die Bedeutung verändert sich für dich, aber das Ereignis wird dadurch niemals belanglos.
Was du beschreibst, ist das verlieren der Energie des Ereignisses.
Eben durch das Annehmen.
Das ist eine Reinigung, auch ein Reinigen von der Schuld.
Bei einem Beinaheunfall, kommt die Erkenntnis und Dankbarkeit quasi sofort.
Du kannst dann daraus lernen.
Es geht eben um das Annehmen und die Erkenntnis.
Der wesentliche Schritt, der hier offenbar übergangen wurde.
Was bleibt ist dadurch ein Verdrängen, die Energie, oder nenne es "Schuld" bleibt bestehen.
Schuld ist eine Art Schmerz.
Hallo Akim,
ist es nicht so, dass wir eben auch mit Schmerz durch das Leben gehen? Auch wenn Du etwas angenommen hast, bleibt nicht eine Narbe?
Man kann auch mit Narben leben. Ich habe vor kurzem einen Bericht gelesen von einem Menschen der im Krieg körperlich verletzt wurde. Er verlor ein Bein, es musste zwei mal amputiert werden. Beim zweiten Mal hatte er Glück und geriet an einen Chirurgen, der den Nerv so weit oben abschnitt, dass der Patient kaum Phantomnervenschmerzen in seinem Beinstumpf hatte.
Er konnte also gut damit leben. Aber die Tatsache, dass er nur ein Bein hatte, blieb doch trotzdem. Sein Leben war weiterhin davon geprägt. Was nützte es diesem Menschen, über die Schuld nachzugrübeln? Dieses Schicksal teilte er ja mit vielen anderen und er hatte wie oben beschrieben noch Glück im Unglück.
Ich selber hatte als junge Frau ein schreckliches Erlebnis, das ich nie vergessen habe und es wird auch nie vergessen sein, auch wenn es in den Hintergrund gerückt ist. Ich war zu Besuch bei meinen Eltern und mit meinem Sohn in einem Park spazieren. Da bekam ich mit, wie ein kleiner Junge bitterlich weinte, während seine Eltern hilflos daneben standen. Er hatte sich an einer Wurstpelle verschluckt. Die Imbißstandbesitzerin rief den Notarzt an, der empfahl, die Eltern sollten mit dem Kind ins Krankenhaus fahren.
Da die Eltern ohne Auto waren, bot ich mich an, zu fahren. Das Kind starb während der Fahrt. Die Ärzte haben alles versucht, ihn wiederzubeleben, vergeblich. Ich werde
niemalsdieses kleine weiße Kindergesicht vergessen! Ich machte mir Vorwürfe, nicht den schnellsten Weg gekannt zu haben, nicht die richtige Einfahrt zum Krankenhaus genommen zu haben, nicht schnell genug gewesen zu sein....nicht selber sofort wiederbelebt zu haben....Es war ein Schock!!!
Wer war Schuld? Der Schmerz bleibt. Die Eltern erlitten ihn, die Schwester des Kleinen, die Ärzte, die nichts machen konnten, der kleine Kerl, der ersticken musste, ich, mein Sohn, der dabei war...alle erlitten Schmerz. Ich kann mir noch so oft sagen, dass ich mein Bestes gegeben habe und eben mehr nicht ging. Ich fühle keine Schuld mehr. Sie wäre irrational, das weiß ich jetzt auch, aber in der Zeit war es schrecklich, sehr schrecklich!
Der Schmerz bleibt und manchmal erinner ich mich wieder, obwohl ich mir keine Schuld gebe. Was soll ich tun, Akim, ich habe niemand Leid zufügen wollen und doch ist Leid passiert. Ich lebe mit diesem Schmerz. Ich kann damit leben, dies erlebt zu haben. Verdrängen geht nicht, manchmal bin ich heute noch traurig, aber nicht mehr so unter Schock, wie ich es damals war.
Einige Wunden heilt auch wirklich nur die Zeit. So ist das im Leben, es ist kein Rosengarten.
Aber es ist auch schön und ich durfte das im letzten Jahr ,trotz einiger auch schmerzvoller Erfahrungen, lernen. Das Leben ist lebenswert!
Liebe Grüße
Kassandra