Ein Behandlungszentrum für CFS

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Paula3

An Interview With Dr. Dan Peterson
August 6, 2013

Deborah Waroff spricht mit Dr. Dan Peterson über Behandlungen, Forschung, und warum er all die Jahre an der Sache dran geblieben ist.

FRAGE: Sie haben Behandlungen für Ihre Patienten aggressiv nach vorne gebracht. Wie viele Patienten behandeln Sie derzeit mit Ampligen, und wie viele haben Sie insgesamt mit Ampligen behandelt?

Peterson: 28 Personen bekommen Ampligen, insgesamt waren es bisher 300. Was aggressive Behandlungen betrifft, so bessern sich schwer eingeschränkte Patienten nicht spontan, nicht einmal die nur mittelgradig eingeschränkten bessern sich, bevor Sie nicht irgendeine Art aggressiver Behandlung beginnen. Eine symptomatische Therapie kann enorm hilfreich sein, aber dadurch werden Patienten nicht wieder gesund, es sei denn, Sie attackieren direkt ihre Ätiologie und Pathogenese. Wir sind über Ampligen gestolpert und es ist für eine Untergruppe von Patienten sehr nützlich.

FRAGE: Vistide (Cidofovir) ist eines der am schwierigsten zu handhabenden Medikamente. Wie gehen Sie damit um?

Peterson: Ich habe eine Untergruppe von Patienten, bei denen es Anzeichen/ den Nachweis (evidence) für eine Reaktivierung von Beta-Herpesviren gibt, entweder CMV oder HHV6a oder b, und diese Untergruppe braucht ein sehr potentes Virostatikum, vor allem, wenn sie die Viren in der Rückenmarksflüssigkeit haben. Für Beta-Herpesviren haben wir nur einige wenige orale Medikamenten und die sind nicht sonderlich effektiv, Foscarnet, das sehr schwierig zu verabreichen ist, und Vistide, das ein bißchen einfacher in der Handhabung ist, weil die Infusion nur alle zwei Wochen gegeben werden muß. Insgesamt habe ich 65 Personen nach diesem Protokoll behandelt, was relativ zur Welt CFS-Kranker, nicht sehr viele sind. Aber einige dieser Leute haben außerordentlich positiv reagiert, sie konnten wieder zur Arbeit gehen und ein normales Leben aufnehmen.

FRAGE: Die meisten Ärzte wollen Vistide nicht benutzen, stimmt das?

Peterson: Eine Behandlung mit Vistide muss man überwachen. Sie müssen die Funktion von Niere und Leber überwachen und die Zahl der weißen Blutkörperchen. Ich glaube sogar, es ist nicht mal allgemein anerkannt, dass man Untergruppen von Patienten mit [Beta Herpesviren] überhaupt identifizieren kann.

FRAGE: Haben Sie auch Valcyte benutzt?

Peterson: Ich habe Valcyte eingesetzt. Ich gebe es für einen langen Zeitraum und folge damit dem Protokoll von Jose Montoya in Stanford. Auch dieses Protokoll muß sehr sorgfältig überwacht werden und es gibt nicht unerhebliche Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Übelkeit usw..

FRAGE: Würden Sie es wieder benutzen, jetzt wo Sie Vistide haben?

Peterson: Ich benutze es immer noch.

FRAGE: Aus meiner persönlichen Erfahrung helfen [Virostatika] eine Weile, werden dann aber unwirksam. Gilt das allgemein?

Peterson: Herpesviren können wir niemals richtig heilen, d.h. die Patienten gehen in Remission und dann können sie einen Rückfall haben. Dieses Muster bestätigt sich auch bei Patienten, die mit Vistide behandelt werden. Seit kurzem kombiniere ich Therapien und füge Immunglobuline oder Ampligen oder andere Mittel mit nicht unerheblichem Erfolg hinzu.

FRAGE: Was ist der längste Zeitraum, den Sie einen Patient in gutem Zustand halten konnten?

Peterson: Bisher spreche ich von drei oder vier Jahren, aber ich meine dabei eine nahezu vollständige Remission. Ich werde häufig gefragt, "Ist das heilbar?" Ich kann nicht behaupten, dass es heilbar ist, aber [die Kombination von Therapien] ist in der Lage ist, die Symptome zu lindern, so dass Menschen in eine Vollzeitbeschäftigung zurückkehren können, was ziemlich beeindruckend ist.

FRAGE: sind Sie gespannt auf CMX001

Peterson: Wenn Biopharm einen Markt sieht, ist es großartig, darum erwarte ich bessere Medikamente für alle Patienten mit CFS, nicht nur für die Untergruppe mit immunologischen Auffälligkeiten. Aber sie sind nicht furchtbar interessiert, weil sie das Marktpotenzial [noch] nicht erkennen, denke ich. Sie können noch keinen biologischen Marker und keine Endpunkte greifen. Alle diese Dinge sind außerordentlich wichtig, wenn man versucht, die pharrmazeutische Industrie für etwas zur interessieren. Und bei einem Medikament, das bereits eine Zulassung hat, gibt es für sie keinen Anreiz für eine Studie.

FRAGE: Gibt es irgendwelche anderen Immunbooster, für die Sie sich interessieren?

Peterson
: Gammaglobuline intravenös. Ein neues Gebiet, von dem ich begeistert bin, sind die Zytokin-Blocker und der Immun-Modulator Rituximab, die viel Presse bekommen hat. Hoffentlich wird bald eine viel größere Rituximab-Studie durchgeführt. Meine Sorge bei Rituximab ist, dass ich nicht sagen kann, wer positiv auf das Medikament reagieren wird. Es wäre schön, wenn wir Leitlinien für Zugangskriterien ect. hätten und den Patienten vorhersagen könnten, ob sie positiv reagieren werden oder nicht. Die Nebenwirkungen können erheblich sein.

FRAGE: Wenn Sie alles Geld der Welt hätten, in welche Richtung würden Sie jetzt steuern?

Peterson: Ich würde das Geld in Exzellenz-Zentren investieren. Der Grund dafür ist, dass Hausärzte mit dieser Krankheit überfordert sind. Es ist zu kompliziert, zu zeitaufwendig, und sie haben zu viele andere Dinge zu tun. Wenn es uns gelingt, daß Hausärzte die Krankheit erkennen und Patienten qualifizieren, dann muß es einen Ort geben, wo sie sie hin überweisen können. Ich sehe überall in der Welt einen großen Bedarf an Menschen, die eine spezielle Versorgung brauchen, solange bis die Erkrankung irgendwann einfacher zu managen sein wird. HIV zum Beispiel ist eine sehr überschaubare Krankheit geworden. Aber CFS/ME ist weit davon entfernt.

FRAGE: Was müssen wir tun, um dahin zu kommen?

Peterson: Ich denke, es ist klar, dass dies keine einheitliche Krankheit ist. Und ich denke auch, daß es richtig ist, daß die CDC versuchen, Untergruppen zu verstehen und diese sowohl biologisch als auch anhand von Symptomen neu zu definieren. Die Dinge würden schneller vorankommen, wenn wir das täten. Was eine allgemeingültige Definition betrifft, so wäre eine solche zwar enorm hilfreich, aber wir scheinen eine Menge Schwierigkeiten zu haben, dahin zu kommen.

FRAGE: Gibt es ein oder zwei Untergruppen, die dominieren?

Peterson: Es scheint einen echten Unterschied zwischen Menschen zu geben, die einen akuten und solchen die einen allmählichen Beginn hatten. Etwa 15 % der Menschen, die ich sehe, haben aktive [Virus-]Infektionen der einen oder anderen Art. Sie sind eindeutig behandelbar und sie sollten erkannt werden. Dann gibt es Personen, bei denen begann die Erkrankung nach einer industriellen Exposition oder durch Schwermetall- Toxizität oder nach einer Impfung oder einer Transfusion. Das sind alles Untergruppen, die man identifizieren kann, und die womöglich unterschiedlich behandelt werden sollten.

FRAGE: Warum hat das Chronic Fatigue Syndrom die Gegend des Lake Tahoe getroffen? Kommen immer noch Menschen von dort zu Ihnen?

Peterson: Nicht aus der Gegend. Was lokal war, ist aufgetaucht und wieder verschwunden. Irgendein Virus zog damals durch diese Gemeinde, hat empfängliche Menschen getroffen und ist dann wieder verschwunden. Zu mir kommen heute vor allem Menschen von weit her.

FRAGE: Was brauchen Sie, um Exzellenz-Zentren einzurichten?

Peterson: Das Konzept der Translationalen Medizin ist sehr gut, wo Grundlagenforscher mit Klinikern zusammenarbeiten – ganz besonders bei dieser Erkrankung, wo es nicht viel gegenseitiges Verständnis zwischen Wissenschaftlern und Klinikern oder der Pharmaindustrie für diese Angelegenheit gibt. Es wäre machbar, denn es gibt Exzellenz-Zentren für Brustkrebs, für MS, für ALS, gehen Sie einfach die Liste runter. Man kann ein solches Modell errichten, wenn Unterstützung dafür vorhanden ist.

FRAGE: Wären nicht große medizinische Zentren ein guter Ort für den Anfang wie Stanford oder Duke?

Peterson: Traditionell waren große medizinische Zentren Quellen für Kompetenzzentren. Aber sie arbeiten sehr langsam, und sie haben sehr hohe Betriebskosten. Und die Finanzierung [solcher Zentren] war immer nur kurzfristig [gesichert]. Einige Leute haben solche Pläne begonnen und dann sind ihnen die Mittel ausgegangen.

FRAGE: Bei Krankheiten kommen die meisten Forschungsgelder aus privater Förderung. Ist das ein Vorteil gegenüber staatliche Finanzierung?

Peterson: Private Finanzierung ist sehr effizient. Sie kann gezielt eingesetzt werden und ist unter bestimmten Bedingungen einfacher zu bekommen. Aber hier handelt es sich um ein nationales Problem und das sollte auf nationaler Ebene unterstützt werden. Aber ich verstehe, dass mit Budgetbeschränkungen immer weniger zur Verfügung steht, insbesondere für diese verwaisten Krankheiten.

FRAGE: Könnten nicht die gleichen Forscher, die an MS, Lymphomen oder HIV forschen nicht auch mit wenig zusätzlichem Geld an CFS/ME forschen?

Peterson: Das können Sie nur schwer jemandem verkaufen. Das hat mit dem Stigma von CFS/ME zu tun. Dieser Name verharmlost die Krankheit bloß. Das Fehlen eines eindeutigen biologischen Markers hält Forscher ab, genauso wie die kurzen Budget-Zeiträume, und die niedrigen Dollarbeträge. Mit einem kleinen Zuschuss kommen Sie nirgendwo hin mit dieser Krankheit. Man braucht große Patientenzahlen, darum unterstütze ich voll und ganz die OMI mit seiner Idee, viele Ärzte zusammenzubringen und alle unsere Patienten hinzuzufügen. Wenn man über Dinge wie Genom-Studien spricht, braucht es eine große Zahl an Patienten, damit die Ergebnisse statistisch valide sind. Das gleiche gilt für Behandlungs-Studien. Es ist sehr schwierig, durch kleine Behandlungs-Studien Wirksamkeit zu demonstrieren.

FRAGE: Gibt es irgendeine Möglichkeit, damit Forscher sich auf etwas anderes fokussieren als Blut? Zum Beispiel Lymphknoten?

Peterson: Die Studien von Ian Lipkin an der Columbia Universität untersuchen auch andere Gewebe – Speichel, Urin, Rückenmarksflüssigkeit. Ich denke, er ist vermutlich einer der Ersten, der das macht.
Ich bin wirklich begeistert von dieser Forschung. Hoffentlich kann er uns mit biologischen Markern oder Pathogenen oder möglicher Autoimmunität und den Signalwegen von Chemokinen und Zytokinen helfen. Ich weiß, dass er auf allen diesen Pfaden arbeitet. Wir brauchen Leute mit seiner Art von Kompetenz und Qualität, um auf diesem Gebiet zu forschen
.

FRAGE: Wie haben Sie es all die Jahre trotz eines völligen Mangels an Unterstützung ausgehalten und haben weiter geackert?

Peterson: Das werde ich häufig gefragt. Die beste Antwort, die ich geben kann ist die, dass da immer noch eine wichtige Wahrheit ist, die wir finden müssen. Denken Sie daran, ich habe gesehen, wie vollkommen gesunde Menschen invalide wurden, und nichts kann mich je davon überzeugen, dass dies kein pathophysiologischer Prozess war. Ich habe die Antwort zwar schon vor langer Zeit erwartet, aber heute suche ich immer noch danach. Dase Zweite ist, dass Entdeckungen immer zu einem vorbereiteten Geist kommt. Wir brauchen intellektuelle Neugier. Wir brauchen Leute, die Fragen dazu stellen und es so weitertreiben. Ich sehe das Ende dieser Geschichte noch nicht und deshalb bin ich immer noch in diesem Feld.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Danke fürs Posten, Peterson scheint einer der wenigen zu sein die die Krankheit einigermaßen gut verstehen und auch gezielt behandeln ohne wilde Versprechungen und falsche Hoffnungen zu wecken. Hätte ich die Möglichkeit, würde ich ihn auch konsultieren, leider bin ich aber nicht in der Lage dazu.
 
Schön, daß es wenigstens eine Reaktion auf den Beitrag gibt.

Auch ich finde das ein selten gutes Interview und Dan Peterson einen wirklichen Ausnahme-Arzt. Sachlich, informativ benennt er Fakten und Situation und man merkt, daß ihm die verwaisten Patienten nicht egal sind. Und das über so viele Jahre. Wenn es nicht auch solche Ärzte gäbe, müßte man wirklich verzweifel.
 
Schön, daß es wenigstens eine Reaktion auf den Beitrag gibt.

Auch ich finde das ein selten gutes Interview und Dan Peterson einen wirklichen Ausnahme-Arzt. Sachlich, informativ benennt er Fakten und Situation und man merkt, daß ihm die verwaisten Patienten nicht egal sind. Und das über so viele Jahre. Wenn es nicht auch solche Ärzte gäbe, müßte man wirklich verzweifel.

wo gibt es in Deutschland auch solche Ärzte ?????????????? Ich kenn keinen
 
Ja , Dan Peterson scheint wirklich engagiert zu sein, ohne die typischen Scheuklappen , der meisten deutschen Ärzte.
 
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