der Mucosa, wird die Resorptionweiterer Mikronährstoffe beeinträchtigt. Aber auch eine erhöhte Fettausscheidung (s.o.) verschärft den Verlustspezieller Substrate, insbesondere bezüglich fettlöslicher Vitamine oder Spurenelemente wie Zink.
Wasser- und Elektrolytverlust
Durchfällige Stühle treten im Verlauf eines Overgrowth-Syndroms häufig auf. Verantwortlich hierfür sindsekundäre Gallensäuren, die die Wasser- und Elektrolytsekretion ins Darmlumen fördern. Auch die von derFehlflora gebildeten kurzkettigen Fettsäuren üben einen sekretorischen Effekt aus.Ein massiver Symptomenkomplex, der alle o.g. Konsequenzen nach sich zieht, ist eher selten und tritt nur beisehr schweren Krankheitsverläufen auf. Weitaus häufiger klagen Overgrowth-Patienten über chronischdurchfällige Stühle, Völlegefühl, Blähungen, Flatulenz, krampfartige Leibschmerzen, Brechreiz oder Erbrechenund sehr häufig Foetor ex ore. Darüber hinaus ist in der Ernährungsanamnese der Hinweis über eineUnverträglichkeit gegenüber Ballaststoffen, Rohkost und Kohlenhydraten verdächtig.© GANZIMMUN
Overgrowth-Syndrom des Dünndarms
Verdauungsstörung Ursache klinische Symptome
Fettmalabsorption Gallensäuremangel=> verminderte Emulgierung(Micellbildung)Steatorrhoe (Fettstühle)Kohlenhydratmalabsorption gestörte Kohlenhydratresorptiondurch Schädigung der Enterozytenbakterielle Fermentation vonKohlenhydraten im Darmlumenintraluminale Gasbildung:Blähungen, Flatulenz, krampfartigeLeibschmerzen, MundgeruchVitaminmalabsorption bakterieller Abbau von freiem odergebundenem Vitamin B 12perniciöse AnämieWasser- und Elektrolytverluste Elektrolyt- und Wassersekretion insDarmlumen durch osmotischwirksame Stoffwechselprodukteder Fehlflora (kurzkettige FS, GS)Laxierender Effekt durch nichtresorbierte freie GallensäurenDurchfälle
Diagnostik des Overgrowth-Syndroms
Unspezifische diagnostische Hinweise in Richtung Overgrowth lassen sich mittels der quantitativen Bestimmungder Verdauungsrückstände, insbesondere der Fette, der Gallensäuren sowie den Entzündungsmarkern alpha-1-Antitrypsin, Lysozym und PMN-Elastase ermitteln. Auch die quantitative mikrobiologische Analyse derFaecalflora kann Hinweise auf eine Dünndarm-Überwucherung geben. Als verdächtiger Befund wäre einedeutlich reduzierte Laktobazillen- und Enterokokkenflora einzustufen. Zur Beurteilung und Einschätzung einerMalabsorption sollte eine Atomspektrometrische Vollblutanalyse (Bestimmung von Mineralien und Spurenelementen;insbesondere auch Zink) durchgeführt werden.
Atemgasanalyse
Testprinzip
Wie der Nachweis einer Laktoseintoleranz basiert auch dieser Test auf einem Provokationsexperiment mitanschließender Atemgasanalyse. Als Testzucker wird hier jedoch nicht Laktose sondern Laktulose eingesetztLaktulose ist eine Disaccharid, das nur von der Dickdarmflora verstoffwechselt werden kann. Nach oralerAufnahme gelangt die Laktulose in den Darm, wo sie normalerweise erst nach Eintritt in das Kolon durch dieDickdarmflora abgebaut wird. Es entsteht Wasserstoff, der über das Blut in die Lunge gelangt, abgeatmet wirdund so nach 60-90 min in der Atemluft nachgewiesen werden kann. Liegt ein Overgrowth-Syndrom vor, wird dieLaktulose durch die Fehlflora bereits im Dünndarm fermentiert. Der Anstieg der H2-Konzentration in derAtemluft erfolgt früher, nicht selten bereits nach 10-20 min.© GANZIMMUN Labor für
4 Probennahme
Um zuverlässige Testergebnisse zu erhalten, sollte der Patient 12 Stunden nüchtern sein. Er darf mindestens 6Stunden nicht rauchen und 5 Tage keine Abführmittel eingenommen haben. Bei Testbeginn nimmt der Patient20 g Laktulose in gelöster Form zu sich, dazu ein Standardfrühstück. Die Atemproben werden mit einem eigenshierfür entwickelten Entnahmebesteck gewonnen und in gasdichten Sammelbehältern in das Labor geschickt.Die erste Probe wird kurz vor Testbeginn entnommen (Referenzwert), 8 weitere jeweils im Abstand von 10 mindanach (Gesamttestdauer: 120 min).
Normalwertbereiche
Bei einem Normalbefund kommt es nach ca. 60-90 min zu einem deutlichen Anstieg der H2-Konzen-tration in derAtemluft. Die Laktulose erreicht das Kolon und wird verstoffwechselt. Liegt ein Overgrowth-Syndrom vor, kommtes mindestens 15 min vor Eintritt der Laktulose ins Kolon zu einem abgrenzbaren Anstieg der Wasserstoffkonzentration( > 20 ppm).Hinweis Alternativ zur Laktulose kann auch Glukose als Testzucker zum Nachweis eines Overgrowth-Syndroms eingesetztwerden. Im Gegensatz zur Laktulose wird die Glukose im oberen Dünndarm (Duodenum, Jejunum)normalerweise vollständig resorbiert. Sie gelangt also nicht in den Dickdarm. Liegt eine bakterielleFehlbesiedlung im oberen Dünndarmbereich vor, findet dort nach Glukosegabe eine Vergärung des Zuckersstatt. Der entstehende Wasserstoff gelangt über das Blut in die Lunge und lässt sich in der Atemluft erfassen. MitHilfe des Glukosetests ist nur der Nachweis einer Fehlbesiedlung in Duodenum und Jejunum möglich.Pathologische Floraverhältnisse im Ileum werden nicht erkannt.
Kontraindikationen: Diabetes mellitus,intestinale Hefepilzerkrankungen
Therapeutische Konsequenzen
An den oben dargestellten Erkenntnissen und den sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen müssen sich dieErnährungsrichtlinien beim Overgrowth-Syndrom orientieren. Dazu muss vorausgeschickt werden, dass derPatient selbst in erheblichem Maße an der Zusammenstellung seiner Diät mitwirken muss. Daher gilt dieGrundregel: Alle Nahrungsmittel, nach deren Verzehr Beschwerden wie Völlegefühl, Blähungen, „Gurgeln“ oderDurchfälle auftreten, sollten vermieden werden.Grundsätzlich sollte die Ernährung kalorienreich, leicht verdaulich und ballaststoffarm sein, um eine möglicheSchonung der meist vorgeschädigten Dünndarmschleimhaut zu erreichen, und um der Fehlflora des Dünndarmsmöglichst wenig Nährstoffe zu bieten. Aus dem gleichen Grunde sollten täglich regelmäßig fünf kleineMahlzeiten eingenommen werden. Größere Hauptmahlzeiten sind zu vermeiden, da eine entsprechendvoluminöse Ingesta-Säule praktisch eine zeitlich verlängerte Verbindung zwischen terminalen Ileum und Colonoffenhält. Je größer die aufgenommene Nahrungsmenge pro Mahlzeit ist, desto länger wird diese Verbindungbestehen. Dies fördert die Möglichkeit, dass Dickdarmkeime in den Dünndarm aufsteigen können.Zurückhaltung ist geboten bei alkoholischen Getränken aller Art, Nüssen, Kohlsorten (außer Blumenkohl),Hülsenfrüchte, Körnerkost und Rohkost, Sahne, Frischkäse, Hefeprodukte, gebratene und panierteFleischgerichte, Süßigkeiten, Margarine und tierische Fette.Somit steht ein Großteil der Ernährungsratschläge im krassen Widerspruch zu den üblichenErnährungsrichtlinien einer gesunden Ernährung. Aber gerade Patienten mit einem Overgrowth-Syndrom (aberauch Patienten mit einer allgemein gestörten intestinalen Ökologie) reagieren äußerst negativ auf eineballaststoffreiche Vollwertkost. Gerade der häufig propagierte Frischkornbrei, Vollkornbrot oder Müsli könnenden Betroffenen ganz massive Beschwerden bereiten. Dies hat nichts damit zu tun, dass der Darm sich erst„umstellen“ muss! Eine „Umstellung“ bei einem OvergrowthSyndrom ist durch seine solche Ernährung völligunmöglich. Solche Patienten leiden über die gesamte Zeit in der sie versuchen, ballaststoffreiche Kost zu verzehren. Eventuell kann sogar ein latentes Overgrowth-Syndrom durch einen solchen Versuch erst akutwerden. Ebenso kommt es zu heftigen Reaktionen, wenn die Patienten zur Verdauungsregulation die aktuellenbifidogenen Faktoren Laktulose oder Inulin (löslicher Ballaststoff aus Chicoree) zu sich nehmen. Diese für denmenschlichen Organismus nicht verwertbaren Zuckerverbindungen können nur von der bifidogenen Colonfloraverstoffwechselt werden, so dass diese Keimgruppe bei einem Overgrowth schon im Dünndarmbereich zugriffauf die Substanzen erhält und damit in ihrem Stoffwechsel gefördert werden bzw. Überlebensvorteile erhaltenund in Folge Beschwerden auslösen.Eine Schonkost kann je nach Schwere der Erkrankung ein Jahr und länger notwendig sein. Die Bekämpfung desOvergrowth-Syndroms ist nur durch die Schonung des Dünndarms mit Hilfe der oben kurz skizzierten Schonkostmöglich. Für den Fall, dass die fäkalen Entzündungsmarker sehr hohe Werte zeigen, könnte sich eine sekundäreLaktoseintoleranz entwickelt haben, so dass die Patienten auch keine Milchprodukte vertragen. Um diesenSachverhalt abschätzen zu können, sollte der Patient über ca. 7 Tage Milchprodukte konsequent meiden.Danach bringt eine Provokation durch 1 Glas Trinkmilch rasch Hinweise, da bei einer Laktoseintoleranz deutlicheSymptome auftreten würden.Neben diätetischen Maßnahmen ist eine Reduzierung der aufgewucherten Keimflora in den Dünndarmabschnittenanzustreben. Da in schweren Fällen die Auswirkungen eines Overgrowth auf den Patientengravierend sein können und die Fehlflora in diesen Fällen sämtlichen Therapieversuchen widersteht, kann derEinsatz antibiotischer Substanzen unverzichtbar werden (z.B. Clont ® [Metronidazol]). In leichteren Fällen bietetsich initial die Zufuhr von Magnesiumperoxid (Ozovit ®) an, welches im Magen-Darm-Kanal Sauerstoff abspaltetund somit im Sinne einer „Darmdesinfektion“ anaeroben Keimen im Dünndarm die Lebensgrundlage entzieht.Im Anschluss an diese ca. 1-2wöchige Einleitungstherapie sollte mittels geeigneter Substanzen das intestinaleMilieu stabilisiert werden. Dazu eignet sich eine kurmäßige Anwendung von Kanne-Brottrunk ®, einemmilchsauervergorenen Getreidegetränk. In Kombination mit hochkonzentrierten milchsäurebildenden Bakterienaus der Gruppe der Laktobazillen*, die die Patienten über mindestens 6 - 12 Monate zu sich nehmen sollten,lässt sich das Befinden erheblich bessern. (*Symbiolact A; Achtung: keine Probiotika mit Bifidumkulturen einsetzen!) Da die Dünndarmmucosa unter der Einwirkung der toxischen Stoffwechselprodukte der Fehlflora mitentzündlichen Veränderungen reagiert, kommt es in diesem Zusammenhang u.U. zu nicht unerheblichenVerlusten spezifischer Nährstoffe, wobei insbesondere das Spurenelement Zink und Aminosäuren wieMethionin und Glutamin zu nennen wären. Ein erhöhter Verlust dieser Substrate wird durch die gleichsamauftretende Malabsorption (siehe Tabelle oben) verschärft. Somit sollten zur Wiederherstellung der mukosalenIntegrität vor allem auch diejenigen Nährstoffe im Rahmen einer ergänzenden bilanzierten Diät zugeführtwerden, die an Aufbau und Zelldifferenzierung der Schleimhaut beteiligt sind (siehe Kapitel „Die Bedeutung vonNährstoffen zur Prävention und Therapie“). Ein Screening der wichtigen Mineralien, Spurenelemente undVitamine sollte stets zur zuverlässigen Beurteilung der Versorgung des Patienten mit in das diagnostischeRegime einbezogen werden.Von wesentlicher Bedeutung ist auch der Zustand des Gebisses. Ein gründlicher und langsamer Kauvorgangzerkleinert die aufgenommene Nahrung soweit, dass der anschließende Verdauungsprozess schneller abläuftund ein größerer Anteil der zugeführten Nahrung bereits in den oberen Bereichen des Dünndarms resorbiert,und so dem Zugriff der Fehlflora des unteren Dünndarms entzogen werden kann. Zur Grundregel derBehandlung des Overgrowth-Syndroms gehört also das gute und gründliche Durchkauen (fletchern) derNahrung. Die Mahlzeiten sollen in Ruhe und Entspannung eingenommen werden, und der Zustand des Gebissessollte einwandfrei sein. Sofern Prothesen getragen werden, muss auf den korrekten Sitz der Prothesen geachtetwerden.
LiteraturBrummer, R.J.M.: Dünndarmkrankheiten und Differentialdiagnostik. Bakterielle Überbesiedlung und Gastrektomiefolgen. 3.Postgraduiertenkurs der DGVS, S. 25 (1996)Hill, M.J., Drasar, B.S.: The normal colonic bacterial flora. Gut 16: 318 (1989)Husebye, E.: Gastrointestinal motulity disorders and bacterial overgrowth. J. Internal. Med. 237: 419 - 427 (1995)Rhodes, J.M., Middleton, P., Jewell, D.P.: The lactulose hydrogen breath test as a diagnostic test for small-bowel bacterial overgrowth. Scand.J. Gastroenterol. 14: 333 (1979)Schuler, R., Schuler, A.: Physiologie und Pathophysiologie der Intestinalflora, 3. Auflage, Mayr, Miesbach (1987)Toskes, P.P.: Bacterial overgrowth of the gastrointestinal tract. Adv. Intern. Med. 38: 387 (1993Martin, M.: Leutfaden der Mikrobiologischen Therapie; Ralf Reglin Verlag, Köln 1996