Admins persönlicher Religionsentscheid

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Ich erachte es als grosses Privileg, dass ich mich in einem Zeitalter und in einem Land befinde, wo Religionsfreiheit tatsächlich Praxis ist. Und so möchte ich mich hiermit ernsthaft damit beschäftigen und mich dazu entscheiden, meine Religion - das reformierte Christentum - abzulegen.

Der Gedanke schlummert schon sehr lange in mir. Eigentlich erschreckend lange, da ich mich üblicherweise schneller entscheide, wenn mir etwas länger kontinuierlich Unbehagen bereitet. Ich bin offenbar so aufgewachsen und gedanklich verankert, dass ich das Loslösen von meiner Religion bisher nicht wirklich als möglichen persönlichen Entscheid erkennen konnte.

Diesen Text schiebe ich schon einige Wochen mit mir rum. Und ich merke, dass sich sogar in dieser Zeit gewisse Einsichten leicht verändert haben, weshalb ich einzelne Textstellen ändern musste. Solche Veränderungen werden (hoffentlich) auch andauern, weil sie teil eines Wachstumsprozesses sind. Dies hält mich jedoch nicht davon ab, diesen JETZT für mich aktuellen Stand hier festzuhalten, weil ich erkenne, dass mich diese Veränderungsprozesse nicht etwa näher an die Kirche führen, sondern die Distanz erhalten bleibt bzw. noch wächst.

Bevor ich beginne, möchte ich mich entschuldigen, falls ich durch meine Erzählungen jemanden brüskiere oder sogar verletze in seinen eigenen Empfindungen zu Kirche und Gott. Dies sind lediglich meine persönlichen Erfahrungen und Meinungen. Ich stelle sie nicht über diejenigen anderer Menschen. Aber ich erlaube mir, sie zu äussern. Falls Ihr in diesem Thread antwortet, bitte versucht ebenso rücksichtsvoll zu schreiben.


Bearbeitung meines Geistes

Das Fach „Biblische Geschichte und Sittenlehre“ empfand ich als eine verordnete Malträtierung meines Gehirns auf Stundenplan.

Was die Lehrerin während dieser Zeit in meinen Kopf drücken wollte, passte dort schlichtweg nicht rein. Nicht etwa aus Platz- sondern aus Kompatibilitätsgründen, ganz so als würde ein Kleinkind einen viereckigen Stein wieder und wieder in die runde Öffnung hämmern wollen, jedes Mal mit etwas mehr Wucht und Unverständnis.

Gleichermassen erging es mir regelmässig am obligatorischen Besuch der Kirche. Ausnahmslos jedes Mal fragte ich mich, was der Pfarrer da eigentlich redete und warum er es nicht einfach in meiner Sprache tun konnte. Er versuchte nicht ansatzweise, die Inhalte verständlicher oder – fast wichtiger – nützlicher/gebräuchlicher zu vermitteln. Und so fand ich keinen Zugang zur Religion. Nein, ich fand weder die Tür, noch einen Weg zur Tür. Ich irrte da einfach ein bisschen rum, bis man mir freundlicherweise erliess, weiter die Kirche besuchen zu müssen.

Mit meiner feierlichen Konfirmation genoss ich – wohl wie so manche – einfach das spezielle Fest, die schönen Klamotten und die diversen Geschenke. Ich war nicht etwa geistig befriedigt, eine weitere Stufe in meiner Religion erklommen zu haben. Weit gefehlt. Ich war froh, dass Schluss war – sagen wir’s unverblümt – mit staatlich geförderter Penetration meines kindlichen, reinen Weltverständnisses.

Viele Jahre später traf ich auf die Bücher „Gespräche mit Gott“ von Neale Donald Walsh und habe sie verschlungen. Warum? Ein simpler Dialog mit einfachen Fragen und nützlichen Antworten. Es war eine Bereicherung. Es war mir egal, wer Walsh war und mit wem er diesen Dialog geführt hatte. Genau solche Inhalte hätte ich mir immer in der Kirche gewünscht. Die Bücher brachten Antworten, halfen mir weiter, machten mich vollkommener. Die Kirche brachte nur weiter Fragen über Fragen, warf mich zurück, stufte mich tiefer und machte mich unvollkommener. Ganz offensichtlich sollte ich zum Nutzen der Kirche sein und nicht umgekehrt.


Die Aufnahme meines Sohnes in die Kirche

Mein Sohn ist getauft. Das war damals kein fundierter Entscheid. Schlussendlich bin ich selbst noch in der Kirche und sollte zuerst bei mir anfangen und erst dann bei meinem Sohn fortsetzen, wenn ich etwas ändern möchte. Bis jetzt war das nicht tragisch, denn in den zwischenzeitlichen Jahren hatte dieser Konfessionsstatus keinerlei Einfluss. Dies würde sich jetzt allerdings ändern, denn mit dem neuen Schuljahr würde auch der religiöse Unterricht beginnen. Genau der Unterricht, den ich meinem Sohn auf jeden Fall ersparen möchte.

Bis mein Sohn deutlich älter ist und sich selbst eine Meinung zum Thema Religion bilden möchte, soll niemandem die Gelegenheit gegeben werden, seine Gedanken zu verschmutzen und fragwürdige Dinge in das Fundament seines weiteren Gedankenguts einzugiessen.

Kürzlich sprach mein Sohn mich darauf an, dass der Mensch gar nicht vom Affen abstamme, sondern direkt von Gott geschaffen worden sei. An Ostern habe dies ein fremder Mann zu ihm gesagt, als wir uns auf einem Spielplatz befanden und dieser Mann offenbar ein Gespräch zwischen mir und meinem Sohn mitbekommen hatte. Er ging daraufhin zu meinem Sohn, um ihn aufzuklären. Ebenfalls teilte er meinem Sohn mit, er solle mir ausrichten, dass es so wahr sei und nicht anders. Was hier unglücklicherweise stattfand, würde in einem religiösen Unterricht ganz selbstverständlich im Stundenplan platziert.

Unserer Religion liegt eine Indoktrination zu Grunde, bei welcher ich mich ernsthaft frage, ob sie nur ansatzweise einen guten Einfluss hat. Die Erbsünde lässt jedes Neugeborene unvollkommen und eines Erlösers bedürftig dastehen. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall und unsere Neugeborenen sind die vollkommensten Geschöpfe, die man sich vorstellen kann. Es stellt sich nicht die Frage, ob sie vollkommen oder unvollkommen sind, sondern wie und warum die Gesellschaft unsere Kinder negativ prägt und von ihrem Weg abbringt.

Ein Kind verbindet sich mit Mensch ebenso wie mit Tier und ordnet nicht das eine dem anderen über.

Ein Kind verbindet sich mit Menschen aller Rassen … auch wenn es die Frage nach der „seltsamen“ Hautfarbe des anderen stellen mag.

Ein Kind verbindet sich mit Menschen aller Religionen … auch wenn es die Frage nach der „seltsamen“ Kopfbedeckung des anderen stellen mag.

Ein Junge wertet kein Mädchen ab … wenn er auch verwundert die unterschiedliche Anatomie zur Kenntnis nimmt.

Kinder vollziehen Schritte der Trennung und der Abwertung mit der Übernahme vorgefertigter Urteile der Erwachsenen und insbesondere auch der Kirchenlehren. Umso schlimmer ist dies, weil einem beigebracht wird, dass religiöse Vorschriften nicht wie andere Regeln begründet und gerechtfertigt werden müssen.

Wie mag folglich der Weg eines Kindes aussehen, das von Eltern begleitet wird, welche es lieben, seine Entfaltung unterstützen, ethische Grundsätze verständlich machen und es weitmöglichst von vorgefertigten Meinungen und den Lehren und Dogmen der Kirche fernhalten? Ein Kind, welchem man zeigt, wie man denkt und nicht was man denkt. In meiner Vorstellung erhält sich ein solches Kind seine Vollkommenheit und ist eine Bereicherung für diese Welt. Ich möchte meinen Teil beitragen, ein solches Kind erblühen zu lassen. Dies sind die kleinen Schritte, die wir selbst veranlassen können, um Dinge in dieser Welt positiv zu verändern.

Mein Sohn ist frei von Sünde. Mein Sohn ist kein „Schäfchen“, das man führen muss. Mein Sohn ist sein eigener Schöpfer. Mein Sohn benötigt keinen Erlöser.

Auf dem Formular zur Bestätigung der religiösen Einschulung meines Sohnes war lediglich am Ende eine kleine Möglichkeit vorgesehen, die religiöse Einschulung zu verhindern. Nicht jedoch ohne ein zugehöriges Kommentarfeld vorzusehen, um den Entscheid zu begründen. Ich schickte das Formular zurück. Im Kommentarfeld trug ich nichts ein, da ich nicht einsah, weshalb ich jemandem zu diesem Entscheid eine Begründung schuldete. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass dies noch nicht das Ende ist und man versuchen wird, das verloren gegangene Schäfchen wieder zur Herde zu führen.


Glaubst Du an Gott?

Ebenfalls kürzlich an Ostern wurde ich auf der Strasse von zwei Christinnen befragt:

Ob ich glaube, dass der Mensch in Sünde geboren wäre. Ich antwortete „nein“.

Ob ich glaube, dass ich in den Himmel käme. Ich antwortete „ja“.

Ob ich glaube, dass ich ohne Jesus in den Himmel käme. Ich antwortete „ja“.

Ob für mich Ostern noch etwas anderes sei als lediglich ein paar freie Tage. Ich antwortete „nein“.

Irgendwie schauten mich die beiden je länger je mehr an, als wäre ich der Antichrist persönlich.

Letzte Frage: ob ich an Gott glaube?


Ich kann mir nicht helfen … aber ich habe mit dieser so oft gestellten Frage „glaubst Du an Gott?“ ein Problem und ich wundere mich durchaus, dass viele Menschen darauf so einfach antworten können. Warum? Weil mir die Frage zu ungenau ist.

Ich glaube nicht an einen personifizierten Gott, der unsere Geschicke lenkt und bei unserem Ableben mal kurz unser Leben revue-passieren lässt, um uns in Himmel oder Hölle zu schicken (was auch immer Himmel und Hölle sind). Aber ich verbinde mit dem Wort Gott etwas Physisches/Metaphysisches, dessen Existenz ich sehr wohl bestätige. Was nun? Glaube ich an Gott?


Von der Halbwertszeit des Irrtums

Ich bin auf keinen Fall ein Mensch, für den die Wissenschaft alles erklärt und bewiesen haben muss, damit ich dessen Existenz erlaube. Am Ende meiner Schulzeit war die grösste Arbeit, welcher ich mich zuwandte, das Thema Parapsychologie. Und das war gut so. Nicht, damit ich allem und jedem esoterischen Gebiet glaubte, sondern dass ich mich grundsätzlich öffnete und begann, mit klarem und dennoch skeptischem Blick über Grenzen hinweg zu sehen. Obwohl das Wort Esoterik heute so negativ belegt ist, erkenne ich für mich persönlich darunter einerseits „Krimskrams“, aber auch Anwendungen, die es wert sind, genauer geprüft zu werden, um unser Weltbild unter Umständen zu erweitern und zu bereichern.

Ich habe für mich persönlich mehrere Male erlebt, dass ich einen sechsten Sinn habe und diesen ab und zu wahrzunehmen vermag. Dieses Wissen bereicherte mich, dass die Welt, wie ich sie mit meinen „normalen“ 5 Sinnen wahrnehme, nicht zwingend so sein muss und dass Dinge, die ich mit einem 6. oder 7. Sinn wahrnehmen könnte, nicht etwa nicht existieren, solange ich nicht über diese Sinne verfüge.

Kurz: nur weil ich etwas nicht sehe, heisst das nicht etwa, dass es nicht existiert. Ich bin froh, dass ich mit einer solchen Sicht durchs Leben gehe und Offenheit und Skepsis gleichermassen in die Waagschalen werfe. Ich bin nicht das kleine Kind, das sich die Augen zuhält und ruft „ihr seht mich nicht“. Ich weiss dass Realität und individuell wahrgenommene Realität weit voneinander abweichen können und trotzdem beide existieren.

Wenn wir in der Geschichte zurückblicken, gab es genügend Ereignisse, welche die Menschen sich nur als göttliche Fügung erklären konnten. Nichts anderes schien Sinn zu machen und so kam Gott bzw. verschiedene Götter als Platzhalter für eine eigentliche Erklärung zum Zuge. Nun wissen wir heute warum z.B. Blitz, Donner, Nordlichter, Ebbe, Flut und viele andere Naturschauspiele vorkommen. Es käme uns nicht im geringsten in den Sinn, diese z.B. einem wütenden Gott zuzuordnen. Aber weiterhin setzen Menschen oftmals Gott dort ein, wo sie aktuell kein Verständnis aufbringen können.

Meines Erachtens ist die Vermutung angebracht, dass künftige Generationen uns diesbezüglich ebenso belächeln werden, wie wir z.B. Geschichten der Wikinger beim Anblick eines Blitzes belächeln. Wir stellen uns eigentlich noch törichter an, als unsere Vorfahren, denn wir kennen ja die Irrtümer, die sie begangen haben … und begehen sie weiterhin.

Warum können wir nicht einfach folgern, dass wir für gewisse Phänomene aktuell keine Mittel zur Erklärung zur Hand haben - und vielleicht auch nie haben werden, wenn man die Komplexität der Natur und die Beschränktheit des menschlichen Geistes und seiner Sinne vergleicht. Wir können es uns nicht erklären und wir müssen es deshalb nicht auf einen Gott schieben. Ich persönlich könnte gut damit leben.

Nach meiner Erfahrung ist es eine amüsante Strategie, wenn ich auf die Frage, ob ich Atheist sei, darauf hinweise, dass der Fragesteller ebenfalls Atheist ist, nämlich in Bezug auf Zeus, Apollo, Amon Ra, Mithras, Baal, Thor, Wotan, das goldene Kalb oder das fliegende Spaghettimonster. Ich bin einfach schon einen Gott weiter.

Richard Dawson


Gott als erzwungene Ethik

Nun kann es natürlich einen anderen Grund dafür geben, dass wir Gott seinen Platz einräumen. Dann nämlich, wenn wir einen solchen „Wächter“ brauchen, der sicherstellt, dass wir uns ethisch/moralisch korrekt verhalten. Ich für mich benötige keinen solchen Wächter. Ich versuche, mich jederzeit richtig zu verhalten und selbst wenn mir das nicht immer gelingt, so ist es doch mein immerwährendes Verlangen, dem bestmöglich nachzukommen. Nicht für einen Gott, nicht für mein Karma, nicht weil ich mich vor dem jüngsten Gericht oder einer Hölle selbst fürchte. Nein, ganz einfach weil das Richtige zu tun positive Gefühle mit sich bringt, sich dadurch das Leben besser anfühlt und man sich selbst am Ende des Tages mit einem Lächeln im Spiegel begegnen kann. Ich brauche dazu keinen Wächter.

Auch benötige ich keine Bibel, um meine Moral auf dessen Wortlaut zu bilden. Niemand sollte das ernsthaft tun, da die Bibel zu grossen Teilen eine absolut unterirdische Moral vertritt.

Ich benötige auch keinen personalisierten Gott, um meine Dankbarkeit an jemanden richten zu können. So richte ich meine Dankbarkeit möglichst unmittelbar an die Menschen, mit denen mir Positives widerfährt. Ich sage ihnen das oder lasse Taten sprechen, um ihnen meine Dankbarkeit zu zeigen.

Und manchmal, wenn ich für mich alleine bin, kann ich meine Dankbarkeit in mein Inneres richten und dadurch positive Gedanken und Gefühle anfachen.

Manch einer würde diesem Vorgang den Namen „Gebet“ geben. Auch hier tue ich mich schwer mit einem Namen … welcher sehr schnell einen personalisierten Gott involviert, den ich so nicht wahrnehme. Ich spreche in dem Moment mit mir selbst, mit meinem Inneren. Oder mit dem Äusseren? Schicke ich meine Worte ins Universum? Nun, ich weiss es nicht so genau. Ich ahne, dass es ein Sprachrohr ist, wo auch immer es beginnt und wo es aufhört. Und dies wirft jetzt sicherlich Fragen auf …

Religion ist eine Beleidigung für die Menschenwürde. Mit ihr oder ohne sie gibt es gute Menschen, die gute Dinge tun und böse Menschen, die böse Dinge tun. Aber damit gute Menschen böse Dinge tun, braucht es die Religion.

Steven Weinberg


Mein Begriff von Gott

Wenn ich für den Begriff Gott etwas einsetzen müsste, wie es für mich Gültigkeit hat und wozu ich ja sagen könnte, dass ich daran glaube, dann würde ich dies folgendermassen tun:

Alles Existierende ist Energie. Diese Energie kommt in verschiedenen Zuständen vor. So wie sich Wasser, Dampf und Eis in verschiedenen Aggregatszuständen unterscheiden und doch eigentlich das Gleiche darstellen, sehe ich Körper, Geist und Seele als verschiedene Formen dieser Energie an. Lebensformen wie der Mensch verfügen über Körper, Seele und Geist und sind damit weit mehr als nur das sichtbar und fassbare körperliche/materialisierte.

Möglicherweise gibt es nebst den Ebenen von Seele und Geist, wie sie länger und quer durch verschiedenste Religionen diskutiert werden, noch weitere und die Aufteilung, auf welcher Ebene genau was geschieht, muss gänzlich neu formuliert werden. Vielleicht ist es auch so, dass die Übergange fliessend sind. Vielleicht sogar so fliessend, dass man nicht von Übergängen sprechen kann. Oder schlicht: so wie die Raupe nicht mit dem Adler darüber diskutieren kann, was fliegen im dreidimensionalen Raum bedeutet, kann der Mensch sich auch nicht ansatzweise eine Vorstellung von einer Realität machen, welche in Anzahl Dimensionen weit über dem liegt, was sein Gehirn überhaupt verarbeiten kann.

Wie auch immer: es gibt meines Erachtens eine Ebene, auf welcher alles Existierende miteinander verbunden und somit eins ist. Wie Inseln im Meer, die beim Rückgang des Wassers plötzlich sichtbar miteinander verbunden sind und schon immer verbunden waren. Das erklärt für mich gewisse Phänomene der Parapsychologie. Die Übertragung von Gedanken oder Gefühlen zum Beispiel, wie ich sie selbst schon mehrere Male unzweifelhaft selbst erlebt habe.

Gott ist in dem Sinne für mich diese Energie und damit der Baustoff für alles, was ist. Wir sind alle Kinder von Gott …. in dem Sinne ein Teil des Baukastens. Gott ist damit in mir und ich bin ein Teil von Gott. Wenn ich mich an mich selbst richte, richte ich mich an Gott. Alles, was ich in mir positiv oder negativ erschwingen lasse, bringt zwangsläufig Veränderung ins Ganze. Tue ich jemand anderem weh, tue ich mir immer auch selbst weh.


Das Gesetz der Anziehung in Anwendung

Das Gesetz der Anziehung funktioniert meines Erachtens und bringt dem, der gedanklich und gefühlsmässig positiv schwingt, ebenso positives. Umgekehrt natürlich funktioniert auch die Negativspirale. Meines Erachtens funktionieren diese Gesetze sogar noch tiefer, so dass es nicht nur darum geht, Positives oder Negatives anzuziehen, sondern dass oftmals genau das in unser Leben tritt, das wir bewusst oder unbewusst gerufen haben. Dies erfüllt diese „schicksalhaften“ Momente, die weder zufällig noch irgendwo festgeschrieben eintreffen, sondern so von uns geschaffen wurden. An diesem Punkt sehe ich mein Verständnis vom Schöpfer und der Tatsache, dass wir alle Schöpfer sind.

Wir schaffen unsere eigenen Wirklichkeiten. Und wir schaffen unsere eigenen Wahrnehmungen. Wo die Grenze zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit genau verläuft, ist ein schwieriges Thema für sich. Ich vergleiche es gerne mit dem Bild, dass hier und jetzt möglicherweise dutzende Radiofrequenzen vorhanden sind und ich persönlich verantwortlich bin, auf welche Frequenz ich mein Radio einstelle und somit auch, welchen Radiokanal ich empfange.


Tod und Wiedergeburt

Ich habe bezüglich dem Thema Reinkarnation ebenfalls eigene Erfahrungen gemacht, die in mein Weltbild eingeflossen sind. Wenn Reinkarnationstherapie tatsächlich Erfolge zeigt, ist das dann zwingend ein Beweis dafür, dass ich das selbst war in dem früheren Leben? Meines Erachtens nicht zwingend. Dafür sehen wir das Ich in einem viel zu abgekapselten Zusammenhang und ich erwähnte vorher, dass ich an eine bzw. verschiedene Verbindungen von Menschen miteinander glaube. Einen gezielten und ausschliesslichen Einfluss auf einen einzelnen Menschen gibt es in der Form meines Erachtens nicht. Also muss ich nicht zwingend selbst die Person sein, die ich in der Reinkarnationstherapie verfolge. Auf der anderen Seite könnte das aber auch möglich sein. Aber das ist jetzt gar nicht relevant.

Auch ist die Diskussion nicht relevant, ob sich die Seele nun durch einen Kanal in Richtung Licht verabschiedet, oder ob diese typische Abfolge auf Basis biochemischer Kenntnisse bei absterbender Wahrnehmung erklärbar ist. Und in dem Zusammenhang sind auch die Berichte des Astralreisen-Themenkreises durchaus interessant, aber nicht relevant.

Relevant ist lediglich eins:

Wir sind Energie. Energie stirbt nicht. Energie transformiert.

Der Erhaltungssatz der Physik-Lehre lässt keinen Spielraum dafür, dass der Mensch sterben und somit nicht mehr existieren könnte. Der Tod wandelt um, er zerstört nicht. Und umwandeln bedeutet, dass nachher immer noch exakt gleich viel da ist, einfach in einer anderen Form. Die meisten Menschen nehmen diese Form nicht wahr. Dies erzeugt den Verlust. Ganz bewusst schreibe ich „die meisten Menschen“, da es auch hier töricht wäre, nicht auch eine Ausnahme zur Regel freizuhalten, wodurch es durchaus Menschen geben kann, welche über die Wahrnehmung dieser transformierten Formen verfügen.

In meinem Verständnis vom „Jenseits“ transformieren sich sterbende Menschen und ihre Energie verbleibt unvermindert, aber in anderer Form. Sind das nicht positive Gedanken zu einem eigentlich traurigen Thema. Ein „Verlust“ ist wohl weniger ein solcher, wenn man davon ausgeht, dass gar nichts verloren geht. Man muss sich damit arrangieren, dass der geliebte Mensch nicht mehr wie gewohnt wahrnehmbar ist, aber dass er nach wie vor IST. Alles andere als einfach, aber ein Anker in der Trauerarbeit und meine persönliche Art, in welcher ich Trost suche.


Einblicke in die katholische Kirche

Da sich in meinem Bekanntenkreis auch Katholiken befinden, durfte ich verschiedene Anlässe in katholischen Kirchen begleiten. Ich erlebte triste Hochzeitsfeiern, in denen positive Gefühle grossflächig unterdrückt wurden. Warum sollte man so etwas tun? Und ich erlebte Beerdigungen, welche als Gottesdienste abgehalten wurden und wo man lediglich ganz zum Schluss noch eine kurze Erwähnung zum Verstorbenen anfügte … nachdem man vor versammelter Trauergemeinde kurz angefragt hatte, wie denn der Name des Verstorbenen sei. Jeder dieser Anlässe war eine weitere Kerbe in mein zermürbtes Religionsverständnis.

Ich empfand Gottesdienste immer als reinen Monolog. Ein Pfarrer versuchte irgendwas an seine Kirchgemeinde zu senden. Weder Sprache noch Inhalt war in meinem Fall geeignet, die Botschaften ankommen zu lassen. Und bis auf ein gemeinsames Singen und Beten von wiederum abstrakten Texten, blieb es beim reinen Monolog. Warum wurde nicht viel mehr Zeit und Energie darauf verwendet, einem Verstorbenen oder einem Hochzeitspaar etwas mit auf den Weg zu geben? Wie erwähnt, das waren meine persönlichen Erfahrungen.


Einblicke in eine Freikirche

Ich erlebte ansatzweise eine bestimmte Freikirche, da ein befreundetes Paar mich unbedingt zu einer „Zeremonie“ mitnehmen wollte. Aus reiner Freundlichkeit ging ich zweimal hin.

Die Leute tanzten während der Messe einzeln vor sich hin und fuchtelten mit den Armen. Es sah ein wenig aus, als wäre ich an einer EDM-Party unter Leuten, die sich gerade etwas „reingepfiffen“ hatten, mit dem Unterschied, dass sie ab und zu „Jesus“ riefen. Dann kam der Teil, wo die Pastorin lang und breit erklärte, auf welche Art und Weise sie praktizieren würde, dass ihre Wünsche in Erfüllung gehen und wie sehr sie sich wünsche, dass sie über die finanziellen Mittel verfügen würde, dass diese Kirche noch weiter wachsen könne. Noch deutlicher wurde sie, als sie erwähnte, dass am Ausgang ein Bäumchen mit Einzahlungsscheinen stehe und Gott viel Freude haben werde, wenn sich die Anwesenden einen Einzahlungsschein nehmen würden. Noch mehr Freude würde Gott natürlich haben, wenn sie sich gleich mehrere Einzahlungsscheine nähmen.

Ich hatte Mitleid, dass diese Menschen offenbar mit dem Wunsch nach einer positiven Veränderung vom Regen in die Traufe gelangt sind. In ihrer eigenen Realität befanden sie sich offenbar in paradiesischen Zuständen, die sie deshalb auch möglichst ihrem ganzen Kollegenkreis weiterempfehlen wollten. Am Ende der Messe kamen vier Leute gleichzeitig auf mich zu. Wohl so etwas wie ein Empfangskomitee für Neuankömmlinge. Sie fragten mich mit strahlendem Gesicht, wie ich den Anlass empfunden hätte. Ich äusserte ehrlich, dass ich es schön fände, dass hier gewisse Blockaden, sich zu öffnen und teilzunehmen, nicht bestehen würden. Auf der anderen Seite habe das aber wiederum etwas übertrieben auf mich gewirkt. Die vier waren ziemlich augenblicklich wieder weg, da ich offenbar nicht ansatzweise konvertierungswillig erschien und man sich Freundlichkeiten mir gegenüber sparen konnte.

Ich will nun nicht behaupten, dass ich mit einem Besuch diese Freikirche voll erfassen konnte. Und ich will auch nicht behaupten, dass alles, was sich Freikirche nennt, in diesen Raster passt und seinen Mitgliedern ähnlich auf der Tasche liegt. Mir hat es auf jeden Fall locker gereicht.


Auf ein Wort mit einem Kreationisten

Leider mag ich mich nicht mehr so gut an das Gespräch erinnern, das ich einst mit einem Kreationisten geführt habe. Seine befürwortende Sicht zur Schöpfungsgeschichte und die Ablehnung der Evolutionstheorie, liessen mich wünschen, dass dieses sehr abstruse Gespräch baldmöglichst aufhören würde.

Auch meine Frage, wie denn die Sache mit der Plattentektonik und dem ursprünglichen Super-Kontinent Pangäa erklärbar sei, wenn die Erde so jung sei, führte zu keinen Argumenten, die ich – bei allem Respekt – ernsthaft entgegennehmen konnte. Ich fühlte mich, als würde ich mit einem erwachsenen Menschen darüber reden, dass der Osterhase tatsächlich existiert.

Kreationisten scheinen ihre Schöpfungsgeschichte mit Händen und Füssen zu verteidigen, weshalb sie massgebliche Inhalte der Evolutionstheorie ignorieren. Evolution ist das Produkt unzähliger (nicht weniger) Chancen (nicht Zufälle). Ebenso suchen Kreationisten nach Lücken in der Evolutionstheorie. Finden sie nur einen einzigen „Missing Link“ in der Entstehungsgeschichte der verschiedenen Lebensformen, verwerfen sie die gesamte Theorie und setzen an deren Stelle die Schöpfungsgeschiche.

Das hat in meinen Augen nichts mit Vernunft/Verstand zu tun. Man nimmt einfach eine Sache als gegeben an, lässt diese Sache unangreifbar stehen und beseitigt somit unhinterfragt jeden Einwand daran. Ich kann eine solche Vorgehens- und Denkweise nicht wirklich ernst nehmen, zumal es auch keine Denkweise sondern vielmehr Abwehr ist.


Positiv überrascht in der reformierten Kirche

Ich muss gestehen, dass ich 2-3 Hochzeiten mit einem reformierten Pfarrer erlebt habe, die mich sehr positiv überraschten. Die Zeremonien waren nicht übermässig mit Gott, Jesus und dem heiligen Geist erfüllt. Stattdessen ging es um das Brautpaar. Der Pfarrer hatte sich jeweils sehr ausführlich mit der Vergangenheit und der geplanten Zukunft des Paars beschäftigt und brachte dies auf sinnvolle Weise in seine Texte mit ein. Nicht nur das Brautpaar selbst dürfte aus diesen Texten etwas Sinnvolles und Wichtiges für sich entnommen haben. Gleiches galt auch für mich selbst. Ich sah mich in vielem bestätigt, was ich selbst dachte und ebenso erhielt ich weitere Anstösse, die ich durchaus verwenden konnte. Alle Anwesenden feierten das Paar, freuten sich und klatschten. Danach verliessen wir alle positiv gestimmt und inspiriert die Kirche.

Diese Ereignisse standen so dermassen diametral zu allem, was ich bisher erlebt hatte. Ich freute mich, dass diese Anlässe so gelungen waren und ärgerte mich darüber, dass sie in all meinen Erfahrungen so selten waren und dass sie nicht genügend dazu beitragen konnten, dass ich mich in Kirchen so fehl am Platze fühlte.


Was fehlt mir?

Bei all den Erlebnissen ist die Frage weiter in mir herangereift, ob es für die eine Religion, die man nicht unterstützen möchte, zwingend einen Ersatz braucht. Muss dieser Platz unbedingt gefüllt werden, oder kann er auch leer bleiben? Und was bedeutet diese Leere wirklich? Ich bin ja kein Ungläubiger, nicht ohne Glaube, nicht ohne Hoffnung, nicht ohne Trost, nicht ohne Geborgenheit. Ich mag nicht erkennen, was mir fehlt.

Ich werde auch als konfessionsloser Mensch am Ende dieses Lebens nicht – bildlich gesprochen – am Flughafen stehen, um zu erkennen, dass auf mich kein Shuttle-Bus wartet, der mich zu meiner nächsten Station bringt. Auf jeden wartet dort ein Shuttle-Bus, ganz gleich welcher Religion er angehört und was er in seinem Leben getan hat.

Ich benötige auch keine Antworten dafür, warum ich existiere? Ich muss weder Gott noch einen Urknall, noch irgendetwas anderes genauer verstehen, um mich daran zu erfreuen, dass es mich gibt. So muss ich auch nicht wissen, wie ein Auto technisch exakt funktioniert … Hauptsache es fährt. Ich mag also nicht erkennen, was mir Religion geben könnte … ausser "Schuldgefühlen und ein paar Feiertagen" (gem. einem Sprichwort). Zynisch, aber doch ernst gemeint.

Ob ich mich heute für oder gegen eine Mitgliedschaft in einer Kirche entscheide, ist für keinen Gott relevant. Es ist lediglich für die selbsterkorenen, irdischen Vertreter relevant. Und sie sind es, von denen ich mich mit meinem Austritt abwende. Sie sind es, die mir am wenigsten fehlen werden.

Natürlich kann man sagen, dass die Kirche auch Wohltätiges tut und dass ich durch meine Abgaben diese Tätigkeit unterstütze. Nun, das habe ich mehr als zwei Jahrzehnte getan. Und ich bin sicher, dass in Abwesenheit der Kirche andere Organisationen diese Tätigkeiten wahrnehmen und nicht gleichzeitig religiöses Gedankengut transportieren.


Irrwege der Kirche

Ich mag zu dieser Organisation nur ungern Worte verlieren. Das meiste davon dürfte ohnehin jedermann bekannt sein. Um mich kurz zu fassen:

Die Kirche hat sich früher auf blutigstem Wege ausgebreitet und bereichert.

Auch heute herrschen in der Kirche an vielen Stellen mittelalterliche Ansichten vor. Die Stellung der Frau, das Zölibat, Verhütung, Homosexualität uvm.

Die Kirche erschüttert uns regelmässig mit Skandalen von pädophilen Kirchenvertretern, die sich an unseren jüngsten vergehen, von Kirchenvertretern, die sich persönlich bereichern und von solchen, die ihre Position dazu nutzen, unsägliche Botschaften zu verbreiten.

Das ist weit mehr als die einzelnen Verfehlungen, wie sie einem fehlerbehafteten Menschen entspringen können. Das ist Verfehlung auf Rezept. Das ist ein kompletter Irrweg und ich weigere mich, diesen zu beschreiten.


Unmoral der Bibel

Ich erwähnte, dass man seine Moral keinesfalls aus der Bibel ziehen kann, denn dann würde Mord, Völkermord, Versklavung, Vergewaltigung, Verstümmelung, Unterordnung der Frau und Grausamkeiten verschiedenster Art dazu gehören müssen. Ein solches Werk kann nicht die Basis unserer Ethik sein. So töten wir auch nicht unsere Kinder, wenn sie ungehorsam sind, oder steinigen unsere Frauen, wenn wir mit ihnen unzufrieden sind.

Ein solches Werk kann uns auch nicht ernsthaft als Tatsachenbericht verkauft werden. Eine ganz bestimmte Auswahl aus einer Vielzahl von Evangelien, die von zahlreichen Autoren Jahrzehnte nach gewissen Ereignissen geschrieben, abgeschrieben, umgeschrieben und übersetzt worden sind. Wir wissen nicht, was auf Legendenbildung basierte und was auf Beobachtung. Wir wissen nicht, ob Beobachtungen und Beschreibungen von gewissen Zielsetzungen beeinflusst waren. Wir wissen nicht, ob wir heute das darunter verstehen, was damals gemeint war und vor allem ob durch die Abschrift/Übersetzung nicht massgeblich bewusst oder unbewusst Aussagen verdreht worden sind.

Und so distanziert man sich denn auch mehr und mehr von Aussagen des alten Testaments. Man versucht grundsätzlich bei allen Inhalten den unzweifelhaften Tatsachencharakter solange hoch zu halten, bis zu viele plausible Gegenargumente zusammenkommen. Ab dann betont man den bildhaften/metaphorischen Charakter. Eine ziemlich fragwürdige Spaghetti-Taktik. Auf der anderen Seite gibt es immer noch sehr viele Bibel-Leser, welche die Bibel absolut wörtlich nehmen und z.B. sündhaften Menschen die Schuld am Tsunami 2004 oder den Überschwemmungen in New Orleans 2005 geben.

Aber vielleicht ist das halt so und der Mensch kann sich nicht schneller von einem Irrtum entfernen. Und so existiert eine Halbwertszeit der Irrtümer des Glaubens, die mit der Halbwertszeit bei radioaktiven Verstrahlungen vergleichbar ist. Und wohlgemerkt sicherlich nicht nur im christlichen Glauben.


Die wichtigste aller Fragen

Es gibt einen weiteren Grund dafür, dass ich aus der Kirche austreten möchte:

Wie wäre die Welt geworden ohne Kreuzritter, Inquisitoren, Hexenverfolgungen und –verbrennungen?

Wie wäre sie ohne Selbstmordattentäter, Ehrenmorde, Steinigungen?

Ohne Krieg zwischen Serben, Kroaten und Muslimen?

Ohne Krieg zwischen Israelis und Palästinensern?

Ohne den 11. September?

Ohne die Ankündigung von George W. Bush, Gott habe ihm mitgeteilt, er solle im Irak einmarschieren?

Ohne den Anschlag auf "Charlie Hebdo"?

Wie wäre die Welt ohne Religion?



Wenn so viele Probleme in den Ländern dieser Erde aus religiöser Motivation heraus geschaffen wurden bzw. weiterhin werden, dann müsste die Abwesenheit von Religion diese Probleme zum Versiegen bringen, wie eine Flamme, welcher der Sauerstoff ausgeht. Genau dazu werde ich nun beitragen.

Gruss, Marcel
 
Lieber Marcel

erst einmal möchte ich Dir danken für Dein Thema. Dieses beschäftigt auch mich seit der Zeit, als ich mich mit dem Werk Hildegards von Bingen beschäftigt habe.

Darf ich Dich erst einmal fragen, ob Du wahrgenommen hast, daß Deine Feststellung, daß Du in einem Land lebst, in dem Religionsfreiheit herrscht doppeldeutig/sinnig ist?

Das kann sowohl heißen, daß alle Religionen erlaubt sind, aber auch, daß Du im besonderen Religionsfrei sein kannst und wie Dein Thema zeigt, auch willst.

Was für ein weites Feld Du da aufgemacht hast, macht mich besorgt, denn sollte sich hier eine Diskussion auftun, kann vieles passieren.

Bis jetzt hast Du nur von mir eine Antwort, könnte es sein, daß Dein Text zu umfangreich ist, daß eine Antwort zu viel Mühe machen würde?

Wie wäre es, Wenn Du Deinen Text etwas auf das Forum abstimmen würdest, dahingehend, daß einzelne Teilnehmer sich in Deiner Problematik auch erkennen und sinngemäß darauf antworten könnten.

Was mich in Deinem Text am meisten berührt hat, war die Passage, in der Du Deiner Sorge Ausdruck verliehen hast, daß Dein Sohn nun in der Schule nicht genug Freiraum für seine eigene Glaubensentwicklung bekommen könnte.

Bei uns in Deutschland gibt es das Fach Ethik, in dem werden geltende Werte der Gesellschaft vermittelt je nach Entwicklungsstand der Kinder und ich habe während der ganzen Schulzeit unserer Kinder nie das Gefühl gehabt, daß die Kinder zu etwas gezwungen wurden was den Glauben angeht.

Wie wäre es, wenn Du einmal in die Runde fragen würdest, welche Erfahrungen die Teilnehmer als Eltern hier gemacht haben i. Pto. ethischer Bildung. Ich habe sehr oft erlebt, daß Eltern dieses Thema gerne der Schule überlassen, weil sie selber nicht mehr so im Stoff drinstehen. Das heißt: Wer liest denn schon noch in der Bibel. Ich habe vor einiger Zeit einen langen Artikel hier gepostet "Die Bibel und der Glaube", da kann sich jeder das herausholen was er braucht.

Für meinen Werdegang auf dem Gebiet brauchte ich erst einmal eine Grundversorgung mit Texten zum Thema, bevor ich sagen konnte, "Nein, das glaube ich nicht und das will ich auch meinen Kindern nicht anbieten"

Jetzt mache ich mal Schluß fürs Erste.

Rota

Ich bezog mich auf diese beiden Stellen Deines Themas

Ich erachte es als grosses Privileg, dass ich mich in einem Zeitalter und in einem Land befinde, wo Religionsfreiheit tatsächlich Praxis ist.

Und so möchte ich mich hiermit ernsthaft damit beschäftigen und mich dazu entscheiden, meine Religion - das reformierte Christentum - abzulegen.
 
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Hallo, lieber Marcel!

Ich habe eine ganze Weile über deine Worte nachgebrütet, weil ich sie wirklich sehr gut verstehe und ganz viel davon sehe wie du – und trotzdem meinen Glauben nicht hergeben möchte. Alles, was da in der "Institution Kirche" im Argen liegt, macht mir schon mein ganzes Leben lang zu schaffen. Und je mehr ich die Möglichkeit habe, auch mal hinter die Kulissen blicken zu dürfen, desto hilfloser werde ich. Ich muss einsehen, dass es dort zugeht "wie im wahren Leben" – die Leute mit dem stärksten Ellenbogen machen das Rennen, und wie immer sind es diejenigen, die Einfluss und Macht brauchen, die "nach oben streben". Hm, anders kann ich das nicht ausdrücken, obwohl es ziemlich doof klingt. Das alles kann einen zur Verzweiflung bringen, denn Menschen sind nun mal (häufig) so, dass sie sich so sehen, wie sie sich sehen möchten und nicht so, wie sie sind. Sie hinterfragen sich und das, was sie tun, denken und glauben oft nicht, sondern benutzen auch ihren Glauben, um sich eine Identität zu schaffen. Wenn man seinen Glauben braucht, um etwas zu kompensieren, kann dabei nichts Gutes herauskommen. Wenn man innerhalb des Christentums Karriere machen will, ist man in einer Zwickmühle, denn das Streben nach Karriere und die Lehre an sich passen nicht zusammen. Denn nach der Lehre sollten eigentlich die Menschen die Masse führen, die nicht an sich, sondern voller Liebe an die anderen denken. Es ist auch zu leicht, sich ein Mäntelchen des Glaubens überzuwerfen, in dem man sich fromm und ganz toll vorkommt und in dem es Spaß macht, mit salbungsvollen Worten davon zu reden, wie fromm man ist. Das ist natürlich unglaubwürdig und andere spüren das. Sie fühlen sich zu Recht davon abgestoßen und glauben, so etwas macht Religion aus den Menschen. Aber das ist nicht so. In diesen (häufigen) Fällen wird sie nur missbraucht. Christentum braucht Wahrhaftigkeit, da fällt mir kein anderes Wort ein, nur dies trifft. Wenn man darüber nachdenkt, könnte man tatsächlich zu dem Schluss kommen, zu dem du gekommen bist. Ich für mich muss immer wieder nach anderen Wegen suchen, um mit diesem Spagat klarzukommen. Darum will ich einfach mal aufzuschreiben versuchen, wie das mit mir und meiner Religion ist und was sie mir gibt. Dabei will ich nicht die Bibel verteidigen oder so etwas, denn das kann ich nicht. Zu viel kann man mit verschiedenen Augen sehen. Als Beispiel sei einfach mal das alttestamentarische "Auge um Auge, Zahn um Zahn" genannt. Ohne Liebe heißt das: Ich tue dir genau das, was du mir auch getan hast (vielleicht sogar noch etwas "schmackiger"...). MIT Liebe heißt das: Kinder, wenn es schon sein muss, dann HÖCHSTENS Auge um Auge und auf keinen Fall mehr. Auch die Sache mit der Zeit, die so viel Verwirrung schafft, sehe ich eigentlich ziemlich lässig. Ich glaube schon, dass Gott die Welt geschaffen hat, glaube, dass er sagte "es werde". Ja, und dann wurde es... In der Bibel steht auch, dass 1.000 Jahre für Gott wie ein Tag sind, was sicherlich nicht als Rechenbeispiel gelten soll, sondern eine willkürliche Zahl ist, an der man erkennen soll, dass Gottes Maßstäbe nicht die unseren sind.

Auch bei vielen Predigern habe ich so meine Probleme, denn sie "verkaufen" etwas, hinter dem ich nicht stehe. Es gibt keine "Gesetzmäßigkeiten", mit denen ich mir etwas "verdienen" kann. Und auch die Strafprediger stoßen mich eher ab. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jesus jemals in diesem Ton gepredigt hat.

Aber genug davon, ich wollte mich nicht verallgemeinern, sondern wollte dir davon erzählen, wieso ich persönlich glaube, dass Glaube nicht nur Kummer bringt, sondern auch sehr viel Gutes.

Das, wonach ich lebe (zu leben versuche), was eigentlich die Ur-Essenz meines Glaubens ist, ist dies: Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst.

Da kann man gleich sagen, dass das eine ziemlich harte Forderung ist, die man kaum erfüllen kann. Aber ich sehe das nicht so. Gott über alles zu lieben heißt für mich, ihn als oberste Instanz anzusehen, die gleichzeitig liebevoll und gerecht und allwissend ist. Das mag für andere starker Tobak sein, aber für mich ist es so. Ich fühle mich von Gott so sehr gehalten und getragen und mit so vielen Gaben und Geschenken überhäuft, dass es mir gar nicht einfällt, mich von ihm beengt zu fühlen. Ich habe seine Nähe schon immer gesucht, schon, als ich als Kind durch die Natur gestromert bin und ihn in jedem Sonnenuntergang, in jedem Baum und jeder Wiese irgendwie wahrnahm. In diesen vielen Jahren hat sich eine Beziehung aufgebaut, die ich nicht mehr hergeben möchte (kann), denn sie trägt mich durch alles. Gott ist mein allerbester Freund. Und ich glaube ihm. Wenn mich in der Bibel manche Stellen überfordern, weil ich sie nicht mag und nicht verstehen kann, dann bete ich darüber. Manchmal verstehe ich Dinge dann anders, manchmal muss ich es erst einmal fallen lassen. An meinem Bild von Gott ändern solche Stolperfallen nichts, denn die Beziehung hat sich über viele Jahre aufgebaut.

Und weil ich so fest an Gottes Güte und Allmacht glaube und mich von ihm so sehr geliebt und getragen fühle, muss ich nicht immer nur an mich denken, sondern kann von mir weg auf Gott sehen – und darauf, dass er auch die anderen Menschen so liebt wie mich. Sie sind meine Geschwister und wir sind einer auf den anderen angewiesen, wenn unser Leben schön sein soll. Es ist gut, nach guten Regeln zu leben. Denn was ist es denn, was Jesus uns aufgetragen hat? Es ist doch nicht viel!

– Liebe und ehre Gott vor allem anderen
– Unterstützt einander, helft euch, tragt einer des anderen Last
– Redet miteinander die Wahrheit
– Verurteilt einander nicht
– Rächt euch nicht
– Lasst euch nicht vom Bösen überwinden, sondern überwindet das Böse mit Gutem
– Ertragt euch gegenseitig
– Missgönnt euch gegenseitig nichts
– Raubt nicht, stehlt nicht, betrügt nicht
– Tötet nicht
– Seid nicht habsüchtig, dabei verrennt ihr euch bloß
– Seid wahrhaftig euch selbst gegenüber
– Seid dankbar
– Haltet zu eurer Familie und denen, die zu euch gehören/haltet zusammen
– Teilt das, was ihr habt, mit denen, die nichts haben
– Gib dem, der dich um etwas bittet
– Gib Gott deinen Zehnten, damit damit Gutes getan werden kann

So ungefähr sollte es das wohl sein. Im Grunde heißt das alles doch nichts weiter als "habt euch gegenseitig lieb". Und das ist sicher nicht zu viel verlangt. Das wäre auch nicht zu viel verlangt, wenn man nicht an Gott glaubt und Religionen abschaffen möchte, damit die Welt besser wird.

Es ist wie mit allem. Die Menschen können alles zum Guten und zum Bösen benutzen. Glauben, Beziehungen, Medikamente, Internetforen, das Internet überhaupt – und was das Gemeinste ist – auch den Idealismus der Menschen. Wenn Menschen anfangen, anderen Menschen nachzulaufen, dann ist das für mich eine heikle Sache. Lieber halte ich mich dann an Gott und versuche, anhand dessen, was er mir als Richtschnur gegeben hat, festzustellen, ob sich das, um was es geht, noch auf der Spur befindet, der ich folgen kann.

Das mag sich jetzt alles sehr spielerisch anhören, aber das ist es nicht immer. Wenn man mit Gott geht, dann geht es manchmal ganz schön ans Eingemachte... Aber für mich ist es gut, dass ich daran glauben kann, dass alles, was mir begegnet, erst an Gott vorbei muss. Im Glauben, an einer Sicherheitsleine zu gehen, bringt man Dinge fertig, die man sich nicht zugetraut hat. Und im Vertrauen, dass alles einen Sinn hat, kann man auch viel wegstecken. Und das Schönste ist, dass man fähig ist, immer wieder zu verzeihen und mit anderen neu anzufangen. Man ist nicht gefangen in den schlechten Gefühlen von Hass und Verbitterung. Es gibt immer einen Weg da raus.

Trotzdem muss man immer selbstkritisch sein. Aber wieso sollte man das nicht sein? Wenn man glaubt, dass Gott einen durch und durch kennt und durchschaut, dann braucht man sich auch selbst nichts vorzumachen, sondern kann hinschauen. Und wenn man hinschaut, dann kann man etwas ändern. An sich selbst, mit Gottes Hilfe. Ich würde mich ja lächerlich machen, wenn ich mir über mich selber etwas in die Tasche lügen würde. Sicher, ich bin nicht immer begeistert darüber, was ich da finde, wenn ich ehrlich zu mir selber bin. Aber trotzdem hilft es mir, zu wissen, dass ich an diesen Punkten nicht festhängen muss, sondern alles überwinden kann. Und ich glaube, das ist eins der wichtigen Dinge im Leben: sich selber weiterentwickeln, nicht nur, indem man Wissen aufhäuft, sondern auch, indem man seine Persönlichkeit weiterentwickelt. Wie sonst sollte die Welt besser werden? Wir müssen ja immer bei uns selber anfangen.

Wie das alles bei anderen Religionen ist, kann ich nicht sagen, denn ich wollte schon immer nichts anderes als Jesus. Hört sich wieder blöd an, ich weiß. Aber es stimmt. Er ist alles, was mich in meinen Grundfesten ausmacht. Er bedeutet für mich, dass ich frei bin. Frei von allen Menschen, die mir etwas anderes einreden wollen als ich selber für richtig halte, frei von Egoismus und Selbstsucht, frei von "Recht haben müssen", frei von Angst, frei von Drogen und Alkohol und allem, was zerstörerisch ist. Ich kann meinen Weg gehen, aufrecht und getrost. Und ich fürchte, bei allen Religionen gibt es die gleichen Fallstricke. Wenn Menschen borniert sind, bauen sie Mist mit dem, was gut ist.

Ich habe dir ja mal geschrieben, in was für einer schrecklichen Situation ich viele Jahre gesteckt habe. Man könnte meinen, mein Glaube hätte mich dazu gebracht, dort zu bleiben und alles auszuhalten. Aber im Nachhinein kann ich sagen: nö! Mein Glaube hätte mir gesagt, schmeiß alles hin und fang neu an. Gott fängt dich überall auf. Wir sind zum Frieden berufen, auch zu innerem Frieden. Was mich da festgehalten hat, war Blödheit. Blödheit und Feigheit. Und beides konnte ich mir nicht eingestehen, weil ich es zugelassen habe, dass Menschen mich so einschüchterten, dass meine Angst mich beherrschte. Das will Gott nicht. Ich habe ganz einfach Mist gebaut. Aber so leicht kann man sich selbst für dumm verkaufen. Man erklärt sich was, wie es in den Kram passt, und gut... Es ist nur gut, dass ich an jedem Punkt in meinem Leben immer wieder neu anfangen kann und mir sagen kann, dass Gott auch das, was für mich schlimm war, zu etwas Gutem umbauen kann.

Ich hoffe, ich konnte dir einigermaßen erklären, was meine Religion mir bedeutet. Es ist sehr schwer, das, was ein ganzes Leben erfahren wurde, in ein Posting zu packen. Und ich hoffe, mein Bericht kommt nicht wie ein Versuch vor, andere zu bekehren. Denn das war nicht der Sinn dieses Postings. :)

Viele liebe Grüße
Sonora
 
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Hallo Marcel

Erst mal vielen Dank, dass du das so öffentlich hier teilst. Das schätze ich sehr. Und ich kann deine Gedanken voll nachvollziehen und denke auch, dass dein Entscheid im jetzigen Moment wohl unumgänglich ist, insbesondere auch, weil es noch deinen Sohn betrifft.

Nichtsdestotrotz möchte ich sagen, dass ich zu denen gehöre, die mit 18 (Volljährigkeit) als erste Amtshandlung aus der (ref.) Kirche ausgetreten sind – und inzwischen, nach rund 35 Jahren, wieder rein. Geht ja ganz einfach, ja, wenn ich mir die verspielt-bunte Kirchen-Anmeldungsseite betrachte, dann dünkts mich, könnte es sogar richtig eine Art „Trend“ sein: Im Alter zurück in die Kirche. Ein einfacher Klick hier: Herzlich willkommen , ein Mini-Formular ausfüllen, und schon ist man wieder drin!

Meine Gründe dazu sind vorwiegend pragmatischer Natur: Ich befinde mich in grosser seelischer und finanzieller Not und die Kirche als staatliche Institution hilft mir da weiter, wo mich der Staat im Stich lässt. Insbesondere sind da Menschen, grad auch in der Freiwilligen-Arbeit, die noch eher bereit sind, „Nächstenliebe“ zu leben, als es sonst so üblich ist.

Okay, wahre Nächstenliebe kann erst gelebt werden, wenn man sich selbst liebt. Was ja leider oft fälschlicherweise als Egoismus angesehen wird. Und so wird Nächstenliebe dann … sorry … etwas „pervertiert“ und davon distanziere ich mich (auch).

Nichtsdestotrotz, ich bin jemand, die schon als Teenie auf der Gasse lebte und es war damals eine kirchliche Organisation, wo ich Hilfe kriegte, bei einer sehr engagierten, aufrichtigen Christin. Die dann allerdings selbst wiederum bei der Kirche aneckte, weil sie den Glauben auf ihre ganz eigene, sehr persönliche Art lebte. Und damit unzähligen Menschen (wie mir) über Jahrzehnte hinweg sehr viel half.

Diese Frau liebte Jesus, studierte die Bibel, arbeitete lange in einer kirchlichen Institution, war auf dem Papier vermutlich auch Christin, aber ging nie persönlich in eine Kirche.

Und was ich glaube: genau SOLCHE Menschen braucht es! Und das „Gerüst Kirche“ ist/wäre eigentlich genau dafür da!

Und noch ein sehr wichtiger Gedanke:

Ohne die Kirchen wüssten wir nichts mehr von Jesus, wir wüssten vielleicht gar nicht mehr, dass es „mehr“ gibt als was wir mit unseren 5 Sinnen und mit dem Verstand erfassen können. Und man mag von der Bibel halten was man will: dass es darin auch sehr weise Stellen gibt, die auf „was“ hinweisen, was man – ist man offen – in sich doch auch spürt, eben, dieses „es gibt noch mehr!“, das kann wohl kaum jemand leugnen, der mit offenem Herzen dieses Buch mal gelesen hat.

Ich interessiere mich für Mystik. Nicht nur die Mystiker von früher (aus diversen Kulturen), sondern insbesondere auch für Menschen, die JETZT leben und denen sich dieses „Innere“, diese „Mystik“ „erschlossen“/“aufgeschlossen“ hat.

Nur einer von denen (den ich sonst nicht weiter kenne), ist der OM C. Parkin. Ein sehr interessanter Artikel, wo er drin erklärt, warum er – nach über 30 Jahren – wieder der Kirche beigetreten ist, beginnt hier:
Born to be. - <b>Allionce e.V.</b><br>Der Fall an die Wurzel der Kirche<br>von OM C. Parkin

Den ganzen Artikel gibt’s auf seiner HP Advaita Lehrer OM C. Parkin, Retreats, Darshan , da kann man sich gratis anmelden, oder bei Interesse könnte ich ihn dir auch zusenden. Ich finds interessant, grad auch wie er erklärt, was die Rolle der Maria in der reformierten Kirche darstellt, wie das „göttliche Weibliche“ zwar noch da ist, aber irgendwie „pervertiert“ (meine Worte jetzt), als „Caritas“.

Also Hinterfragen finde ich gut und wichtig! Auch Austreten, wenn man meint, man müsse erst mal ein klares Nein setzen.

Handkehrum gibt’s – grad in meiner Generation – viele Menschen, die fanden via z.B. Indien zur Spiritualität (wird inzwischen ja in vielen Kirchen sogar meditiert!) und früher oder später will man das, was man als hilfreich und „lebendig“ in der Spiritualität in sich erkannt hat, auch auf die eigene Kultur „anwenden“.

Ich persönlich weiss nicht, wie viel ich mich noch mit der Kirche „anfreunden“ kann. Momentan bin ichs eher auf dem Papier. Aber ich weiss, dass es wichtig ist, dass man auch offiziell anerkennt, dass es einfach „mehr“ gibt und ich erlebe am eigenen Leib, wie unglaublich wichtig es ist, dass nicht nur privat und inoffiziell, sondern auch ganz hochoffiziell noch die inneren Werte anerkennt werden, dass Menschen „das Herz auf dem rechten Fleck“ haben dürfen. Weil, mich dünkt, unsere Gesellschaft wird immer härter, immer kopfbestimmter, alles muss immer noch genormter werden. Da fehlt ganz offensichtlich ein wichtiger Aspekt!

Der ist nicht in den Kirchen, aber auch nicht in der Verweigerung jeglicher Kirche zu finden.

Die Religionen selbst seh ich also nicht als "Ausweg", aber als Hinweis.

Und die Kirchen stehen. Sie sind da. Sie warten. Die Organisation steht und fällt mit den einzelnen Menschen, die sich da engagieren. Eine Chance, sich einzubringen - durchaus!

Liebe Grüsse

Ymoja
 
Lieber Marcel -

erstmal was Praktisches: Wenn Du austrittst, dann den Formulardurchschlag gut aufbewahren - denn das Finanzamt kann noch nach Jahrzehnten rückwirkend Kirchensteuern verlangen, und Du mußt beweisen, daß Du ausgetreten bist, nicht das Amt!!

Dein Bericht läßt mich mal wieder dafür dankbar sein, daß ich ohne religiöse/konfessionelle Erziehung aufwachsen durfte. Diese frühkindliche Programmierung wird man nie mehr los ("geprägte Form, die lebend sich entwickelt") , da sie über das Gefühl geht. Der Verstand kann 1000mal sagen "alles Quatsch", das Gefühl quengelt "ich will zur Jungfrau Maria beten und dem süßen Jesulein" - das erlebe ich immer wieder in meinem Umfeld. Die Leute treten aus der Kirche aus und kommen gefühlsmäßig nicht weg. Das Gefühl ist nun mal stärker als der Verstand.
Du sprichst von Kirche und Religion, als würdest Du diese gleich setzen. Ich frage: Was hat Kirche mit Religion zu tun?
In meinen Augen: nichts.
Die Kirchen sind Organisationen bzw. Firmen, die wie andere O. und F. Bedürfnisse befriedigen - mehr oder weniger pflichtbewußt, wie Du an Beispielen anzeigst. Ich finde es gut, zu glauben - aber nicht gut, wenn unbeachtet bleibt, daß Glaube etwas Subjektives ist. Als wir 3 Jahre alt waren, haben wir geglaubt, daß der liebe Gott ein alter Mann ist, der auf einem goldenen Thron in den Wolken sitzt usw. Glauben wir das später auch noch?? D.h., daß Glaube etwas Individuelles ist, das mit Erfahrung und Entwicklung des Individuums zusammenhängt. Wenn ich akzeptiere, daß das, was ich heute glaube, morgen oder in 10 Jahren für mich evtl. überholt sein wird - dann bleibe ich auch offen und kastle mich nicht starr und bequem ein. Und vor allem, ich missioniere nicht.
Mit anderen Worten: man glaubt jeweils das, was man zu glauben nötig hat. Glaube als jeweilige Lebenshilfe, das ist für mich o.k.
Du frägst, wie die Welt ohne Religion wäre. Ich meine, auch nicht anders. Wenn die Menschen keine "religiösen" Gründe hätten für Mord und jede Grausamkeit, dann würden sie eben andere Ausreden erfinden - um ihren Tötungstrieb zu befriedigen. Und woher haben sie diesen Tötungstrieb? Ganz einfach: sie sind so geschaffen. Fangen wir bei uns selbst an: Unser Immunsystem - eine einzige Killermaschine. Das Pflanzenreich, das Tierreich - da geht es genauso zu. Wir sind eindeutig auf einem Kampfplaneten, auf dem es nie Frieden, Gerechtigkeit usw. geben kann, weil er nicht dafür konzipiert ist. Also nichts mit Lamm neben dem Löwen usw., dazu bräuchten wir einen anderen Planeten. Und warum ist das so? Das kann Dir der Dalai Lama nicht beantworten und der Papst erst recht nicht!
Womit wir wieder beim Thema wären.

Begriff von Gott: mir gefällt der von den alten Indianern: "DER GROSSE GEIST".

Mein Sohn wurde nicht getauft, hat aber am evangelischen Reli-Unterricht teilgenommen und hätte sich dann, wenn er dies gewünscht hätte, taufen und konfirmieren lassen können. Er hatte aber keinerlei Interesse. Als wir einmal eine Wanderung machten, kamen wir an eine kleine Kirche, die österlich geschmückt war - vorn am Altar der Auferstandene, mit Blumen über und über geschmückt - mein Sohn, wir standen in der offenen Tür, blickte so verzückt, daß ich schon einen Schrecken bekam, von wegen irgendein Erleuchtungserlebnis oder was - jedenfalls, als wir wieder weg waren, sagte er (7 Jahre alt) ehrfürchtig: "Gell, Mammi, das war der Prinz von Dornröschen". Na, da fiel mir vielleicht ein Stein vom Herzen!
Ich denke, Dir fehlt überhaupt nichts. Du bist genau da, wo Du sein sollst:
"Nimm Abschied und gesunde".

Mit herzlichen Grüßen an Alle!
Iltschi
 
Ich danke schon mal allen, die bisher geschrieben haben.
Da mein Erstpost ziemlich lang ist, wurden die Antworten es auch.
Das ist schön. Das Thema gibt etwas her. Ich werde alle Beiträge beantworten, werde mir dafür aber auch etwas länger Zeit nehmen.

Hallo Rota

Ja, die Religionsfreiheit meint in meinen Augen wirklich Auswahl bez. anderer Religionen und auch keiner Religion. Und bis jetzt verfolge ich ausschliesslich letzteres.
In der Tat kann in dieser Thematik - vor allem auch weil ich soviele Dinge angeschnitten habe - die Diskussion in alle möglichen Richtungen gehen. Das erachte ich als spannend und lasse das mal "fliessen". Sehe ich mir die ersten Antworten an, freue ich mich sehr und fühle mich bestätigt, dass es eine gute Idee war, mich hier zu positionieren.
Gut, dass Du das Thema Ethik ansprichst. Ich sehe dies als eines der wesentlichsten Gebiete, wo Eltern selbst ihren Kindern Werte auf den Weg geben sollten. Wenn die Schule dies weiter vertieft, ohne in religiöse Untiefen zu geraten, dann ist dies eine gute Sache.

Gruss, Marcel
 
Hallo Sonora

Vielen Dank für Deinen langen Bericht, der mir absolut nicht wie ein Versuch zur Bekehrung vorkam. ;)
Es ist genauso wie mein Bericht einfach Deine Sicht auf die Dinge.

Ich bin ebenfalls davon überzeugt, dass Glaube viel Gutes bringen kann. Aber mein "Glaube" wird anders gefüttert als Deiner. Das macht aber nichts.
Beide haben wir Überzeugungen und Werte, mit denen wir uns, unseren Nächsten und dieser Welt eher Gutes als Schlechtes tun. Und darum geht's ja eigentlich.

Du schreibst: "Im Glauben, an einer Sicherheitsleine zu gehen, bringt man Dinge fertig, die man sich nicht zugetraut hat."
Ich sehe das ähnlich wie Du. "Gott" ist Leben. Leben ist Veränderung. Und im Glauben daran, dass Veränderungen mich auf meinem Weg immer voranbringen und nicht zurückwerfen, egal wie es vordergründig aussehen mag, habe auch ich diese Sicherheitsleine.
Etwas, das mich regelmässig auffängt und tröstet, dass alles im Endeffekt Sinn macht.
Dies ist u.a. die Form von "Glaube", die ich gerne weitergebe.

Gruss, Marcel
 
Hallo Ymoja

Vielen Dank auch für Deinen Beitrag mit Deiner Sicht der Dinge. Sehr interessant, dass Du aus- und wieder eingetreten bist und was Deine Gründe dazu waren. Wer weiss, vielleicht würde das mein Sohn auch mal tun. Und dennoch fände ich dies die befriedigendere Variante zu wissen, dass er – mit beiden Füssen im Leben stehend – sich selbst dazu entschieden hat. Dann ist das aber SEINE Reise.

Ich frage mich, warum diese Frau, von der Du erzählst, mit der Kirche in Clinch geraten konnte, obwohl sie genau das praktizierte, wozu die Kirche eigentlich den Rahmen bilden sollte. Aber … diese Frage stellst Du Dir wohl selbst auch.

Möglich, dass Jesus ohne die Kirche in Vergessenheit geraten würde. Aber die Eckpfeiler dessen, was den Menschen in seinem Namen greifbar sinnvolles übermittelt werden soll, ist m.E. in die aktuelle Literatur, in die Ethik, in die Wissenschaft etc. eingeflossen. Insbesondere das Thema Sinne (6. Sinn u.a.) ist in der „esoterischen“ Literatur mehr als gut vertreten. Spiritualität, Meditieren …. all das existiert für mich ausserhalb von Religion/Kirche.

Gruss, Marcel
 
Hallo Iltschi

Danke für Deinen praktischen Tipp bez. dem Formulardurchschlag, den ich gerne beherzigen werde.

Dein Bericht stärkt mich weiter. Das Verbleiben des gefühlsmässigen Bezugs und Drucks ... wenn man ursprünglich mit Religionslehre aufgewachsen ist. Du hast richtig erkannt, dass mir genau das ein Gräuel wäre.

Du erwähnst "Glaube als jeweilige Lebenshilfe, das ist für mich o.k." und mir gefällt dieser Satz.
Schlussendlich muss es nicht zwingend wahr sein, was man glaubt. Aber was man glaubt, kann eher zur Wahrheit werden, als wenn man nichts glaubt. Und selbst wenn es nicht wahr wird, was man glaubt, war vielleicht in dem Moment trotzdem eine Stütze. Und darum geht's doch.

Ob ohne Religion andere Möglichkeiten gefunden würden, uns gegenseitig zu töten ... da bin ich mir nicht sicher. Meines Erachtens würde der grösste Teil der Menschen gerne in Frieden leben, wird aber von wenigen fremdbeeinflusst. Der Vergleich mit dem Pflanzen- und Tierreich kommt m.E. nicht hin. Wenn wir nur ein Reptilien- und ein Säugetierhirn hätten, dann möglicherweise schon.

Und ... hast Du das mit dem Prinz von Dornröschen so bestätigt? ;-)

Gruss, Marcel
 
Ob ohne Religion andere Möglichkeiten gefunden würden, uns gegenseitig zu töten ... da bin ich mir nicht sicher. Meines Erachtens würde der grösste Teil der Menschen gerne in Frieden leben, wird aber von wenigen fremdbeeinflusst.

Hi Marcel!

Diesen Punkt sehe ich leider anders. Ich glaube zwar auch, dass Religionen für viele Kriege und Krisenherde verantwortlich sind. AAAber: Ich glaube, der grundlegende Grund (puh, klingt das blöd...) ist das Elitedenken. Immer, wenn Menschen besser sein wollen als andere, gibt es Ärger. Immer, wenn jemand sich besser fühlt, wenn er andere klein macht, geht es los. Und wenn sich Leute mit den gleichen fiesen Interessen zusammenschließen, gibt es Probleme. Je älter ich werde, desto überzeugter bin ich davon, dass elitäres Denken Schuld an fast allem ist. Auch bei religiösen Fanatikern ist es im Grunde dieses elitäre Denken. Und wenn man keinen Gott hat, der einem sagt, dass man was Besseres ist, dann ist es eben die arische Rasse, sind es blaue Augen, das Konto des Vaters, die berufliche Bildung, dass man Akademiker ist – es gibt 1.000 Gründe dafür, dass man sich über andere erheben kann. Religion ist nur ein sehr bequemer Grund, den auch die Menschen "für sich entdecken" können, die nicht über Geld, Macht, Einfluss oder sonstwas andere unterdrücken können. Was ich allerdings eingestehe, ist dies: Neben einem "besonderen Geburtsrecht" und "besonderer Blutlinie" kann man ein ganzes Volk am leichtesten durch den gemeinsamen Glauben aufhetzen. Denn irgendeine Gemeinsamkeit braucht es, damit Leute zur Meute werden. Aber im Grunde sind auch da immer welche am Steuer. Sie lassen sich nur möglichst nicht erwischen. Und es gab in Europa schon genügend Kriege, obwohl alle den gleichen katholischen Glauben hatten. Es ging um Macht, Einfluss, Geld, Unterdrückung... Religionen sind nur Mittel zum Zweck, wenn jemand einen Grund sucht. Aber nicht nur Religionen, auch Volksgemeinschaften, ethnische Zugehörigkeit und und und...

Liebe Grüße :wave:
Sonora
 
Hallo Sonora

Ich kann genau nachvollziehen, was Du schreibst. Und wahrscheinlich stimmt das sogar.
Dennoch will ich es ähnlich handhaben, wie ich das z.B. beim Elektrosmog tue (ohne damit das Diskussionsthema an sich ausweiten zu wollen):
Auch wenn ich weiss, dass Funk allgegenwärtig ist, schaue ich in meinen 4 Wänden dafür, dass dort die Belastung möglichst klein bleibt. Das senkt trotzdem die Belastung für mich (und meine Familie) ... wie auch die Nachbarn. Und wenn die Nachbarn ebenso denken, dann sinkt die Belastung insgesamt. So wird aus dem Kleinen heraus Grosses bewirkt ... im Gegensatz zu kollektiver Resignation angesichts "unbeeinflussbarer" Wirkungen.

Elitedenken ist ein wichtiges Thema. Religion stützt darauf. Königshäuser stützen darauf. Und auch letztere bröckeln langsam aber sicher weg. Ich würde vorschlagen, dieses Thema in diesem Thread jedoch besser wegzulassen, damit wir nicht noch ein weiteres Pulverfass aufstellen ;)

Gruss, Marcel
 
Hallo Marcel,

hat bestimmt viel Mühe gekostet, dein Bekenntnis auszuformulieren.

Religion kann natürlich die schlimmsten Verbrechen noch schlimmer machen. Sie kann die letzte Legitimation für unmenschliches Verhalten liefern.

Doch Religionsfreiheit ist bestimmt kein Rezept für eine bessere Gesellschaft!

Das aktuelle Gedenken an 70 Jahre Auschwitz ist ein Beispiel von vielen, wie Areligiosität (von einer Pseudo-Religiosität mal abgesehen) ebenfalls den Grund liefern kann, daß alle Tabus brechen. Genauso wie falsche Religion schädlich sein kann, kann Religion aber auch Ansporn und Motiviation sein, richtig zu handeln, prinzipientreu zu bleiben, auch Angesicht des Todes, wenn es sein muß. So gefährlich wie Religion sein kann, kann sie auch eine solide Grundlage für das Handeln sein.

Eigentlich kann nur eine Religion eine solche umfassende Weltsicht erschließen, weil nur sie das Sinngebungssystem und Gedankenkonstrukt liefert. Anders können die eigenen menschlichen Grenzen nicht glaubhaft überwunden werden.

Selbstgestrickte Theorien und Philosophien haben auf Dauer kein Fundament. An ihnen kann man sich nur bedingt orientieren. Sie tragen selten und geben kaum Halt. Daher muß wahre Religion auch immer von "außen" kommen. Wenn man meint, das Wahre kommt nur von "innen", kann das nur die halbe Wahrheit sein.

Folglich brauchen wir neben unserer individuellen Gefühlswelt, den eigenen Lebenserfahrungen und einem Gewissen, eben auch das Wort Gottes, also sowas wie eine Bibel. Sonst geht es nicht so gut.

Die Bibel ist für mich noch immer das Wort Gottes!

Wenn man von einer Inspiration ausgeht, hat sie keine wesentlichen Fehler, weil ihr Autor ihren Inhalt ausreichend genau bewahrt hat.

Man sollte wenigsten versuchen, in der Bibel einmal das Wort Gottes zu sehen, auch wenn das schwierig ist. Sonst verbaut man sich vielleicht unnötig die Chance, Gott besser kennenzulernen.

Und gerade weil auch sie nicht immer leicht zu verstehen oder zu akzeptieren ist, ist das vielleicht ein Zeichen, daß sie echt ist. In der Regel sind es doch die weichgespühlten Theorien, die den Menschen die Ohren kitzeln und deshalb so beliebt sind. Ein Rezept für esotherischen Populismus könnte sein: Alles was den Menschen selbst zu sowas wie einem Gott macht, und einen Gott da draußen überflüssig macht und gleichzeitig was von Liebe säuselt.

Doch Wahrheiten, so lehrt es mich das Leben, sind immer vollwertig und fordern den ganzen Menschen. So ist auch die Bibel und ihre darin enthaltene menschliche Geschichte.

Zugegeben, es ist schon klar, daß es mit der Übermittlung des geschriebenen Wortes Gottes allein auf Dauer nicht getan ist. Gott muß und wird sich weiter offenbaren müssen, zu seiner rechten Zeit. Und für mich ist es auch schon höchste Zeit dafür!

Grüße,
Johannes
 
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Hallo Johannes

Ja, die Ausformulierung meiner Gedanken benötigte einiges an Zeit. Aber sowas mache ich nicht jeden Tag und insofern war es mir das wert.

Ob wir religionsfrei eine bessere Gesellschaft sind, kann man sich natürlich fragen. Religion als solide Grundlage fürs Handeln und als Ansporn, prinzipientreu zu bleiben?
Für mich persönlich ist das nicht nötig, wie oben beschrieben.
Andere benötigen Religion vielleicht dazu. Auf der anderen Seite gibt die Religion diesen Menschen mit z.B. der Beichte auch sehr einfache Mittel zur Hand, nach falschem Handeln wieder zum Tagesgeschäft überzugehen.
Also … ich weiss nicht, aber da arbeite ich lieber mit meinem Gewissen, als dass ich mir Regeldefinition, -kontrolle und Bestrafung/Verzeihung abnehmen lasse.

Eigentlich kann nur eine Religion eine solche umfassende Weltsicht erschließen, weil nur sie das Sinngebungssystem und Gedankenkonstrukt liefert. Anders können die eigenen menschlichen Grenzen nicht glaubhaft überwunden werden.
Ich denke nicht, dass es nützlich ist, eine solch absolute Aussage zu treffen. Aussagen wie diese gehören für mich genau in das typische Korsett von Religion, welches Mangel deutlich machen möchte.

Selbstgestrickte Theorien und Philosophien haben auf Dauer kein Fundament. An ihnen kann man sich nur bedingt orientieren. Sie tragen selten und geben kaum Halt. Daher muß wahre Religion auch immer von "außen" kommen. Wenn man meint, das Wahre kommt nur von "innen", kann das nur die halbe Wahrheit sein.
Ich kann Dir darauf nicht antworten, da ich denke, dass dies sehr oberflächlich beschrieben ist und an nichts Konkretem festmacht. Vor allem aber ist meine Denkrichtung hier eine gänzlich andere als Deine und darin ist das Innere je länger je wichtiger als das Äussere.

Man sollte wenigsten versuchen, in der Bibel einmal das Wort Gottes zu sehen, auch wenn das schwierig ist. Sonst verbaut man sich vielleicht unnötig die Chance, Gott besser kennenzulernen.
Johannes, wie stehst Du zum alten Testament? Und inwiefern dürfen Christen sich erdreisten, dem neuen Testament in ihrer Auslegung des „Wort Gottes“ den Vorzug zu geben?

In der Regel sind es doch die weichgespühlten Theorien, die den Menschen die Ohren kitzeln und deshalb so beliebt sind. Ein Rezept für esotherischen Populismus könnte sein: Alles was den Menschen selbst zu sowas wie einem Gott macht, und einen Gott da draußen überflüssig macht und gleichzeitig was von Liebe säuselt.
Weichgespühlte Theorien? Esoterischer Populismus? Ja, ich denke wir sind „Splitter Gottes“. Wir sind gottgleich geschaffen …. nach seinem Abbild. Und somit …. ja … sind wir „sowas wie Gott“.

In meiner Definition von „Gott“ macht ihn dies aber nicht überflüssig. Es braucht ihn lediglich nicht in der Form, wie das Christentum ihn mir beschreibt.

Gott muß und wird sich weiter offenbaren müssen, zu seiner rechten Zeit. Und für mich ist es auch schon höchste Zeit dafür!
Wie sollte er sich denn Deiner Meinung nach „offenbaren“?
Gruss, Marcel
 
Sorry Marcel, ich bin mir nicht sicher, ob es in deinem (diesem Thread-) Sinne ist, dass hier eine grössere Diskussion entfacht wird.

Aber zu dieser Polarität "innen versus aussen" juckts mich, kurz was zu zitieren, aus der indischen "Philosophie".
Daher muß wahre Religion auch immer von "außen" kommen. Wenn man meint, das Wahre kommt nur von "innen", kann das nur die halbe Wahrheit sein.
Vor allem aber ist meine Denkrichtung hier eine gänzlich andere als Deine und darin ist das Innere je länger je wichtiger als das Äussere.
Brahman (Philosophie) – Wikipedia

Brahman bezeichnet in der hinduistischen Philosophie die unveränderliche, unendliche, immanente und transzendente Realität, welche den ewigen Urgrund von allem darstellt, was ist. Die älteste Bedeutung des Wortes in den Veden ist „heiliges Wort“ oder „heilige Formel“ und gewann hier die allgemeine Bedeutung einer „heiligen Kraft“ an sich. Seit den Upanishaden steht das Wort Brahman für das Absolute, also das, was unwandelbar bleibt, behielt jedoch daneben seine ursprüngliche Bedeutung bei, nämlich die der „heiligen Rede“.

Und weiter unten steht dies dies:
Da keine Aussage das Brahman definieren kann, sagt der Weise: neti, neti - nicht so, nicht so. Auch die Brihadaranyaka-Upanishad beschreibt das Brahman, in dem sie alle Eigenschaften verneint:

„Dieses ... nennen die Kenner des Brahman das Unvergängliche. Es ist nicht grob, nicht fein; nicht kurz, nicht lang; blutlos, fettlos; schattenlos, finsterlos; windlos, raumlos; ohne Haftung; ohne Tastsinn, ohne Geruchssinn, ohne Geschmackssinn, ohne Gesichtssinn, ohne Gehörsinn; ohne Sprachfähigkeit, ohne Denkfähigkeit; ohne Wärme, ohne Atem, ohne Mund; ohne Name, ohne Geschlecht; nicht alternd, nicht sterbend; bedrohungslos, unsterblich; ohne Raum, ohne Laut; nicht geöffnet, nicht geschlossen; nicht folgend, nicht vorangehend; nicht außen, nicht innen. Nichts langt hin zu ihm, niemand langt hin zu ihm...“

Nicht aussen, nicht innen. Also, dünkts mich, kann beides immer nur "die halbe Wahrheit" sein.

(Dies soll keine Korrektur sein, ich glaube, du siehst es gar nicht so anders, Marcel, ausserdem gehör ich persönlich auch zu denen, die sehr auf das Innere setzen, von innen nach aussen. Mir persönlich ist das enorm wichtig.
Aber ich glaube schon, dass es umgekehrt genauso laufen kann. Und ... offensichtlich ist ja, dass es bei sehr Vielen genau so läuft. Erst mal. (Am Anfang die Religion))

Lieben Gruss

Ymoja
 
Johannes, wie stehst Du zum alten Testament? Und inwiefern dürfen Christen sich erdreisten, dem neuen Testament in ihrer Auslegung des „Wort Gottes“ den Vorzug zu geben?

Du sagst "erdreisten" und meinst vielleicht, das alte Testament ist noch gültig oder mindestens genauso gültig, wie das Neue Testament? Das würde mich dann wundern, weil Du ja schreibst, daß Du die Grausamkeiten des AT ablehnst. Ist es doch nicht vielmehr so, daß Christen dem Neuen Testament mehr Bedeutung beimessen?

Also das AT ist, wie es der Name sagt, schon ziemlich alt (3500 Jahre). Gott hat mit seinen Dienern einen Neuen Bund geschlossen. Dieser baut auf Christus auf. Das steht halt alles so im NT drin, und dies ergänzt oder löst das AT ab. Und meines Wissen ist das NT ein Teil der Bibel, also steht in Gottes Wort, welches ER so überliefern hat lassen. Und wenn in Gottes Wort steht, daß jetzt das Neue gilt, dann werde ich das so akzeptieren, bzw. das ist ja auch gut so, und ich kann und will das so annehmen.

Und wenn man meint, das geschah willkürlich, also sozusagen von den Christen eigenmächtig, dann sollte man wissen, daß das AT bereits auf den Erlöser hinweist und so bereits das Kommen eines neuen Bundes vorhergesagt hat.

Wenn also das AT viele Hinweise auf einen Messias und neuen Bund liefert und auch gute, logische Schlüsse zuläßt, ja sogar regelrecht aufdrängt, die ein Neues Testament sogar erforderlich machen, dann hat das nichts mit "erdreisten" zu tun, wenn Christen heute dem "Christlichen Gesetz" mehr Aufmerksamkeit schenken, als der Thora (dem Gesetz Mose).

Dennoch ist das AT Teil der Bibel, weil es zeigt, wie alles aufeinander aufbaut, woher wir geistlich kommen, und wie alles begann. Die darin enthaltenen Grundsätze sind immer noch gültig, weil sich Gott im Prinzip nicht geändert hat.

Durch Christus hat er das Glaubenskonstrukt erweitert und gewichtet die Dinge einfach anders, setzt sozusagen die Prioritäten anders. Zwar ist das Gesetz Mose rechtlich nicht mehr bindend, aber von seinen Grundaussagen immer noch von Bedeutung - mehr oder weniger aufschlussreich. Die Grundsätze des AT können in Zweifelsfragen über den detailierten Willen Gottes oftmals zusätzliche Klarheit schaffen, auch wenn vieles nicht mehr gilt.

Moses ist sozusagen der Messias des AT, während Jesus dies des NT ist. Jesus macht das Gesetz Mose nicht ungültig oder wertlos, sondern baut vielmehr darauf auf und reformierte es. Das Gesetz Mose passt so nicht mehr in unsere Zeit. Das wusste Gott und hat deshalb den Messias gesandt.

Wie sollte er sich denn Deiner Meinung nach „offenbaren“?

In den Threads "Die Apokalypse" oder "Fragwürdige Bibelstellen" und anderen, habe ich mich dazu schon geäußert.

Die Offenbarung Jesu Christi vom Himmel her, mit seinen heiligen Engel, steht kurz bevor. Nachdem Gottes Königreich die Herrschaft auch auf der Erde übernommen hat, wird der Menschenherrschaft ein Ende gemacht. Danach wird sich Gott durch Jesus Christus und eine neue Gesetzgebung offenbaren und jedem Erdenbürger mitteilen, was er wissen muß. Vieles was heute unklar erscheint, wird dann klar werden.

Zum Beispiel muß und wird ganz klargestellt, daß Menschen auf Dauer ohne Gott in keiner Hinsicht lebensfähig sind. In nur jeder erdenklichen Hinsicht, definiert sich unser Sein auf diesen universellen Schöpfergeist. Das wird dann nicht nur so gelehrt, sondern auf anhand vieler Veränderungen bewiesen.

Das Eingreifen in das Weltgeschehen, wie ich es gerade schon erwähnte, ist da vermutlich der nächste Meilenstein. Aber vieles mehr wird geschehen, was Streitfragen von heute zweifelsfrei klären wird.

Z.B. wenn dann auch die Toten auferstehen, wird klar werden, daß die Lehre der Wiedergeburt so nicht stimmen konnte. Dass der Mensch, wenn er stirbt, sein Schicksal eben nicht mehr selbst in der Hand hält. Gott ist der große Lehrmeister. Er wird nichts, was wir wissen müssen, ungeklärt lassen.

Andererseits werden wir nie, ja nicht mal annähernd alles wissen. Dennoch kann und sollte man an Gott glauben, ohne alles von ihm zu wissen.

Zum Beispiel hast von einem Auto geschrieben, daß Du es auch dann fährst, wenn Du nicht genau weißt, wie es funktioniert. Du wendest es darauf an, daß Du eben nicht Glauben müsstest, um lebensfähig zu sein. Aber das ist witzig, denn immerhin nimmst Du den Wagen, wenn du von A nach B willst, und gehst nicht immer zu Fuß.

Ich sage: Genauso verhält es sich mit dem Glauben an Gott. Ich kann und will an Gott glauben, auch ohne alles über ihn wissen zu müssen. Es ist nur wichtig, genug über ihn zu wissen, um von seiner Existenz überzeugt zu sein und auf ihn vertrauen zu können. Und darum geht es! Niemand wird sich seinen früheren Zweifeln ergeben, wenn er einmal wirklich verstanden hat, daß Gott existiert und was denn nun Sache ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sorry Marcel, ich bin mir nicht sicher, ob es in deinem (diesem Thread-) Sinne ist, dass hier eine grössere Diskussion entfacht wird.

Hallo Ymoja,

Ich finde es gut, wenn wir hier etwas diskutieren ... und war auch gefasst drauf, als ich den Initialpost einstellte.
Jeder darf gerne auf jeden Beitrag eingehen, wie das überall im Forum so üblich ist. Das muss bei meinem Thread nicht anders sein. ;-)

Ja, ich denke, die Welt unseres Inneren hält vieles für uns bereit und es lohnt sich, genauer hinzu-hören/sehen/fühlen. Gerade weil das was von Innen kommt, so oft und laut von dem übertönt wird, was andere für uns meinen (Ja, vor allem auch die Kirche) .... tendiere ich mehr zur Orientierung nach Innen.

Gruss, Marcel
 
Hallo Joh70

Gott hat mit seinen Dienern einen Neuen Bund geschlossen.
Mit seinen Dienern? Na, lassen wir die Spitzfindigkeiten … aber warum muss ein neuer Bund geschlossen werden?

Und wenn in Gottes Wort steht, daß jetzt das Neue gilt, dann werde ich das so akzeptieren, bzw. das ist ja auch gut so, und ich kann und will das so annehmen.
Ich nicht. Wir reden schliesslich von Gott dem Allwissenden, All… was auch immer. Plötzlich ist alles anders? Wir können den alten Teil vergessen und uns dem neuen zuwenden? Vom barbarischen zum gemässigten übergehen?

Dennoch ist das AT Teil der Bibel, weil es zeigt, wie alles aufeinander aufbaut, woher wir geistlich kommen, und wie alles begann. Die darin enthaltenen Grundsätze sind immer noch gültig, weil sich Gott im Prinzip nicht geändert hat.
Von den Grundsätzen Gottes würde ich in der Tat halten, dass sie sich nicht plötzlich verändern. Aber Grundsätze des alten und neuen Testaments sind m.E. nicht vereinbar. Du hast es erwähnt: ich lehne die Grausamkeiten des AT ab.

Durch Christus hat er das Glaubenskonstrukt erweitert und gewichtet die Dinge einfach anders, setzt sozusagen die Prioritäten anders. Zwar ist das Gesetz Mose rechtlich nicht mehr bindend, aber von seinen Grundaussagen immer noch von Bedeutung - mehr oder weniger aufschlussreich. Die Grundsätze des AT können in Zweifelsfragen über den detailierten Willen Gottes oftmals zusätzliche Klarheit schaffen, auch wenn vieles nicht mehr gilt.
Wir reden hier nicht von anderer Gewichtung oder Priorisierung. Wir reden von einer ganz anderen Stimme ... von ganz anderen Inhalten ... von ganz anderen Werten. Da passt nichts zusammen. Was Du mit der "rechtlichen" Bindung meinen könntest, erschliesst sich mir ebenfalls nicht. Ich denke, ich überspringe diesen Absatz besser ...

...

Ich denke, ich überspringe auch das Weitere.
Übrigens, obige Fragen von mir sind eigentlich rhetorische Fragen. Sie äussern eher Unverständnis als Wissbegierde. Auch denke ich, dass wir uns auf keiner Ebene finden werden, um dieses Thema anzusprechen. Die Frequenz, auf welcher Du sendest, empfange ich nicht. Genauso wie damals im Kirchenunterricht. Das mag somit an mir liegen, denn ich könnte ja die Frequenz ändern, auf welcher ich empfangen möchte. Aber ... ich möchte nicht. Und ich fühle mich gut, mit dem was ich aktuell empfange. Und in Kürze zahle ich dafür auch keine "Radiogebühren" mehr ;)

Nur kurz noch:
Zum Beispiel hast von einem Auto geschrieben, daß Du es auch dann fährst, wenn Du nicht genau weißt, wie es funktioniert. Du wendest es darauf an, daß Du eben nicht Glauben müsstest, um lebensfähig zu sein. Aber das ist witzig, denn immerhin nimmst Du den Wagen, wenn du von A nach B willst, und gehst nicht immer zu Fuß.
Nein, ich schrieb ich benötige auch keine Antworten dafür, warum ich existiere.
Nur weil ich nicht verstehe, warum ich existiere, bedeutet das nicht, dass ich die Lücke mit Gott füllen muss. Und wenn ich die Lücke nicht mit Glauben an Gott fülle, heisst das nicht, dass ich nicht glaube.

Ich sage: Genauso verhält es sich mit dem Glauben an Gott. Ich kann und will an Gott glauben, auch ohne alles über ihn wissen zu müssen. Es ist nur wichtig, genug über ihn zu wissen, um von seiner Existenz überzeugt zu sein und auf ihn vertrauen zu können. Und darum geht es!
Absolut richtig. Und so glaube ich ohne Nobelpreis in Physik, ohne detaillierteste Kenntnisse in Quantenphysik, an meine Version von Gott wie in meinem Initialbeitrag geschrieben und vertraue auf genau diese Gesetzmässigkeiten. Das gibt mir exakt was ich brauche. Und darum geht es.

Gruss, Marcel
 
Du hast es erwähnt: ich lehne die Grausamkeiten des AT ab.

Lieber Marcel,

die Grausamkeiten in den Reden und den Schriften lehnst du wie auch viele andere ab. Aber die realen Grausamkeiten in den Taten kannst du nicht ablehnen. Jeden Hinweis darauf wirst du hier löschen.

Liebe Grüßen vom Ikosaeder
 
Hallo Ikosaeder

Ich habe nicht wirklich eine Ahnung, von was Du schreibst.

Gruss, Marcel
 
Ich habe nicht wirklich eine Ahnung, von was Du schreibst.

Hallo Marcel,

die Grausamkeiten finden doch in der Welt wie in der Bibel beschrieben statt. Und ich habe zwar das Privileg der Religionsfreiheit, aber aus der Bibel darf ich nicht zitieren. Vielleicht fühlst du dich dann gezwungen, mich zu verstehen. Den Austritt aus der Kirche anzustreben oder dem Christentum den Rücken zukehren zu wollen verstehe ich, aber für manche ist es gesünder sie leben in völliger Symbiose mit der römisch katholischen Kirche. Die Freiheit der Entscheidung soll dir vergönnt sein.

Liebe Grüße vom Ikosaeder
 
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