auf deutsch ist doch das wirklich nicht schön:
József Attila
Hellsinn
Publisher: Ammann Verlag, Zürich
Year of publication: 2004
Location of the quotation: Attila József: Ein wilder Apfelbaum will ich werden -
Gedichte 1916-1937
Genre: Verse
Translated by: Daniel Muth
1
Erde vom Himmel stufig trennt
früher Dämmer, - sein reiner, linder
Ruf lockt ins Licht die los, enthemmt
rauswirbelnden Käfer und Kinder.
Kein Qualm steigt, nirgends, Wolke keine -
sie schwelt glimmhell, des Leichten Pracht!
Blätter beflogen still - wie kleine
Falter - die Bäume in der Nacht.
2
Bilder - blau, rot, gelb, wie Geschmier -
sah ich in meinen Träumen rollen,
wähnend: das sei die Ordnung hier -
im Flug war nichts verrückt, kein Pollen.
Jetzt treibt mein Traum durch meine Glieder
wie Dunst, - Ordnung herrscht draussen, hart.
Tags steigt ein Mond in mir, - nachts wieder
erscheint die Sonne innen, strahlt.
3
Schmächtig bin ich. Verzehre sonst
nur Brot. Und suche unter schwärmend
seichten Schwabbel-Seelen umsonst
was Bestimmteres als den Würfel.
Es reibt kein Braten sich, bespickt,
mir am Mund, kein Kind mir am Herzen:
die Katze fängt - noch so geschickt -
keine Maus zugleich drinnen, draußen.
4
Wie Spaltholz, dicht gehäuft, so liegt
die Welt getürmt übereinander:
es drückt und drängt, umfasst und zwickt
und würgt das eine Ding das andre -
jedes also determiniert.
Nur was nicht ist, hat reiche Sträucher.
Nur was wird, ist an Blumen reicher.
Grad das zerfällt, was existiert.
5
Am Güterbahnhof presst ich mich,
steif, hingeduckt - wie ein Stück Schweigen -
ans Unterholz; ein grauer Wegerich
streifte meinen Mund, roh-süss, eigen.
Tot belauerte ich den Wächter, seine
Regung, - als stumm sein Schatten, entlang
der Waggons, auf die hell-betaute
Kohlenberge stur übersprang.
6
Seht: hier, im Innern steckt das Leid,
doch draussen harrt des Leides Deutung.
O Wunde Welt - sie brennt, sie schreit
durch deiner Seele fiebernde Umdeutung.
Empörtes Herz wird stets gefangen sein -
frei bleibst nur, solang du verweigert
hast, ein Heim zu errichten, in dem ein
fremdester Herr schier Willkür steigert.
7
Ich hob, abendverschüttet, dann
den Blick zum Zahnradwerk der Sterne:
der Webstuhl Vergangenheit spann
Gesetze, wimpernzart, aus Zufallsfasern -
hob wieder den Blick himmelhoch,
umragt vom Kerker meiner Träume,
und sah: das vom Gesetz Gewirkte
trennt sich auf immer irgendwo.
8
Die Stille lauschte - es schlug eins.
Du könntest deine Früh betreten...
In feuchten Wänden kannst dir eben
noch Freiheit vorstellen - war meins,
mein Einfall. Doch als ich mich hebe,
seh ich: die Sterne, und der helle
Klein- und Grossbär strahlen wie Stäbe
droben, über der stummen Zelle.
9
Ich hörte weinen einst das Eisen.
Ich hörte, wie der Schauer lacht.
Ich sah Vergangenheit sich spalten,
sah: nur Bilder können vermacht
werden... dass ich nichts, nichts, nur lieben
kann, stöhnend unter meiner Last -
warum müssen wir Waffen schmieden
aus dir, Wissen, golden, vom Selbst?!
10
Gestandener Mensch ist nur jener,
der weder Mutter, noch Vater behält
im Herzen, - und der weiss, daß er das Leben
als Zugabe zum Tod erhält,
es als Fundstück rückübereignen
kann, jederzeit - darum bewährt er
es, der weder Pfaff, noch Gottvater
ist weder für sich, noch für keinen.
11
Ich hab die Seligkeit gesehen:
sie war lind, blond, drei Zentner schwer.
Es taumelte am strengen Rasen,
im Hof, ihr Ringellächeln her.
Sie stürzte in die laue Pfütze,
und grunzte fort, auf mich erpicht -
noch heute sehe ich, wie zögernd
nestelte an ihrem Flaum das Licht.
12
Ich wohne schienennah. Im Reigen
rasen hier Züge vorbei, - und ich, Wacht
haltend, seh, wie die lichten Fenster steigen
in der schaukelnd-werghaften Nacht.
So jagen im ewigen Dunkel
Tage, hellstens beleuchtet, und ich nur
stehe da, in jedem Abteil-Gefunkel -
die angelehnte schweigende Figur.