Allgemeine Fragen zu Religionen - für Beat

Hallo Beat,

ich würde gerne wieder zu den religiösen Fragen zurückkommen:

Gott zu dienen, heisst dem Mitmenschen UND denen für die man verantwortlich ist zu dienen. Was dienen beinhaltet und wie das Konkret ist, wäre ein Thread für sich

Ich würde mich freuen, wenn du das zunächst mal hier ausführen könntest:

Was beinhaltet es, den Mitmenschen und denen, für die man verantwortlich ist, zu dienen? Und was heißt das konkret in der täglichen Praxis?


Herzliche Grüße von
Leòn
 
Hallo Leon

Was beinhaltet es denen, für die man verantwortlich ist, zu dienen?
Ganz einfach, die Führungsrolle richtig einzunehmen, sei es als Eltern, oder als Chef, Leiter oder sonst wer. Dabei heisst Führen eben dienen, oder anders gesagt, dasjenige zu tun, entscheiden etc etc, was das beste für das Ganze, dh auch diejenigen ist, denen man verantwortlich ist. Das ist leider etwas ganz anderes als men heute oft unter Chef sein versteht.
Deshalb ist heute Macht haben, Chef sein etc mit negativen Touch belegt, obwohl dies es eben nicht ist. Das wie macht es leider oft negativ, aber es geht auch anders, richtig. Jesus er hat es vorgemacht wie es sein sollte

Was beinhaltet es, den Mitmenschen zu dienen?
Etwas ähnlich wie oben, aber nicht gleich, da man ja nicht eine Führende Rolle dabei hat. Sich so (helfend) verhalten, als wären alle Mitmenschen Geschwister die man liebt. So würde ich es in etwa bezeichnen.

Und was heißt das konkret in der täglichen Praxis?
Hoffe es sei konkret genug, ausserdem noch das praktische Beispiel des Lebens Jesus hier. Weitere Beispiele sind die diakonistischen Dienste wie zB die der Heilsarmee. Und vielleicht das beste bekannteste Beiospiel ist das aufopfernde Leben aus Liebe zu Menschen der Mutter Theresa.
Im kleinen der alten Frau von nebenan Schneeschaufeln gehen und ähnliches
 
Hallo Beat,

ja, das finde ich sehr anschaulich und ich danke Dir herzlich!

Sag mal Beat, sind das aber nicht alles traditionelle Dinge, die nicht unbedingt etwas mit dem Christsein zu tun haben? Das Wort "Minister" bedeutet ja nichts anderes als "Diener", die "Ministerialen" waren zum Beispiel im früheren Hochmittelalter unfreie Dienstmannen, die später als Ritter in den niederen Adel aufstiegen.
Und Bismarck hat sich doch auch als "erster Diener des Staates" bezeichnet.

Herzliche Grüße von

Leòn
 
Hallo Leon

Unsere traditionelle Dinge sind eben christlich geprägt!
Schau mal in Länder die nicht christliche geprägte Traditionen haben. Ein Leiter/Führer wird sich dort kaum als Diener sehen, weder sich selber noch die anderen ihn. zB wird der Mann wenn er Oberhaupt der Familie ist, sich bedienen lassen, dito der Dorfälteste, oder wer immer der Chef ist.
Keiner wird sich da als erster Diener des Staates oder der Gemeinschaft sehen. Wir bzw unsere Kultur ist zum Glück noch so stark christlich geprägt, wir merken es gar nicht und nehme all die guten Werte die wir haben als normal an. Werte die in anderen Gesellschaften überhaupt nicht normal sind. Schon nur das wir uns hier so frei unterhalten können, wäre in anders geprägten Gesellschaften kaum denkbar, nicht möglich,, oder sogar gefährlich,
 
Hallo Beat,

die Idee des "ersten Diener des Staates" steht weder so in der Bibel noch ist sie kulturchristlich ableitbar. Sie ist meiner Auffassung nach lediglich mit der christlichen Lehre vereinbar. Sie hat hier aber auf gar keinen Fall ihren Ursprung! Die Idee vom Aristokraten/ Herrscher als "Diener" geht vielmehr auf die griechischen und römischen Republiken, also in (weit) vorchristliche Zeiten zurück.

Nur ein Beispiel:
.... Es war dem Adligen in der Römischen Republik nicht erlaubt, sich dem Müßiggang hinzugeben und sein Vermögen zu verprassen. Das römische Ideal eines Aristokraten sah ihn als verantwortungsvollen Diener des Staates. Ein Adliger musste in der Verwaltung oder der Politik seiner Stadt bzw. des Landes tätig sein. ....
Die Nobilität im antiken Rom : Die soziale Stellung des Adels

Herzliche Grüße von

Leòn
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Leon

die Idee des "ersten Diener des Staates" steht weder so in der Bibel noch ist sie kulturchristlich ableitbar.
Es steht genau so nicht in der Bibel, das ist richtig, aber es ist nicht nur völlig aus der Bibel, der Lehre Jesu ableitbar, sondern steht mit anderen Worten zimlich so drin:
Mk 9,35 Da setzte Jesus sich hin, rief die Zwölf zu sich und sagte zu ihnen: »Wer der Erste sein will, der muss der Letzte von allen werden und allen anderen dienen!«
Wer der erste im Staat sein will, muss allen anderen dienen.

Das dies scheinbar auch bei den Römer so sein sollte, hast Du aufgezeigt. In der Praxis sah es aber wenig so aus (Nero etc)
Heute ist es überall auf der Welt kaum mehr so. Speziell aber in den nicht christlich geprägten Ländern (Ausnahme Japan) ist die praktische Vorstellung das das Staatsoberhaupt Diener sein soll, kaum denkbar.
 
Hallo Leon

die Idee des "ersten Diener des Staates" steht weder so in der Bibel noch ist sie kulturchristlich ableitbar.
Es steht genau so nicht in der Bibel, das ist richtig, aber es ist nicht nur völlig aus der Bibel, der Lehre Jesu ableitbar, sondern steht mit anderen Worten zimlich so drin:
Mk 9,35 Da setzte Jesus sich hin, rief die Zwölf zu sich und sagte zu ihnen: »Wer der Erste sein will, der muss der Letzte von allen werden und allen anderen dienen!«
Wer der erste im Staat sein will, muss allen anderen dienen.

Das dies scheinbar auch bei den Römer so sein sollte, hast Du aufgezeigt. In der Praxis sah es aber wenig so aus (Nero etc)
Heute ist es überall auf der Welt kaum mehr so. Speziell aber in den nicht christlich geprägten Ländern (Ausnahme Japan) ist die praktische Vorstellung das das Staatsoberhaupt Diener sein soll, kaum denkbar.

Mein lieber Beat,
ich habe mich auf die römische Republik und nicht auf die römische Kaiserzeit bezogen. Da - ich meine im römischen Kaiserreich - gab es dann ja die vielen "guten" Vorbilder für die Diktatoren des vergangenen Jahrhunderts und für heutige Staatsoberhäupter, wie Bush und Putin, und - wie heißen die chinesischen Willis noch? -
Nero war vielleicht sogar noch einer der harmloseren. ;) Tiberius, Caligula, Dacian usw., sollte man benennen.

Und dennoch haben sie alle heute die Stirn, sich als Diener ihres Staates zu bezeichnen. Das ist doch der Hohn schlechthin, oder?

Herzliche Grüße von

Leòn
 
Hallo Leon

Das das sagen nicht mit der Haltung bzw den Taten übereinstimmt, ist schon früher wie noch heute oft so.
Es bleibt aber die Tatsache, das gutes Führen eigentlich dienen ist, in der Bibel gut belegt ist und auch praktisch durch Jesus vorgelebt wurde wie kaum jemand anderes. Heute kann man dies wenn auch selten immer noch beobachten, zB Mutter Theresa, bzw ihr aufopferndes Dienen als Leiterin
 
Hallo Leon

Das das sagen nicht mit der Haltung bzw den Taten übereinstimmt, ist schon früher wie noch heute oft so.
Es bleibt aber die Tatsache, das gutes Führen eigentlich dienen ist, in der Bibel gut belegt ist und auch praktisch durch Jesus vorgelebt wurde wie kaum jemand anderes. Heute kann man dies wenn auch selten immer noch beobachten, zB Mutter Theresa, bzw ihr aufopferndes Dienen als Leiterin

Da, so finde ich, hast Du ganz ohne Zweifel recht! Mutter Theresa finde ich auch toll. Nicht nur aber auch in diesem Zusammenhang.

Wie findest Du (den heiligen) Franziskus als weiteres Beispiel für "Führungsqualitäten" unter dem Aspekt des Leitens und Dienens?


(Das Bild ist übrigens noch zu seinen Lebzeiten entstanden).

Franziskus von Assisi - Ökumenisches Heiligenlexikon

Klett-Cotta: Franz von Assisi, Jacques Le Goff - Klett-Cotta-Verlag

franziskaner.de: Wissenschaftliche & historisch-biografische Literatur

Fallen Dir noch andere Persönlichkeiten in diesem Zusammenhang ein?


Herzliche Grüße von

Leòn
 
Hallo Leon

Franziskus suchte eher in erster Linie sein Heil und das seines "Ordens" und in zweiter Linie diente er. Er hat auch weltlich kein grosses Werk wie Theresa aufgebaut, weshalb er gar nicht so leiten konnte und musste. Er verliess ja auch seinen Orden zimlich lange.
Quintessenz: Bezüglich leiten ist Franziskus nicht mit Theresa vergleichbar.
Vergleichbar ist das Finden und Erleben von Gottes Liebe, die bei beiden ein solches freiwilliges opfervolles Leben ermöglichte
 
Hallo Beat,

ja - so gesehen sind die beiden nicht vergleichbar.

Vielleicht fällt Dir noch ein weiteres Beispiel ein?

Bis dahin schlage ich Dir König Heinrich II. (den Ottonen, nicht den Engländer) vor.



Heinrich II., genannt „der Heilige“ (* 6. Mai 973 oder 978 in Bad Abbach oder Hildesheim; † 13. Juli 1024 in Grona), war seit 1002 König des Ostfrankenreichs (Regnum Teutonicorum) und Kaiser des Römischen Reiches von 1014 bis 1024.



Rund hundertzwanzig Jahre nach seinem Tod:

Heinrich starb am 13. Juli 1024 in der Pfalz Grona bei Göttingen ....

wurde er nach dem damaligen Recht heilig gesprochen:

Heinrich wurde im Jahre 1146 für die Christianisierung der Westslawen, vor allem aber für die Gründung des Bistums Bamberg von Papst Eugen III. heilig gesprochen.

n der Heiligsprechungsbulle des Papstes heißt es:

Jetzt aber haben wir vieles […] erfahren über seine Keuschheit, über die Gründung der Bamberger Kirche und vieler anderer, auch über die Wiederherstellung bischöflicher Sitze und die vielfältige Freigebigkeit seiner Spenden, über die Bekehrung König Stephans und ganz Ungarns, von ihm herbeigeführt durch Gottes Hilfe, über seinen glorreichen Tod und über mehrere Wunder nach seinem Tod, geschehen in Gegenwart seines Leibes. Darunter halten wir besonders bemerkenswert, dass er nach Empfang von Krone und Zepter des Reiches nicht kaiserlich, sondern geistlich lebte und dass er in rechtmäßiger Ehegemeinschaft, wie wohl nur wenige bis ans Lebensende unversehrte Keuschheit bewahrte.



HEINRICH-2-Deutscher König + 1024

Wilhelmshöhe Kassel - König Heinrich II

Bamberg und Heinrich II.


Heinrich II. - Ökumenisches Heiligenlexikon

Und, was sagst Du dazu, Beat?

Herzliche Grüße von

Leòn
 
Ach ja - Beat, was sagst Du zu Norbert von Xanten



(Norbert von Magdeburg)?

Norbert von Xanten - Ökumenisches Heiligenlexikon

kirchensite.de - Heiliger Norbert von Xanten - 6. Juni

Norbert von Xanten




NORBERT von Xanten, um 1080 bis 1134, aus niederrheinischem Adelsgeschlecht stammend, Geistlicher in Xanten, Köln, Siegburg, Laon; stark geprägt von apokalyptischen Erwartungen im Blick auf Weltenende und Gottesgericht, ging es ihm um Durchsetzung und Befestigung des Glaubens, Kampf gegen das Böse, Rettung der Seelen, Verwirklichung einer evangeliumsgemäßen Ethik und um die Verteidigung der Kirche und ihrer Vollmacht. Als charismatisch begabter Prediger gewann er landauf-landab viele Menschen für seine Ideale. Mit Hilfe des Bischofs von Laon gründete er in Prémontré jenen Orden der Prämonstratenser, der sich rasch ausbreitete und ein Leben zu praktizieren versuchte, das dem der frühen Christenheit entsprach und durch den Kirchenvater Augustinus seine Form gefunden hatte. 1126 wurde Norbert zum Erzbischof von Magdeburg berufen. Sein weitreichender Einfluß, den er damit im Reich erwarb - er wurde Kanzler Kaiser Lothars III. - führte zu einem Abbau der durch den Investiturstreit aufgebrochenen Spannungen zwischen dem Kaisertum und der Kirche. Norbert starb nach Rückkehr von einer Romreise wahrscheinlich an Malaria. Sein Grab befindet sich im Kloster Strahov zu Prag. 1582 wurde er heiliggesprochen.
www.bautz.de/bbkl/n/norbert_v_x.shtml



Herzliche Grüße von

Leòn
 
Hallo Leon

Die genannten Personen schlicht zu wenig kenne. Nur auf die offiziellen Stellen die ihn 2heillig" gesprochen haben, möcvchte ich nicht abstellen.
Das mit der Heiligsprechung ist soweiso komisch. Laut Bibel ist jeder bekennender Christ ein Heiliger (sogar ich :)), auch wenn sich die allermeisten nicht so benehmen... smile.
Ist wie bei einem Kind eines königs. Er ist Prinz bzw Prinzessin relativ egal wie er sich benimmt.
 
Hallo Beat,

Heinrich II. ist, glaube ich, in diesem Zusammenhang nicht so interessant. Eher der Norbert von Xanten/ Magdeburg.

Hier findest Du eine etwas ausführlichere Vita:

www.biologie.de/biowiki/Norbert_von_Xanten#Leben_als_Subdiakon_und_Hofkaplan

" ....
Norbert von Xanten (1126-1134)​

Norbert wurde zwischen 1080 und 1085 entweder in Xanten am Rhein oder in Gennep an
der Maas (heute südöstlich von Nijmwegen in der niederländischen Provinz Limburg) als
Sohn Heriberts von Gennep und dessen Gattin Hedwig geboren9. Bereits im Kindesalter nahm
ihn das Stift St. Viktor in Xanten auf. Als Begleiter des Kölner Erzbischofs Friedrich I. (1100-
1131) kam Norbert, mittlerweile Subdiakon, an den Hof König Heinrichs V. (1106-1125)10.
Der junge Geistliche begleitete Heinrich 1110 als Hofkaplan nach Rom, wo der Salier im
April 1111 zum Kaiser gekrönt wurde11. Spätestens seit der Romreise war Norberts Treue zu
Heinrich jedoch allem Anschein nach erschüttert: In den Auseinandersetzungen des Investiturstreits
neigte er wohl eher der päpstlichen Seite zu, und als ihm der Kaiser 1113 die Bischofswürde
von Cambrai anbot, lehnte Norbert sie ab. Bald darauf trat in seinem Leben eine
überraschende und entscheidende Wendung ein: 1115 soll er, erschreckt durch den Einschlag
eines Blitzes, zu intensivem Nachdenken veranlaßt worden sein. Die Ereignisse werden in den
beiden wichtigsten Biographien, den später so genannten Viten A und B, die wohl aus der
Mitte des 12. Jahrhunderts stammen, ausführlich, aber nicht übereinstimmend geschildert;
inwieweit ihnen tatsächlich Geschehenes zugrundeliegt, muß dahingestellt bleiben12. Jedenfalls
begab sich Norbert, der Karrierekleriker mit glänzenden Beziehungen zum Kaiserhof,
anschließend in die Benediktinerabtei Siegburg, ein strenges Reformkloster. Dort widmete er
sich dem Studium der Heiligen Schrift und beschäftigte sich eingehend mit den Ideen der Kloster-
und Kanonikerreform. Noch im selben Jahr ließ sich Norbert durch Erzbischof Friedrich
von Köln zuerst zum Diakon und dann zum Priester weihen. Sein Versuch, die Kanoniker des
Xantener Stifts, dem er nach wie vor angehörte, zu einer strengen Reform ihrer Lebensordnung
zu bewegen, scheiterte. Norbert begann ein Leben als Eremit. Allerdings verließ er zwi-schen 1116 und 1118 immer wieder seine Einsiedelei auf dem Fürstenberg bei Xanten und
wanderte predigend umher - offenbar nicht ohne Eindruck bei seinen Zuhörern zu hinterlassen.
Seine Lebensweise und die Predigttätigkeit brachten Norbert jedoch die Gegnerschaft
anderer Geistlicher ein. Er wurde zu einer im Juli 1118 in Fritzlar einberufenen Synode vorgeladen
und mußte sein Handeln rechtfertigen. Allem Anschein nach mißbilligte man dort
sein Verhalten, vielleicht wurde ihm sogar das Predigen untersagt. Fest steht immerhin, daß
Norbert schließlich auf seine Einkünfte und Pfründen verzichtete und die Xantener Gegend
für immer verließ13.
In Saint-Gilles-du-Gard, einem berühmten Wallfahrtsort Südfrankreichs in der Nähe von
Nîmes, traf Norbert (noch im Jahr 1118) auf Papst Gelasius II. (1118/1119) und erhielt von
ihm die Erlaubnis, auf seiner Wanderschaft zu predigen. Für einige Zeit zog Norbert durch
Nord- und Westfrankreich. Im Herbst 1119 fand er sich in Reims ein, wo Papst Calixt II.
(1119-1124) ein Konzil einberufen hatte. Bei dieser Gelegenheit begegnete Norbert wohl Bischof
Bartholomäus von Laon. Bartholomäus - und vielleicht sogar der Papst selbst - bemühten
sich darum, den rastlosen Wanderprediger zum Verweilen zu bewegen. Möglicherweise
hofften sie, so Norberts Aktivitäten in geregelte Bahnen lenken zu können. Es war sogar beabsichtigt,
ihn als Abt des Stiftes St. Martin vor Laon einzusetzen. Angesichts der strengen Reformen
aber, die Norbert dort durchsetzen wollte, scheiterte der Plan am Widerstand der Kanoniker.
Man suchte nach einer anderen Lösung; Norbert entschied sich schließlich dafür, sich
in dem unwegsamen Waldtal Prémontré bei Laon niederzulassen. Dort scharte er Gefährten
um sich; damit war der erste Schritt auf dem langen Weg zur Einrichtung einer Gemeinschaft
von Laien und Geistlichen und weiter zur Gründung des zukünftigen Prämonstratenserordens
getan. Dazu kam es schließlich im Frühjahr 1120. Der Brüderkonvent von Prémontré entwikkelte
sich zu einer Kanonikergemeinschaft, die mit Billigung Papst Calixts II. und des Bischofs
Bartholomäus nach einer dem heiligen Augustinus (354-430) zugeschriebenen Regel
lebte und sich an eremitischen Idealen orientierte. Die Augustinusregel, vermehrt um zusätzliche
strenge Bestimmungen des Ordo monasterii, enthält konkrete Anweisungen für gemeinsames
Beten, Stillschweigen, für Handarbeit und Fasten. Das weiße Bußkleid aus ungebleichter
Wolle, das Norbert seit seiner Bekehrung trug, wurde zum Vorbild der künftigen
Ordenskleidung. Zu Weihnachten 1121 legten die Brüder von Prémontré ihr Gelübde auf die
neue kanonikale Lebensform ab. Am 16. Februar 1126 bestätigte Papst Honorius II. (1124-
1130) die „Chorherren des heiligen Augustinus nach den Gebräuchen der Kirche von
Prémontré“ - der ordo Praemonstratensis, der Prämonstratenserorden, war entstanden14.

Im Winter 1125 zog Norbert nach Rom. Als er dort zu Beginn des folgenden Jahres eintraf
und von Honorius II. ehrenvoll empfangen wurde, war es im Reich zu zwei wichtigen Veränderungen
gekommen, die auch sein Leben entscheidend beeinflussen sollten. Das erste Ereignis
lag schon etwas zurück: Kaiser Heinrich V. war am 23. Mai 1125 gestorben; im August
1125 hatte man den bisherigen Herzog von Sachsen, Lothar von Süpplingenburg, zum neuen
König gewählt15. Das zweite trat ein, als Norbert gen Süden zog: Am 19. oder 20. Dezember
1125 starb Erzbischof Ruotger von Magdeburg16. Seine Nachfolge war umstritten. Zwar hatte
sich die Mehrheit der Stimmberechtigten für den Domherren Konrad von Querfurt entschieden,
seine Gegner aber verhinderten die Einsetzung des Elekten mit kirchenrechtlichen Argumenten17.
König Lothar III. sah sich genötigt einzugreifen: Die Nachfolgefrage sollte im
Sommer auf einem Hoftag in Speyer geklärt werden. Dort fanden sich auch Norbert und zwei
Gesandte Honorius’ II. ein. Das Ergebnis der Beratungen war überraschend: Sowohl der gewählte
Konrad als auch sein Gegenkandidat, Albero von Montreuil, verzichteten auf ihre Ansprüche;
man einigte sich, wahrscheinlich unter dem maßgeblichen Einfluß der päpstlichen
Legaten, auf Norbert als neuen Erzbischof. Noch in Speyer leistete er dem König den Treueeid,
und Lothar belehnte ihn daraufhin mit den Temporalien. Allem Anschein nach war der
kirchentreue und reformorientierte Prämonstratenser der Kandidat des Papstes, dessen
Wunsch sich Lothar III. damals nicht verschloß18.
Von Speyer aus begab sich Norbert nach Magdeburg. Am 18. Juli 1126 zog er in seine Bischofsstadt
ein, wo er dem Brauch gemäß von Geistlichkeit, Adel und Bürgerschaft begrüßt
wurde. Die Viten A und B berichten übereinstimmend, daß Norbert dort entgegen allen bisherigen
Gepflogenheiten barfuß und in ärmlicher Kleidung angekommen sei. Sollte das zutreffen,
dürften die Magdeburger durch das Gebaren ihres neuen Herren nicht wenig irritiert gewesen
sein. Irritationen löste Norberts Verhalten in den folgenden Jahren freilich ohnehin aus.
Unbeirrt ging er nämlich daran, in die Tat umzusetzen, was ihm unabdingbar erschien. Das
betraf zunächst die Wirtschaftsverwaltung der Magdeburger Kirche. Norbert verlangte Rechenschaft
und sah, daß die Lage des Erzbistums schlecht war. Viele Kirchengüter waren ent-fremdet worden; sie galt es wiederzubeschaffen. Norbert bemühte sich intensiv um ihre Rückgewinnung
und stieß dabei auf den Widerstand des Adels, dessen Mitglieder nicht wieder
hergeben wollten, was sie sich angeeignet hatten. Darüber hinaus machte sich Norbert auch
bei den adligen Chorherren seiner Bischofskirche unbeliebt. Denn ihm lag sehr an der Wiederherstellung
eines regelgemäßen Lebens. In erster Linie hieß das, daß er den Bestrebungen
der Kanoniker entgegenwirkte, jeweils in eigenen Domherrenkurien zu wohnen, anstatt, wie
vorgeschrieben, ein Leben in der geistlichen Gemeinschaft zu führen. Überdies brachte Norbert
auch den Niederklerus gegen sich auf, weil er das Eheverbot, den Zölibat, durchzusetzen
versuchte und die Priester vor die Entscheidung stellte, Amt oder Ehe aufzugeben. Weiteren
Anlaß zum Streit bot schließlich Norberts Entscheidung, die bisherigen Kanoniker des Stiftes
Unser Lieben Frauen durch Prämonstratenser zu ersetzen. Im Jahr 1129 hatte er dieses Ziel
zwar erreicht, aber der Preis dafür war hoch. Norbert verfügte kaum noch über Rückhalt in der
Stadt: Hohe und niedere Geistlichkeit, Adel und sogar die Bürger lehnten den unerbittlichen
Reformer und seine Maßnahmen ab. Noch im selben Jahr spitzten sich die Ereignisse auf
dramatische Weise zu. Die Viten A und B berichten von zwei Anschlägen auf das Leben des
Erzbischofs, die allerdings fehlschlugen. Aufsehen erregte ferner Norberts Versuch, den seiner
Überzeugung nach zuvor entweihten Dom gegen den Willen der Magdeburger hinter verschlossenen
Türen erneut zu konsekrieren. Was den Erzbischof dazu veranlaßt hatte, ist unbekannt.
Die inzwischen vor dem Gotteshaus versammelte Menge argwöhnte jedenfalls, Norbert
würde die Gelegenheit nutzen und Reliquien aus dem Kirchenschatz entwenden, um sie seinem
Orden zukommen zu lassen. Der Erzbischof mußte vor der aufgebrachten Menge in einen
nahegelegenen Turm flüchten und konnte erst durch das Eingreifen des Magdeburger Hochvogtes,
Heinrich von Groitzsch, aus der gefährlichen Situation befreit werden. Norberts Lage
blieb auch danach noch schwierig. Als bald darauf das Gerücht umging, die Aufrührer würden
erneut versuchen, den Metropoliten anzugreifen, floh er aus seiner Bischofsstadt und gelangte
schließlich in das Neuwerkstift in Halle. Von dort aus verhängte er das Interdikt über die
Stadt. Das zeigte Wirkung: Die Bürger unterwarfen sich und Vermittler erbaten Norberts Verzeihung.
Der Erzbischof zeigte sich versöhnlich und milde. Der Frieden wurde wiederhergestellt.
Norberts Position in Stadt und Erzstift war zwar auch danach nicht günstig, aber für die
übrigen fünf Jahre seines Pontifikats trat Ruhe ein.
Norbert hatte freilich noch andere, weiterreichende Pläne. Seine Bemühungen galten erstens
der Heidenmission östlich der Elbe, zweitens der Ausdehnung seiner Metropolitanrechte
über das Bistum Posen und vielleicht sogar über ganz Polen und drittens der Kloster- und
Stiftsreform in seinem Erzbistum. Von Norberts Missionierungsversuchen gibt es keine direkten
Zeugnisse. Die vorhandenen Nachrichten lassen aber erkennen, daß der Prämonstratenser
wohl vor 1128 darangegangen war, das Christentum im Havelberger Sprengel weiter zu
verbreiten. Die Ergebnisse waren niederschmetternd. Die Slaven empfanden Norberts anStefan
Pätzold: Norbert, Wichmann und Albrecht II. 245
scheinend schroff vorgetragene Mahnungen als Befehle, die anzunehmen sie sich weigerten.
Ebensowenig Erfolg hatte sein Bestreben, die erzbischöflichen Rechte über Polen auszuweiten.
Zwar erreichte er bei Papst Innozenz II. (1130-1143), daß dieser 1131 und 1133 zwei Privilegien
ausstellen ließ, denen zufolge die Magdeburger Metropolitanrechte zunächst über das
Bistum Posen und dann sogar über neun weitere polnische Bistümer ausgedehnt werden sollten19.
Zu einer Umsetzung dieser Anordnungen kam es jedoch nie. Günstiger entwickelten
sich Norberts Reformmaßnahmen. Von der Umwandlung des Stifts Unser Lieben Frauen in
ein Prämonstratenserkloster war schon die Rede, gleiches widerfuhr dem Kloster Pöhlde. Ein
neues Prämonstratenserkloster wurde 1131 in Gottesgnaden bei Calbe an der Saale gegründet.
Darüber hinaus förderte Norbert Reformen auch in anderen geistlichen Institutionen der Diözese,
etwa im Augustinerchorherrenstift Neuwerk in Halle20.
Nach 1129 hielt sich Norbert nur noch selten in Magdeburg auf. Viel Zeit verbrachte er am
Hof König Lothars III., zu dessen Vertrauten er zählte21. Ebenso wie dieser unterstützte er
Papst Innozenz II., nachdem es in Rom zu einer Doppelwahl gekommen war und sowohl Innozenz
als auch Anaklet II. (1130-1138) die Papstwürde für sich beanspruchten. Zusammen
mit dem König brach der Erzbischof im August 1132 nach Italien auf und war anwesend, als
Lothar am 4. Juni 1133 aus der Hand Innozenz’ II. in der Lateransbasilika die Kaiserkrone
empfing. Wie groß Norberts Einfluß bei dem Süpplingenburger war, zeigt die Tatsache, daß
es ihm in Anwesenheit des Papstes gelang, den Kaiser kurz nach seiner Krönung davon abzubringen,
das Recht der Bischofsinvestitur für sich zu fordern (und damit das Wormser Konkordat
rückgängig zu machen). Lothar hat das Norbert offenbar nicht übelgenommen. Der
Kaiser setzte ihn sogar in Abwesenheit des traditionell für Italien zuständigen Erzbischofs von
Köln während der Zeit des Italienaufenthalts zum Reichskanzler für diesen südlichen Reichsteil
ein. Nachdem der Kaiser mit seinem Gefolge im Sommer 1133 wieder nach Deutschland
zurückgekehrt war, blieb Norbert noch einige Zeit in Lothars Umgebung. Erst Anfang 1134
traf er wieder in seiner Bischofsstadt ein. Dort starb er am 6. Juni desselben Jahres22.
Norbert ist der bekannteste Heilige unter den Magdeburger Erzbischöfen. Die Heiligsprechung
erfolgte 1582. Bis heute wird des Ordensgründers in Verehrung gedacht. Damit steht
das positive Urteil der katholischen Kirche über Norbert fest. Dieser Umstand erschwert demHistoriker freilich die Aufgabe einer angemessenen Würdigung: Denn die Heiligkeit ist dazu
geeignet, den Menschen zu verklären. Diese Tendenz wurde aber nicht erst durch die Kanonisation
begründet. Schon in den Biographien des 12. Jahrhunderts ist die Absicht erkennbar,
den Gläubigen mit Norbert ein Vorbild zu bieten, dem sie nacheifern konnten. Ihre Darstellung
orientiert sich an den Heiligenviten und Legenden des Mittelalters sowie an den Evangelien23.
Norbert selbst hat der Nachwelt keine Schriften hinterlassen24. Man ist also allein auf
die Zeugnisse seiner Zeitgenossen angewiesen. Sie beziehen sich zunächst ganz auf den
Geistlichen, den Priester und Ordensstifter25. Norbert war zweifellos ein gebildeter Mann; ein
Intellektueller - um ein Modewort der Gegenwart zu benutzen - war er gleichwohl nicht. Daß
er keine theologischen oder philosophischen Werke verfaßte, wie etwa die ungefähr gleichaltrigen
Abaelard (1079-1142) oder Bernhard von Clairvaux (1090-1153)26, kommt nicht von
ungefähr. Theologische Feinheiten oder die neuen philosophischen Methoden, die man an den
Kathedralschulen Nordfrankreichs entwickelte, interessierten ihn offenbar kaum. Nicht um die
scholastische Vermittlung von Glauben und Vernunft ging es ihm, sondern um die Rettung
der Seelen - seiner und anderer. Norberts Themen waren Sünde und Buße, Schuld und Erlösung,
die Durchsetzung der Forderungen des Evangeliums und der Rechte der Kirche. Norbert
strebte danach, in der Nachfolge der Apostel ein religiöses Leben als Büßer, Asket und Prediger
zu führen. Um die Menschen wirkungsvoll zu erreichen, war ihm das gesprochene Wort
wichtiger als das geschriebene. Seine Botschaft verbreitete er als Wanderprediger, als Ordensgründer
oder als Erzbischof. Nicht Neues wollte er dabei schaffen, sondern Bestehendes nach
den Forderungen der Evangelien durch die Wiederherstellung der alten Ordnung verbessern,
oder mit einem für jene Zeit wichtigen Wort: re-formieren. Die Kanonikerkonvente, die er
aufsuchte, und die Gemeinschaften, die er gründete, erhielten ja keine neue, von ihm erdachte
Regel; vielmehr forderte Norbert die strenge Einhaltung einer alten, derjenigen des Augustinus
nämlich27.
Ähnliches gilt auch für Norberts Maßnahmen zur Stärkung seines Erzbistums: Er versuchte
diejenigen Güter zurückzugewinnen, die entfremdet worden waren; neuen Besitz hat er, von
Abtei und Burg Alsleben an der Saale nordwestlich von Halle abgesehen28, nicht hinzugewonnen.
In Magdeburg war Norbert deswegen unbeliebt, weder beim Adel, noch bei der
Geistlichkeit oder den Stadtbewohnern hatte er Rückhalt. Das mag einer der Gründe dafürgewesen sein, warum er während seines Pontifikats so oft und lange abwesend war. Gleichwohl
hat er manches Positive bewirkt. Seine Rekuperationsbemühungen waren allem Anschein
nach erfolgreich, so daß sich die wirtschaftliche Lage des Erzbistums besserte und festigte.
Auch zeigten seine Anstrengungen, die Klöster und Stifte seiner Diözese zu erneuern,
ebenso Wirkung wie die Einführung der Prämonstratenser: Die Gedanken der Kirchen- und
Klosterreform setzten sich endgültig durch, und die jüngeren Ordensbrüder hatten später in
der Slavenmission zwischen Elbe und Oder größeren Erfolg als ihr Lehrer29. Alles in allem
entsteht freilich ein zwiespältiger Eindruck. Dem begnadeten Prediger mit seiner überragenden
Ausstrahlungskraft und dem Ordensstifter kann man Bewunderung nicht versagen, der
Erzbischof und Missionar hingegen trägt unsympathische Züge. So oder so ähnlich mögen das
auch seine Zeitgenossen gesehen haben; vielleicht entsprach der Asket aus Xanten damals
nicht dem Bild, das man sich von einem Heiligen machte. Norberts Heiligsprechung ließ jedenfalls,
anders als bei Bernhard von Clairvaux, Franziskus von Assisi oder Dominikus, Jahrhunderte
auf sich warten. ................"

https://cma.gbv.de/dr,cma,003,2000,a,11.pdf


Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende von

Leòn

P.S.: Welche, vielleicht ja auch noch lebende, Persönlichkeiten fallen Dir den zu diesem Thema ein?
 
Hallo Phil

Das haben die bekennenden Christen sich nicht ausgedacht, es steht so.
Es ist den allermeisten sogar peinlich weil sie wissen, dass sie sich nicht so benehmen wie Heilige sonden sie eben nur Heilige sind wie ein Kind königlich ist, nur weil sein Vater König ist und nicht weil es besser als die anderen ist.
 
Apropos Bekennende Christen! Lasst uns doch mal über die Bekennende Kirche schwatzen. Dann kommt Schwung in die Bude! :D

Bekennende Grüße vom ollen Heiden

Leòn
 
Da steuere ich doch mal eine Einführung bei:
1933-39

Die Bekennende Kirche

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 waren auch die Kirchen in Deutschland von der Gleichschaltung bedroht. Innerhalb der zersplitterten evangelischen Kirche hatte sich schon um 1930 die Glaubensbewegung Deutsche Christen gebildet, eine Vereinigung nationalsozialistischer Kirchenmitglieder, die mit Unterstützung Adolf Hitlers die reichsweiten Kirchenwahlen vom 23. Juli 1933 gewannen und die meisten wichtigen Kirchenämter besetzten. Lediglich die Bischöfe der Landeskirchen von Bayern, Württemberg und Hannover gehörten nicht den Deutschen Christen an.
Nachdem die Deutschen Christen den sogenannten Arierparagraphen in der größten evangelischen Landeskirche, der Altpreußischen Union, für Kirchenämter eingeführt hatten, gründeten die Pfarrer Eugen Weschke, Herbert Goltzen und Günter Jacob im September 1933 den Pfarrernotbund. Er rief alle deutschen Pfarrer zum Protest gegen den "Arierparagraphen" und zur Hilfe für Betroffene auf. Ab Mitte Oktober hatte der Pfarrernotbund eine feste organisatorische Struktur. Bis Januar 1934 schloß sich ihm mit etwa 7.000 Pfarrern ungefähr ein Drittel der evangelischen Geistlichen im Deutschen Reich an. Außerdem bildeten sich in vielen Landeskirchen sogenannte Bekenntnisgemeinschaften, die mit dem Pfarrernotbund die Wurzeln der Bekennenden Kirche darstellten. Im März 1934 übernahm ein "Reichsbruderrat" die Koordination und lud zur ersten Barmer Bekenntnissynode vom 29. bis 31. Mai 1934 ein, auf der sich die Bekennende Kirche konstituierte. Sie sah sich als die rechtmäßige evangelische Kirche in Deutschland an und verweigerte der nationalsozialistisch orientierten Reichskirche den Gehorsam. Eine Erklärung des Theologen Karl Barth (1886-1968) wurde ihr theologisches Fundament. Sie verwarf die Gleichschaltungspolitik des NS-Regimes, ebenso die Verfälschung der christlichen Lehre durch die völkisch-rassische Ideologie des Nationalsozialismus.

Die zweite Bekenntnissynode in Berlin-Dahlem am 19. und 20. Oktober 1934 proklamierte das "kirchliche Notrecht" für Pfarrer, mit dem die Gehorsamsverweigerung gegenüber der Obrigkeit gerechtfertigt wurde. Die Bekennende Kirche berief einen "Bruderrat", der gemeinsam mit den Bischöfen von Hannover, Württemberg und Bayern eine "Vorläufige Kirchenleitung der Deutschen Evangelischen Kirche" einsetzte, die bis Februar 1936 im Amt blieb. Der Bekennenden Kirche ging es vor allem um die Erhaltung kirchlicher Freiheiten, und sie verstand sich nicht als politische Oppositionsbewegung. Wer sich aber dem nationalsozialistischen Totalitätsanspruch widersetzte, galt zwangsläufig als staatsfeindlich orientiert und wurde in seiner Arbeit behindert. Zahlreiche Geistliche wurden verwarnt, erhielten Redeverbot oder mußten ihre Gemeinden verlassen. Bekannte Angehörige der Bekennenden Kirche wie Martin Niemöller, der Landesbischof von Württemberg Theophil Wurm (1868-1963), Dietrich Bonhoeffer oder Otto Dibelius wurden in Haft genommen oder unter Hausarrest gestellt.

Gleichzeitig befürwortete das NS-Regime nach der gescheiterten Gleichschaltung und der gleichbleibend hohen Beliebtheit der Bekennenden Kirche bei den Gläubigen einen Kompromiß zwischen Deutschen Christen und Bekennender Kirche. An der Frage einer Zusammenarbeit der Bekennende Kirche in begrenztem Umfang mit staatlichen Behörden zerbrach sie im Frühjahr 1936. Die Gegner wählten am 12. März 1936 die zweite "Vorläufige Leitung der Deutschen Evangelischen Kirche" und setzten den Kirchenkampf kompromißlos fort. Im Mai 1936 richtete sie eine geheime Denkschrift an Hitler, die weit über kirchenpolitische Themen hinaus ging. Die Denkschrift prangerte die Verhaftung von bekennenden Geistlichen, aber auch die Existenz von Konzentrationslagern (KZ) generell und den Terror der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) an und verwarf ausdrücklich die "nationalsozialistische Weltanschauung" und den staatlichen Antisemitismus. Nachdem die Denkschrift im Ausland öffentlich wurde, bekannte sich die zweite "Vorläufige Kirchenleitung" in einer Kanzelverkündigung am 30. August 1936 auch in Deutschland zu ihr. Eine Welle von Verhaftungen wegen Landesverrats war die Folge. Allein 1937 wurden fast 800 Pfarrer und Kirchenjuristen der Bekennenden Kirche vor Gericht gestellt. .....
Die Bekennende Kirche
 
Hallo Ihr Lieben,

Danke Leon....

Zitat: Oh doch, sonst hätten wir auch kein recxht sie zu essen. Im Weiteren
haben sie den ferien Willen eben nicht. Zitat Ende.

Auf welcher Grundlage behauptest du, Beat, dass wir das Recht hätten, Tiere
zu essen? Es gibt verschiedene Stellen in der Bibel, die darauf hindeuten,
dass die ersten Christen vegetarisch lebten und keine Tiere töteten. Und: gibt es einen Beweis dafür, dass wir Menschen einen freien Willen haben und Tiere keinen?

Die Bibel wurde zigmal übersetzt und immer von verschiedenen Leuten in
verschiedenen Zeiten. Da ist ganz sicher vieles verfälscht und den
Erfordernissen angepasst worden.

Der Gott, wie er in der Bibel beschrieben wird, ist rachsüchtig und ein
strafender Gott, der nur Wohlverhalten entsprechend belohnt. Jesus ist
zweifellos ein grosser Heiler gewesen, aber derer gibt es viele, nur sind
sie nicht so bekannt geworden, weil sich keine grosse "Lobby" ihrer Taten
angenommen hat, um die Menschen zu überzeugen, dass es "nur einen geben
kann" :D

Die Grausamkeiten, die in seinem und im Namen Gottes begangen wurden und
immer noch werden, sprechen für mich eine sehr deutliche Sprache.

Ich gehe davon aus, dass JEDE Religion, die darauf basiert, dass Menschen an
sie glauben, im Grunde die gleiche Kraft oder Energie, die Allmacht oder das
AllEine oder der Schöpfer oder wie auch immer es genannt werden kann,
meinen. Wem der Zugang zu dieser Kraft gegeben ist oder ihr Kanal ist und so
anderen Menschen helfen kann sich zu heilen, kann Heiler genannt werden. Da
ist es m.E. völlig egal, ob er einer oder welcher Glaubensgemeinschaft
angehört.

Dieses duale Weltbild, dass unterscheidet, einteilt und trennt in gut und
böse, ist irgendwie doch ein Widerspruch in sich oder?

Für mich persönlich sind die Naturreligionen in sich stimmiger, in welchen JEDES SEIN, also die Natur selbst als heilig angesehen wird, weil alles sein vom gleichen Geist beseelt ist.

Liebe Grüsse
jo
 
Toll, danke Uta! :)

Ich mache mal noch ein bisschen weiter. Insbesondere, was den Massenmord an Menschen jüdischer Herkunft betrifft, haben sich die Kirchen weitgehend zurückgehalten.

Kirche und Judenverfolgung:

Die Kirche stellte in der Diktatur immer noch einen Machtfaktor dar, deshalb ist es auch unverständlich, warum die Kirche ihre Position nicht zur Verhinderung der Massenmorde nutzte. Bei der Verfolgung und Ermordung der Juden setzte sich die Kirche nahezu ausschließlich für Christen jüdischer Herkunft ein.

Zu Beginn der Verfolgung gab es im Protestantismus keine Stimme des Protests, auch von der katholischen Kirche konnte keine Hilfe erwartet werden. Es gab nur wenige, die mutig für die Juden Partei nahmen. Auf evangelischer Seite entstand 1938 das Büro Grüber, dass sich auf die Unterstützung der Juden konzentrierte. Im Dezember 1940 wurde das Büro geschlossen und Pfarrer Grüber verhaftet, sowie viele seiner Mitarbeiter, die ihren Einsatz meist mit ihrem Leben bezahlten.

In den Jahren von 1941-1945 verstummten die Proteste fast gänzlich. Zur Entschuldigung dieser Untätigkeit brachte so mancher Bischof zum Ausdruck, dass sich die Lage der Juden nur verschlimmern würde, wenn ein öffentlicher Protest erfolgen würde.

Eine Ausnahme stellte der Dompropst Bernhard Lichtenberg dar. Er unterstützte die Juden immer wieder und schloß sie in seine Gebete ein. Er starb 1943 bei einem Transport in das KZ Dachau.

Der Rat der Evangelischen Kirche formulierte 1945 die "Stuttgarter Schulderklärung", in der sich die Kirche zu ihrer Mitverantwortung an den Vorgängen im Nationalsozialismus bekannte. Es wurde in dieser Erklärung jedoch nicht dem Leiden der Juden gedacht und es dauerte noch viele Jahre bis sich die Kirche zu einer Mitschuld an der Judenverfolgung bekannte.
Bekennende Kirche:

Und hier das Stuttgarter Schuldbekenntnis:

Die Stuttgarter Schulderklärung

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland begrüßt bei seiner Sitzung am 18. und 19. Oktober 1945 in Stuttgart Vertreter des Ökumenischen Rates der Kirchen.

Wir sind für diesen Besuch um so dankbarer, als wir uns mit unserem Volk nicht nur in einer großen Gemeinschaft der Leiden wissen, sondern auch in einer Solidarität der Schuld. Mit großem Schmerz sagen wir: Durch uns ist unendliches Leid über viele Länder und Völker gebracht worden. Was wir unseren Gemeinden oft bezeugt haben, das sprechen wir jetzt im Namen der ganzen Kirche aus: Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.

Nun soll in unseren Kirchen ein neuer Anfang gemacht werden. Gegründet auf die Heilige Schrift, mit ganzem Ernst ausgerichtet auf den alleinigen Herrn der Kirche, gehen sie daran, sich von glaubensfremden Einflüssen zu reinigen und sich selber zu ordnen. Wir hoffen zu dem Gott der Gnade und Barmherzigkeit, daß Er unsere Kirchen als Sein Werkzeug brauchen und ihnen Vollmacht geben wird, Sein Wort zu verkündigen und Seinem Willen Gehorsam zu schaffen bei uns selbst und bei unserem ganzen Volk.

Daß wir uns bei diesem neuen Anfang mit den anderen Kirchen der ökumenischen Gemeinschaft herzlich verbunden wissen dürfen, erfüllt uns mit tiefer Freude.

Wir hoffen zu Gott, daß durch den gemeinsamen Dienst der Kirchen, dem Geist der Macht und der Vergeltung, der heute von neuem mächtig werden will, in aller Welt gesteuert werde und der Geist des Friedens und der Liebe zur Herrschaft komme, in dem allein die gequälte Menschheit Genesung finden kann.

So bitten wir in einer Stunde, in der die ganze Welt einen neuen Anfang braucht: Veni creator spiritus!

Stuttgart, den 19. Oktober 1945

Landesbischof D. Wurm Pastor Niemöller D. D.
Landesbischof D. Meiser Landesoberkirchenrat Dr. Lilje
Bischof D. Dr. Dibelius Superintendent Held
Superintendent Hahn Pastor Lic. Niesel
Pastor Asmussen D. D. Dr. Dr. Heinemann
EKD: Evangelische Kirche in Deutschland - Leben & Glauben - Bekenntnisse - Die Stuttgarter Schulderklärung


Leòn
 
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