Pflegeheimerfahrungen mit Angehörigen?

Ich dagegen habe kürzlich recherchiert, dass Pflegedienste sogar gesetztlich verpflichtet seien, eine 24-Stunden-Rufbereitschaft anzubieten... ?!
Wie sollen Pflegedienste eine Rundum Rufbereitschaft anbieten,...

Dazu nochmal:
Hinweis: Ein Pflegedienst sollte aus wettbewerbsrechtlichen Gründendie Rufbereitschaft nicht als besonderen oder gar exklusiven Servicebewerben. Es handelt sich bei der Rufbereitschaft um eine gesetzliche Vorgabe, die jeder Anbieter erbringen muss.

Klar ist, dass es praktisch deswegen noch lange nicht klappt. Aber sie müssen es im Prinzip anbieten. Ich fand vor Ort auch etliche Pflegedienste, die es laut Website ausdrücklich anbieten.

Auf der Seite werden folgende Beispiele genannt für eine sinnvolle Nutzung:
  • Der Klient ist gestürzt. Er ist offenkundig nicht schwer verletzt, benötigt aber dennoch Unterstützung.
  • Ein Verband löst sich.
  • Der Klient hat Schmerzen und benötigt eine Bedarfsmedikation.
  • Ein mitpflegender Angehöriger ist krankheitsbedingt ausgefallen.
  • Der Klient benötigt einen Toilettengang, kann diesen aber nicht allein bewerkstelligen.
 
Hallo Kate,

Ansprechpartner beim Thema Pflegebedarf ist in erster Linie die Pflege-/Krankenversicherung, bzw. einer der korrespondierenden Pflegestützpunkte und der Hausarzt. Das weitere Vorgehen sieht dann nach meiner Erfahrung so aus, dass zunächst einmal konkret der Pflegebedarf durch den MDK (medizinischer Dienst der Krankenversicherungen) fest gestellt wird und anschließend findet dann das Gespräch mit den Pflegediensten statt, wobei diese nach meiner Erfahrung bei Pflegegrad 2 meist "überhaupt keine Kapazitäten übrig haben" und man erst ab frühestens Pflegegrad 3 auf einen ambulanten Pflegedienst hoffen kann.

Weiterhin kann man sich auch in der örtlichen Sozialstation beraten lassen, welche Unterstützungsmöglichkeiten es am Ort gibt. Aber vorher sollte auch da am besten schon der Pflegegrad ermittelt worden sein!

Ansonsten sind ja eh die größten Probleme bei der Pflege mitunter die Nächte und die "Sauberkeit". Wer sich das nicht zutraut, der sollte sich möglichst frühzeitig um einen vollstationären Platz in einem nahe gelegenen Seniorenheim bemühen, denn zum Schluss ist dann nicht selten die Frage, wer geht bei dem ganzen als erstes drauf, der Gepflegte oder der Pflegende...

Letztendlich ist vieles dann eben primär auch eine Kostenfrage und eine Frage des Pflegebedarfs. Betreutes Wohnen ist sicher eine sehr gute Alternative, wenn man es rechtzeitig angeht und auch das entsprechende Kleingeld dazu besitzt!

Soweit meine Erfahrungen hier im Süden Deutschlands. Ob es im hohen Norden Deutschlands genauso funktioniert, kann ich natürlich nicht sagen, aber vielleicht immerhin ähnlich.
 
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Erwähnen sollte man wohl auch noch, dass die Feststellung des Pflegegrads häufig sehr sehr lange dauern kann (teilweise Monate...). Man bekommt dann zwar rückwirkend das Pflegegeld ausgezahlt (was einem dann zwar nicht selten das Finanzamt auch wieder abnimmt, gerade heutzutage, wo wir ja überall sonst auf der Welt zur Hilfeleistung "verpflichtet" sind, Kriege führen müssen usw.), aber die Probleme werden dadurch natürlich nicht gelöst!

Mir hat eine befreundete Ärztin schon vor Jahren erklärt, dass unser gesetzliches Gesundheitssystem nur funktioniert, wenn es wirklich "Spitz auf Knopf" steht, also wenn die Probleme hoch akut geworden sind, das heißt, wenn der Betreffende bspw. so gestürzt ist oder anderweitig sein Leben oder das anderer gefährdet, dass er oder sie in ein Krankenhaus o.ä. eingewiesen werden muss.

In den Krankenhäusern/Rehazentren usw. gibt es dann regelmäßig auch eine Sozialstation, die wirklich aktiv ist und die sich dann dezidiert um eine weitere Versorgung kümmert. Hier ist dann auch eine Schnelleinstufung ins Pflegesystem (innerhalb von Tagen) möglich! Davor wird man eigentlich nur hin gehalten, vertröstet und die Lösungen sind häufig auch nicht wirklich passend. Soweit meine Erfahrungen noch vor Jahren - vor Corona! Mittlerweile, nach Corona, ist alles natürlich nicht besser geworden, sondern ganz im Gegenteil...
 
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Danke auch Dir, Hundemutti.
... wobei diese nach meiner Erfahrung bei Pflegegrad 2 meist "überhaupt keine Kapazitäten übrig haben" und man erst ab frühestens Pflegegrad 3 auf einen ambulanten Pflegedienst hoffen kann.
Auch das ist eine interessante Info.

Ansonsten sind ja eh die größten Probleme bei der Pflege mitunter die Nächte und die "Sauberkeit". Wer sich das nicht zutraut, der sollte sich möglichst frühzeitig um einen vollstationären Platz in einem nahe gelegenen Seniorenheim bemühen, denn zum Schluss ist dann nicht selten die Frage, wer geht bei dem ganzen als erstes drauf, der Gepflegte oder der Pflegende...
Das ist auch bei "meinen beiden" wie geschrieben eins der Hauptprobleme, neben den Schwindelanfällen, die eigentlich eine "Bewachung" bei jeglichem Verlassen des Bettes erfordern. Dein letzter Satz mag wohl zutreffen und das ist ja auch meine Sorge. Nur bin ich nicht der "Vormund" und nicht mal ein Abkömmling der beiden und mir wurde ja nun signalisiert, dass erstmal nichts gemacht wird - außer vermutlich einem Hausarztbesuch des Pflegenden, was ja auch schon mal gut wäre. Ein Kontakt mit der Hausarztpraxis bestand ja schon, ebenso wie ein Pflegegrad; neue Begutachtung wohl geplant.

... erwähnen sollte man wohl auch noch, dass die Feststellung des Pflegegrads häufig sehr sehr lange dauern kann (teilweise Monate...). Man bekommt dann zwar rückwirkend das Pflegegeld ausgezahlt
Ich habe es bei einem engen Verwandten erlebt, dass die Begutachtung 2 Tage vor dem Tod erfolgte (Ergebnis: "er kann nichts mehr") und die Feststellung dann danach. Zum Glück waren wir gut versorgt, konnten uns neben 2 Pflegediensten (normaler und PalliativCare) selbst zu dritt rund um die Uhr für die verbleibende Lebenswoche kümmern und hatten auch keinen finanziellen Engpass.

In den Krankenhäusern/Rehazentren usw. gibt es dann regelmäßig auch eine Sozialstation, die wirklich aktiv ist und die sich dann dezidiert um eine weitere Versorgung kümmert.
Damit allerdings habe ich eine sehr frustrane Erfahrung: Obwohl es um einen im weiteren Sinne schon Sterbenden ging (das habe ich gesehen, sobald ich mal etwas zur Ruhe kam, auf der Onkologie konnte/wollte man es nicht sehen) wurde es verschleppt.

Im konkreten Fall bin ich aber erstmal 'raus, bis ich entsprechende Signale bekomme. Übrigens war es wie geschrieben eine "Sozialstation" (mit Pflegedienst), bei dem mein Verwandter war.
 
Ich habe auch schlechte Erfahrungen mit Sozialstationen in Krankenhäusern gemacht (also gute und schlechte)! Besonders auch wenn ein "finanzielles Interesse" der Oberärzte bei der Verlegung oder Behandlung mit im Spiel ist! Ja, Geld regiert die Welt...
 
Was mir wichtig erscheint: Man sollte sich rechtzeitig in einem Pflegeheim anmelden. Nach meiner Erfahrng haben vor allem die empfehlenswerte (und teuren) Heime lange Wartezeiten. Mir wurde damals gesagt, daß sie eine Wartezeit von 5 Monaten hätten. Als die vorbei wafren, hieß es, sie hätten ab jetzt eine Wertezeit von 5 Monaten... :(.
In einem awo-Heim, wo ich voranmelden wollte, hieß es, es gebe keine Warteliste, weil ldie Nachfrage nach einem Platz sowieso immer da sei und es auch Fäle gebe, wo sie jemand gleich aufnehmen müßten.
Dort war über Monate kein Platz frei, dann aber auf einmal gleich 5.
Ein Platz davon wurde mir dann zugesagt. Allerdings mußte ich dann trotzdem noch mehr als einen Monat warten, weil der Hausmeister, der das Zimmer renovieren mußte, völlig überlastet war.

Übergangsweise wurde das „Pflegekind“ dann in einer Palliativabteilung untergebracht, was wirklich sehr gut war.

Grüssse,
Oregano
 
Wenn es um punktuelle Hilfestellungen geht, auch an NachbarInnen denken.
(wir haben oft unserer Nachbarin mit MS geholfen. Auch so Dinge wie aufheben helfen, in den Rollstuhl setzen, vom WC runterziehen/wieder ins Bett bringen... wenn die Tage besonders schlecht waren, haben Sie/ihr Mann unser Angebot zu helfen angenommen).
Mir ist auch kein Zacken aus der Krone gefallen, ihr Bettzeug zu waschen, wenn mal was danebengegangen ist und ihr Mann nicht da war und sie mich gebeten hat.

Auch in der Nacht - ich bin ein Nachtvogel - konnte sie mich immer anfunken. Der Deal war simpel - wenn ich wach bin, komm ich gerne rüber, wenn nicht, na dann hat sie Pech gehabt. (das macht es auch für den Helfenden imho leichter, nicht auf "standby" zu sein/neben aktivem Handy zu schlafen).
Und sobald ich oder Herr Togi wach waren, hat sie dann spätestens immer Hilfe bekommen.

Auch als Angehöriger überlegen/sich Hilfestellung holen, wie man Leben erleichtern kann (Leibstuhl neben dem Bett, Windeln, Bettpfanne, oder im Notfall auch nur mal schnell ein paar saugfähige Handtücher unterlegen, auf die sie draufpieseln kann und die man dann in die Waschmaschine schmeissen kann. Alles besser als am Boden rumrutschen um Spuren zu beseitigen.

Es würde vermutlich schon mal helfen, wenn ihnen regelmäßig jemand hilft Bett zu überziehen (eine dichte Unterlage über die Matratze...) und so im Haushalt hilft?

Ja, Selbständigkeit ist super so lang wie möglich zu erhalten. Aber wenn der andere schon so drunter leidet, dann diese Dinge auch "wenn es mental weh tut" vereinfachen. Und dafür dann unter Tags die Energie haben, um wirklich noch schöne, autonome Momente zu ermöglichen.
Alles, was geht delegieren. (ich hab im Umfeld erlebt, wie viel Druck das von einem älteren Pärchen genommen hat/wie viel Lebenqualität plötzlich BEIDE (also der "zu Pflegende" und die "Pflegerin" die allerdings ohne den "zu Pflegenden" auch nicht mehr aus dem Bett aufstehen konnte, wegen ihrem Rücken) dadurch hatten, dass sie Hilfe bekommen haben.
Da hilft es Betroffenen ev. "von anderen" zu hören, wie sie das gelöst haben/wie sie das gelebt haben.
Auch das "ein Stück weit für sich leben" - dass man das tun MUSS, um nicht über die eigenen Grenzen zu kommen.
(von einer Freundin die Schiegermutter hatte terminalen Hirntumor. War stark pflegebedürftig. Ihr Mann wollte/konnte Pflege nicht abgeben. Hat immer stärker werdende Magenschmerzen so lang es ging negiert/mit Tabletten bekämpft. Dann einen Tages Zusammenbruch/im Spital Magenkrebs festgestellt und er war innerhalb einer Woche weg. Seine Frau hat dann noch wochenlang im Hospiz gelebt. Dabei wollten sie nur bis zum Schluss zusammenbleiben und möglichst autonom sein...)

Somit würde ich das Thema ansprechen - wir sind alle nur Menschen und keine Wunderwuzzis. Also zB jeden Tag für 1 Stunde Hilfe - genau schauen, was da delegiert werden kann (zB auch "das Hoppala" von der Nacht). Ev. Duschen/die Pflegebedürftige waschen/baden.
Abklären wegen Windeln/Einlagen, damit nicht jeder Tropfen auf dem Boden landet.
Und ihr Mann hat dadurch mehr Kapazitäten/mehr Kraft, wenn sie in der Nacht Support braucht.
(es hat ja keiner was davon, wenn er wegbricht - dann haben sie beide 0 Autonomie).

Eine Tante von mir wollte jahrelang keine Ausflüge machen. War nur mehr mit ihren Katzen im Haus. Bis sie dann Inkontinenzeinlagen entdeckt hat - da wurde sie wieder voller Freude mobiler, hat dann sogar von sich aus Tagesausflüge organisiert, weil sie sich wieder sicher/er fühlte.
(wir wussten nicht, dass es daran lag. Aber im Nachhinein hat sie richtig stolz erzählt, was sie entdeckt hat. Oft gibt es so einfache Lösungen, die aber nicht gesehen werden.)

Sturzhäufigkeit: ev. reicht Salz ein wenig hochfahren (Suppen etc.)

lg togi
 
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Hallo togi,

interessant auch das, was Du schreibst. Und auch toll, was Ihr für Eure Nachbarin getan habt.

Nur hab ich da jetzt erstmal ein Stopschild vor der Nase. Er will nichts ändern, außer dass er jetzt ein niedrigdosiertes Antidepressivum nimmt um besser zu schlafen und sie versucht, ihn nachts nicht mehr zu stören. Es gab wohl zwischenmenschliche Dramen, als es um die Kurzzeitpflege ging, die der HA vorschlug.

Ich habe mitgedacht, recherchiert, Euch gefragt, Dinge vorgeschlagen. Mehr kann ich nicht tun und ich respektiere das Stopschild (ich bin wie geschrieben auch nicht so nah dran, dass ich mich befugt fühle, Druck zu machen). Wenn er wieder klagt, werde ich Vorschläge wiederholen. Die gingen teils sogar in die Richtung, die Du beschreibst. Nur mit den Nachbarn, das passt da nicht so für solche Hilfe. Mit höherem Pflegegrad hätte es die Möglichkeit gegeben, z.B. 1x pro Woche jemand regelmäßig dazuhaben (zur Duschhilfe bspw.), gleichzeitig den 24-Stunden-Notruf nutzen zu können und evtl. das restliche Pflegegeld für punktuelle Hilfen einsetzen zu können (da gibt's so Kombimöglichkeiten, das kann einem eine Pflegeberatung auseinanderdröseln).

Auf jeden Fall ist dies ein produktiver Thread mit vielen Anregungen.
 
Hallihallo,
Ich habe mitgedacht, recherchiert, Euch gefragt, Dinge vorgeschlagen. Mehr kann ich nicht tun und ich respektiere das Stopschild (ich bin wie geschrieben auch nicht so nah dran, dass ich mich befugt fühle, Druck zu machen).
So wie Du schreibst - mehr als anbieten und "Samen säen" kann man von außen nicht, ohne die Autonomie vom Gegenüber in Frage zu stellen/Grenzen zu überschreiten. (Auch innen oder nah dran ist es schwer genug).
Auf alle Fälle gut, dass er sich an Dich wenden kann und dass er diesbezüglich mit Dir reden konnte.
Ist schon eine Menge "gehört zu werden".

Auf jeden Fall ist dies ein produktiver Thread mit vielen Anregungen.
Auch wenn es nicht ganz passt, möchte ich auch hier einen Hinweis auf die beeindruckenden positiven Effekte ketogener Ernährung bezüglich diverser Krankheiten im Alter (Diabetes, Demenz) hinterlassen:

lg togi
 
Hallo togi
mehr als anbieten und "Samen säen" kann man von außen nicht, ohne die Autonomie vom Gegenüber in Frage zu stellen/Grenzen zu überschreiten. (Auch innen oder nah dran ist es schwer genug).
Ich sehe das ganz genauso und reagiere selbst äußerst sensibel auf Übergriffigkeit. Auch bei einem sterbenden sehr engen Angehörigen, der igendwann von sich aus anfing Entscheidungen uns zu "übergeben", habe ich immer noch informiert (z.B. was Palliativmedizin ist und wieso das nicht der Hausarzt ohne Zusatzausbildung kann) und gefragt (z.B. "wäre es Dir recht, wenn ich mal mit Deinem Arzt rede"). Erst als er sich nicht mehr äußern konnte, haben wir "übernommen".

beeindruckenden positiven Effekte ketogener Ernährung
An der Stelle habe ich die Erfahrung von "null" Zugänglichkeit. Für die meisten Menschen scheint es unvorstellbar zu sein, auch nur auf Brot zu verzichten (nicht mal auf Kartoffeln). Dann lieber Insulin spritzen, ab und zu in bedrohliche Unterzuckerungen rauschen etc.
 
Ich sehe das ganz genauso und reagiere selbst äußerst sensibel auf Übergriffigkeit. Auch bei einem sterbenden sehr engen Angehörigen, der igendwann von sich aus anfing Entscheidungen uns zu "übergeben", habe ich immer noch informiert (z.B. was Palliativmedizin ist und wieso das nicht der Hausarzt ohne Zusatzausbildung kann) und gefragt (z.B. "wäre es Dir recht, wenn ich mal mit Deinem Arzt rede"). Erst als er sich nicht mehr äußern konnte, haben wir "übernommen".
Du schilderst für mich einen Optimalerverlauf.
Sehr wertschätzend von Dir/euch und menschlich mWn top. ❤️ 🌻🌹💐

Ich selbst reagiere zwar auch tlw. hypersensibel auf "Übergriffigkeit", hab umgekehrt (leider/zum Glück - je nachdem aus welcher Perspektive man es sieht...) nicht so Hemmungen... 😇

Die Frage ist auch immer, wann ist es eine Grenzüberschreitung/ein Übergriff und wann ist es "notwendig" (obwohl es als Grenzüberschreitung empfunden wird).
(allein wenn ich mich daran erinnere, wie viele Grenzüberschreitungen mein Kind wahrgenommen hat - und sei es in Situationen, wie daran gehindert zu werden über eine vielbefahrene Straße zu rennen/zu düsen. Auch da hab ich mir mal von Eltern massiven Shitstorm eingehandelt, weil ich ihr Kind an der Kapuze gepackt habe, um es am Rausfahren auf die Straße zu hindern. Statt einem Dankeschön wurde ich beschimpft (Eingriff in die Autonomie ihres Kindes. Die waren wohl schon komplett am erleuchteten Pfad - ich muss nicht jeden verstehen ;)). Ich steh weiterhin zu dem "Übergriff" :rolleyes:).

Das Gefühl in seiner Autonomie beschnitten zu werden, mag kaum jemand (außer dahingehend "konditioniert" und Sicherheitsgefühl daraus ziehend - hmmm, über Letzteres muss ich mal nachdenken. Ist wieder mal - so ein subjektives Thema).

Was an einem Tag ein Übergriff ist, kann am nächsten eine willkommen Intervention sein.
Oder bei Person A willkommen und bei Person B als Übergriff ankommen.
Zum Glück kann man ja einfach kommunizieren und schauen, was dabei rauskommt.

(auch so generell "simple" Situationen - wenn jemand (grad im Pflegeheimkontext) nicht mehr trinken möchte. Darf man mal rescher überreden? Oder einfach "vertrocknen lassen"?
Quasi die Automomie respektieren, auch wenn diese zu massiven Schäden/zum Tod führen kann?

Und wie handhabt man das in den eigenen 4 Wänden? Wenn man unter dem was der andere für sich entscheidet, leidet, weil dann nicht nur die Person mit den Konsequenzen leben muss, sondern alle um sie herum mit beeinflusst. (simple Beispiele: Diabetiker, der sich mit Zucker vollstopft und dann entsprechende Krankheitsbilder aufpoppen, die einen als Angehörigen dann ev. massiv belasten/zur pflegenden Person "machen". Raucher, der die Bude vollqualmt usw... Bei Alkoholikern spricht man von "Co-Abhängigkeit", wenn man zu viel investiert. Bei vielen anderen Verhaltensformen, die gesellschaftlich akzeptierter sind, finden imho gleiche Prozesse statt.)

War ja im Grunde auch die letzten Jahre der Kern der hitzigen Diskusson (wo hört meine Autonomie auf...).

Und ja, das Thema kann man endlos - für sich und kollektiv - betrachten/diskutieren. Ich denk mir da muss jeder für sich einen passablen Weg finden/von Situation zu Situation individuell entscheiden.

An der Stelle habe ich die Erfahrung von "null" Zugänglichkeit. Für die meisten Menschen scheint es unvorstellbar zu sein, auch nur auf Brot zu verzichten (nicht mal auf Kartoffeln). Dann lieber Insulin spritzen, ab und zu in bedrohliche Unterzuckerungen rauschen etc.
Bezügl. Keto: ja, geht auch in meinem Umfeld in Richtung 0. Relativ unabhängig vom Alter. (tlw. massiver Leidensdruck durch dutzende Kilo zu viel, Entzündungen von Kopf bis Fuß, kaum Lebensqualität.... Permanent diesbezüglich am Jammern, aber nicht mal 3 Wochen testen wollen).
Da lässt mein "Missionierungsbedürfnis" auch schnell nach. Ich versuch dann alle paar Wochen oder Monate wieder anzuknüpfen (so quasi: steter Tropfen höhlt den Stein). Ich werde berichten, wenn es mal funktionieren sollte ;)! (ok, war ein Scherz. Manchmal macht es doch "Klick" bei den Personen. Oft genug aber nicht. Das seh ich auch bei Vitaminen - entweder jemand lässt sich rel. schnell darauf ein, oder dann gar nicht. Schalter werden umgelegt, wenn die Person Anknüpfungspunkte findet. zB eine Bekannte, die erst als sie gecheckt hat, wie viel sie beim Tierarzt für div. Vitamine für ihr Katzi liegen lässt, auch bereit war sich diesen "Luxus" gönnen. (davor war es "blöde Tablettenschluckerei")

Frauen sind mWn noch offener, vA wenn sie eine lange Diätvergangenheit hinter sich haben und zB Atkins gemacht haben. Daran kann man anknüpfen.
Aber wenn die Spiegelneuronen die ganze Zeit "das ist falsch" feuern, kann man es vergessen, bzw. ich seh ich es als "Samen säen". Wenn was draus wird: gut. Wenn nicht, na dann hab ich es zumindest versucht.
***

Insofern nochmals: Du hast es versucht. Der ältere Herr weiß, wo er Dich findet, falls er Hilfestellung benötigt - aus meiner Sicht aktuell das Optimum. (y)😊

lg togi
 
Hallo @togi
Die Frage ist auch immer, wann ist es eine Grenzüberschreitung/ein Übergriff und wann ist es "notwendig" (obwohl es als Grenzüberschreitung empfunden wird).
Wo Übergriffigkeit anfängt, ist nach meiner Erfahrung (und auch Austausch mit einer befreudeten, erfahrenen Psychologin) sehr subjektiv und sicher durch den jeweiligen Erfahrungshintergrund (speziell in der "Grundausbildung"/Frühzeit) geprägt.

Auch bei dem oben erwähnten sterbenden Menschen gab es eine schwierige Situation: ich musste ihn regelrecht im Bett festhalten. Und es war mir sooo unangenehm... Er war zappelig und wollte da immer raus, sogar Treppen steigen, konnte aber kaum noch stehen und ich war allein mit ihm. Ich habe gesagt "Du bleibst da jetzt liegen", er "so kenne ich Dich garnicht". Auch im Nachgang hat mich das noch sehr beschäftigt.

Mir ging total die Muffe (war natürlich sowieso nervlich schon sehr angespannt)... nicht auszudenken, wenn er mit seinen Knochenmetastasen noch gestürzt wäre. Ich hatte Angst, überhaupt noch zur Toilette zu gehen oder nachts zu schlafen. Zum Glück war ich ab dem Tag ab dem Abend nicht mehr allein. Ich hatte versucht, ihn mit alten Fotoalben abzulenken ("schau mal hier" und "wo war denn das?"), was er aber durchschaute und - zum Glück humorvoll - kommentierte. An der Stelle war er einzigartig mit seinem Humor noch in dieser existenziellen Situation. Das habe ich auch schon ganz anders erlebt.

Und um auf's Pflegeheim zurückzukommen - siehe Thread-Titel : Das wäre womöglich der Punkt, wo ein Bettgitter angebracht würde, was aber - wie uns der Palliativ-Care sagte - rechtlich sehr heikel ist.

Zum Glück kann man ja einfach kommunizieren und schauen, was dabei rauskommt.
Das war und ist für mich auch ein zentraler Punkt in solchen Situationen. Ich stelle meine Antennen maximal fein ein und versuche, auch subtilere Signale zu empfangen.

Quasi die Automomie respektieren, auch wenn diese zu massiven Schäden/zum Tod führen kann?
Unter Umständen ja. Die Selbstbestimmtheit gilt bis in den Tod und ich habe schon einmal eine sehr belastende Situation erlebt, wo ich das Verhalten eines Menschen für selbstschädigend gehalten habe, aber als nur "Bekannte" nichts machen konnte. Diesem Menschen wurde von der Putzfrau sogar der sozialpsychiatrische Dienst geschickt, aber auch dieser ist nur in sehr engem Rahmen befugt, jemanden "mitzunehmen", wenn er offensichtlich noch "einwilligungsfähig" ist. Die Gesetze sind hier schärfer geworden.

Insofern nochmals: Du hast es versucht. Der ältere Herr weiß, wo er Dich findet, falls er Hilfestellung benötigt - aus meiner Sicht aktuell das Optimum. (y)😊
Danke, togi. Er äußert immer wieder Dankbarkeit einfach für's "da sein" und kürzlich kam auch noch ein begeistertes Feedback zu @Oregano 's Tipp mit der Pflegehilfe-Seite.

Wie Du auch schreibst, ist das Thema "Übergriffigkeit", speziell auch "wo ist die Schnittstelle zur Fürsorglichkeit oder sogar Verantwortung" so komplex, dass wir bei Bedarf wohl einen extra Thread dazu aufmachen sollten.
 

Hallo Kate,

das ist ein umstrittenes Thema. Es gibt eine Lösung, die ich in einem Pflegeheim gesehen habe:
Ein sogenanntes Niederbett mit einer „Klingelmatraze“ davor.. Da fällt der Patient nur wenig tief und die Matraze meldet im Schwesternzimmer, daß in Zimmer X gerade jemand aus dem Bett gefallen ist.


Grüsse,
Oregano
 
e Lösung, die ich in einem Pflegeheim gesehen habe:
Ein sogenanntes Niederbett mit einer „Klingelmatraze“ davor..
Diese Lösung - allerdings ohne die "Klingelmatraze" - kenne ich sogar und steht in meiner Patientenverfügung als Vorschlag für entsprechende Situationen. Wenn's dann noch klingelt bei den Schwestern - umso besser. Das "Niederbett" dürfte allerdings höhenverstellbar sein, sonst wird's mit der Pflege schwierig.

An solchen Ideen sieht man, dass es für Vieles gute Lösungen gibt. Wobei mein Angehöriger sicherlich auch da versucht hätte, zu flüchten und bei Knochenmetastasen jede ruckartige Bewegung schon zur Qual werden kann.
 
Der ältere Herr weiß, wo er Dich findet, ...
Da gab's inzwischen auch einen gewissen Erfolg: Die Sozialstation, die einen Hausnotruf installierte, gab auf gezielte Nachfrage und Erwähnung, dass andere Pflegedienste so etwas anbieten (samt Link) zu, dass sie einen 24-Stunden-Notdienst sehr wohl anbieten. Für die von mir oben schon genannten Fälle - allerdings (verständicher Weise) nicht für "Hygiene-Unfälle". Das hatte sich zunächst anders angehört.
 
Hier kann man ziemlich transparent sehen, welcher Eigenanteil derzeit (abhängig vom Pflegegrad usw.) in den verschiedenen Heimen deutschlandweit zu bezahlen ist und welche Pflegeangebote es allgemein an einem Ort gibt:

 
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