Dass Infektionen mit multiresistenten Erregern
aus dem Ausland in Deutschland zu Ausbrüchen führen können, konnte in den letzten Jahren beobachtet werden. Doch wie häufig diese
Urlaubsmitbringsel im Darm auch bei großer Vorsicht sind, das überrascht sogar Experten.
Leipziger Infektiologen veröffentlichten
kürzlich Daten ... wonach
70 % der Indienreisenden und fast 50 % der Reisenden nach Südostasien mit gefährlichen ESBL-bildenden Bakterien [1] im Darm nach Hause zurückkehren. ….Oberarzt Dr. Christoph Lübbert, Leiter des Fachbereichs Infektions- und Tropenmedizin am Universitätsklinikum Leipzig und Erstautor der Publikation, erklärt: „
Ich hätte nicht gedacht, dass die Prävalenz von ESBL-bildenden Darmbakterien bei jungen, gesunden Menschen im Großraum Leipzig schon sieben Prozent beträgt. Ich hätte auch nicht gedacht, dass so viele Menschen solche Keime mitbringen und dass es in
Indien signifikant schlimmer ist, als in anderen Regionen.“
Die Gründe dafür sind vielfältig. …..
Daher können sich auch Reisende, die extrem vorsichtig sind, mit resistenten ESBL-bildenden Bakterien anstecken …..
„In Indien wurden sogar schon Carbapenemase-bildende Bakterien vom NDM1-Typ im Grundwasser nachgewiesen“, erklärt Lübbert. Experten … vermuten, dass die
CRE – zusammen mit den multiresistenten Nonfermentern (vor allem Pseudomonas und Acinetobacter) – das größte Problem in der Zukunft sein werden. „Denn“, so Prof. Voss, „es geht leider um mehr als eine Bakterienart. Es geht um Teile von Genen und mobile Elemente, die sich nicht an die eigene Spezies halten.“
Schweine-MRSA quasi endemisch
Dieses Problem bzw. das Überspringen von Artgrenzen konnte man in den letzten Jahrzehnten auch an anderer Stelle beobachten. Lange Zeit ging man davon aus, dass
MRSA (multiresistenter Staphylococcus aureus), an dem in Europa jährlich mehr als 170.000 Menschen erkranken, „nur“ ein hausgemachtes Problem durch die übermäßige und unbedachte Gabe von Antibiotika bei banalen Infekten sei.
Doch Prof. Voss fand im Jahr 2004 die erste Übertragung von einem Schweine-MRSA auf den Menschen. Inzwischen sind etwa 80 Prozent der Schweine und rund 50 Prozent der Rinder mit dem Schweine-MRSA (ST389) infiziert. Der Erreger kann bei engem Kontakt zu Nutztieren leicht auf den Menschen übertragen werden. Das Risiko dafür ist 138fach erhöht. Schweinezüchter in industriellen Tiermastbetrieben mit großem Antibiotikaeinsatz sind praktisch ständig positiv für Schweine-MRSA.
Inzwischen gab es auch erste Übertragungen von Mensch zu Mensch, wie Prof. Voss berichtet. Deutschlandweit liegen die tierassoziierten MRSA-Fälle bei ein bis zwei Prozent – im Krankenhaus jedoch bereits bei 30 Prozent.
Solange die Darm-Blut-Barriere intakt ist, stellt das für die Betroffenen selbst kein Problem dar. Doch egal, ob es sich um einen Reiserückkehrer mit einer Besiedlung mit ESBL-bildenden Bakterien, Mitarbeiter von Tierzuchtbetrieben oder auf anderen Wegen mit multiresistenten Keimen infizierte Personen handelt,
sie stellen indirekt eine Bedrohung für andere Patienten dar. Gelangen unwissend Infizierte dann noch in ein Krankenhaus, besteht die Möglichkeit, die Keime auf z. B. immunologisch geschwächte Personen zu übertragen. „Hygienefehler passieren in unseren wirtschaftlich unter hohem Druck stehenden Krankenhäusern ständig“, sagt Dr. Lübbert.
In Europa weist Deutschland inzwischen den mit Abstand schlechtesten Pflegeschlüssel im Krankenhausbereich auf, sodass eine deutsche Krankenschwester doppelt so viele Patienten zu versorgen hat wie ihre Kollegin in Norwegen oder in den Niederlanden. „Das kann auf Dauer nicht gut gehen. ...“