Othello
Ha! Sie soll mir untreu seyn!
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Hinweg! fort! Du spannst mich auf die Folter: Ich schwör' es, es ist besser mit seinen Augen sehen, daß man betrogen wird, als nur besorgen müssen, daß man's sey.
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Was wußt' ich von ihren verstohlnen Ausschweiffungen? Ich sah sie nicht, ich dachte nicht daran, sie thaten mir kein Leid; ich schlief die Nacht darauf wohl; war ruhig und froh; ich fand Cassio's Küsse nicht auf ihren Lippen. Laßt den der bestohlen ward und das Gestohlne nicht vermißt, laßt ihn nichts davon wissen, und es ist soviel als ob er gar nicht bestohlen worden wäre.
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Und hätte das ganze Lager bis auf die Troßbuben herab, ihren holden Leib gekostet, und ich wüßte nur nichts davon, so wär' ich glüklich. Aber, o! nun auf ewig fahr wohl, Ruhe des Gemüths! Fahr wohl, Zufriedenheit! Fahret wohl, ihr mit Federbüschen geschmükten Schaaren; und du, stolzer Krieg, der die schwellende Seele mit edler Ruhmbegierde füllt: O fahret wohl! Fahret wohl wiehernde Stuten, schmetternde Trompete, Muth-erwekende Trummel, und du muntre Queer-Pfeiffe, königliches Panner, und der ganze Prunk und Pomp des glorreichen Kriegs! Und, o! ihr tödtlichen Werkzeuge, deren eherner Rachen Jupiters furchtbaren Donner nachahmt, fahret wohl! Othello's Arbeit ist gethan!
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Nichtswürdiger, sey gewiß, daß du mir beweisen kanst, daß meine Liebe eine Hure ist; sey dessen gewiß, gieb mir eine sichtbare Probe - - (Er faßt ihn wüthend an.) Oder, beym Werth der unsterblichen Seele des Menschen! es wäre dir besser, wenn du ein Hund gebohren worden wärest, als meinem aufgeschrekten Grimm zu begegnen.
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Laß mich's sehen; oder beweis es wenigstens so, daß kein Schatten eines Zweifels übrig bleibe: Oder weh deinem Leben!
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Wenn du sie unschuldig angeklagt, und mich auf diese Folterbank geschraubt hast, so bete nicht mehr, erstik dein Gewissen, häuffe Greuel auf Greuel, begeh Sünden, daß der Himmel weinen und die Erde sich entsezen muß; du kanst nichts ärgers thun, um das Maaß deiner Verdammniß voll zu machen als du schon gethan hast.
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Bey allem was in der Welt ist, ich denke mein Weib ist unschuldig, und denke sie ists nicht; ich denke du bist rechtschaffen, und denke du bist's nicht; ich will Beweis haben. Ihr Name, der so frisch war wie Dianens Antliz, ist nun so schwarz als mein eignes. Nein, wenn noch Strike, noch Dolche, noch Gift, Feuer oder Wasser in der Welt sind, so will ich diese Pein nicht länger ausstehen - - Ich wollt' ich wäre meines Schiksals gewiß!
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Jago.
Ihr legt mir eine unangenehme Pflicht auf; aber da ich mich nun einmal, aus unüberlegter Aufrichtigkeit und Freundschaft, so weit in diese Sache eingelassen habe, so will ich weiter gehen. Ich lag lezthin mit Cassio in einem Bette; ein rasender Zahn machte daß ich nicht schlafen konnte - - Es giebt eine Art von Leuten, deren Seele so schlapp ist, daß ihnen ihre geheimsten Gedanken im Schlaf entgehen. Von dieser Art ist Cassio. Er redte im Schlaf. Liebste Desdemona, hört' ich ihn sagen, laß uns vorsichtig seyn. Laß uns unser Liebes-Verständniß dem schärfsten Aug' unerforschlich machen! Und dann, gnädiger Herr, tappte er um sich, und drükte mir die Hand, rief - - O bezauberndes Geschöpf! und küßte mich dann nicht anders, als ob er Küsse, die auf meinen Lippen wüchsen, mit den Wurzeln ausziehen wollte, legte dann sein Bein über meinen Schenkel, und seufte und küßte mich, und rief, verfluchtes Schiksal, das dich dem Mohren gab!
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O daß die Elende tausend Leben hätte! Eines ist zu wenig für meine Rache. Nun seh ich endlich - - Schau, Jago, so blase ich alle meine Liebe dem Himmel zu: Sie ist weg; - - erhebe dich, schwarze Rache, aus deiner unseligen Gruft! und du, Liebe, tritt dem tyrannischen Haß deinen Thron und deine Krone ab! Wie mein Herz mir schwillt, als ob es mit lauter Natter-Zungen angefüllt wäre!
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O Blut, Blut, Blut! - -
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Niemals, Jago - - niemals sollen meine blutige Gedanken, in ungestümer Fluth sich daherwälzend, zu sanfter Liebe zurük fliessen, bis eine weite hinlängliche Rache sie verschlungen haben wird - - Das schwör' ich, (er kniet,) höre Himmel das schrekliche, unwiederrufliche Gelübd! - - Bey deiner unzerstörbaren Veste schwör' ich Rache!
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Verderben über sie, die unzüchtige Gleißnerin! oh! Verderben, Verderben über sie! Komm, geh mit mir auf die Seite, ich muß auf irgend ein schnelles Mittel denken, den schönen Teufel aus der Welt zu schaffen. Nunmehr bist du mein Lieutenant - -
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Wohl, meine liebe Gemahlin - - Himmel! wie werd ich an mich halten können! - - wie gehts euch, Desdemona? Gebt mir eure Hand; diese Hand ist feucht, Madam. Heiß, heiß, und feucht - - eine solche Hand erfordert Eingezogenheit; fasten und beten, viel Casteyung, und geistliche Uebungen; denn es ist ein feuriger, schwizender Teufel hier, der oft rebellisch wird; es ist eine gute Hand, eine freygebige Hand.
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Othello.
Du bist keine Meze?
Desdemona.
Nein, so wahr ich eine Christin bin. Wenn ein Weib, die sich für ihren Mann allein, und von jeder fremden, unkeuschen, unerlaubten Berührung rein bewahrt hat, keine Meze ist, so bin ich keine.
Othello.
Wie, auch keine Hure?
Desdemona.
Nein, so wahr ich selig zu werden wünsche!
Othello.
Ists möglich?
Desdemona.
O Himmel, sey uns gnädig!
Othello.
So bitt' ich also um Vergebung. Ich sah euch für diese abgefeimte Hure von Venedig an, die den Othello heurathete - -
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Othello.
Weg mit dir, Schandhure! Weinst du vor meinen Augen um ihn?
Desdemona.
Verbanne mich, lieber Mann, tödte mich nur nicht.
Othello.
Hinab, unzüchtiger Balg!
Desdemona.
Tödte mich morgen, laß mich nur diese Nacht noch leben.
Othello.
Nein, wenn du dich sträubst - -
Desdemona.
Nur noch eine halbe Stunde.
Othello.
Schweige, du bekommst keinen Aufschub.
Desdemona.
Nur so lang ich ein Vater Unser beten kan.
Othello.
Es ist zu spät.
(Er erstekt sie.)
E n d e