Online Studie Depression (System Deprexis)

Themenstarter
Beitritt
09.09.12
Beiträge
88
Zur Zeit werden noch Teilnehmer gesucht für eine Online-Studie, um ein internetbasiertes Programm zur Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen wissenschaftlich zu untersuchen.

Die Teilnehmer dürfen kostenlos das Deprexis-System der Firma Merz nutzen, entweder sofort oder nach einem Jahr (je nachdem ob man zur Kontrollgruppe gehört oder nicht).

Infos zur Studie und Anmeldemöglichkeit hier:
EVIDENT studie
 
Diese "Studie" kommt großspurig daher (ein knappes Dutzend von Universitäten ist angeblich beteiligt). Sie stehe unter "Leitung der Universität Lübeck" - was unmöglich ist; sie kann höchstens unter Leitung eines Forschers (oder allenfalls eines Kollegiums) stehen, der dann einen Namen hätte. (Unter diesem Namen könnte man dann mal nachschauen.)

Faktisch handelt sich um ein Produkt von GAIA, einer Einrichtung, die bisher nicht durch psychotherapeutische Kompetenz aufgefallen ist. Anonymittät scheint zu deren Geschäftsmodell zu gehören.

Sehr wirksam ist bei vielen Depressionen Kognitive Verhaltenstherapie. Die läßt sich aber aus vielen - grundsätzlichen aber auch praktischen - Gründen nicht von der Person des Verhaltenstherapeuten trennen.

Im Folgenden die Stellungnahme einer Landsypsychotherapeutenkammer:

"In Bezug auf psychotherapienahe Angebote wird unter anderem diskutiert, inwieweit z.B. die Erstellung einer Diagnose oder der Aufbau einer therapeutischen Beziehung über das Internet möglich ist. Eine Gefahr wird darin gesehen, dass bei unzureichender Diagnostik eine nicht geeignete Behandlung erfolgen könnte. Zudem ist eine schnelle therapeutische Intervention wie z.B. eine Klinikeinweisung im Bedarfsfall kaum möglich. Aufgrund des rein schriftlichen Austauschs gehen andere Aspekte der Kommunikation (z.B. Modulation der Stimme, Blickkontakt etc.) verloren. Auch sind z.B. modular aufgebaute Internettherapien meist auf nur ein isoliertes Erkrankungsbild ausgerichtet, wogegen es in der Praxis häufig so ist, dass verschiedene Erkrankungen und Probleme nebeneinander bestehen. Zudem ergibt sich bei der Kommunikation im Internet das Problem der Datensicherheit (in der Berufsordnung für Psychotherapeuten wird dagegen absoluter Vertrauensschutz verlangt). Im November 2009 wurde von der Landespsychotherapeutenkammer Hessen eine kritische Stellungnahme zum Online-Therapie-Programm Deprexis in Reaktion auf einen Artikel der FAZ veröffentlicht. Am 17. April 2010 wurde von der Landespsychotherapeutenkammer Hessen eine Resolution mit folgendem Wortlaut einstimmig beschlossen: "Die Diagnostik und Therapie psychischer Erkrankungen erfordert eine persönliche Beziehung zwischen Patient/in und Arzt/Ärztin, Psychologischem Psychotherapeuten/in oder Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten/in. Eine Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen ohne persönlichen Kontakt ist nicht mit der Berufsordnung vereinbar. Das Angebot nicht wissenschaftlich überprüfter Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten über das Internet und andere Medien wächst und es bedarf eines deutlichen Signals an die Öffentlichkeit, dass diese keine Alternative zur professionellen medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung darstellen"."

Rezept: Mensch braucht Menschen. Auch wenn es mit denen manchmal scheinbar schwieriger ist als mit den heiß geliebten Maschinchen.

Deprexis ist ein Symptom der Krankheit, als deren Behandlung es sich ausgibt. Laßt die Finger von dem Zeug!

Gruß
Windpferd
 
Hallo,

bin auch bei dieser Studie dabei. Hab aber noch keinen Zugang zum Onlinekurs.

lg

Alex
 
@Windpferd

Diese Stellungnahmen einer Psychotherapeutenkammer sehe ich eher als Pfeifen im Walde an, da sehen manche wohl ihre wirtschaftlichen Felle schwimmen. Durch das Forschungsprojekt soll ja erst einmal wissenschaftlich getestet werden, ob Internet-Systeme geeignet sind zur Behandlung.

Wenn Du heute versuchst, irgendwo Termine zu bekommen beim Psychologen, hast Du oft nur das Besetzt-Zeichen im Ohr oder einen Anrufbeantworter. Oder eine Sprechstundenhilfe, die 6 Monate oder mehr als Wartezeit aufruft.

Da kann es nicht schaden, wenn zusätzliche Hilfsangebote auf den Markt kommen. Wettbewerb schadet nie.

Ich habe jedenfalls gute Erfahrungen gemacht mit dem Deprexis-System. Da wurde sehr viel Erfahrung verarbeitet, das kann man merken. Von daher würde ich da keine alarmierende "Lass die Finger davon"-Meldungen verbreiten, denn andere Therapie-Angebote sind ja oft gar nicht zu bekommen. Und dann lieber ein Internet-Programm als ein Versuch, sich selbst zu helfen, denn dabei drehen sich viele Betroffene doch oft im Kreis.
 
Oben