So, der Kuchen wurde ausgeliefert und ratzfatz vertilgt. Jahaaa, meine lieben Jungs, ist mir schon klar, dass ihr morgen gleich wieder einen nehmen würdet! Ich bin glücklich, dass ich das gemacht habe, denn es war für mich ein Dankeschön, da sie mir in der von Arbeitsseite schwierigsten Phase (als ich die Ferienvertretung war) immer sofort zur Hand gegangen waren. Das Marschieren hat auch gut getan. Zwar fand der Kreislauf schon, dass ich ihn etwas sehr fordere für die reduzierte Energiezufuhr aufgrund der Appetitlosigkeit, aber mein Gesamtbefinden ist nun besser, ich kann wieder richtig atmen. Nur die Pendelbewegungen beim Laufen führten bei etwas gar viel Schwung zu äusserst unangenehmen, stechenden Schmerzen an der, so interpretiere ich es zumindest, überstrapazierten Gelenkkapsel (der eine Schmerz von heute Früh).
Vorhin war nun nochmal Physio, und da wollte ich von dem guten Mann die wirklich ehrliche Meinung hören, was er zur Sinnhaftigkeit bei adhäsiver Kapsulitis im noch nicht lösenden/auftauenden Stadium denkt. Ich hielt mich mit meiner Meinung bewusst zurück und liess ihn einfach mal seine Gedanken äussern. Es fiel ihm sichtlich nicht leicht – sein Chef werde ihn dafür feuern –, aber er sehe es eigentlich schon so, dass man nicht wirklich etwas tun kann. Jedoch könne man von physiotherapeutischer Seite die Begleiterscheinungen behandeln und somit helfen, dass nicht andere Strukturen Schaden nehmen, dass nicht unnötige Belastungen entstehen, auf die man wirklich verzichten kann. Eigentlich exakt meine Erfahrung. An der Erkrankung arbeiten: nein; aber komplett weglassen: auch nein. Mit dieser Erkenntnis werde ich am Freitag beim Schulterspezialisten aufschlagen und hören, was er meint, ob er die Aquatherapie für wesentlich vorteilhafter befindet. Sein Kommentar zu dieser Verordnung war ja gewesen, dass manche Patienten es als angenehm empfinden würden, sich im Wasser bewegen zu können.
Hmm, das ist eigentlich der Punkt, Kayen. Ich empfinde ihn auf eine Art als einen Freund (obwohl ich finde, dass er ein ziemlich seltsamer Mensch ist und mir das eine oder andere an ihm sogar ziemlich missfällt), eben auch emotional, nicht mehr einfach rational als meinen Therapeuten. Aber «Freundschaft» existiert nur bei Gegenseitigkeit, und da stehe ich mit meinem Empfinden an. Ich bin ja nur eine Patientin von vielen.
Vorhin war ich etwas unter Zeitdruck und habe die Freundschaft einfach mal in An-/Abführung gesetzt, weil es für mich nicht der wirklich richtige Ausdruck ist. Ich habe nun nochmals länger über das alles nachgedacht. Ich habe mich gefragt, weshalb ich in diesen dreissig Minuten Physio so bin, wie ich da bin (meistens). Nämlich sehr aufgekratzt und dauernd am Lachen. Ich hab mich zurückerinnert, wie es bei den ersten paar Malen war, wie es sich verändert hat.
Beim ersten Termin – mein allererstes Mal Physiotherapie, mein allererstes Mal, dass ich überhaupt gesundheitliche Probleme hatte, die sich nicht mit einem Besuch beim Hausarzt und vielleicht einem Medikament erledigten (inkl. Nierensteine!) – war ich ziemlich verunsichert, weil ich zwar schon röntgen und MRI erfolgreich hinter mich gebracht hatte, jetzt aber schon wieder mit einer neuen Person konfrontiert wurde und ich keine Ahnung hatte, was jetzt auf mich zukommt, was hier geschehen würde, was er machen würde. Es fing gut an: Er kam zu spät («der Morgenverkehr!»). Dann machte er einen völlig gestressten, verpeilten Eindruck. Er zeigte sich recht unkommunikativ, nach der für mich ziemlich befremdlichen (knappen) halben Stunde war ich dann wieder draussen und unterwegs zur Arbeit und fragte mich: «Hmm, das war’s jetzt? Und was mach ich jetzt bis zum nächsten Mal?» Eigentlich hatte ich erwartet, dass er etwas führt, den Plan für die Behandlung meiner (falschen) Diagnose erläutern würde und mir Tipps mitgeben würde, was ich zuhause tun oder vielleicht auch unterlassen sollte. Kurz: Ich war reichlich irritiert und fühlte mich nicht gut aufgehoben.
Beim nächsten Termin taute die Atmosphäre wenigstens etwas auf, es kam einigermassen eine Unterhaltung zustande, aber der will wirklich über Politik reden? Sorry, nicht mein Thema! Ich fragte dann am Ende von mir aus, ob ich irgendwas tun solle/könne, und darauf schlug er etwas zerstreut wirkend zwei leichte Übungen vor. Ich hatte aber trotzdem noch immer nicht den Eindruck, in guten Händen zu sein, dass es laufen würde und es vorwärts gehe. Dies beschäftigte mich emotional – meine Standardreaktion ist halt immer: «Was mache ich falsch, weshalb läuft es nicht so, wie es doch sollte?» –, ich fühlte mich unwohl. Jedoch hatte ich mit meiner eigenen Initiative, dem Fragen danach, was ich zuhause tun könnte, schon etwas Kleines in die richtige Richtung bewirkt, sodass es sich für mich schon ein wenig besser anfühlte. Und das war für mich in der unsicheren Phase eigentlich sehr wichtig: Sicherheit und Wohlfühlen in dem, was geschah, da es ja sowieso noch genügend andere Unwohlfühlmomente gab (siehe mein letztes Posting mit den Berührungen). Also habe eigentlich strenggenommen ich die Fäden in die Hand genommen und definiert, wie unsere Unterhaltungen aussehen sollen, wie unser Umgangston sein soll. Ich brauchte das, mich wohlfühlen zu können und nicht irgendwelche Beklemmung aufzuladen in dieser schwierigen Gesamtsituation, und das ist für mich nun mal mit Lachen und Veralbern, einfach nicht ernst sein … Es gibt genug andere Momente, in denen es mir nicht ums Lachen ist, in denen ich keine Leichtigkeit spüre, ich es aber nicht beeinflussen kann. Zum Glück zog er mit, und so sind unsere Unterhaltungen nun von Lachen und gegenseitigem Anzünden geprägt (wobei ich fieser zu ihm bin als er zu mir, aber ich bin die Patientin, die Leidende, ich darf das …) und mich stellen diese halben Stunden auf, neben der körperlichen Erleichterung, wenn Verspannungen wieder gelöst oder Wirbel an ihren Platz zurückbefördert sind.
Unter dem Strich, was ist eigentlich geschehen? Ich habe mich nicht wohlgefühlt, brauchte es aber dringend und habe deshalb mir die Situation so angepasst, dass ich mich nun doch darin wohlfühlen kann und es mir gut tut. Eigentlich könnte mein Physio irgendwer sein. Ich hätte nicht anders gehandelt, wäre ich zum Beispiel bei der Kollegin in Behandlung. Hätte ich mich bei ihr nicht wohlgefühlt, hätte ich da genauso versucht, die Situation zu verändern, damit ich mich wohlfühle. Lachen, bloss nicht zu ernst sein, wenn’s nicht sein muss, so bin ich teilweise auch in meinem Job im Umgang mit meinen Kunden (natürlich immer im angemessenen Rahmen). Es macht vieles leichter, wenn man nicht so bierernst und trocken unterwegs ist. Sind meine Kundin und ich beide schlimm unter Druck, so schenken wir uns so gegenseitig kleine, leichte Momente, die etwas entspannen.
Nicht mit jedem ist das aber möglich, nicht jeder kann oder will so umgehen. Und das ist der Punkt, weswegen ich nun so an meinem Physio «hänge». Mit ihm funktioniert’s, es geht sogar noch ein Stück weiter, denn er scheint sogar einen ausreichend breiten Rücken zu haben, um es auszuhalten, wenn ich zugegebenermassen ab und zu doch recht derb unterwegs bin, wenn ich gerade etwas viel kompensieren muss und auch etwas Frust darin mitschwingt, der so aber nicht auf meinem nächsten Umfeld landet. Zumindest vertraue ich darauf, dass er es wirklich sagen würde, falls ich zu weit gehe. Bei all dem Zweckmässigen, das hinter meiner «Taktik» steckt, hat er sich aber eben trotzdem zu einem persönlichen Bestandteil meines Lebens entwickelt, der mir natürlich für mein körperliches, aber auch mein emotionales Befinden wichtig ist. Ich bin sehr froh um meinen «Sandsack» in Physio-Form … Und da ist diese Art von «freundschaftlicher» Empfindung, da es mir wirklich wichtig ist bei all dem, dass ich nicht über die Stränge schlage und ihn vielleicht mit irgendwas verletze, ich meine ja nie irgendwas böse. Und ich hoffe, dass ich für ihn auch auf eine Art persönlich bin, sodass er bereit ist, das zu verstehen, und nichts in den falschen Hals bekommt. Ah, jetzt fällt mir das glaub passende Wort ein: Ich hoffe, dass wir uns gegenseitig mit Wohlwollen begegnen und damit niemand verletzend oder verletzt wird. Von meiner Seite ist das so, ich hoffe sehr, auch von seiner, damit es so weitergehen darf/kann.
Der Punkt, der die Thematik ja erst in mir aufkommen liess, waren die ausgelösten Empfindungen dabei, mit der Aquatherapie wieder jemand Neuem zugeschoben zu werden. Das Bestehende, «Erarbeitete», Bewährte aufgeben müssen und wieder mit jemand anderem zu tun zu bekommen, bei dem ich auch wieder erstmal nicht weiss, ob ich mich mit der Person wohlfühle oder, wenn nicht, ob und wie ich es biegen kann, dass ich mich doch wohlfühle und mir die Begegnungen gut tun, darauf habe ich einfach wirklich keine Lust. Und dass es wieder so gut funktionieren würde wie mit dem Physio, da sind Zweifel wahrscheinlich berechtigt. Von daher könnte man eigentlich einfach sagen, dass die normale Physiotherapie eindeutig einen Mehrwert gegenüber der Aquatherapie hat, grins …
So langsam sollte ich nun runterfahren und mich aufs Schlafen einstimmen. Ich werde es nun nochmals mit Baldrian-Hopfen versuchen und auf die Maximaldosis von eineinhalb Tabletten gehen. Vielleicht stellt sich ja doch noch ein Effekt ein, schön wär’s auf jeden Fall …
Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich ein ganz furchtbares Analytiker-Hirn habe, das immer alles verstehen können will, um zufrieden zu sein? Vielleicht hilft ja diese bekloppte «Wieso hänge ich an meinem Physio?»-Analyse, damit ich die Ruhe zum Schlafen finde …? Thema abgehandelt, aufgeklärt, abgehakt!
Ich wünsche allen eine gute, erholsame, schmerz- und sorgenfreie Nacht!
LG
Frustelinchen