CFS und die Mandeln

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01.09.12
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Hallo zusammen,

da mir das Thema "Mandelentfernung bei CFS ja oder nein" schon seit einiger Zeit im Kopf herumspukt, wollte ich gerne mal dazu Eure Meinungen hören.

Konkret würde mich interessieren, ob es hier CFS-Patienten (mit abruptem Krankheitsbeginn nach Virusinfekt) gibt, die damit eigene Erfahrungen haben, d.h. z.B. die nach Entnahme eine Verbesserung oder Verschlechterung ihrer Symptomatik erlebt haben. Auch Zusammenhänge mit Lymphknotenschwellungen würden mich interessieren, da ich selber seit Beginn meiner Erkrankung geschwollene, "submandibuläre" LK habe und fest davon überzeugt bin, dass mein CFS nur weggeht, wenn sich auch die LK-Symptomatik verändert.

Bei mir wurden die Mandeln "gekappt" als ich fünf war. Seitdem habe ich von den Ärzten 100 verschiedene Meinungen gehört, was mit meinen Mandeln passieren soll. Von "die sind zerklüftet und müssen raus" bis "alles in bester Ordnung, die können bleiben" war alles dabei. Deshalb sind mir Erfahrungsberichte bei diesem Thema lieber, als die Meinungen der hierbei leider überforderten Halbgötter in Weiß.

LG
 
Hallo Elessar,

ich würde es anpassen in CFS artige Symptome und Mandeln, dann kann jeder für sich selbst entscheiden, ob die Mandeln mit CFS zu tun haben, oder nicht. Wenn man CFS artige Symptome hat, sollte man aus meiner Sicht zumindestens alle möglichen Herde, hauptsächlich im Kopfbereich wie Zähne, Nase(nnebenhöhlen) und auch Mandeln gründlich abgeklärt haben.

Ich wurde erst vor 2,5 Wochen an den Mandeln operiert und war mir auch sehr unsicher, ob ich es tun sollte. Da alles noch so frisch ist und ich in dem Thema momentan etwas tiefer drinstecke, hole ich mal für Dich und andere mögliche Betroffene etwas weiter aus.

Für die Mandel-OP sprach bei mir:

-das sich bei meinen eigentlich mit 7 Jahren (nicht gründlich genug) operierten Mandeln neue Verwachsungen gebildet hatten, besonders auf einer Seite

-ein dauerhaft erhöhter ASL = Antistreptolysintiter, der auf einen chronischen Infekt schließen lässt, Streptokokken können sich tief in den Mandeln(resten) einnisten.

-diese Stelle kam mir wärmer als andere Stellen am Hals vor und ich hatte dort ein leichtes Druckgefühl, im Nachhinein wäre eine Aufnahme mit einer Wärmebildkamera interessant gewesen, falls Du jemand mit so einem Gerät kennst...

-ebenfalls stark zerklüftete Mandelreste

-chronische Hals- und Schluckbeschwerden, trockene Nase, chronische Ohrenschmerzen und Geräuschempfindlichkeit

-trotz mehrmalige Nasenscheidewand und Nasenmuscheln OPs und konsequente Sarnierung aller Kieferherde keine deutliche Besserung im HNO Bereich

-chronische Muskel-/Gliederschmerzen und rheumatische Beschwerden

-etwa 10 Jahre lange häufige Anginaerkrankungen mit massivem Antibiotikaeinsatz, danach chronischer Krankheitsverlauf: 15 Jahre lang bis auf 1x gar keine Angina mehr, da wahrscheinlich Immunsystem im Dauereinsatz, dadurch starke Erschöpfung und Müdigkeit

-In einem Klassiker der Herdliteratur "Herdgeschehen" von M.Glaser und R.Türk heißt es:
Ursache für den Untergang gesunden Tonsillengewebes können Blockaden des Mesenchyms durch Antibiotika sein: Dadurch unterbleibt die reaktive Entzündung mit dem Ausscheiden der Toxine und der Schadstoffe durch die Ducti excretori und die Crypten. Durch die daraus resultierende Entzündung innerhalb der Tonsille geht weiteres gesundes lymphatisches Gewebe zugrunde und wird durch Narbengewebe ersetzt. Zurück bleiben Mikroabzesse, Zysten und lokale Entzündungen
-Berichte über einen chronischen Verlauf der Mandelentzündung, der keine akuten Symptome wie eine starke Angina aufweisen muß, sondern mit geringeren Symptomen dauerhaft anhalten kann und Herdcharakter hat, also den Organismus dauerhaft schwächt und an seiner Regulierungsfähigkeit hindert. Hier ist wie ich finde ein sehr empfehlenswerter Bericht eines bekannten HP:
Chronische Tonsillitis = Chronische Mandelentzuendung mit Herdcharakter

Dieser Artikel deckt sich zu großen Teilen mit den glaubwürdigen Erfahrungen eines HNO (kenne diesen nicht und weiß auch nicht, wie gut er operiert), die sich mit den Erfahrungen meines HNO decken:

Zum Thema Nachweisbarkeit:

Abstriche von den Tonsillen nehme ich selten, da die Erreger- und Resistenzbestimmung Zeit braucht und die meisten Erreger auf die meisten Breitspektrumantibiotika ansprechen. Letztendlich sind Abstrichergebnisse immer mit etwas Vorsicht zu „händeln“: es gibt ja auch eine „physiologische Standortflora“. Irgendwelche Keime findet man also immer. Wenn die Patienten aber klinisch keine Entzündungszeichen bieten, dann werden sie möglicherweise durch das Abstrichergebnis verunsichert und wollen vielleicht eine unnötige (und dann auch unwirksame) Antibiotikumtherapie. (Wenn keine Entzündung vorliegt, dann kann unter Antibiotika auch keine Entzündung weggehen.) Nimmt man aber doch mal Abstriche, dann findet man neben den Streptokokken auch noch z. B. Hämophilus oder auch mal Anaerobier sowie Pilze (Candida).
Zum Thema Antibiotikabehandlung bei einer chronischen Mandelentzündung, hier ist der einzige größere Unterschied zum Bericht des HPs. Doch selbst wenn wie der HP meint, bestimmte Antibiotika doch Zugriff haben, so löst das meines Erachtens das Problem nicht, da sich die Baktieren sich immer wieder in den Mandeln(resten) einnisten können:

Bei einer chronischen Mandelentzündung aber sitzen die Bakterien so „tief“ im Gewebe der Tonsillen (in den Lymphfollikeln), dass man die Unwirksamkeit der antibiotischen Therapie einfach emotionslos feststellen muss! Und dann hilft nur noch eins: die operative Entfernung der Mandeln. Unterstellt man mal, dass die Amerikaner „irgendwie schon weiter sind als wir“, so muss man aber doch auch feststellen, dass selbst sie noch Mandeloperationen durchführen – also auch nicht im Besitz operationsvermeidender Medikamente sind.
Zum chronischen Geschehen, das man vor Organtransplantationen o.ä. im Zweifel zuvor sowieso die Mandeln operieren muß:

Die chronische Tonsillitis führt zu häufigen Schüben akuter Entzündungen. Die in den Mandeln „wohnenden“ Bakterien können dann erstens auf der Schleimhautoberfläche auf- und absteigen, d. h. irgendwo in den Atemwegen zwischen Nasenspitze und letztem Lungenbläschen eine Entzündung verursachen; zweitens können sie über das Lymphgefäßsystem verschleppt werden und drittens auch über das Blutgefäßsystem. Letzteres ist besonders unangenehm, da dann überall im Körper Folgeentzündungen (Fokalgeschehen, Herdgeschehen) auftreten können: vom akuten rheumatischen Fieber über eine Regenbogenhautentzündung im Auge bis hin zur Glomerulonephritis (eine schwere Nierenentzündung) oder Myocarditis (Herzmuskelentzündung). Bei bevorstehender Nierentransplantation wird vom Transplantationszentrum immer ein „Tonsillenstatus“ verlangt und oftmals eine vorgeschaltete Mandeloperation zur Bedingung gemacht!
Problem einer sicheren Diagnostik einer chronischen Mandelentzündung, man sollte besonders auf die Symptome und Krankheitsschwere achten:

Eine chronische Mandelentzündung ist klinisch nicht sicher zu erkennen, d. h. es gibt kein „pathognomonisches“ Symptom („pathognomonisch“ nennt man Symptome, die nur bei einer einzigen Krankheit vorkommen und deshalb nicht mehrdeutig (wie z. B. Fieber), sondern eindeutig sind und sofort zur Diagnose führen). Auch der „Antistreptolysin-Titer“ (ASL oder AST – ein Laborwert, der bei Streptokokken-Infektionen ansteigt) beweist die chronische Mandelentzündung nicht! Das schwierigste ist deshalb die Diagnosestellung. Sie ergibt sich lediglich aus der Krankengeschichte (Anamnese):...
Fazit dieses HNO:

Ich habe mal gehört, dass der Anteil der Mandeln am Immunsystem weniger als 1 % ausmachen solle. Es ist sicher eine Schätzung. Wie der genaue Wert ist, weiß ich nicht – und wie man das gemessen hat, weiß ich auch nicht! Aber der Wert ist sicher so, dass man um die OP-Indikationsstellung nicht jahrelang ringen muss. Bei vorliegendem Verdacht auf ein Fokalgeschehen (vielleicht sogar mit drohenden schweren Komplikationen) stelle ich die OP-Indikation sehr großzügig, selbst wenn ich nicht sicher bin, ob die Mandeln „wirklich“ chronisch krank sind: es ist in diesen Fällen viel schlimmer, kranke Mandeln nicht zu operieren als gesunde zu entfernen (Grundsatz: lieber falsch positiv als falsch negativ! Die Annahme des „worst case“ ist für die Sicherheit der Patienten die beste Strategie!)
Quelle: Fragen aus Foren: Chronische Mandelentzündung - Praxis Dr. med. W. Vahle HNO-Arzt Paderborn

-Zuletzt gab es eine neue finnische Studie über den Nutzen bei Mandel-OPs bei Erwachsenen:
Wiederkehrende Halsschmerzen: Mandel-OP nützt auch Erwachsenen - Wissenschaft aktuell

Nach Rücksprache mit meinem HNO, der Erfahrung mit chronischen Fällen und den Mandeln mit Herdcharakter hat, kann es nun noch einige Zeit dauern, bis sich alles regeneriert, ich habe ja die Krankheit seit mehreren Jahrzehnten. Alleine die Wundheilung dauert 6 Monate und spätestens nach der OP und bsp. sehr starken Ohrenschmerzen merkt man, wie alles im HNO Bereich zusammenhängt. Ich spüre schon einige Veränderungen nach der OP, kann es aber noch nicht ganz Zuordnen und habe nach Jahrzehnten der Krankheit und Enttäuschungen noch Angst schon zu sagen, dass die Mandeln ein Hauptgrund meiner Krankheit sind/waren.

Eines war mir jedoch vor der Operation klar: es kommt nur ein HNO in Frage, der auch mit 100%tiger Sicherheit wirklich alle Mandel(reste) entfernt, so dass ein für alle Mal Ruhe ist und in diesem Bereich keine Zweifel mehr aufkommen. Aus diesem Grund habe ich auch 200km Entfernung ohne Krankenhausbesuch meiner Angehörigen auf mich genommen, da ich nur von diesem HNO wußte, dass er es gründlich macht.
Bei mir war es der Herderfahrene Zahnarzt, der all seine Patienten nur zu einem HNO schickt und sich bei diesem sicher sein kann, dass dieser gründlich operiert. Da die Patienten zwecks Zahnbehandlungen immer wieder zu ihm kommen sieht er auch als erfahrener Zahnarzt (obwohl kein HNO), wie gut an den Mandeln gearbeitet wurde.
Es gibt genügend Berichte, wonach der HNO nicht alle Mandeln(reste) restlos entfernt hat, die Beschwerden andauern und die Leute dann noch einmal diese wirklich nicht angenehme Prozedur über sich ergehen lassen müssen, da nicht gründlich gearbeitet wurde. Eine Mandel-OP ist alles andere als angenehm, in den letzten Jahren habe ich viele große Zahn-OP hinter mir, gegen die langwierigen und starken Schmerzen einer Mandel-OP waren die Beschwerden nach einer Zahn-OP schwindend gering. Von der Belastung für meinem Körper ganz zu schweigen, möchte ich auch mir keine weitere OP in diesem Bereich mehr zumuten. Es ist schlimm genug, dass es beim ersten Mal nicht richtig gemacht wurde und ich dadurch wahrscheinlich zu 2/3 meines Lebens (sofern man das noch so nennen kann) schwer gelitten habe.

VG & Alles Gute,
Mingus
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Mingus,

vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht. Den kann ich Punkt für Punkt unterschreiben.
Bei mir ist die Mandel-Op zwar schon lange her, aber ich habe es ähnlich erlebt. Nach der Op war Schluß mit den ständigen Entzündungen und anschließender Antibiotika-Einnahme.

Bei mir fing zusätzlich der Blinddarm an zu mucken, und wie sich dann bei der späteren Op heraus stellte, war er auch schon chronisch entzündet.

Grüsse,
Oregano
 
Zuletzt bearbeitet:
@Oregano: danke! Freut mich, dass bei Dir alles noch gut ausgegangen ist.

@frankf:

Alternative Verfahren:

Regenerative Kryotherapie
: das Mandelgewebe wird einer Kältebehandlung unterzogen. Danach soll sich das Gewebe regenerieren und eigenständig wieder seiner Aufgabe nachgehen, also wieder selbst Erreger abwehren können.
Es soll auch Erfolgsmeldungen geben, jedoch ebenfalls Meldungen, wonach viele kostspielige Nachbehandlungen erforderlich waren. Eine HNO, die selbst die Kryotherapie anbietet, weist selbst darauf hin, dass manchmal die Kryotherapie nicht ausreicht und letztlich doch eine Operation notwendig ist.

Neuraltherapie: durch ein Lokalanästhetikum werden vorrübergehend die lokalen Nerven betäubt und die Herdwirkung ausgehend von den Nerven ausgeschaltet. Es kann ein sogenannter Sekundeneffekt, d.h. eine sofortige Besserung durch die vorrübergehende Ausschaltung der Herdwirkung eintreten. Die Nerven in diesem Bereich erfahren eine Art "Reset" und sollen wieder ähnlich einer gesunden "Grundeinstellung" funktionieren. Die Neuraltherapie kann vielleicht einiges im Sinne einer lokalen Nerven- und Regulationsheilung bewirken und auch nach einer OP Narbengewebe entstören. Bleibt noch, wie bei Zahnherden und Neuraltherapie auch, das Problem der in den Mandeln eingenisteten Erreger.

Aromatische Öle: hier kenne ich keine Erfahrungsberichte, wäre aber skeptisch


Weitere Schulmedizinische Verfahren:

Antibiotische Behandlung: nach einem Erregerabstrich kann ein gezieltes Antibiotikum eingesetzt werden. Ob das Antibiotika wirklich alle in den Mandeln sitzende Erreger erreicht und ob selbst eine erfolgreiche Behandlung nachhaltig ist, kann ich letztlich nicht sicher beurteilen.
Aus meiner subjektiven Sicht laden zerklüftete, nicht mehr funktionsfähige Mandeln selbt bei erfolgreicher Behandlung wieder zur Erregerbesiedlung ein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Neuraltherapie: durch ein Lokalanästhetikum werden vorrübergehend die lokalen Nerven betäubt und die Herdwirkung ausgehend von den Nerven ausgeschaltet. Es kann ein sogenannter Sekundeneffekt, d.h. eine sofortige Besserung durch die vorrübergehende Ausschaltung der Herdwirkung eintreten. Die Nerven in diesem Bereich erfahren eine Art "Reset" und sollen wieder ähnlich einer gesunden "Grundeinstellung" funktionieren. Die Neuraltherapie kann vielleicht einiges im Sinne einer lokalen Nerven- und Regulationsheilung bewirken und auch nach einer OP Narbengewebe entstören. Bleibt noch, wie bei Zahnherden und Neuraltherapie auch, das Problem der in den Mandeln eingenisteten Erreger.
Hallo,

zur Neuraltherapie kann ich auch noch etwas beisteuern.

Ich hatte vier Jahre am Stück vereiterte Mandeln. Die übliche Kassenmedizin hatte mich während dieser Zeit regelmässig und über lange Zeiträume erfolglos mit Antibiosen drangsaliert. (Heute gehe ich davon aus, dass es sich um eine EBV-Tonsilitis mit bakterieller Superinfektion handelte, die durch meine Immundefizienz begünstigt und aufrecht erhalten wurde. Untypischerweise entwickelte ich nie Fieber und nach Viren wurde natürlich sowieso nicht gefahndet, aber das alles nur am Rande.) Schließlich galt ich als austherapiert und die unfähigen Kassenärzte behaupteten von einem auf den anderen Tag sogar dreist, ich hätte gar keine Mandelentzündung. Dies, obwohl man die eitrige Entzündung deutlich sah!

Die Erlösung von der Problematik kam schon mit der ersten Behandlung eines Neuraltherapeuten. 36 Stunden nach den Procain-Spritzen im gesamten lymphatischen Rachenring war der Spuk vorbei - bis heute!

Die auch bei mir "eingenisteten Erreger" wurden übrigens während der 36-stündigen heftigen Reaktion aus den Krypten restlos abgesondert. Natürlich sehr schmerzhaft (und keine appetitliche Angelegenheit), aber umso wirkungsvoller.

Eine Tonsillektomie war trotz chronischer Schmerzen für mich nie eine Alternative. Rückblickend bin ich froh darüber.

Grüsse!
 
@castor: danke für Deinen Beitrag. Ich bin froh, dass dir die Neuraltherapie helfen konnte. Generell stehe ich dieser sehr wohlwollend gegenüber, auch wenn sie mir noch nicht gleichermaßen helfen konnte.
Vielleicht hat aber ein Anderer genauso viel Erfolg und kann sich ebenfalls die Operation sparen.
 
Bei mir wurden die Mandeln "gekappt" als ich fünf war. Seitdem habe ich von den Ärzten 100 verschiedene Meinungen gehört, was mit meinen Mandeln passieren soll. …

Daß sich „die Medizin“ selbst im Jahr 2013 unsicher ist, wie sie mit den Mandeln umgehen soll, zeigt ein Bericht heute im Deutschen Ärzteblatt. Ein Martin Bischoff berichtet darin von der Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie aus Nürnberg.

Die Tonsillektomie zählt zu den häufigsten operativen Eingriffen bei Kindern und Jugendlichen. Inwieweit das vollständige Entfernen der Mandeln noch gerechtfertigt ist und wann eine Teilresektion angebracht erscheint, wurde … diskutiert

Deutsches Ärzteblatt: Tonsillektomie: Die Indikation wird heute strenger gestellt (31.05.2013)
Dtsch Arztebl 2013; 110(22): A-1098 / B-954 / C-951

Hallo,

eigentlich hatte ich nicht vor, zu den sehr informativen Berichten von Mingus und Castor - danke! - etwas zu sagen, aber der Bericht heute im DÄ bestätigt, was bereits geschrieben wurde, daß man sich immer gründlich informieren muß.

Es geht im Forum ja um „Herderkrankungen“. Und unvollständige Mandelentfernungen sind häufig ein Grund dafür, daß sich im Bereich der Mandeln eine „Herderkrankung“ entwickelt. Das ist der naturheilkundlichen Medizin schon sehr lange bekannt, der Hochschulmedizin aber eben nicht, die keine „Herde“ kennt und deshalb im 21. Jahrhundert noch pro „Teilresektion“ plädieren kann.

In dem Bericht heißt es:
Um postoperative Komplikationen und Blutungsereignisse zu vermeiden, präferiert man inzwischen bei Kindern eine altersadaptierte Wahl der Operationstechnik.
War früher noch die vollständige Entfernung der Gaumenmandeln als Routinetherapie bei den verschiedensten Krankheitsbildern anerkannt, so werden seit Ende der 1990er Jahre zunehmend Teilentfernungen vorgenommen.

Der Grund für diese Entscheidung sei die nicht unerhebliche Zahl an Komplikationen nach Mandelentfernungen, sprich gefürchtete Nachblutungen. Deshalb, heißt es, wird heute a) weniger operiert (gut) und b) seit Ende der 90er Jahre wieder die „Teilentfernung“ favorisiert (schlecht).

Schon 1928 gab es bemerkenswerte Literatur, und seitdem immer wieder (z.B. Dr. Issels), die sagt, daß Tonsillektomien oft fehlerhaft, weil unvollständig, durchgeführt werden. Die unvollständige Entfernung von chronisch entzündetem lymphatischem Gewebe [meine Einfügung: Teilresektion ist die gewollte unvollständige Entfernung] kann für den Organismus schädlicher sein, als gar nicht zu operieren. In der historischen Studie 1928 von Paul S. Rhoads and George F. Dick steht, daß in dem zurückgelassenen Restgewebe MEHR pathogene Bakterien per Gramm Gewebe gefunden werden, als in den Mandeln vor der OP.

It is shown by this work that tonsillectomy as usually done even by specialists fails to accomplish this in 73 percent of cases because of incomplete removal of infected tonsillar tissue. … in many instances the condition resulting from incomplete tonsillectomy is worse than that existing before operation … patients who with systemic diseases attributable to foci of infection failed to improve after their original tonsillectomy, improved strikingly after removal of the pieces of tonsillar tissues remaining from the first operation.

P. Rhoads and G. Dick, “Efficacy of Tonsillectomy for the Removal of Focal Infection”, Journal of the American Medical Association 91, no.16 (October 20, 1928): 1153-54.
F. Billings, Focal Infection (New York: D. Appleton and Company, 1916), 52
M. Fischer Death and Dentistry (Springfield, III.: Charoles C. Thomas, 1940), 52-53

Und ja, auch ich gehöre zu den Opfern dieser unsachgemäßen "Mandelentfernungs-Medizin"
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo zusammen,

danke für Eure Beiträge. Ich denke grundsätzlich ist es natürlich ein Unterschied, ob die Mandeln schon durch ständige Entzündungen aufgefallen sind, oder ob sie "nur" ein stilles Reservoir für pathogene Keime sind, die das Gesamtsystem event. trotzdem belasten und einen CFS-Kreislauf (mit) aufrechterhalten. Bei mir ist vermutlich wohl eher letzteres der Fall, wodurch die Entscheidung "rausnehmen oder drinnen lassen" nicht gerade leichter wird. Ich hatte zwar vor meiner CFS-Erkrankung regelmäßig Infekte, die immer erst mit Halsschmerzen anfingen und dann mit Sinusitis weitergingen, aber ob man das jetzt den damals fehlerhaft operierten Mandeln zuschreiben kann :confused:...wer weiß das schon?
Eine Neuraltherapie habe ich auch schon gemacht. Das hatte bei mir überhaupt keine Wirkung, was ja auch eigentlich gegen eine Herderkrankung sprechen würde.
Andererseits ist die Theorie, dass in den nach der Teilentfernung verbliebenden Geweberesten mehr pathogene Keime sind als in den unoperierten Mandeln, auch nachvollziehbar.

Lange Rede, kurzer Sinn, wahrscheinlich wird es wieder mal darauf hinauslaufen, dass man es irgendwann einfach ausprobiert, wenn der Leidensdruck hoch genug ist. Wenn's schief geht oder nix bringt, ist man halt wieder der Dumme, aber an sowas ist man ja mit CFS gewohnt....
 
@Paula: danke für Deinen Beitrag!

Ich möchte zur Teilentfernung nur ergänzen, dass diese inzwischen meist mittels Laser vorgenommen wird, das Ganze nennt sich dann "LASER-Tonsillotomie", was wie ich es verstehe dann immer nur einer Teilentfernung entspricht.


@Elessar: ja, leider gibt es in der Fachliteratur je nach Lehre verschiedene Berichte, ob die Neuraltherapie als Ausschlußkriterium dienen kann, oder nicht.

Ich bin so krank, dass ich für mich inzwischen meist so entscheide, dass ich es mir nicht leisten kann, irgendwelche Zweifel und Restrisiken zuzulassen, wie auch aus dem HNO Bericht zu entnehmen ist.
Wenn etwas zweifelhaftes nicht die die gewünschte Wirkung bringt, so macht das auch mir nicht gerade Freude. Ich versuche es aber so zu sehen, dass es wichtig ist, den Punkt abhaken zu können. Für mich ist nichts schlimmer, als diese ewige Ungewissheit, so etwas kann mich auch fertig machen, wie ich in meiner langen Krankengeschichte feststellen mußte.

Es ist sicher einen Versuch wert, die Mandeln einem Reaktivierungsversuch zu unterziehen, wie man bei castor sieht, den hast Du ja leider schon ohne Erfolg hinter dir. Ich denke aber auch aus Laiensicht, dass die Neuraltherapie nicht bei jeder Mandelbeherdung ansprechen muß, wenn nämlich die Reaktivierung mißlingt.

Am wichtigstes Kriterium sehe ich, welche Symptome bei Dir vorliegen, hast Du beispielsweise immer leichte Schluckbeschwerden, oder ein Druckgefühl etwas unter den Wangenknochen, chronische HNO Probleme, Muskel- & Gliederschmerzen usw. Hast Du schon einen Bluttest auf ASL Titer gemacht? Ist gar nicht teuer.
Von der Lymphknotenschwellung hast Du ja schon berichtet, hier solltest Du wirklich sicher gehen, dass Du keine Zahnherde bsp. Wurzelbehandelten Zähne hast, nach der Fachliteratur sollten diese in der Reihenfolge den Tonsillen vorgezogen werden.

Was man akut auch noch ausprobieren kann ist bsp. Streptococcus haemolyticus von Heel PZN 1178533. Ich konnte davon nur 2 Stück nehmen, da diese bei mir so "reingehauen" haben und habe davon noch 8 Stück über. Wenn Du magst, kann ich Dir hiervon eine Probe schicken, vielleicht reagiert Dein Körper darauf ebenfalls in irgendeiner Weise und man kann weitere Rückschklüsse daraus ziehen.

Viele Grüße,
Mingus
 
@Mingus

Danke für Deine Antwort. Also ich habe schon chronische HNO-Probleme. Ich habe seit einer Sinusitis, die ich mit 17 Jahren hatte, eine Tubenfunktionsstörung (Ohrendruck) auf beiden Seiten. Damals hat sich der Infekt wohl in dem für das Immunsystem schwer zugänglichen Mittelohr festgesetzt. Außerdem habe ich auch regelmäßig Sinusitiden. Nur auf die Mandeln weist das ja nicht so unbedingt hin. Auf Zahnherde bin ich schon bei verschiedenen Ärzten untersucht worden, jeweils ohne Befund. Mir sind trotzdem auf Anraten eines HPs sogenannte Pseudo-Zysten im Kiefer entfernt worden, ohne dass das irgendeine (positive) Wirkung gehabt hätte. Danke für den Tip mit dem ASL-Titer. Eigentlich seltsam, dass das bisher bei keinem der zahlreichen Befunde mitgemacht wurde. Wegen dem Streptococcus haemolyticus schreibe ich Dir eine PN.

LG
 
Ich rate zu einer OP! Auch wenn es zumal bei Erwachsenen sehr schmerzhaft sein kann, sind die Risiken doch verschwindend gering. Zumindest aus meinen eigenen Erfahrungen heraus (siehe Link oben) würde ich vermuten , dass eine chronische Mandelentzündung (so wie wahrscheinlich viele andere Krankheitsbilder auch) als ME/CFS 'daherkommen' kann, inklusive der meisten der entsprechenden Symptome und Labormarker. Bis es einen klaren ME/CFS-Testen gibt - und das wird leider wohl noch sehr lange dauern - gilt auch hier das Trial-and-Error-Prinzip. Und eine Mandel-OP ist (zumal wenn man ohnehin dauernd Beschwerden in dem Bereich hat) ja eine vergleichsweise überschaubare Sache.
 
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