Hallo Cassandra,
auch Dir danke ich für Deine Offenheit und Deine klaren Worte.
Es ist gar nicht so einfach die letzten 11 Jahre in wenigen Beiträgen so zu schildern, das Du meine Situation etwas nachvollziehen kannst. Im ersten Moment scheint es vielleicht tatsächlich so zu sein, als wäre ich skrupellos, emotionslos, gefühlskalt, gleichgültig, eine Rabenmutter. Diese Worte habe nun ich gewählt und ich unterstelle Dir auch nicht das Du so etwas von mir denkst, aber ich könnte nach den paar Postings bei jemanden/einigen oder sogar allen, den Eindruck erwecken, ich sei so.
Das bin ich auf keinen Fall! Ich bin genauso liebevoll, verletzlich, sensibel und verständnisvoll, wie ich auch konsequent, streng, stur und beharrlich sein kann.
Sagen wir mal die ersten sechs bis max. sieben Jahre waren sehr schön bis schön. Ich habe meiner Tochter all das gegeben was man sich von einer Mutter wünschen kann. Liebe, Zuneigung, Offenheit, Gespräche, Interesse, Hilfe, Zuspruch, Unterstützung, Dank, Bestätigung, Stolz, eine abgesicherte und beschützte Kindheit, Tolleranz zu ihren Gunsten was das Besuchsrecht angeht usw.
Natürlich versuchte ich sie auch zu fördern mit Lesen, basteln, spielen, sich zu benehmen. Dinge wie zb. "Danke", Bitte", "Guten Tag", "Tschüß" finde ich als normale Höflichkeiten. Leider stirbt diese Höflichkeit bei vielen Kindern heutzutage aus.
Erst so mit acht, neun usw. gab es richtig Probleme bei uns. Durch die Grundschule kam sie locker durch, mußte nur auf Arbeiten etwas lernen und wenn sie nicht so viele Flüchtigkeitsfehler gemacht hätte, wäre sie 100% Klassenbeste gewesen. Ende der 4. Klasse hatte sie einen Durchschnitt von 1,7 und ihre Klassenlehrerin gab uns die absolute Empfehlung, sie aufs Gymnasium zu schicken.
Wir waren vor diesem Lehrergespräch ALLE der Ansicht, sie wäre auf der Realschule besser aufgehoben, weil sie noch immer so furchtbar kindisch, albern und kasprig war. Einfach peinlich.
Doch die Lehrerin machte uns Mut und traute ihr diese Schulform unbedingt zu. Sie meinte, meine Tochter würde dieses kindische Verhalten bestimmt bald ablegen.
Nun...wir vertrauten der fachlichen Kompetenz der Lehrerin und nun ist sie auf dem Gymnasium.
Seit sie dort nun ist, geht es natürlich ohne Lernen nicht mehr so locker weiter. Sie hat keine Lust zum Vokabeln lernen, denn sie ist der Ansicht sie könnte schon alles. (bla, bla)
Zusatzaufgaben macht sie grundsätzlich nicht, denn das "muß" sie ja nicht. Die Noten wurden teils kritisch, doch das interessierte sie nicht so wirklich.
Das Einzige was für sie zählt, ist ihre Freizeit und ihre Interssen. Soll ich etwa tatenlos zusehen wie dieses intelligente Kind seine Zukunft ins Klo spült?
Da ich weder die Zeit, noch die Lust oder den Intellekt besitze,mich mit ihr hinzusetzen und zu lernen, ist sie auch in diesem Punkt bei ihrem Vater in besten Händen.
Übrigends hätte ich, wenn meine Tochter ernsthaft gewollt hätte das ich mit ihr lerne, mir die Zeit genommen und mit ihr gelernt. Am Anfang der 5. Klasse hatten wir (mein Mann und ich) das auch konsequent verfolgt, doch sie hatte weder Interesse, noch Lust oder Konzentration mit uns zu lernen. Läßt man sie aber allein ihr Ding machen, kommt eben eine 4 oder schlechter raus. Sie sagt, sie lernt, tut es aber nicht. Dafür hatten wir schon zig Beweise.
Das ist eben auch so ein Bereich, an den man bei ihr nicht rankommt. Selbstverständlich hat sie bei guten Noten Lob, Anerkennung, Ermutigung und sogar eine Überraschung bekommen. Teilweise hatte ich sie noch morgends vor der Schule abgefragt, habe mitgefiebert und war voller Erwartung. Doch sie nimmt ihre Verluste, ihre Fehler, ihre Defizite einfach so hin. Sie hat keinerlei schlechtes Gewissen, sondern akzeptiert ihre Fehler einfach.
Wie soll man an so ein Kind rankommen?
Das macht mich echt fertig! Ich habe/hatte keinerlei Zugang zu ihr. Sie hört einem nicht zu. Sie nimmt uns nicht ernst. Man redet wie gegen eine Wand. Es prallt alles ab.
Das geht allerdings allen anderen auch so. Auch ihr Vater kommt nicht an sie ran.
Vielleicht ist meine Resignation einfach ein Selbstschutz. Es ist die Hilflosigkeit, die Ohnmacht mit keinem Mittel und keiner Strategie an das Kind zu kommen. Bevor ich mich und meine Familie psychisch fertig mache, resigniere ich.
Ich bin normal ein sehr willensstarker, ehrgeiziger Mensch. Ich bin zielorientiert und beharrlich. Normal werfe ich nicht das Handtuch und gebe auf. Doch ich muß ehrlich sagen das ich keine Hoffnung und kein Vertauen mehr in meine Tochter habe.
Ich fühle mich emotional, finanziell und körperlich absolut ausgenutzt von ihr. Ich habe so viel Geduld, Liebe, Erziehung, Hoffnung usw. in sie gesteckt und wurde permanent entäuscht.
Deshalb ist nicht das arme, kleine, 11jährige Mädchen das Opfer, sondern eher ich.
Wieso versuchst Du nicht einmal, die ganzen Beiträge in diesem Thread zu lesen und Dich in MICH zu versetzen?
Wie ergeht es einer Mutter die so ein Kind hat?
Es scheint mir fast so, dass Du Deine Tochter massiv ablehnst. Ich erlebe Dich enttäuscht, frustriert und wütend. Ist das so, wie es bei mir ankommt oder habe ich das falsch aufgefasst?
Nein, ablehnen tu ich sie nicht. Aber so akzeptieren wie sie jetzt ist, kann ich sie auch nicht. Ich kann das nicht in Worte fassen. Wie soll ich das erklären?
Ja, Du erlebst mich genau richtig. Entäuscht, frustriert und wütend.
Wenn es so ist, hat es seinen Grund darin, dass Du eigentlich diese Tochter nicht willst, sondern eine ganz andere? Ist es deshalb so, weil Deine Tochter nicht Deinen Erwartungen entspricht? Ist es so, weil Du das Gefühl hast, sie liebt Dich nicht? Wie sollte sie Deiner Meinung nach sein, damit Du Sie akzeptieren kannst?
Nein, ich will schon sie und keine andere Tochter. Sie sollte einfach ganz "normal" sein. Wie eben ein 11jähriges Kind so ist. Natürlich auch mit Fehlern. Nur kann ich bei ihr die letzen Jahre keine positive Bilanz ziehen. Sie nimmt keine Ratschläge an, weiß natürlich alles besser, kennt kein Maß, ist immer der Klassencloun, fällt negativ auf, ist nicht hilsbereit.......
Es macht einfach keinen Spaß mehr. Das Zusammenleben ist purer Stress und beinhaltet keinerlei Harmonie.
Kann es sein, dass Du in Wirklichkeit sehr wütend auf ihren Vater bist? Mein Eindruck ist, dass Du ihn verachtest.
Nein, wütend bin ich nicht auf ihn. Schon lange nicht mehr.

Und nein, verachten ist ja mega-negativ. Verachten tu ich ihn nicht. Der Vater meiner Tochter zeichnet sich positiv aus, in dem er ein sehr liebenswürdiger, intelligenter, charmanter, verständnisvoller und friedliebender Mensch ist. Ich mag ihn! Er ist ein ganz lieber Kerl, ehrlich!
ABER....er ist auch irgendwie ein absoluter Loser. Er hat mit 33 Jahren noch immer keinen Führerschein, hat zwei Ausbildungen angefangen und beide abgebrochen, verdient kein Geld und ist eben ein Optimist. Das finde ich persönlich nicht gerade vorbildlich.
Nun...ich bin ja nicht mit ihm verheiratet, deshalb ist mir das auch egal. Trotz allem ist er ein sehr sympatischer und lieber Mensch. Auch er hat, wie meine Tochter, kein Durchsetzungsvermögen, ist nicht ehrgeizig und verfolgt seine Ziele nicht konsequent. Er gibt zu schnell auf und beläßt es dabei.
So ist es eben. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Ich muß jetzt leider aufhören... es würde mich freuen wieder von Dir zu lesen.
Lg, Putzteufelchen