Hallihallo,
ich finde den von Oregano verlinkten Newsletter zum Thema "Jammern" interessant und vor allem differenziert geschrieben.
Es geht meiner Wahrnehmung ja nicht drum Jammern generell "abzudrehen" oder jemanden zu verbieten. Sondern darauf aufmerksam zu machen, dass man vor lauter (zu viel) "Jammern" seinen Zustand uU einzementiert und sich damit selbst von Lösungen abhält.
Also auf der einen Seite: JA. Jammern ist ein gutes Ventil.
Auf der anderen Seite: ein "ausschließlich jammern ohne ins Tun zu kommen" zementiert ein unerwünschtes Ergebnis ein.
Newsletter plädiert für Mittelweg. Finde ich gut.
Ich hab das für mich - sowohl als "Jammernde" als auch jene, die dem Jammernden "Feeback" gibt, so gelöst/verarbeitet:
Jede/r kann nur aus seinem/ihrem Erfahrungshorizont (und der Tageslaune raus) Annehmen bzw. auch Geben.
Als "Jammernde" suche ich mir ja - ob bewusst oder unbewusst - jemanden, der mir entweder nur zuhört, oder jemanden, der mir zuhört und mich auch stoppt und sagt: und, wie löst Du das jetzt?
Das "wie löst Du das jetzt" bzw. ein "Du könntest dieses und jenes probieren" kann in einem Fall genau das sein, was ich IN DEM MOMENT brauche. Im anderen Fall bin ich vielleicht beleidigt, weil ich einfach nur reden wollte und KEINE Lösungsvorschläge haben wollte.
Das kann mein Gegenüber aber nicht RIECHEN!
Also macht es Sinn in so Situationen drüber zu reden - zB: "Du, ich will echt keine Tipps heute. Einfach nur drüber reden und dabei meine Gedanken sortieren. Das würde mir gut tun."
Mein 8jähriger hat das schon sehr früh gelernt. Wenn er mich über die gemeinen anderen Kinder in der Klasse anjammert (es sind IMMER nur die anderen Schuld... an dem Teil arbeiten wir noch...
), und ich mit Lösungsoptionen komme, sagt er ganz klar: ich will das alles nur loswerden und keine Ratschläge von Dir. Ich muss mal Dampf ablassen. Hör mir einfach nur zu!
Oder er sagt klar: XY ist in der Schule passiert. Wie hättest Du das gelöst (aktive Bitte um Lösungsansätze).
So klar haben die meisten von uns (inkl. mir) das in ihrer Kindheit nicht gelernt, also müssen wir wohl oder übel noch am "Nehmen und Geben" arbeiten.
Nur Zuhören ist generell nie falsch.
Da muss man dann für sich schauen, ob man die Energie hat, es in der Form längere Zeit lang laufen zu lassen. (ist ja tlw. - zumindest für mich - enorm anstrengend, wenn ich mir seit Jahr und Tag die gleichen "Gschichtln" anhöre, und sich da einfach 0 bewegt, weil die Person nicht bereit ist ausser Jammern etwas zu probieren um die Situation zu ändern).
Da sag ich für mich mittlerweile ganz klar: da mach ich nur mehr sehr eingeschränkt mit. Einfach weil es mich viel Kraft kostet, die ich für anderes brauche/nutzen will. Und das kommunizier ich auch ganz klar. (im Sinne von: schau, wir kauen das Thema seit XY Wochen/Monaten/Jahren durch. Ich sehe, dass es Dir ein großes Bedürfnis ist darüber zu reden. Wenn ein "drüber reden" geholfen hätte, hätten wir es mittlerweile gemerkt. Es kostet auch mich viel Energie Dir da Mal und Mal zuzuhören. Und Dich bringt es auch nicht weiter...
Hast Du eine Idee, wie wir das lösen können? (und je nach Person, halte ich dann die Kontakte eher kurz oder meide sie. So ist das Leben eben..)
Und natürlich varriiert meine diesbezügliche Leidensbereitschaft individuell. Grad bei meiner Mutter schalte ich zB auf "Durchzug" wenn sie mir zum 100ten Mal was über böse Nachbarn erzählt, die das und jenes in den 1970ern zu ihr gesagt haben usw... (da will sie auch keine Tipps, sondern einfach ihren Müll los werden. Und da hab ich es gut im Griff, daneben andere Dinge zu machen oder zu denken und an den richtigen Stellen jajaja zu sagen...)
Oder wenn Nachbarin über Zipperleins jammert - da höre ich zu, weil ich weiß, dass sie kaum Kontakte hat und da weiß ich aber auch, dass Tipps in keiner Form ankommen und nur getan wird, was Arzt sagt.
Dennoch gibt es von meiner Seite alle paar Monate ein Angebot (weils bei mir unbedingt "raus" will).
Bei ihr hätte ich auch öfter/länger ein offenes Ohr, weil ich das Gefühl hab, ihr hilft allein das Reden drüber...
usw...
Konkret hier im Forum fehlen ja völlig die meisten Reaktionen des Gegenübers (Mimik, Gestik, Stimme...).
Man kann also nur vom Geschriebenen "raten".
Auch hier hat aber jeder die Option auf sein Gegenüber einzugehen (so gut man das halt kann/im eigenen "Repertoire" hat), oder eben nicht.
Das "Eingehen" kann ein lesen sein (und ein Like hinterlassen oder einen kurzen Satz).
Oder eben Tipps zu geben.
Und man hat die Wahl Tipps zu lesen oder eben nicht.
Und den Tipps nachzugehen, oder eben nicht.
Wir sind alle keine "Wunderwuzzis" die es allen recht machen können...
lg togi