Bei Versuchsreihen, die in der Ringberg-Klinik durchgeführt wurden, konnte die BeoBachtung gemacht werden, das bei Patienten mit Zahn- und Mandelherden der Di-methyl-sulfid-Spiegel des Blutes deutlich erhöht ist Nach gründlicher Sanierung der Herde geht dieser Giftspiegel des Blutes innerhalb weniger Tage wieder auf normale Werte zurück. Diese Thioäther sind nicht nur strukturell, sondern auch wirkungsmäßig engstens verwandt mit Stickstoff-Lost und anderen „Gelb kreuz"-Kampfstoffen, wie sie im Ersten Weltkrieg zum Einsatz gekommen sind. Die extreme Toxizität der Thioäther als auch der „Gelbkreuz"-stoffe muß auf folgende Eigenschaften zurückgeführt werden:
- Sie verhalten sich schwach basisch, also „elektro-negativ", werden daher im Transit-Mesenchym bevorzugt gespeichert.
- Sie sind fett- bzw. lipoid-löslich und haben daher eine ausgesprochene Neigung. sich in den lipoid-haltigen Gerüststrukturen der Zelle - insbesondere aber der Mitochondrien — anzureichern. Die Mitochondrien werden dadurch zerstört, ihre Lipide „denaturiert".
Sie haben das Bestreben, sich mit elektro-posiliven Metallionen zu verbinden, so z. B- also mit Eisen, Cobalt, Kupfer, Magnesium und vielen „Bio-Elementen", die als Co-Effektoren bzw. Aktivatoren zahlreicher Fermente wirksam und daher auch von unbedingt lebenswichtiger Bedeutung sind.
- Sie sind äußerst widerstandsfähig gegen Oxydation, können also nur sehr langsam entgiftet werden und bleiben daher im Bindegewebe liegen.
Diese Eigenschaften charakterisieren die Thioäther als ausgesprochene Fermentgifte, die nicht nur die aeroben Atmungsvorgänge, sondern auch viele weitere fermentative Umsetzungen zu blockieren imstande sind. Wie bekanntlich von WARBURG nachgewiesen worden ist, wird die Zelle durch Zerstörung ihrer Atmungsfermente in den Mitochondrien gezwungen, sich auf die genetisch ältere Möglichkeit der Energiegewinnung - nämlich auf den Gärungsstoffwechsel — zu beschränken. Sie wird dadurch in eine Krebszelle verwandelt. Es folgt daraus, das alle chemischen Verbindungen, welche die Atmungsfermente der Zelle unwirksam machen, eine Krebserzeugende Wirksamkeit entfalten, also „Carcinogene" sind, DRUCKREY (Heidelberg) hat u. a. festgestellt, das für die Umwandlung einer Normalzelle in eine Krebszelle eine bestimmte Menge — die „Krebserzeugende" Mindestdosis - eines Carcinogens erforderlich ist. Dabei ist es ohne Belang, ob diese Giftmenge auf einmal zugeführt wird oder beliebig lange in beliebig kleineren Dosen, weil Giftwirkungen sozusagen gespeichert werden, sich also summieren. Für die Entstehung der Spontankrebse des Menschen sind in erster Linie jene Carcinogene verantwortlich zu machen,
- die schon in allerkleinsten Mengen die Atmungsfermente behindern, ohne andererseits die Zelle gleichzeitig zu zerstören,
- die außerdem in dieser minimalen Konzentration ständig im Organismus vorhanden sind, entweder in diesem entstehen oder ihm von außen zugeführt werden, die sich also während der normalen Lebenserwartung allmählich und unmerklich zur Krebserzeugend wirksamen Gesamtmenge summieren können.
Es gibt schwerlich ein Carcinogen, das diesen Forderungen ähnlich vollkommen entspricht, wie das als Bestandteil der Pulpengifte nachgewiesene Diethylsulfid. Aus jedem einzelnen der vorhandenen nervtoten Zähne werden vom Augenblick des Pulpentodes an ununterbrochen — Stunde um Stunde, Jahr für Jahr - kleinste, nichtsdestoweniger aber in der Zelle bereits atmungslähmend wirksame Mengen dieser gefährlichsten aller Gifte in die Blutbahn abgegeben. Ob wir arbeiten oder uns erholen, ob wir schlafen oder wachen, ständig stehen die Atmungsfermente unter dem Beschuß dieser Gifte.
Die ständig im Blut kreisenden Pulpengifte ziehen in erster Linie die aktivsten Gewebe des Organismus in Mitleidenschaft. Je mehr Mitochondrien eine Zelle enthält, desto stärker wird sie auch durch die Ferment hemmende Wirksamkeil der Thioäther geschädigt werden können. Gerade die lebenswichtigen Organe
- nämlich Leber, Nervensystem, endokrine Drüsen, Herz und RES bei denen unter Umständen ein Fünftel der Zellmasse aus Mitochondrien besteht, werden also in erster Linie betroffen sein. Je höher der Spiegel der Pulpengifte im Blut ist, desto schwerer sind auch die Auswirkungen.
Die Pulpengifte können auf dem Blutwege alle Zellen des Organismus erreichen und in diesen also „Zweitschäden" verursachen, auch die den Organen übergeordneten Leitsysteme stören, wodurch es noch zu einer zusätzlichen Schädigung der Organe kommt.
Die enge räumliche Verflechtung der Lymphgefäßsysteme des Kopfbereiches bringt es mit sich, daß die Zellen des Gehirns von den Giften der Kopfherde bevorzugt und ganz besonders schwer geschädigt werden können. Alle Lymphströme des Kopfbereichs fließen im Stausee des lymphatischen Rachenrings (im „WALDEYER´schen Rachenring") zusammen, um entgiftet zu werden. Entzündliche Schwellungen dieses Bereiches werden zwangsläufig eine Rückstauung der Lymphe zur Folge haben. Mit den Lymphströmen des Mund- und Rachenbereiches werden aber auch die noch unverdünnten Pulpengifte aus den Zahn- und Mandelherden in den WALDEYERschen Rachenring geschleust und im Falle einer Abflußbehinderung durch die Poren der Schädelbasis in die Lymphräume des Gehirns hinein gestaut. Die organischen Veränderungen der Hirnbasis — insbesondere aber der vegetativen Zentren des Gehirns — die MÜHLMANN (UDSSR) bei Krebskranken regelmäßig gefunden hat, könnten zwanglos als Folgen einer lebenslänglichen Schädigung durch die atmungshemmenden Herdtoxine des Kopfbereiches gedeutet werden.