oli
Der Soziologe Andrej H. wurde inhaftiert, weil er unter Verdacht steht Verbindungen zu einer Gruppe zu haben, die unter Verdacht steht, Brandstiftung begangen zu haben.
Am letzten Freitag wurde der Stadtsoziologe Andrej H., der aufgrund des erhebliche Willkür bei der Auslegung erlaubenden Paragraphen 129a unter dem Verdacht, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, aus der Untersuchungshaft unter Auflagen entlassen. Dem Soziologen wird vorgeworfen, sich mit angeblichen Mitgliedern der "militanten gruppe" getroffen zu haben, die wiederum unter Verdacht steht, Brandstiftungen begangen zu haben. Die Bundesanwaltschaft hat gegen die Haftverschonung Einspruch eingelegt, immerhin will nun der Bundesgerichtshof erst eine Entscheidung treffen, wenn zuvor neu überdacht worden ist, was eine terroristische Vereinigung ausmacht und unter welchen Bedingungen eine Person als mutmaßliches Mitglied deswegen in Haft genommen werden kann.
Die "handfesten Beweise":
Angeblich gebe es eine "Vielzahl" von Übereinstimmungen mit Bekennerschreiben und Publikationen der mg zwischen 2002 und 2006. Bekannt geworden war zunächst über die Anwältin, dass man Begriffe wie "Gentrification" oder "Prekarisierung" gefunden habe. Nach Informationen der Rundschau habe es sich im wesentlichen um neun Begriffe gehandelt, beispielsweise um "Reproduktion", "implodieren", "politische Praxis" und "marxistisch-leninistisch".
Wie man auf Andrej H. gekommen ist:
Wie dieFrankfurter Rundschau in Erfahrung gebracht haben will, scheinen die Beweise gegen den Soziologen noch dünner zu sein, als bislang bekannt geworden war. Offenbar ist der Staatsschutz bei einer Internetsuche nach Material gegen die "mg" im letzten Jahr auf einen Artikel in der linken Zeitung Telegraph aus dem Jahr 1998 über Kosovo gestoßen. Geschrieben hatte ihn ein Politologe aus Leipzig, aber von diesem Artikel aus sei man dann auf die Spur von drei weiteren Wissenschaftlern und Publizisten gekommen, darunter auch auf Andrej H.
Über einen politischen Artikel im Internet ist man also auf eine Person gestoßen, über welche man wiederum den "Verdächtigen" ausgemacht hatte.
Weil in dessen Texten oft dieselben Begriffe wie von einer verdächtigen Gruppe verwendet wurden, wurde dieser gleichmal eingesackt
(Die genannten Begriffe sind im Übrigen gängige gesellschaftstheoretische Begriffe).
Soziologiestudenten und gesellschaftlich interessierte Journalisten sollten also in Zukunft - genauso wie Politologen oder auch Privatleute - gefälligst auf ihr Vokabular achten und diese Zufälle vermeiden. Sind ja auch selber schuld, wenn sie dieselben Begriffe in ihre Texte schreiben, wie sie von "Terrorverdächtigen" verwendet werden...
Quelle: alle TP: Andrej H., § 129a und die verdächtigen Begriffe