Ratlosigkeit über neuen Ehec-Stamm
Die Mediziner sind ratlos. Noch haben sie nicht genau verstanden, was diesen Ehec-Erreger so aggressiv macht und welche zerstörerischen Kaskaden im Körper eines Infizierten ablaufen. Jetzt haben Ärzte der Universitätskliniken Greifswald und Bonn eine Theorie, die zumindest einen Teil dieser schweren Verläufe erklären könnte. Demnach kann es im Lauf einer Ehec-Infektion passieren, dass der Körper Antikörper gegen eigene Gewebsstrukturen entwickelt. Diese sogenannten Autoantikörper könnten ebenso wie das Shigatoxin - das Gift, welches die Ehec-Bakterien produzieren - Schäden am Nervensystem verursachen."Die ausgeprägten neurologischen Schäden traten sechs bis acht Tage nach den ersten Symptomen der Ehec-Infektion auf. Das ist ein typisches Zeitfenster für die Bildung von Antikörpern. Deshalb sind wir auf die Idee gekommen, dass ein Autoantikörper dafür verantwortlich sein könnte", sagt Transfusionsmediziner Andreas Greinacher von der Uni Greifswald. Zusammen mit Kollegen untersucht er am Forschungszentrum "ZIK Hike" die Ursachen von Immunkrankheiten, die Herz-Kreislaufkrankheiten auslösen. "Wir haben bei vier Hus-Patienten mit deutlichen neurologischen Problemen Hinweise auf einen Autoantikörper entdeckt sowie auf einen gestörten Gerinnungsfaktor", erzählt Greinacher.
Warum bei bestimmten Ehec-Patienten das Immunsystem derartig fehlgeleitet ist, wissen die Ärzte nicht. Einerseits greifen die von den Ehec-Bakterien produzierten Giftstoffe Blutzellen an. Diese werden zerstört, Zellreste setzen sich in kleinen Blutgefäßen ab, so dass insbesondere die Nieren, aber auch das Hirn Schaden nehmen können. Andererseits, so die Theorie von Greinacher und seinen Kollegen, bewirkt der Autoantikörper, dass in den Zellen von Gehirn und Nebennieren ein für die Blutgerinnung verantwortliches Eiweiß, der sogenannte Von-Willebrand-Faktor, nicht wie im Normalfall in kleine Stücke zerlegt wird. Dieser sammelt sich daraufhin an und verstopft die Kapillaren, also die kleinsten Gefäße. Dies führe dann zu den schwerwiegenden Krankheitsbildern, so Greinacher.
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Letzte Möglichkeit
Der Zustand mancher Erkrankter ist so schlecht, dass sie im Kampf um ihr Leben solchen Heilversuchen bedingungslos zustimmen. "Ich wäre wohl mit jeder Art von Behandlung einverstanden gewesen, wenn sich nur etwas gebessert hätte", erzählte eine 41-jährige Frau, die eine Woche lang mit heftigen Bauchkrämpfen und blutigem Durchfall in der Asklepios-Klinik Altona stationiert war.