Sommer

Soullove, Dir und den Herren Jensen und Pius danke ich auch für die schönen und nachdenklichen Worte.
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Gruß von Leòn
 
Der Kohl
Unter all den hübschen Dingen
In der warmen Sommerzeit
Ist ein Korps von Schmetterlingen
Recht ergötzlich insoweit.
Bist du dann zu deinem Wohle
In den Garten hinspaziert,
Siehst du über deinem Kohle
Muntre Tänze aufgeführt.

Weiß gekleidet und behende
Flattert die vergnügte Schar,
Bis daß Lieb und Lust zu Ende
Wieder mal für dieses Jahr.

Zum getreuen Angedenken,
Auf den Blättern kreuz und quer,
Lassen sie zurück und schenken
Dir ein schönes Raupenheer.

Leidest du, daß diese Sippe
Weiterfrißt, wie sie begehrt,
Kriegst du, nebst dem Blattgerippe,
Nur noch Proben ohne Wert.

Also ist es zu empfehlen,
Lieber Freund, daß du dich bückst
Und sehr viele Raupenseelen,
Pitsch, aus ihren Häuten drückst.

Denn nur der ist wirklich weise,
Der auch in die Zukunft schaut.
Denk an deine Lieblingsspeise:
Schweinekopf mit Sauerkraut.


Aus: Zu guter Letzt
https://www.staff.uni-mainz.de/pommeren/Gedichte/Busch/Letzt/index.htm
 
5

sieht wie graue wolken sich zusammen packen,wen ein drohendes gewitter nahe sieht.
den luft ganz druckend,und feucht
stille ,sogar du vögel pfeiffen nicht,
bald wird den donner und blitz losbarsten,in ein nicht zu ignorieren anwesend sein.

nach den sommersturm ,wirds wieder heiter,
aufgefrischt stecken die blumen ihr köpfchen hoch,
froh mit den kostbaren lebenselixer das wasser an ihr füsse.

ich atme auf,wie schön....

soul
 
und hier rieselt es gerade eine Blitzfront runter. Der Regen traut sich garnicht in das helle Licht der teilweise doppelt und dreifach aufflackernden Lichterschau im 2 bis 5 Sekundentakt . Dann der Bass und das Knistern und das Grollen über die Kilometer. Blankes Machtspiel der Natur. Kaum eine ruhige Sekunde da draussen. Einfach ein geniales Schauspiel das so ein paar Wassertropfen da hinlegen.

und, oh Wunder... keine Kopfschmerzen! (aber schon seit 3 Jahren nicht mehr...)
 
Ah, das war wieder ein Busch - Gedicht! Ich habe noch eines über ein anderes Gemüse gefunden, aber das mag ich hier nicht her kopieren, wegen dem Urheberrechtsschutz!

www.karsten-mekelburg.de/reim/index.htm

www.vskrems-lerchenfeld.ac.at/arbeitsmaterialien/anlautbilder/tomaten.jpg

tomaten

von Jan Wagner


weswegen sollten sie sich schämen, dick
und rund am strauch? sie tragen ihre uhren
tief in sich selber, jene feinmechanik
aus kernen. werden reif, indem sie ruhen.

manchmal sieht man, wie sie sich bewegen,
und muss an klöppel denken, die ein wind
berührt - doch hört man keine glocken schlagen
(bis auf die grünen, die aus blättern sind).

sie kommen ihrer leuchtend roten kunst
im stillen nach, selbst nachts, selbst morgens,
wenn den matten
sternen der stolz verfliegt. du aber kannst
ruhig etwas lauter reden. sag: tomaten.


https://www.rossipotti.de/ausgabe10/11uhr_termin.html#wagner
 

Die Biene
Als Amor in den goldnen Zeiten
Verliebt in Schäferlustbarkeiten
Auf bunten Blumenfeldern lief,
Da stach den kleinsten von den Göttern
Eine Biene, das in Rosenblättern,
Wo es sonst Honig holte, schlief. images.google.de/images?q=tbn:s5x4fSkQQEKhsM:www.absolut-gesund.de

Durch diesen Stich ward Amor klüger.
Der unerschöpfliche Betrüger
Sann einer neuen Kriegslist nach:
Er lauscht in Rosen und Violen;
Und kam ein Mädchen sie zu holen,
Flog


Gottfried Ephraim Lessing

https://tinyurl.com/gr4z8
 
Hier mal etwas ganz altes (wie hat Rohi das in einem anderen Thread mal genannt: Uralt - Geschwafel? - Niedliches Wort!)

Lorscher Bienensegen, 10. Jahrhundert

Kirst, die Imme ist herausen! Nun flieg her, mein Tier!
Im Frieden des Herrn, im Schutze Gottes komm gesund heim!
Sitze, sitze, Biene! Das gebot dir Sankta Maria.
Urlaub nicht hast du, zum Wald nicht flieg' du!
Du sollst mir nicht entrinnen noch entwischen!
Sitze recht stille! Wirke Gottes Wille.


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Anmerkung:
Die altdeutsche Handschrift befindet sich im Vatikan in Rom. In alten lateinischen Bienensegen heißen die Bienen "Mägde Gottes, die ihr für das Wachs wirket zum Dienste Gottes". "Gottes Willen" ist also eine Umschreibung für "Wachs". www.lwg.bayern.de/bienen/bildung_beratung/schulprojekt/11133/
 
Ist das eine "Übersetzung" aus dem Althochdeutschen? Es klingt so verständlich, was mir nicht so recht verständich ist :eek:) ;) .
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Heinz Ehrhardt über die Immen:

An die Bienen

Bienen! Immen! Sumseriche!
Wer sich je mit euch vergliche,
der verdient, daß man ihn töte!
Daß zumindest er erröte!

Denn, wie ihr in Tal und Berg schafft
ohne Zutun der Gewerkschaft,
ohne daß man euch bezahle,
ohne Streik und Lohnspirale,
täglich, stündlich drauf bedacht,
daß ihr für uns den Honig macht,
ihr seid's wert, daß man euch ehre!

Wobei vorzuschlagen wäre —
ob nun alt ihr, ob Novizen —
euch von heute ab zu siezen!
Unser Dank, unser Applaus
säh in etwa dann so aus:
»Sehr geehrte Honigbienen!
Wir Verbraucher danken Ihnen!«
 
Hallo, Uta,
nach meinem Verständnis ist das eine "frühe" Übersetzung, vielleicht aus der Lutherzeit. Alt - Hochdeutsch ist es nicht. Das erschließt sich, vielleicht anders als das Mittelhochdeutsch nur ganz schwer und ist fast eine "eigene Sprache". Ich musste mal den Anfang vom Hildebrandslied auswendig lernen...na, vielen Dank....:schock: !

Als Beispiel der Beginn des Hildebrandsliedes:

https://www.ib.hu-berlin.de/~hab/arnd/uebers.html

Ik gihorta dat seggen,
dat sih urhettun ænon muotin,
Hiltibrant enti Hadubrant untar heriun tuem.
sunufatarungo iro saro rihtun.
5 garutun se iro gudhamun, gurtun sih iro suert ana,
helidos, ubar hringa, do sie to dero hiltiu ritun,
Hiltibrant gimahalta [Heribrantes sunu]: her uuas heroro man,
ferahes frotoro; her fragen gistuont
fohem uuortum, hwer sin fater wari
10 fireo in folche, ...............
............... "eddo hwelihhes cnuosles du sis.
ibu du mi enan sages, ik mi de odre uuet,
chind, in chunincriche: chud ist mir al irmindeot".


1 Ich hörte das sagen,
2 daß sich Herausforderer einzeln abmühten:
3 Hildebrand und Hadubrand zwischen zwei Heeren.
4 Sohn und Vater bereiteten ihre Rüstung,
5 richteten ihre Kampfgewänder, gürteten sich ihre Schwerter um,
6 die Helden, über die Rüstung, als sie zu dem Kampf ritten.
7 Hildebrand sagte, Heribrands Sohn, er war der ältere Mann,
8 des Lebens erfahrener, er begann zu fragen,
9 mit wenigen Worten, wer sein Vater gewesen sei
10 unter den Menschen im Volke...




Hier mal zum Vergleich: Eines der bekannteren Lieder von Walter von der Vogelweide, also Mittelhochdeutsch. Das ist schon ein deutlicher Unterschied, finde ich:

https://www.erzwiss.uni-hamburg.de/internetseminar/Material1_Walther.doc

Ich sâz ûf eime steine
und dahte bein mit beine:
dar ûf satzt ich den ellenbogen.
ich hete in mîne hant gesmogen 2)
daz kinne und ein mîn wange 3)
dô dâhte ich mir vil ange 4)
wie man zer werlte solte leben.
deheinen rât kond ich gegeben,
wie man driu dinc erwurbe, 10
der keinez niht verdurbe 5).
die zwei sint êre und varnde guot,
daz 6) dicke einander schaden tuot:
daz dritte ist gotes hulde,
der zweier übergulde 7).
die wolte ich gern in einen schrîn 8).
jâ leider desn mac niht gesîn,
daz guot und weltlich êre
und gotes hulde mêre 9)
zesamene in ein herze komen. 20
stîge unde wege sint in benomen:
untriuwe ist in der sâze 10),
gewalt vert ûf der strâze,
fride und reht sint sêre wunt. 24
diu driu enhabent geleites niht 11),
die zwei enwerden ê gesunt..

Ich saß auf einem Stein,
und schlug ein Bein über das andere.
Darauf stützte ich den Ellenbogen.
Ich hatte in meine Hand geschmiegt
das Kinn und meine eine Wange.
So erwog ich in aller Eindringlichkeit,
wie man auf dieser Welt zu leben habe.
Keinen Rat wusste ich zu geben,
wie man drei Dinge erwerben könne,
ohne dass eines von ihnen verlorenginge.
Zwei von ihnen sind Ehre und Besitz,
die einander oft Abbruch tun;
das dritte ist die Gnade Gottes,
weit höher geltend als die beiden andern.
Die wünschte ich in ein Gefäß zu tun.
Aber zu unserem Leid kann das nicht sein,
dass Besitz und Ehre in der Welt
und dazu Gottes Gnade
zusammen in ein Herz kommen.
Weg und Steg sind ihnen verbaut,
Verrat lauert im Hinterhalt,
Gewalttat zieht auf der Straße,
Friede und Recht sind todwund:
bevor diese beiden nicht gesunden,
haben die drei keine Sicherheit.

Gruß von Leòn
 
Der Schmetterling und die Biene

von Gottlieb Konrad Pfeffel
Geb. 28.6.1736 Colmar; gest. 1.5.1809 Colmar



»Wenn doch«, so sprach mit rascher Energie
Ein bunter Schmetterling zur Biene,
Die neben ihm auf einer Balsamine
Ihr Frühstück nahm, - »wenn doch das Rabenvieh,
Die Raupen, in der Hölle wären!
Wohin sich meine Flügel kehren,
Wohin mein Auge blickt so find' ich sie.
Hier fressen sie des Ölbaums frische Blüten
Und opfern dort ein Kohlbeet ihrer Wut.
Ach, welche Polizei! ich sollte hier gebieten:
Mein Urteil wäre Tod für die gesamte Brut,
Und für den Herrn des Guts die Staupe.«
»Recht!« sprach die Biene, »recht! ein häßliches Geschmeiß,
Wie jedermann, und du am besten, weiß,
Denn gestern warst du selbst noch Raupe.«
 
5

Sommer ist Wachstum im Außen - Sommer ist auch im Innen

Du selbst

Du bist, was du sein willst im mächtigen Reich deiner Seele:
Ein Bettler – ein König. Das Heer der Gedanken gehorcht dir.
Du selbst setzt die Grenzen, du selbst hast die Macht, sie zu ändern.
Du kannst wie ein trotziges Kind dich im Dunkel verstecken,
du kannst deine Umwelt gelangweilt durch Scheiben betrachten,
Besucher empfangen, Besucher den Zutritt verwehren,
Gedankenkuriere mit Botschaft ins Nachbarreich senden.
Nur eines mußt du wissen: sie kehren zurück, und die Antwort
Als Echo der Botschaft kann Krieg oder Frieden bedeuten.
Doch schickst du Gedanken der Liebe, die schneeweißen Vögel,
der Sonne entgegen, so weit ihre Flügel sie tragen,
dann leg deine Grenzpfähle nieder, kein Feind kann dir schaden,
dann bist du der liebend Geliebte und mehr als ein König.
 
Hallo, Uta:

"Sumerszit"
bur_amor.jpg


Aus den Carmina Burana (den Benediktbeurischen Liederhandschriften)

Nach Walther von der Vogelweide
(ca. 1170 - ca. 1230)


Der starche winder hat uns uerlan,
div sumerçit ist schone getan;
walt vnde heide sih ih nu an,
loup vnde bluomen, chle wolgetan;
dauon mag uns froude nimmer zergan.


Hier eine "Hauruck - Übersetzung" von Leòn:

Der schwere Winter hat uns verlassen,
die Sommerzeit hat schon gutes bewirkt,
Wald und Heide sehe ich nun an,
Blätter und Blumen von schöner Gestalt,
die Freude darüber möge niemals vergehen!


https://www.fh-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/13Jh/CarminaBurana/bur_card.html

wal_por1.jpg


Dieses Bild, aus der Heidelberger Liederhandschrift, gehört - wegen der eindeutigen Pose Walters - eher zu "Ich saz uf einem Steine" (drei Einträge vorher).

Herzliche Grüße von Leòn
 
So die bluomen

images.google.de/images?q=tbn:WCwgDdDh1mR9pM:http:
von Walter von der Vogelweide
www.uni-vechta.de/studium/studienprojekte/walter/assets/images/NEW-2.gif
Sô die bluomen ûz dem grase dringent,
same si lachen gegen der spilden sunnen,
in einem meien an dem morgen fruo,
und diu kleinen vogellîn wol singent
in ir besten wîse, die si kunnen,
waz wünne mac sich dâ gelîchen zuo?
ez ist wol halb ein himelrîche.
suln wir sprechen, waz sich deme gelîche,
sô sage ich, was mir dicke baz
in mînen ougen hât getân
und tæte ouch noch, gesæhe ich daz.

rosa_love.jpg
 
Hier meine sinngemäße Übersetzung:

Wenn die Blumen aus dem Grase dringen
zusammen lachen sie gegen die glühende Sonne an,
in einem Mai, am frühen Morgen,
und die kleinen Vögelchen singen schön,
so schön sie nur können,
welche Wonnen/ Freuden mögen dem gleichen?
Es ist wohl halb ein Himmelreich,
sollen wir sagen, was dem gleicht?
So sage ich, das es dem (Himmelreich)
in meinen Augen sehr gleicht:
und täte es auch dann noch,
wenn ich es gesehen hätte!



Gruß von Leòn
 
gelbe reife korn,feldenvoll,biegend in der wind,
dazwischen blau von kornblüme,
es sieht aus wie ein riesenstrauss,eine die in keine vase passt,
ich hör knacksen im korn,und schreck ein wenig,so unerwartet,
plötzlich springt da über den weg ein reh,sie wars die geräusche machte.
mein ganze tag in neues licht,
weil ich kurz ein tier dürfte blicken .

soul
 
Hallo Wolfgang,
ich finde es schön, daß Du mitschreibst. Nur wo ist das Thema dabei geblieben, der Sommer?

Gruss,
Uta
 
Uta schrieb:
Hallo Wolfgang,
ich finde es schön, daß Du mitschreibst. Nur wo ist das Thema dabei geblieben, der Sommer?
Uta

Doch schickst du Gedanken der Liebe, die schneeweißen Vögel,
der Sonne entgegen, so weit ihre Flügel sie tragen,

;) Anne
 
Sorry, 5 war 6, auf 7 folgt

8

Es steht manches Schöne isoliert in der Welt, doch der Geist ist es, der Verknüpfungen zu entdecken und dadurch Kunstwerke vorzubringen hat.
Die Blume gewinnt erst ihren Reiz durch das Insekt, das ihr anhängt, durch den Tautropfen, der sie befeuchtet, durch das Gefäß, woraus sie allenfalls ihre letzte Nahrung zieht. Kein Busch, kein Baum, dem man nicht durch die Nachbarschaft eines Felsens, einer Quelle Bedeutung geben, durch eine mäßige, einfache Ferne größeren Reiz verleihen könnte. So ist es mit menschlichen Figuren und so mit Tieren aller Art beschaffen.
(Goethe – Betrachtungen im Sinne der Wanderer)

Vor ein paar Minuten schnitt ich verblühte Dahlien ab; eine Hummel senkte sich justamente ein paar Zentimeter entfernt in eine Blüte, saugte in aller Gelassenheit „ihren“ Nektar. In einem anderen Kübel mit Dahlien entdeckte ich Läuse. Schnell ein paar Stengel Minze gepflückt, in kaltes Wasser gelegt, und morgen lernen diese Tiere, daß sie hier nicht willkommen sind.
Sommer bedeutet für mich auch erhöhtes Gewahrsein. Liebe kann dies befördern, den Blick frei machen auf eine natürliche Ordnung vom Wesen der Dinge. In dieser Welt scheint die Sonne immer - hier gibt es auch keine Störungen.
 
Hi, Leòn: mit diesem Bild aus der Heidelberger Liederhandschrift bin ich aufgewachsen :) . Es hing über dem Sofa im Wohnzimmer meiner Eltern.
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Was immer Du erlebst

Der Duft nach dem Regen im nassen Kleinmädchenhaar,
geheime Spiele, verboten und wunderbar,

die Angst im finsteren Keller nachts und allein,
der Hund, der getreten wird, bloß weil er ein Hund ist und klein,

der Lehrer, der dich gehorchen und lügen lehrt,
der Schrei eines Zugs, der mit dir in die Einsamkeit fährt,

die künstlichen Zähne im Glas am Bett Onkel Pauls
und der traurige Hut auf dem Kopf eines Droschkengauls,

der Freund, der schweigend für dich die Prügel bezieht
und der Feind, der dich haßt, bloß weil er dich glücklich sieht,

und jede Einzelheit - denkst du noch dran? war einmal wichtig.
Nichts schien dir banal.

Denn all das erlebt man irgendwann
zum ersten Mal.

Das Geheimnis der Tür, hinter der jemand Geige spielt,
das Kind, das auf dich mit dem Spielzeugrevolver zielt,

die Finsternis einer Umarmung, in der man nicht liebt,
der Hunger nach einer Speise, die es nicht gibt,

das bezaubernde Lächeln der Braut im unmöglichen Kleid,
der Arzt, der dir sagt, es war alles zu spät, tut mir leid,

das Fischerboot und der Meerwind in deinem Haar,
dein Spiegelbild hinter Flaschen in einer Bar,

das sanft Licht eines Sterns im nächtlichen Blau
und der Schatten von Laub auf der Haut einer schlafenden Frau,

und jede Einzelheit - du denkst nicht daran - war einmal wichtig.
nichts mehr ist banal.

Denn all das erlebst du irgendwann
zum letzten Mal.

Michael Ende



Eher philosophisch, aber mir gefällt's...
 
Hallo, Uta,
wvdv-wappen.png

das finde ich ja erstaunlich und erfreulich. Zwar ist "Walters" Bild bestimmt das bekannteste Minnesängerportrait der Manesse, aber er hing und hängt bestimmt nicht in jedem Wohnzimmer. Hattet Ihr einen bestimmten Bezug dazu?


Ich habe noch nie ein Gedicht von Michael Ende gelesen. Ich finde auch, dass er eher einen bedenkenswerten Inhalt als große Lyrik damit verfasst hat. (Aber immerhin muss man es nicht übersetzen *g*). Außerdem war ich früher sehr sauer auf Michael Ende :D weil IHM und nicht MIR die Idee zur unendlichen Geschichte gekommen war :)-))) :))) ).

So, jetzt noch einmal Herr Walther von der Augenweide, dann sollte es damit erst mal gut sein:

Under der linden

Walter von der Vogelweide

Under der linden
an der heide,
dâ unser zweier bette was,
dâ muget ir vinden
schône beide
gebrochen bluomen unde gras.
vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schône sanc diu nahtegal.


Ich kam gegangen
zuo der ouwe:
dô was mîn friedel komen ê.
dâ wart ich empfangen
hêre frouwe
daz ich bin sælic iemer mê.
kust er mich? wol tûsentstunt:
tandaradei,
seht wie rôt mir ist der munt.


Dô hete er gemachet
alsô rîche
von bluomen eine bettestat.
des wirt noch gelachet
inneclîche,
kumt iemen an daz selbe pfat.
bî den rôsen er wol mac
tandaradei,
merken wâ mirz houbet lac.


Daz er bî mir læge,
wesse ez iemen
(nu enwelle got!), so schamte ich mich.
wes er mit mir pflæge,
niemer niemen
bevinde daz wan er und ich
und ein kleinez vogellîn:
tandaradei,
daz mac wol getriuwe sîn.


wal_por2.jpg

Das ist aus der Weingartener Handschrift, die ist ungefähr zeitgleich wie die Heidelberger entstanden (um 1300).
 
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