Malve
Es sind mehr als 20 Tonnen Werkstoff, die deutsche Zahnärzte pro Jahr als Zahnfüllungen verarbeiten und einsetzen, so schätzen Experten. Ausschlaggebend für die Qualität dieser Füllmaterialien sind in erster Linie „ihre Langlebigkeit im Munde – sie sollte im Durchschnitt mindestens acht bis zehn Jahre betragen“, konstatiert Gottfried Schmalz, Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Paradontologie, Regensburg. Genauso wichtig ist die Verträglichkeit. „Für immer mehr Patienten ist es darüber hinaus wichtig, dass die Zahnfüllung auch eine ästhetische Lösung bietet – ganz besonders für die Frontzähne, aber auch vermehrt im Seitenzahnbereich“, resümiert der Experte.
Die Werkstoffe optimieren
Gottfried Schmalz arbeitet an seiner Klinik vor allem an der Prüfung und Verbesserung von zahnärztlichen Werkstoffen. „So optimierte man zum Beispiel Kunststoffe, damit man sie auch für größere Löcher verwenden kann. In der Vergangenheit war dieser Werkstoff nur für sehr kleine Schäden brauchbar.“ Als Neuheit gelten auch vollkeramische Lösungen: „Keramiken für ausgedehnte Löcher kann man heute bereits ohne Metallunterstützung verwenden.“ Dazu nimmt man für den Kern zum Beispiel das besonders druckfeste Zirkonoxid. Darüber kommt jedoch weichere Keramik, die sich mit der Zeit ein bisschen abnutzt. „Das ist wichtig, denn die natürlichen Zähne nutzen sich mit der Zeit ebenfalls etwas ab. Damit der Biss trotzdem noch stimmt, sollte auch der mit einer großen Füllung oder Krone versorgte Zahn dieser Entwicklung folgen.“ Viele zahnärztliche Keramiken haben diese spezielle Eigenschaft. „Unser Ziel ist also, Füllmaterialien zu entwickeln, die immer besser das natürliche Vorbild imitieren.“ Persönlich setzt der Experte übrigens für größere Defekte auf Goldlegierungen, vor allem im Seitenzahnbereich und Amalgam für Backenzähne.
Bereits seit Jahrhunderten bekannt, bewährt sich die Legierung aus Quecksilber, Silber, Zinn, Zink oder Kupfer seit über 150 Jahren als Zahnfüllmaterial. Bis sich in den 90er-Jahren die Stimmen von empörten Patienten häuften. Sie führten zahlreiche Beschwerden auf Amalgam in ihren Zähnen zurück. Heute haben sich die Wogen geglättet, mehrere Studien konnten nicht belegen, dass Amalgam schuld sei an den ganz unterschiedlichen Leiden – von Kopfschmerzen bis Hautausschlag. „Man kann davon ausgehen, dass weniger als 0,1 Prozent der Bevölkerung Amalgam nicht vertragen. Die gleiche Nebenwirkungsrate weisen schätzungsweise auch andere Zahnfüllmaterialien auf – Goldlegierungen oder Kunststoff“, rückt Experte Gottfried Schmalz gerade. Am besten sollten Patienten sich vor der Behandlung vom Zahnarzt eingehend beraten lassen.
Vermeintliche Unverträglichkeit
Daneben gibt es aber auch eine Patientengruppe, die über Beschwerden klagt, ohne dass eine Amalgamallergie nachweisbar ist. „Wir vermuten, dass die Ursache ihrer Beschwerden oftmals nicht die Zahnfüllstoffe sind. So haben wir etwa mit einer Studie aufgedeckt, dass metallempfindliche Patienten besonders viele Medikamente einnehmen – mit den entsprechenden Nebenwirkungen.“ Auch viele Allgemeinerkrankungen können zu derartigen Beschwerden führen.
Abgesehen davon besticht Amalgam durch einige Vorteile: Es ist ausgesprochen belastbar, hält lange, eignet sich auch für große Zahnschäden, lässt sich einfach und rasch verarbeiten. Bakterien siedeln sich an diesem Werkstoff nur wenig an – und die Kassen zahlen ihn. „Allerdings hat Amalgam einen Nachteil – es ist grau. Deshalb setzt man es heute vor allem im Backenzahnbereich ein, weil man es dort nicht auf den ersten Blick sehen kann.“
Quelle: Focus Online Journal