Ich führe meine Geschichte fort:
Seit 2 Jahren und 9 Monaten bin ich komplett nüchtern. Es geht stetig bergauf. Früher war ich ein bis zwei Mal pro Jahr verletzt (Verletzung zähle ich alles was mind zwei Monate andauert, sowas Bandscheibenvorfall), seit zwei Jahren nichts mehr. Kann Zufall sein
, in meiner Wahrnehmung gibt es einen Zusammenhang.
Sport klappt immer besser (obwohl der körperliche Zenit eigentlich altersbedingt überschritten sein müsste)
Weniger Probleme mit Depressionen. Sie sind nicht ganz weg, aber deutlich seltener gibt es Abstürze und schwarze Tage.
Nun gibt es allerdings auch neue Sichtweisen, die mich besorgen: andere Menschen.
Meine Eltern sehe ich ein bis zwei Mal im Monat. Da ich immer gehe sobald es Alkohol gibt (bei mir gibt's grundsätzlich keinen auch für Gäste nicht), treffen wir uns meist mittags oder morgens. Ich vermute sie trinken weiterhin jeden Tag, aber sie reden mit mir nicht darüber.
Neulich war ich erst um 18h eingeladen. Eine Geburtstagsfeier. Erst nach dem Essen wurde angefangen zu trinken. Jemand sagte zu meinem Vater was denn mit los sei, er zittere ja....
Kommt das vom Alkohol? Ich weiß es nicht und ich habe gemerkt, dass ich nicht hingesehen habe. Es macht mich traurig, es verletzt mich. Allein der Gedanke wie viel Schaden das Zeug angerichtet hat. Seit fünfzig Jahren trinkt er und vermutlich gab es da Jahrzehnte ohne trockenen Tag. Manchmal exzessiv, meist "moderat". Sofern man fünf Bier als moderat ansehen kann. Dass da Schäden auftauchen ist sehr wahrscheinlich, aber ich will es nicht sehen. Er will es nicht sehen, er entscheidet sich dafür, er muss die Verantwortung tragen, aber es beeinflusst halt auch immer andere Menschen. Auch das ist eine Auswirkung von Drogen.
Mich würde noch so einiges interessieren:
Wann warst du nüchtern als ich klein war?
Warst du immer betrunken, wenn du ausgerastet bist?
Warst du immer betrunken, wenn du geschlagen hast?
Warst du immer nüchtern, wenn wir schöne Zeiten hatten?
Wann hast du mir das erste Mal Alkohol angeboten?
Er wird vermutlich noch Jahre leben, aber diese Fragen kann er mir nicht mehr beantworten. Er ist nicht in der Lage über seine Sucht zu reden. Einige Male habe ich das probiert, auch mit professionellen Familientherapeuten.... Kein Durchkommen. Lieber Saufen, dann stumpft man ab und muss nicht hinsehen - so wie ich dein Zittern nicht sehen will....