Wie die Pharmaindustrie die Forschung kauft

alibiorangerl

MᴏᴅᴇʀᴀᴛᴏʀɪN
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Wuhu,
hier bei Thema | Deutschlandradio Kultur fand ich ein - äh - interessantes Interview:
06.07.2011
[Foto]Kliche: Breite Bereitschaft, sich von externen Kräften abhängig zu machen (Bild: AP)

Wie die Pharmaindustrie die Forschung kauft
Wissenschaftler spricht über "neue Form von Korruption"
Thomas Kliche im Gespräch mit Alexandra Mangel

Der Politikpsychologe Thomas Kliche untersucht die verdeckten Methoden der Korruption in der Gesundheitsforschung durch die Industrie. Beide Seiten wüssten, wie das Spiel laufe, sagt der Wissenschaftler, "offiziell und unterhalb der Kriminalitätsgrenze".

Alexandra Mangel: Die Pharmaindustrie verfügt heute über ein breites Arsenal von Methoden und Strategien, mit denen sie gezielt die Gesundheitsforschung in Deutschland beeinflusst. Wie tief die Industrie damit in die Strukturen des wissenschaftlichen Betriebs vorgedrungen ist und welche entscheidende Rolle dabei die Drittmittel, also die privaten Mittel spielen, auf die öffentliche Forschung heute mehr denn je angewiesen ist, das hat der Politikpsychologe Thomas Kliche von der Hochschule Magdeburg-Stendal untersucht, und er ist jetzt unser Gast. Herzlich Willkommen, Herr Kliche!

Thomas Kliche: Hallo, Frau Mangel!

Mangel: Die deutsche Wissenschaft ist in letzter Zeit durch spektakuläre Plagiatsfälle ins Zwielicht geraten, also durch das wissenschaftliche Fehlverhalten Einzelner, das von der Forschung ja auch klar als Fehlverhalten geahndet wird. Sie schildern in Ihrer Studie aber, wie systematisch Institute, Lehrstühle, Kolloquien oder Studien von der Pharmaindustrie gesponsert werden, wie dadurch Forschungsergebnisse und Forschungsthemen beeinflusst werden, ohne dass es einen Aufschrei in der Wissenschaft gibt. Wie kann das sein?

Kliche: Guttenberg und Mehrin und solche Leute sind ja eigentlich Auslaufmodelle, das sind ja im Grunde betuliche, fast mitleiderregende, altmodische Formen von Guttenbergisieren eben. Das läuft heute alles viel industrialisierter. Abschreiben ist altmodisch. Die Abschreiber haben ja selber gesagt: Hey, es stand im Erstgutachten und die Unis haben es gewusst. Das heißt, diese Fälle zeigen: Da ist in der Wissenschaft so eine breite Bereitschaft, sich von externen Kräften abhängig zu machen, weil man weiß, man braucht deren Geld. Und tatsächlich gibt es konservative Schätzungen, die sagen: Ungefähr ein Viertel aller Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften enthält mehr oder weniger fehlerhafte, manipulierte Daten. Selbst wenn wir hochrechnen, haben wir mindestens eine satte Fälschung in jeder Zeitschrift alle fünf Jahre. Also das sind inzwischen Phänomene von einer Größenordnung, die über einzelnes Abschreiben weit hinausgeht. Das Abschreiben selber ist eher ein Indiz für den Verlust des inneren Kompasses der Wissenschaft. Wissenschaft soll ja Wahrheit herstellen, Wahrheit finden, und wenn man die einfach mal ein bisschen klaut, dann ist von der Wahrheit nicht mehr viel übrig, und diese Haltung, die ist bedrückend.

Mangel: Aber bei den Prozentzahlen, auf die Sie hinweisen, scheint es ja eher so, als habe der akademische Betrieb da seinen Kompass verloren.

Kliche: Der ganze Betrieb ist in weiten Teilen stark von Mitteln beeinflusst ohne das zu merken, aber durchaus mit so halboffenen Augen, na, wir wollen das gar nicht so genau sehen. Auch in Deutschland fließen da immer noch Hunderttausende bis Millionen in sehr viele Institute, die zu einem großen Teil inzwischen von Drittmitteln abhängig sind. Sie müssen sich klar machen: Da gibt es an deutschen Uniklinika Institute, die hängen zu drei Vierteln von den Drittmitteln ab, das heißt: Die Existenz, die Arbeitsplätze, die Karrieren der jungen Kolleginnen und Kollegen sind unmittelbar davon abhängig, dass irgendein Auftraggeber sagt, ihr kriegt Geld von mir und dann macht ihr was für mich. Und der Mechanismus funktioniert im Einzelnen so: Da werden nicht alle Studien gefälscht, aber es werden Daten mal weggelassen, es werden Daten mal weniger deutlich veröffentlicht. Tatsächlich kann man international zeigen: Die Bereitschaft, positive Ergebnisse zu bringen, ist bei Studien, die von der Industrie bezahlt werden, deutlich höher als bei anderen Studien. Und das beeinflusst inzwischen die Forschungslagen in ganzen Feldern, Beispiel Antidepressiva.

Mangel: Genau, können Sie dieses Beispiel der Antidepressiva mal ausführen? Wie funktioniert die Einflussnahme da konkret?

Kliche: Ein Viertel der Studien in den USA in den letzten 20 Jahren ist in der Schublade geblieben, und das waren alles Studien, die von der Industrie bezahlt worden waren. In der Schublade geblieben sind die Studien, die Wirkungslosigkeit gezeigt haben. Wenn man die reinrechnet, dann bleibt von der Wirksamkeit der Antidepressiva in vielen Fällen gar nicht viel übrig, auf die Hälfte kollabiert, zum Teil noch mehr, das heißt: Ein großer Teil der Wirkungen, die die Antidepressiva angeblich hatten, ist wahrscheinlich auf Placebo-Effekte zurückzuführen. Daraus folgt eigentlich: Im Grunde müsste man Psychotherapie verschreiben und nicht Antidepressiva, aber das freut die Pharmaindustrie nicht, und deshalb wird sie weiterhin versuchen, unterirdisch ganze Institute oder Forschungsfachgesellschaften zu kaufen, zum Beispiel so: Sie gibt 50.000 Euro aus bei der American Psychiatric Association aus, also bei den Psychiatern, und dafür kriegt sie dann so ein Panel, eine Arbeitsgruppe auf einem Kongress, und darf sogar kontrollieren, welche Vorträge da gehalten werden. Oder sie finanziert Fortbildungen, am besten gleich mit Familienurlaub. Oder sie stiftet Beiräte, und in den Beiräten sitzen dann Opinion Leaders, und die kriegen ein feistes Honorar. In den USA wird inzwischen von Insidern geschätzt, dass drei Viertel aller führenden Forscher von der Pharmaindustrie direkt beeinflusst werden.

Mangel: Drei Viertel! Sie beschreiben ja auch, wie tiefgreifend die Industrie die Ausbildung von Medizinern mit gestaltet. Wie läuft das ab, also wie hat man sich den Umgang zwischen Firmenvertretern und Wissenschaftlern da vorzustellen?

Kliche: Antizipativ. Also ich glaube, der Schlüssel für diese neue Art von Austausch und diese neue Form von Korruption ist: Beide Seiten sind sehr schlau, beide Seiten müssen nicht offen sagen, ich gebe dir Geld und du fälschst dafür meine Daten, sondern beide Seiten wissen, wie das Spiel läuft. Also zwei Beispiele: Schweinegrippe oder HPV-, Gebärmutterhalskrebs-Impfung. In beiden Fällen sind Entscheidungen in öffentlichen Gremien getroffen worden, die den Steuerzahler beziehungsweise den Versicherten Milliarden kosten. In beiden Fällen ist sehr kurz nach der Entscheidung ein führendes Mitglied dieser Gremien direkt zu der Firma gegangen, die das Zeug verkauft. Natürlich gab es da keinen Deal im Sinne von "Hey, du beeinflusst die Gremien und wir geben dir dafür nachher den dollen Job, wo du drei Mal so viel verdienst!", - aber es spricht sich herum: Wenn man mit den richtigen Leuten gut steht, hat man gute Aussichten. Und deshalb ist die Vorwegnahme solcher Aussichten, die Vorwegnahme von Karrierechancen, die Vorwegnahme von Drittmittelakquise, die wiederum für die Karriere wichtig ist, der Schlüssel dieser Art von Korruption - und sie geht eben nicht mehr über Einzelne, die gewissermaßen in verrauchten Hinterzimmern schmierige Geldumschläge austauschen, sondern sie läuft ganz offiziell und unterhalb der Kriminalitätsgrenze.

Mangel: Wenn Sie sagen, drei Viertel aller Gesundheitsforscher seien auf solche oder andere Weise von der Pharmaindustrie beeinflusst - wie können Sie denn solche Zahlen überhaupt ermitteln?

Kliche: Da gibt es verschiedene Datenquellen. Erstens: Sie fragen Insider, die danach öffentlich ihre Kenntnisse ausbreiten. Die sind sehr selten, die kriegen nämlich keinen Fuß mehr auf den Boden, und sie lösen auch Gegenreaktionen aus. Zweitens: Sie untersuchen im Nachhinein Veröffentlichungslagen weltweit mit Reviews, also Metaanalysen, wo Sie ganz viele Studien zusammenfassen und zum Beispiel mal gucken: Was kommt bei Studien raus, die von der Industrie finanziert worden sind, was kommt bei unabhängigen Studien raus. Und da gibt es Unterschiede. Und dann können Sie auch noch ausrechnen, welche Merkmale und welche Zahlen von Forschern Sie in diesen Studien drin haben, und da kommen schon sehr substanzielle Mängel zusammen.

Mangel: Wir sprechen im "Radiofeuilleton" mit dem Politikpsychologen Thomas Kliche. Er hat untersucht, wie deutsche Gesundheitsforscher von der Pharmaindustrie beeinflusst werden. Herr Kliche, welchen Ausweg sehen Sie denn jetzt, also lässt sich das Problem überhaupt lösen, wenn der Anteil der privaten Finanzierung nicht runtergefahren wird?

Kliche: Das ist eine schwierige Frage, vor der gerade die ganze deutsche Gesundheitsforschung steht. Es gibt da zwei Tendenzen. Die eine ist satte Verharmlosung. Da gibt es in der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften eine Bewegung für evidenzbasierte Medizin, die eigentlich ganz toll ist - die haben jetzt aber gerade ein Papier gemacht, man sollte doch bitte schön zwischen echter Korruption und Fehlverhalten, was halt mal passieren könnte, unterscheiden. Also eine Möglichkeit ist, das Ganze zu verharmlosen und zu sagen, na ja, irgendwie kriegen wir das schon hin. Die andere Möglichkeit wird in den USA diskutiert. Die sagen: Dieses ganze System der Fachgesellschaften ist eigentlich dramatisch reformbedürftig, da muss was Neues passieren, da muss viel mehr Transparenz, viel mehr Klarheit rein, da müssen wir einfach dafür sorgen, dass neue Strukturen eingeführt werden. Vorgeschlagen wird zum Beispiel eine Art ethischer Grundausbildung schon während des Studiums. Das hat sich eigentlich nach den Wirkungsanalysen, die wir haben, nicht sehr bewährt, denn viele junge Studierende betrachten so eine Ethikausbildung ein bisschen auch als Survivaltraining, das heißt, sie lernen dort, was man alles machen kann, und dann kennen sie es zur Not auch.

Mangel: Gibt es denn eine solche Debatte auch schon an den deutschen Universitäten?

Kliche: Jein, es gibt gerade eine größere Initiative der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zur Absicherung des Mittelbaus, und das hat ja auf den ersten Blick erst mal nichts mit Korruption in der Wissenschaft zu tun. Tatsächlich ist es aber so: Wenn Sie den Mittelbau stärken und unabhängig machen würden, dann hätten Sie mehr Chancen, dass Leute Karten auf den Tisch legen und mal was aus dem Nähkästchen plaudern. Denn im Moment ist es so: Diese Hinweisgebersysteme, Whistleblowing-Systeme, die funktionieren in der Wissenschaft überhaupt nicht.

Mangel: Die Ombudsleute.

Kliche: Die Ombudsleute - bei der DFG, da ist nichts los, aus mehreren Gründen: Wer genau über eine Studie Bescheid weiß und die nachher denunziert, der bringt sich selbst natürlich auch in die Schusslinie. Das heißt, das Institut rückt zusammen und er ist draußen, und das weiß er auch.

Mangel: Das heißt, die ganzen Strukturen müssen da reformiert werden.

Kliche: Ja, und deshalb wäre eine Stärkung des Mittelbaus eigentlich eine gute Initiative, und man müsste auch überlegen, ob man in wissenschaftliche Fachgesellschaften vielleicht so was reinsetzt wie Rundfunkräte. Bei allem Ärger, den man über Rundfunkräte hatte, sie haben doch eins erreicht: Sie haben so was wie einen gesellschaftlichen Blick in die Medien gebracht und eine gesellschaftliche Verantwortung. Und das wäre auch in der Wissenschaft glaube ich gar nicht schlecht. Ein letzter Punkt, für Deutschland glaube ich empfindlich: Wir brauchen unabhängige Forschungseinrichtungen. Das ist in Deutschland das IQWiG, und da hatten wir ja einen Leiterwechsel, der letzte Leiter hat sich sehr mit der Pharmaindustrie angelegt und er ist dann über eine Dienstwagenaffäre gestolpert. Das hatte auch ein Geschmäckle. Der Neue ist auch sehr kompetent, aber ganz, ganz wichtig ist, dass wir solche unabhängigen Forschungseinrichtungen auch finanziell so ausstatten, dass sie wirklich mit der Pharmaindustrie mithalten können.

Mangel: Thomas Kliche, Politikpsychologe an der Hochschule Magdeburg-Stendal über die verdeckten Methoden der Korruption in der deutschen Gesundheitsforschung und, das sei noch nachgetragen, beim eben erwähnten IQWiG handelt es sich um das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.
Tja, es gibt bereits "wissenschaftliche Untersuchung/en" zur sog Pharma-Mafia...
:cool:
 
Danke alibiorangerl,

dass Du diesen wichtigen Beitrag hier hereingestellt hast.

Segensgrüße
sidisch
 
Wuhu,
wie so oft zu diesem Thema - "ohne Worte":

buehner-team.de/hinterfragennachlesenundinformieren/daspharmakartell/daspharmakartell.php schrieb:
Das Pharmakartell

Wie wir Patienten belogen werden

Der Pate des internationalen Pharma-Kartells... Über seine Hausbank, die Chase Morgan, kontrolliert er die größten Pharma-Konzerne der Welt mit einem Jahresumsatz von mehreren Hundert Milliarden Euro. Der Wert dieser Firmen ist größer als das Bruttoinlandsprodukt der ärmsten 120 Länder der Erde.

Das weltweite Monopol dieses Betrugsgeschäfts übt das Pharma-Kartell über drei Länder aus, seine Hauptexportländer USA, Großbritannien und Deutschland. Das Pharma-Kartell hat ein ureigenes Interesse daran, dass die politischen Führer dieser Ländern seine Interessen mit allen Mitteln durchsetzen. Dies schließt wirtschaftliche und militärische Mittel ein.

Diese Videos sollten Sie unbedingt ansehen:
Auch wenn die meisten Medienberichte heute nach politisch korrekter Vorgabe erstellt und veröffentlicht werden. Es gibt hin und wieder noch einige wenige Ausnahmen. Manche dieser Ausnahmen und Wahrheiten sollte man im Fernsehen auf keinen Fall verpassen, so wie die folgende Dokumentation “Das Pharmakartell” von der Redaktion von Frontal21, ausgestrahlt im Dezember 2008 in ZDF INFO.

Sehen Sie, wie Staatsanwaltschaften ins Leere laufen, Menschen bedroht und Redaktionen “gekauft” werden, sowie gefährliche Medikamente in den Markt “gedrückt” werden… ERSCHRECKEND aber wahr!
video.google.com/videoplay?docid=112778823151951450
["Dieses Video steht möglicherweise nicht zur Verfügung."]

Wer nach dieser Sendung immer noch glaubt, der mächtigen Pharmaindustrie wäre an der Gesundheit und dem Wohle des Menschen gelegen, der irrt gewaltig und glaubt vermutlich auch noch an den Weihnachtsmann – so könnte ein Fazit lauten.

Der Frontalbericht fördert zutage, dass es sich seitens des Pharmakartells um Macht und Profitgier handelt.

Ohnmächtig sieht die Politik zu, was vermutlich alleine schon deshalb notwendig ist, um Arbeitsplätze zu sichern und damit die Pharmaindustrie ständig expandieren kann, um am Weltmarkt weiter zu bestehen.

“Um Gesundheit geht es der Pharmaindustrie schon lange nicht mehr” behaupten Insider. Es geht um Zahlen, Bilanzen und mächtige Gewinne.

Produkte werden hergestellt, um sie gewinnbringend zu verkaufen und die Zahlen belegen eindeutig, dass der Markt um immer teurere Medikamente boomt. Patient Nebensache.

Die Abgabe von Medikamenten in verschwenderischer Menge, deren Restmengen oftmals entweder im Müll landen oder als Übermedikation zum Nachteil des Patienten gereichen, sind nicht nur ein erhebliches finanzielles Fiasko für die Allgemeinheit.

Es zeigt auch den Umgang der modernen Wegwerfgesellschaft mit der Ressource Mensch und Umwelt und bestätigt die Einstellung: Nach uns die Sintflut.

Was wäre denn, wenn tatsächlich die Erhaltung der Gesundheit an höchster Stelle stünde und die Verschwendung durch Abgabe von Einzeldosen, dem sogenannten Unit-Dose System, wie es in den USA bereits praktiziert wird, Kosten einsparen würde?

Der Pharmaindustrie würden Millionengewinne entgehen.

Dazu kommt nach das Märchen das Arzneimittel vor der Zulassung geprüft würden… Dazu gibt es unter anderem die EMEA - die Europäische Arzneimittelagentur. Doch diese wird zum größten Teil von der Pharmaindustrie finanziert.

Ja, Sie haben richtig gelesen. Die Behörde, die über die Zulassung der Arzneimittel entscheiden soll, wird von den Arzneimittelherstellern bezahlt. Das ist ungefähr so, als sollten sich die Täter in einem Prozess selbst richten. Eine Farce – wie nur ich meine.

Mehr dazu sehen in diesem Beitrag von Frontal 21:

Das.Pharmakartell.-.Wie.Patienten.betrogen.werden - youtube.com/watch?v=W5L6yuxnLis

Die bittere Pille bezahlt der Patient, wie immer mehr Medikamentenskandale zeigen. Der neueste Fall von Bestechung könnte sich im Fall des Medizinnobelpreises 2008 zeigen. Lesen Sie hierzu auch den Beitrag: Bestechung und Korruption im Fall des Nobelpreises für Medizin?

Sie halten die Berichte von Frontal 21 für einseitig?

Vielleicht sitzen bei Frontal 21 ja ein paar Pharmagegner? Nein.

Wenn Sie noch nicht genug haben, sehen Sie sich diese Aussagen an:

Die Büttel der Pharma Industrie - YouTube

Nehmen Sie sich bitte immer die Zeit und prüfen alles das, was Ihnen als so genannte Wahrheit in Presse- und/oder Rundfunk- und Fernsehberichten oder im Internet als seriöser Bericht und/oder wissenschaftliche Studie präsentiert wird. Wer sich grundsätzlich , so es irgend geht, an Mutter Natur hält, ist ganz klar immer auf der sicheren Seite.

...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Also echt. Du schreibst das hier, als wären das die Neuigkeiten schlechthin.:D

Dabei werden in dem Video Dinge gezeigt, die sind schon Jahre alt und jeder Interessierte kennt sie schon längstens.

Neu daran ist nichtmal, dass man dazu eine Reportage zeigt, denn schon seit Jahren werden pharmakritische Reportagen im deutschen TV gezeigt.

Man muss mMn. blind, taub und vollkommen ignorant sein, wenn man diese "Neuigkeit" noch nicht schon längstens realisiert hat.

Über gefälschte oder nicht veröffentlichte Studien waren vor ein paar Jahren zudem die Medien voll.

Es ist nur alles noch viel schlimmer, als es überhaupt dargestellt werden kann.

Ganz gut wiedergegeben wird es mMn. hier:
Selbstbewusste Patienten leben länger

Wobei das jetzt auch nicht das erfasst, was sonst noch so läuft, wie amputierte Brüste bei gesunden Frauen mit Chemo und CO.
Dazu solltest Du mal das gleichnamige Buch lesen, dass irgendwo online kostenfrei downzuloaden ist.

Traue nie einem Arzt, denn er ist der Handlanger von Pharma und genau das ist es, was er während seinem Studium lernt.
Und auch wenn er dich impft, dann tut er das nicht umsonst, denn das ist eine gesondert zu vergütende Leistung.
 
Auch schon älter
Pharma-Praktiken aufdecken"
Pharmafirmen arbeiten mit Guerilla-Methoden, Ärzte lassen sich kaufen, aus Krankheiten wird Profit geschlagen - "Korrupte Medizin" heißt das neue Buch des Medizinjournalisten Hans Weiss - ein STANDARD-Interview

Weiss: Eigentlich nicht. Ich bin seit 27 Jahren Autor und habe viele Enthüllungsbücher geschrieben.
In all dieser Zeit habe ich insgesamt 100 Klagen oder Klagsandrohungen erhalten. Bisher habe ich kein einziges Verfahren verloren. Ich habe von Beginn dieses Projektes mit meinem Anwalt zusammengearbeitet, insofern bin ich gelassen.

STANDARD: Wie lange haben Sie recherchiert?
Weiss: Drei Jahre, der aufwändigste Teil war eine halbjährige Ausbildung zum Pharmareferenten in Deutschland. Ich habe sehr viel Geld in dieses Buchprojekt investiert.

STANDARD: Sie haben undercover zum Teil als Pharmareferent recherchiert. Wäre es eigentlich auch ohne Tarnung möglich gewesen?
Weiss: Nein, denn ich wollte die Geschäftspraktiken von Pharmafirmen und ihr Verhältnis zu Ärzten aufdecken, das wäre ohne Tarnung nicht möglich gewesen. Das Bild, das die Pharmaindustrie der Öffentlichkeit vermittelt, ist reine Propaganda.

STANDARD: Wie können Sie das pauschal behaupten?
Weiss: Das kann ich, weil es die Protagonisten auf pharmainternen Veranstaltungen untereinander ja ganz offen selbst ansprechen.
Auf einem Kongress in Barcelona gaben die Vertreter der Branche unumwunden zu, dass es kaum Innovationen gibt, dass es ausschließlich um den Geschäftserfolg geht und die meisten Medikamente sogenannte Me-too-Präparate, also Nachahmerprodukte, sind.

STANDARD: Jede Pharmafirma weist aber Forschungsbudgets aus.
Weiss: Klar tun sie das, meistens zwischen zehn und 25 Prozent des Umsatzes, aber es kontrolliert niemand.
2005 gab es einen Bericht der britischen Regierung, deren Untersuchungskomitee klar feststellt, dass zwischen Forschung und Marketing in dieser Branche die Grenzen fließend sind.

STANDARD: Sie machen der Pharmaindustrie deren marktwirtschaftliches Vorgehen zum Vorwurf?
Weiss: Ja, weil sie keine Konsumgüter herstellen, sondern Medikamente. Da geht es schnell um Leben und Tod.
Medizinische Forschung bringt ja nicht immer positive Ergebnisse. Da gibt es Rückschläge. Je mehr Geld in ein Medikament investiert wurde, umso bitterer ist es, das wieder aufzugeben. Meine Erfahrung: Im Zwiespalt zwischen Ethik und Geschäft siegt im Zweifel immer das Geschäft.

STANDARD: Sind die notwendigen Medikamentenstudien denn nicht aussagekräftig?
Weiss: Das Problem ist, dass sie von den Firmen selbst durchgeführt werden.
Sie kontrollieren den Prozess bis zur Zulassung selbst. Da gibt es viele Möglichkeiten für Manipulationen, die ausgenutzt werden.

STANDARD: Kontrollieren die Ethikkommissionen das nicht? Sie müssen ja jede Studien, die durchgeführt wird, immer bewilligen.
Weiss: Da gibt es industrienahe und weniger industrienahe Ethikkommissionen, haben meine Recherchen ergeben.
Pharmafirmen wissen meist sehr genau, wo sie sich für welche Studie hinwenden müssen.

STANDARD: Dafür passieren vergleichsweise wenige Katastrophen ...
Weiss: Vielleicht erfahren es wenige.
Die Industrie setzt alles daran, solche Skandale unter den Tisch zu kehren.
Ein relativ aktuelles Beispiel ist das Blutstillungsmittel Trasylol von Bayer, ein Bestseller. Schon in den 80er-Jahren gab es Hinweise, das Medikament könnte die Todesrate von Patienten erhöhen. Es blieb am Markt, wurde wahrscheinlich an fünf bis zehn Millionen Menschen angewendet und hat vermutlich 10.000 Menschen das Leben gekostet. Erst letztes Jahr wurde es vom Markt genommen. Bayer hat daran viele Milliarden verdient.
Der eigentliche Skandal: Niemand hat Bayer zur Verantwortung gezogen. Ähnliche Skandale gab es mit dem Arthrosemittel Vioxx von Merck, letzte Woche musste das Abnehmmittel Acomplia von Sanofi-Aventis vom Markt. Von der Hormonersatztherapie für Frauen mit Wechselbeschwerden weiß man heute, dass sie für höhere Brustkrebsraten verantwortlich ist.
In allen Fällen haben immer Ärzte Werbung dafür gemacht.

STANDARD: Sie verurteilen auch das Verhalten der Ärzte ganz massiv, listen nicht nur Namen deutscher Mediziner, sondern auch einiger österreichischer Ärzte mit sehr engen Kontakten zur Pharmaindustrie auf.
Weiss: Es gibt einfach zu viele, die sich kaufen lassen.
Ein Arzt, der international wichtig ist und als Meinungsbildner gilt, kann durch Vorträge und Kongresse 200.000 bis 300.000 Dollar (ungefähr 158.000 bis 238.000 Euro, Anm.) pro Jahr dazuverdienen.
Da gibt es pharmainterne Richtlinien, die ich herausgefunden habe. Vieles davon ist dann aber als Fortbildung getarnt - auch die Fort- und Weiterbildung der Ärzte liegt in der Medizin fast ausschließlich in der Hand der Pharmaindustrie.

STANDARD: Weil es auf den Universitäten kein Geld gibt und öffentlichen Budgets hierzulande ganz generell sehr, sehr knapp bemessen sind.
Weiss: Das stimmt, und letztlich ist es natürlich ein Versagen der Politik. Nur in Amerika gibt es in einem nennenswerten Ausmaß unabhängige, weil vom Staat finanzierte Forschung. Die EU macht nichts.
Im Gegenteil: Die europäische Zulassungsbehörde EMEA ist nicht im Konsumentenschutz, sondern bei der Wirtschaft angesiedelt. Allein das sollte zu denken geben.

STANDARD: Wie ließe sich das System verändern?
Weiss: Indem man die Kommerzialisierung eindämmt; in den USA gibt es bereits dementsprechende Initiativen.
Vor allem die Marketingmaschinerie der Pharmaindustrie, allem voran der Einsatz von Pharmareferenten, müsste reduziert werden.

STANDARD: Wird die Pharmaindustrie dann aufhören zu forschen? Damit drohen viele Unternehmen am Markt immer wieder.
Weiss: Nein, die wirklichen Innovationen kommen nicht aus den großen Konzernen, sondern von kleinen Biotech-Unternehmen.
Sobald eine dieser Firmen dann ein vielversprechendes Medikament hat, werden sie gekauft.
Zum Beispiel die kalifornische Firma Genentech, die Krebsmedikamente entwickelt hat und bald vollständig dem schweizerischen Konzern Roche gehören wird.
So funktioniert die Branche. Dabei bin ich überzeugt, dass Innovation in kleineren Strukturen möglich ist. Ich habe nichts gegen Medikamente, wenn sie gut und sicher sind.
(Karin Pollack/DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2008)
Quelle: ("Pharma-Praktiken aufdecken" - Arzneimittel - derStandard.at)
Und wie ging es aktuell weiter?
Nach dem aktuellsten deutschen Urteil dürfen Pharmareferenten Ärzte beliebig und unbegrenzt bestechen, denn da Ärzte selbständige Unternehmer sind, ist es gar keine Bestechung.:)))
 
Nicht nur hier sieht man, dass die Ärzte nicht unbeteiligt sind:
Wenn Arzneimittel krank machen

Bedenkliche Trends stehen im Mittelpunkt des neuen Barmer GEK Arzneimittelreports:

Demnach erhalten knapp 14 Prozent der alkoholabhängigen Menschen in Deutschland starke Schlafmittel mit hohem zusätzlichen Suchtpotential verordnet.

Jeder dritte Demenzkranke bekommt regelmäßig starke Beruhigungsmittel – trotz erhöhtem Sterblichkeitsrisiko.

Und fast die Hälfte der 20 absatzstärksten Antibabypillen des Jahres 2010 enthalten neuartige Hormone mit einem doppelt so hohen Thromboembolierisiko wie bewährte ältere Präparate.

Der Autor der Studie, Professor Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen, sieht die Entwicklung mit Sorge: „Sowohl bei neuen patentfähigen Antibabypillen, bei Neuroleptika für demenzkranke Menschen als auch bei Benzodiazepinen für alkoholkranke Menschen gibt es seit Jahren klare Gegenanzeigen und Warnhinweise. Trotzdem wird weiter in kritischer Größenordnung verschrieben.“

Quelle: Pressemitteilung Barmer GEK, weitere Informationen zur Studie finden Sie im Internet unter der Adresse: https://www.barmer-gek.de (https://www.barmer-gek.de) -> Presse...

Auch der Spiegel veröffentlichte einen interessanten Artikel zum Thema: Barmer-Arzneimittelreport: Kassenstudie beklagt Boom bei Risiko-Medizin - SPIEGEL ONLINE (Barmer-Arzneimittelreport: Kassenstudie beklagt Boom bei Risiko-Medizin - SPIEGEL ONLINE)
 
Sondern auch hier:
Die Krankheitsverkäufer

Immer mehr Menschen werden von einer Befindlichkeitsindustrie aus Ärzten, Pharmafirmen und anderen Profiteuren im Gesundheitsmarkt krankgeredet und krankgemacht werden.

Man stelle sich vor, ein passionierter Leser der Medizinfibel Pschyrembel ließe sich aus dem Jahr 1988 in das Jahr 2008 versetzen. Dem gebildeten Kranken würden die Augen übergehen angesichts der Leidensangebote, die sich inzwischen entwickelt haben.
Schüchternheit heißt plötzlich Sozialphobie. Der Begriff Trauer ist rar geworden - das sind mittlerweile alles Depressionen. Unruhige Beine haben als Restless-Legs-Syndrom enorm Karriere gemacht. Jedes Kind bekommt jetzt eine Diagnose - kaum ein Schüler, der nicht an ADS oder ADHD leidet. Neuerdings gibt es die Aufmerksamkeitsstörung sogar für Erwachsene.

Unter der Gürtellinie hat sich auch viel getan. Aus Impotenz ist die Erektile Dysfunktion geworden. Glaubt man einschlägigen Statistiken, leiden demnächst mehr Menschen daran als es Männer gibt. Im Zuge der Gleichberechtigung haben auch Frauen eine sexuelle Störung mit Krankheitswert: Gelegentliche Lustlosigkeit ist als "Female Sexual Dysfunction" (FSD) behandlungsbedürftig.
Dutzende neue Leiden sind auf dem Markt, zudem ist die Zahl jener gestiegen, die sich mit herkömmlichen Krankheiten plagen. Der logische Schluss des Zeitreisenden aus dem Jahr 1988 würde wohl lauten: Die Welt ist kränker geworden. Eine wahrscheinlichere Erklärung ist jedoch, dass immer mehr Menschen von einer Befindlichkeitsindustrie aus Ärzten, Pharmafirmen und anderen Profiteuren im Gesundheitsmarkt krankgeredet und krankgemacht werden.

Man nehme eine Befindlichkeit ...
Dazu muss man ein Leiden gut verkaufen. Das Rezept ist einfach. Man nehme eine körperliche Befindlichkeit und behaupte, dass etwas mit ihr nicht stimme.

Dann betone man, dass viel Leid verhindert werden könnte, wenn endlich mehr Menschen therapiert würden. Im Folgenden übertreibe man die Zahl der Betroffenen; mindestens ein Drittel der Bevölkerung sollte an dem bisher unterschätzten Problem leiden.
Ein banales Symptom wie Husten, das vom grippalen Infekt bis zu Krebs alles bedeuten kann, wird sich finden, mit dem Menschen verängstigt werden können. Dann braucht man Rechenkünstler, die mit selektiver Statistik den Nutzen der Behandlung übertreiben. Unterstützend sind PR-Aktionen nötig, in denen die Therapie als risikofreies neues Wundermittel angepriesen wird. Fertig ist die neue Krankheit inklusive Behandlungsangebot.

"Disease Mongering" wird das Erfinden und Verkaufen von Krankheiten im Englischen genannt. Mongering bedeutet Handeln, Schachern und dabei einschüchtern - bei dem im Deutschen üblichen Wort Medikalisierung schwingt dieser Aspekt nicht mit.
Um immer mehr Bereiche des körperlichen, pschychischen und sozialen Erlebens als kontroll- und therapiebedürftig zu erklären, müssen Risikofaktoren bekannt gemacht werden.

Eine Schwankung des Befindens wird so schnell zu einem Leiden, das behandelt werden muss. Der Alltag steht unter permanenter Selbst- und Fremdbeobachtung. "Man versucht Leute, denen es gut geht, davon zu überzeugen, dass sie krank sind - oder leicht Kranke, dass sie schwer krank sind", so die Formel der Medizinkritikerin Lynn Payer.

Typischerweise werden dazu normale Körpererfahrungen als krankhaft gedeutet - oder die Definition einer Krankheit wird ausgeweitet, bis milde und sogar beschwerdefreie Verläufe als "Prä-Erkrankung" gelten. In jüngster Zeit wird leicht erhöhter Blutzucker immer öfter als Prä-Diabetes bezeichnet.

Viele Ärzte sehen Risikofaktoren wie erhöhtes Cholesterin schon als Krankheit selbst an. In der Folge werden Laborwerte behandelt und nicht Kranke und - im Fall des Cholesterins - wird darüber hinweggegangen, dass fast die Hälfte der Infarktopfer normale Blutfette aufweist.
Steven Woloshin und Lisa Schwartz haben gezeigt, wie das Restless-Legs-Syndrom verkauft wird. Die Pharmafirma GlaxoSmithKline will seit 2003 mehr Aufmerksamkeit für das Leiden wecken. Zunächst gab es übertriebene Presseerklärungen von Neurologenkongressen zu Erfolgen mit der Arznei Ropinirol.

Dann informierte die Firma über die "unterschätzte Krankheit, die Amerika nachts wachhält". 2005 ließ die US-Zulassungsbehörde FDA das Mittel zu, "seither wurden Millionen ausgegeben, um das Syndrom in das Bewusstsein von Ärzten wie Konsumenten zu bringen", so Woloshin.
Die Medien helfen bei der Vermarktung von Leid. In Zeitungsartikeln, die Woloshin und Schwartz untersuchten, wurde fast immer die Häufigkeit der angeblichen Erkrankung übertrieben und zu mehr Diagnose und Therapie geraten. In der Fachliteratur ist hingegen schnell zu erkennen, dass höchstens zwei und nicht zehn Prozent der Bevölkerung, wie immer wieder behauptet, an unruhigen Beinen leiden.
Doch auch von den zwei Prozent sind längst nicht alle behandlungsbedürftig. Wenn Ropinirol erwähnt wurde, kamen oft Patienten zu Wort, die dem Mittel Wunderkraft attestierten. Der fragwürdige Nutzen und Nebenwirkungen der Arznei - 38 Prozent der Patienten leiden unter Übelkeit - wurden hingegen kaum aufgegriffen.

Italienische Epidemiologen um Marina Maggini haben am Beispiel der Demenz-Forschung gezeigt, wie "Arzneien auf der Suche nach einer Krankheit" entwickelt werden. Donepezil und andere Mittel zur Behandlung von schwerem Alzheimer wurden bei anderen Formen der Demenz eingesetzt, auch wenn Beweise für die Wirksamkeit fehlten.

Um einen Effekt messen zu können, wurden 23 klinische Bewertungen und Tests ausprobiert, die zumeist nicht für die entsprechende Erkrankung anerkannt waren. Die Medikamente wurden immer häufiger verwendet, auch wenn Übersichtsstudien ergaben, dass sie bei der Mehrheit der Patienten nicht ansprachen.

Für die New Yorker Psychiaterin Leonore Tiefer ist die Pathologisierung weiblicher Lust "ein Lehrbuchbeispiel" dafür, wie Krankheiten erfunden werden. Schon bevor Viagra 1998 zugelassen wurde, suchte die Industrie nach pharmakologischen Stimuli für die Frau.

1997 fand in Cape Cod eine pharmagesponsorte Konferenz zum Thema statt: "Bewertung der weiblichen Sexualfunktion in klinischen Studien". Seitdem haben Urologen viel dafür getan, mangelnde Lust als "Female Sexual Dysfunction" (FSD) zu popularisieren.

In Boston eröffnete die Women’s Sexual Health Clinic, seit 2004 gibt es das Journal of Sexual Medicine, das Beilagen der Industrie zur FSD veröffentlicht. Willige Mediziner liefern passende Daten, wonach angeblich mehr als 40 Prozent der Frauen unter FSD leiden. Pfizer, der weltgrößte Pharmakonzern, versuchte jahrelang - letztlich vergeblich - den Markt für Viagra zu erweitern und damit die "female sexual arousal disorder" zu behandeln.

Für John Bancroft, früher Direktor des Kinsey-Instituts, sind diese Kampagnen ein "klassisches Beispiel dafür, wie weibliche Sexualität mit vorgefassten, männlichen Diagnosekriterien erfasst werden soll".

Auch die bipolare Störung, wie manisch-depressive Leiden genannt werden, wird häufiger. Die Erkrankung, die zu den schlimmsten Leiden zählt, wird in psychiatrischen Klassifikationen seit 1980 geführt. Durch Erweiterungen der Krankheitskriterien erhöhte sich die Zahl der Betroffenen von 0,1 auf fünf Prozent, wie David Healy von der Universität Cardiff nachgewiesen hat.

Zudem entdeckten die Firmen einen neuen Markt: Manisch-depressive Leiden sollten nicht nur behandelt werden - Psychopharmaka der neuen Generation wie Olanzapin, Risperidon und Quetiapin wurden fortan auch vorbeugend angepriesen. Zugleich wurden Fachzeitschriften wie <Bipolar Disorders und Journal of Bipolar Disorders gegründet.

Parallel entstanden Fachgesellschaften mit Hilfe der Industrie. Diese Tätigkeit zeigt sich auch in der wachsenden Zahl der Fachartikel zum Stichwort "Mood Stabilizer" (Stimmungsaufheller): Während zu Beginn der 90er-Jahre weniger als zehn Beiträge jährlich zu dem Thema zu finden waren, sind es seit 2001 jedes Jahr mehr als 100.

Dass die Medikamente das Risiko für Selbsttötungen eher erhöhten, blieb in den meisten Artikeln jedoch unerwähnt. David Healy kam in einer Analyse der absoluten Zahlen auf mehr als doppelt so viele Suizide unter der Therapie.

Auch die Konsumenten werden im Auge behalten: Auf firmennahen Webseiten für Patienten ist über Olanzapin zu lesen: "Bipolare Störungen sind oft eine lebenslange Erkrankung, die eine lebenslange Behandlung erforderlich macht. Symptome kommen und gehen, aber die Erkrankung bleibt.
Die Menschen fühlen sich besser, weil die Arznei wirkt und fast jeder, der sie absetzt, wird wieder krank. Je mehr Rückfälle man hat, umso schwerer sind sie zu behandeln." Die Auswirkungen solcher PR-Strategien sind schwer zu erfassen. In Texas hat jedenfalls eine Mutter die Diagnose ihrer zweijährigen Tochter korrigieren lassen. Das Mädchen galt zunächst als aufmerksamkeitsgestört, wurde dann aber als eine der jüngsten Patienten überhaupt als bipolar erkrankt eingestuft.

"Es besteht dennoch Grund zur Hoffnung", sagt Ray Moynihan von der australischen Universität Newcastle. Die Medien trügen zwar dazu bei, dass Krankheiten erfunden und verkauft werden.

Inzwischen gebe es aber nicht nur in der europäischen Presse ein Bewusstsein für Usancen der Befindlichkeitsindustrie. "How Glaxo marketed a malady to sell a drug" (Wie Glaxo eine Krankheit vermarktet, um ein Medikament zu verkaufen) hieß eine Überschrift im Wall Street Journal, als der Pharmakonzern ein neues Mittel gegen das Restless-Legs-Syndrom propagierte.

Die New York Times brachte im März 2008 eine Geschichte mit dem Titel "Drug approved. Is disease real?" (Medikament zugelassen, gibt es die Krankheit?). Anlass war eine neue Arznei gegen Fibromyalgie - das Leiden mit den unklaren Muskelschmerzen. In der öffentlichen Wahrnehmung und bei Verbraucherschützern sei das Problem erkannt, so Moynihan.

Beschwerdefreie Gesunde können sich den Angeboten der Krankheitsverkäufer schwer entziehen. "Zum Ausgangspunkt für ärztliches Handeln kann schließlich alles werden, was von Normwerten abweicht oder sich als Vorzeichen solcher Abweichungen finden lässt", sagt der Leipziger Soziologe Ulrich Bröckling.

Um sich dagegen zu wehren, fordert Moynihan Datenbanken, in denen die Strategien der Krankheitsverkäufer dokumentiert werden. "Wenn man zudem zeigt, welche Kosten durch unnötige Medikalisierung entstehen, würden wohl auch Versicherungen und Politiker endlich aktiver werden."
Quelle: (Nachrichten aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Sport - sueddeutsche.de)
Das auf Insiderseiten öffentlich erklärte Ziel von Pharma wurde Mitte des letzten Jahrzehnts so definiert, dass ein 50jähriger täglich bis zu 5 Medikamente einnehmen soll. Und daran arbeiten sie unermüdlich und sehr erfolgreich.

Zum Vorwurf mache ich einigen Usern hier, dass sie diesem Trend gerne entgegen kommen, indem sie ständig auf die neuen Grenzwerte bei SD, Blutdruck, Diabetes, etc. verweisen, die seither in einigen Bereichen etabliert wurden.

Denn die dienen nicht etwa der Gesundheit der Menschen, sondern nur dazu mehr Menschen als krank definieren zu können, damit auch ihnen legal und begründet Medikamente verordnet werden können.

Und weil dem so ist, kann die Wirtschaft in allen Ländern ruhig am Krückstock gehen. Egal. Die Pharmaktien steigen fröhlich weiter.:D
 
Man muss mMn. blind, taub und vollkommen ignorant sein, wenn man diese "Neuigkeit" noch nicht schon längstens realisiert hat.


Da hast du eigentlich ja schon recht, ndP, aber: von 100 Leuten ist es in ev. 5 wirklich drinn. 95 von 100 glauben der Werbung/Pharma/Ärzten noch immer blöd und blind (wenn dem nicht so wäre würden die Umsätze der Konzerne zusammenbrechen)
Von dem her finde ich es gut ab und an mal wieder solche News zuverbreiten....es melden sich ja auch immer neue Leute hier an und jeder der erwacht ab solch einem Atrikel ist ein riesen Erfolg.:kiss:

Grüss euch Liep
Therakk
 
Sicher hast Du Recht.

Aber es geht weiter.
KRANKHEITEN NACH MASS
Medikamente dienen der Heilung von Krankheiten, zumindest ist das die Annahme von Patienten, die Arzneimittel einnehmen. Doch gibt es den Verdacht, dass es auch Erzeugnisse der pharmazeutischen Industrie gibt, die Krankheiten fördern, und zwar nicht als bloße Nebenwirkung. Die Dokumentation versucht "Condition Branding", der bewussten Förderung von Krankheiten, auf die Spur zu kommen.

Bis in die 70er Jahre stellte die Pharmaindustrie Medikamente her, um Krankheiten zu heilen. Seitdem steht sie - zumindest teilweise - im Verdacht, dass sie auch Krankheiten schafft, um Medikamente zu verkaufen. Die in Forschung und Entwicklung getätigten Investitionen müssen sich nicht erst nach langer Zeit, sondern möglichst schnell rentieren - so fordert es eine kapitalistische Logik. Ob es sich um überhöhte Cholesterinwerte, Depressionen, bipolare Störungen oder Impotenz handelt - die Dokumentation versucht herauszubekommen, inwieweit Pharmabetriebe Strategien verfolgen, die Menschen in Kranke - das heißt in Medikamentenverbraucher - verwandeln. Dabei werden Mediziner und Gesundheitsbehörden zu mehr oder weniger passiven Komplizen dieser Methoden.

Schenkt man den Aussagen des Films Glauben, scheint die bewusste Förderung von Krankheiten, im Fachjargon auch "Condition Branding" genannt, im Begriff zu sein, die moderne Medizin in ein riesiges Marketingunternehmen zu verwandeln, in dem die Wissenschaft in den Dienst der Industrie und nicht mehr in den der Patienten gestellt wird.
In den Fängen der Pharmalobby | Medikamente, die uns schaden | Die Welt verstehen | de - ARTE
youtube.com/watch?v=bDi_HR2LzBo - Krankheiten nach Maß - Die Machenschaften der Pharmalobby
 
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Wuhu,
dass wir "es" schon länger ahnen, vermuten, gar wissen, war nicht der Ausschlag, diesen Thread zu eröffnen - sondern die "wissenschaftliche Anschauung" dieses (argen) Problemes - vgl Eingangsposting. ;)

Selbstverständlich können wir hier auch "Schlagzeilen" sammeln, die solche "pharmafiösen" Machenschaften aufzeigen - und hier haben wir schon die nächste:
Sott.net schrieb:
Pharmakonzern Eli Lilly hat Ärzten über 200 Millionen Dollar Schmiergeld gezahlt
Willow Tohi
So, 19 Aug 2012

Prozac. Cialis. Cymbalta. Jeder, der in den USA einen Fernseher besitzt oder Zeitschriften liest, kennt diese Medikamente. Die Firma Eli Lilly aus Indiana verdient jährlich Milliarden mit ihren patentierten Mitteln, die angewendet werden, um Krankheitssymptome im Körper zu unterdrücken. Der Ende des 19. Jahrhunderts von einem Apotheker gegründete Pharmakonzern hat heute Niederlassungen in 18 Ländern, verkauft seine Produkte in 125 Ländern und erwirtschaftet pro Jahr über 20 Milliarden Dollar Umsatz.

[Foto: Aktenkoffer mit Geldbündeln]

Der größte Teil seines Arsenals ist in anderen Ländern weit billiger zu haben als in den Vereinigten Staaten, das gilt für die meisten verschreibungspflichtigen Mittel. Der Grund dafür sei, so behauptet die Pharmaindustrie, dass das Gesundheitssystem anderer Länder preiswertere Medikamente verlange. Sie braucht jemanden, der für die Forschungskosten aufkommt, damit sie sich neue Patente sichern kann, bevor die alten auslaufen und generische Versionen ihrer Medikamente auf den Markt kommen. Das bedeutet: Die Amerikaner mit ihrem verrotteten Gesundheitssystem zahlen die Zeche für den finanziellen Erfolg der Pharmakonzerne.

Und nicht nur das, sondern sie müssen auch damit fertigwerden, wie die Pharma-Maschine das Medizinsystem verzerrt. Es war stets ein gut gehütetes Geheimnis in der Branche, wird aber ständig praktiziert: Pharmakonzerne bezahlen Ärzte und andere im Gesundheitssektor, um ihre Medikamente an den Mann zu bringen. Es beginnt damit, dass Ärzte dazu verführt werden, sich für einen Anteil am Gewinn zu Sprechern zu machen, und es endet damit, dass ihnen ihre Meinung diktiert wird.

Eine Geschichte fragwürdiger Ethik
Von 2012 an müssen alle Hersteller von Medikamenten und medizinischem Gerät ihre Werbeausgaben bei der US-Regierung offenlegen; doch einige Unternehmen liefern diese Informationen bereits seit 2009. Danach hat Eli Lilly im vergangenen Jahr über 200 Millionen Dollar an Ärzte und andere im Gesundheitssektor gezahlt, um für ihre Medikamente zu werben. Die Datenbank »Dollars for Docs« der gemeinnützigen Nachrichtenseite ProPublica.org enthält auch die Angaben von elf weiteren Unternehmen.

Diese Informationen über Eli Lilly wurden veröffentlicht, nachdem das Unternehmen bei einem Strafverfahren einem Vergleich zugestimmt hatte und verpflichtet worden war, diese Zahlungen seit 2009 offenzulegen. Eli Lilly hatte eingewilligt, zur Beilegung strafrechtlicher und ziviler Verfahren 1,4 Milliarden Dollar zu zahlen, nachdem für Medikamente bei nicht zugelassener Verwendung geworben worden war. Wie ein Vertreter der [US-Arzneimittelbehörde] FDA vor Gericht aussagte, habe Eli Lillygegenüber staatlichen Vertretern die Risiken seines Schizophreniemedikaments Zyprexa verschwiegen, wohl wissend, welch schwere gesundheitliche Risiken es berge. [Die staatlichen Gesundheitsfürsorgeprogramme] Medicare und Medicaid wurden betrogen, Unternehmensgewinn vor Verbraucherinteressen gestellt.

Gezahlt wurde den veröffentlichten Dokumenten zufolge für Vorträge, Beratung und Forschung, aber auch für Reise- und Bewirtungskosten. In den USA kann jeder die aufgeschlüsselten Zahlen einsehen, die zeigen, wie viel in jedem einzelnen Bundesstaat gezahlt wurde und ob der eigene Hausarzt zu den Empfängern zählte. Die Daten geben Aufschluss darüber, wie die Firmen ihre Strategie im Laufe der Zeit anpassen, wobei sich eine komplette Analyse als schwierig erweist. Nur wenige Firmen geben ihre Zahlen heraus, und dann auch nur unvollständig in Inhalt und Format. Es ist nicht klar, wie viel Geld genau wo und von wem ausgegeben wird. Es erübrigt sich fast zu sagen, dass wir in Zukunft mehr darüber berichten werden.

Da durch die jetzt vorgeschriebene Offenlegung mehr Transparenz entsteht, überdenken einige Unternehmen ihre bis jetzt übliche Strategie. Seit sie ihre Zahlen bekanntgeben, senken die meisten Pharmakonzerne die entsprechenden Ausgaben. Die meisten erklären dies mit »normaler Schwankung von Jahr zu Jahr«. Experten gehen davon aus, dass sich auch viele Ärzte aus diesen Vereinbarungen zurückziehen werden, da bei der genaueren Überwachung der Verkaufspraktiken der Pharmaunternehmer auch ihre Namen und die erhaltenen Beträge veröffentlicht werden. In Einzelfällen haben Ärzte eine Viertelmillion Dollar eingestrichen, behaupten aber, sie »wollten nicht den Eindruck erwecken, durch Zuwendungen des Unternehmens beeinflusst worden zu sein«. Welch interessante Wortwahl!

Quellen für diesen Beitrag waren unter anderem:
ProPublica

NaturalNews

ProPublica

Wikipedia
Pharmakonzern Eli Lilly hat Ärzten über 200 Millionen Dollar Schmiergeld gezahlt -- Gesundheit & Wohlbefinden -- Sott.net
 
Die Praktiken der Pharmaindustrie

Gesundheits Doku: Pharmaindustrie


Pharmaindustrie

“Ich habe Menschen bestochen”
John Rengen hat über dreißig Jahre für die “Globalplayer” in der Pharmabranche gearbeitet. Jetzt packt er aus und gibt einen Einblick in die schmutzige Trickkiste der Pharmaindustrie. Korruption, Bestechung und das Verschwindenlassen von unerwünschten Studienergebnissen gehören zum Geschäft.
youtube.com/watch?v=UMfEd2fX7Rg - Dr. John Rengen Virapen "Nebenwirkung Tod -- Korruption in der Pharmaindustrie"

Die Pharmaindustrie verschweigt gefährliche Nebenwirkungen ihrer Medikamente. Ein Ex-Manager berichtet über dunkle Flecken auf der weissen Weste der "Gesundmacher".
 
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Wuhu,
ja, danke kari - diesen Vortrag sah ich schon vor längerer Zeit!

Und dieser Virapen war doch - wimre - bei Eli Lilly...

Nachtrag: Ja, war er...
 
Hallo Alibi Orangerl,
all Dein arbeiten, im Sinne der Aufklährung hier ist mir schon vor längerer Zeit aufgefallen.

Recht sicher bin ich mir darüber, dass Du schon viele tausende Stunden in Deinem Leben recherchiert hast, um Aufklährungsarbeit zu leisten, von Missständnissen, welche für diese Welt Leid und Elend erbringen.

Solche Menschen, wie Du einer bist, braucht diese Welt.

Herzliche Grüße

Niemand
 
Wuhu,
hier ein guter Artikel in der Gesundheit & Ernährung: Geheimsache Nebenwirkung: Wissenschaftler kämpfen gegen die Tricks der Pharmaindustrie - badische-zeitung.de

Mo, 22. Oktober 2012 08:54 Uhr
von: Michael Brendler

GEHEIMSACHE NEBENWIRKUNG

Wissenschaftler kämpfen gegen die Tricks der Pharmaindustrie

Risiken werden vertuscht, Erfolge aufgebauscht – Experten decken die Tricks der Pharmaindustrie auf. Einige werden mit Druck und Anwaltsmacht zum Schweigen gebracht.

Nehmen wir zunächst mal das erschreckende Beispiel des Medikaments Avandia. "Neue Dimensionen" in der Behandlung des Typ-2-Diabetes – weniger Nebenwirkungen, ein langsameres Fortschreiten der Krankheit – hatte der Hersteller Glaxo Smith Kline (GSK) einst vor dessen Zulassung den Zuckerkranken versprochen. Neue Dimensionen hat die Welt tatsächlich erlebt, nur in ganz anderer Hinsicht: Denn zwölf Jahre später weiß man, 300 Tote und 500 Herzanfälle hätten allein im Jahr 2010 jeden Monat vermieden werden können, wenn die Kranken zu einem anderen Mittel als dem Wirkstoff Rosiglitazon gegriffen hätten.

Dies hat eine Kommission herausgefunden, die sich im Auftrag des amerikanischen Senats dem Skandalmedikament gewidmet hat. Vor zwei Jahren belegte sie: Das im Jahr 2000 auch in Deutschland zugelassene Medikament lässt das Risiko für Herzattacken und -versagen deutlich in die Höhe schießen. Und noch schlimmer: Glaxo Smith Kline hat dies nicht nur die ganze Zeit gewusst, er hat diese gefährliche Wahrheit auch zu vertuschen versucht. Kritiker wurden mit Druck und Anwaltsmacht zum Schweigen gebracht, unliebsame Studienergebnisse in den Schubladen versteckt.


Spätestens seit 2001 musste dem Unternehmen dank einer Studie bewusst sein, wie gefährlich der eigenen Blockbuster – Jahresumsatz bis zu 3,3 Milliarden Euro – möglicherweise war. Stattdessen wurde vom Führungsstab angeordnet, dass die entsprechenden Daten "das Tageslicht außerhalb von GSK nicht sehen" sollten, wie es in einer internen Mail heißt. Erst zehn Jahre nach diesem Befehl wurde dem Medikament in Europa schließlich die Zulassung entzogen.

Oder werfen wir einen Blick auf das angeblich besonders nebenwirkungsarme Schmerzmittel Vioxx, das im Jahr 2004 ebenfalls wegen Herzinfarktgefahr vom Markt verschwand. In einer wichtigen Studie seien die Daten über Patienten mit Herzattacken oder Schlaganfällen kurz vor der Veröffentlichung noch schnell getilgt worden, klagte im Jahr 2005 die angesehene Fachzeitschrift New England Journal. Fünf Jahre lang wurde das Mittel insgesamt geschätzten 84 Millionen Patienten verabreicht, rund 1,3 Millionen erlitten laut Berechnungen einen Schlaganfall oder eine Herzattacke, die sie sonst nicht gehabt hätten.

Derartige Datenunterschlagungen seien in der medizinischen Forschung keine Einzelfälle, betont Gerd Antes, Direktor des Deutschen Cochrane Zentrums. "50 Prozent der Studienergebnisse stehen der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung", sagt der Statistiker, der sich mit seiner Organisation der Prüfung und Einordnung medizinischen Wissens widmet. Sprich, wenn bei dem Test eines Medikaments nicht das herauskommt, was man sich zuvor erhofft hat, werden diese Testergebnisse heute nicht selten vor der Öffentlichkeit versteckt – und zwar nicht nur vom Hersteller selbst, sondern auch oft von den mit seiner Unterstützung arbeitenden unabhängigen Forschern. Schneidet dasselbe Mittel in einem Teilbereich gleichzeitig gut ab, wird dies hervorgehoben und die entsprechenden Ausschnitte der Fachwelt präsentiert. "Weil sich so jeder das herauspicken kann, was ihm gefällt, werden auf der einen Seite immer wieder die Wirksamkeit einer Therapie über- und ihre unerwünschten Nebenwirkungen unterschätzt", so Antes.

Im Jahr 2008 forschten Autoren des New England Journals nach, was aus den 74 Studien geworden war, die sie zu zwölf gängigen und modernen Antidepressiva hatten aufstöbern können. Nur 51 waren veröffentlicht worden, fanden sie heraus, in der Regel die mit positivem Ergebnis oder mit einem ins Positive umgedeuteten Ergebnis (11). 23 Studien, die den Pillen entweder zu wenig Wirksamkeit oder zu viel Nebenwirkungen bescheinigten, hatte die Welt dagegen nie zu Gesicht bekommen. Die Arzneimittel erschienen damit im Schnitt, so die Berechnungen der Wissenschaftler, 30 Prozent stärker wirksam, als sie eigentlich waren.

Fast noch deutlicher zeigt eine Arbeit von Gisela Schott von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, was sich mit Tricksereien erreichen lässt. Insgesamt neun Mal haben die Pharmaunternehmen Lilly und Janssen in eigenen Studien die beiden Neuroleptika Olanzapin und Risperidon miteinander verglichen, berichtete sie 2010 im Deutschen Ärzteblatt. Das Ergebnis: Fünfmal sah die Firma Lilly das eigene Mittel Olanzapin an der Spitze. In den von Janssen finanzierten vier Studien landete dagegen Risperidon mit 3:1 einen glatten Sieg.

Was tun? Mehr Transparenz herstellen, fordert zum Beispiel der Sozialmediziner David Klemperer von der Hochschule Regensburg, der ebenfalls in der Arzneimittelkommission die Mediziner berät. Wenn alles offen liegt, so die Logik, fällt es allen schwerer, etwas zu verbergen.

In Freiburg trafen sich nun bei zwei Veranstaltungen Experten, um zu diskutieren, wie man dieses hohe Ziel erreichen kann. Gastredner bei dem von Cochrane Zentrum und Studienzentrum der Uniklinik ausgerichtetem Forum "Patientennahe klinische Forschung" war auch der Amerikaner Peter Doshi. Ihm gelang es in den vergangenen Monaten, mit Kollegen eine weitere Datenunterschlagung aufzudecken: den Fall des Medikaments Tamiflu.

Für mehrere Milliarden Euro haben weltweit die Staaten riesige Vorräte davon angehäuft, um sich gegen eine angeblich drohende tödliche Grippe-Pandemie zu rüsten. Ihnen war von der Firma Roche und Medizinern versprochen worden, dass sich im Katastrophenfall weniger Menschen anstecken und in Krankenhäusern landen, wenn das Medikament in der Bevölkerung verteilt werde. Ein falsches Versprechen, wie der Mediziner von der Johns Hopkins University in Baltimore nachgewiesen hat, denn beides gaben die wissenschaftlichen Arbeiten nicht her. "60 Prozent der Daten sind nie in Fachjournalen veröffentlicht worden", erklärte Doshi jetzt in Freiburg.

Auch die Daten, auf die sich der Entschluss der Regierungen stützte, das Mittel in großem Stil einzukaufen, hat die Öffentlichkeit zumeist nie zu Gesicht bekommen. Ihr wurde nur eine Zusammenfassung mehrerer Studien präsentiert. Diese beruhte aber fast ausschließlich auf Arbeiten, die laut Doshi entweder von Forschern stammten, die selbst beim Tamiflu-Hersteller Roche angestellt waren oder von ihm bezahlt wurden.

Nachdem der Pharmakonzern trotz mehrfachen Nachfragens den Einblick in die Originaldaten verweigert hatte, besorgten sich Doshi und Kollegen die Ergebnisse bei der EU-Arzneimittelbehörde EMA. Das Ergebnis der Prüfung: "Schaut man sich nur die von unabhängigen Wissenschaftlern erhobenen Daten an", so Antes, "dann lassen sich die Versprechen über Tamiflu nicht aufrechterhalten."

Um solche Vorfälle zu verhindern, solle in Zukunft jeder Wissenschaftler zu Beginn einer Studie eine Art Geburtsurkunde für seine Arbeit hinterlegen, fordert er. In den USA gibt es bereits eine ähnliche Regelung: Dank eines sogenannten Studienregisters kann dort überprüft werden, ob eine angefangene Studie irgendwann in der Schublade verschwindet. "In Deutschland hat man es leider bei der Reform des Arzneimittelgesetzes unterlassen, eine ähnliche Pflicht auch nur anzudeuten", kritisiert der Wissenschaftler. So wurde zwar in Freiburg bereits ein "Deutsches Register Klinischer Studien" eingerichtet, momentan fülle es sich aber nur mühsam, hieß es bei dem Forum.

Der Fall Tamiflu zeigt allerdings, dass es damit allein nicht getan sein kann. Wichtig ist nicht nur, dass die Ergebnisse einer Studie in einer Fachzeitschrift veröffentlicht werden, andere Wissenschaftler müssen auch die Gelegenheit haben, den Autoren auf die Finger zu schauen. "Es muss anderen möglich sein, einen Blick in die ausführlichen Originaldaten zu werfen", fordert Doshi.


Abhilfe könnte in diesem Punkt von ganz unerwarteter Seite kommen – von der EMA. Bisher hatten sich Europas oberste Pharmawächter in der Regel verschlossen gezeigt, wenn sich kritische Forscher an ihrem umfassenden Datenschatz (alle Unternehmen müssen der EMA mit Studien beweisen, dass ihre neuen Arzneien unbedenklich und wirksam sind) bedienen wollten. Vergangene Woche stellte sich nun deren medizinischer Chef Hans-Georg Eichler in Freiburg auf die Bühne und verkündete, man werde Zukunft alle Daten, die der EMA zu einem Medikament vorliegen, der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

"Wir müssen dieses Durcheinander endlich aufräumen", fordert John Ioannidis auch im Hinblick auf das Milliardengrab Tamiflu. Der berühmte amerikanische Wissenschaftskritiker war der gefeierte Hauptredner bei dem wissenschaftlichen Symposium des Equator Netzwerkes, das jetzt ebenfalls in Freiburg stattfand. Die Welt könne es sich nicht mehr leisten, auf Grund falscher wissenschaftlicher Empfehlungen kostbares Geld für Therapien auszugeben, die teuer aber ineffektiv seien. Mit dem Fingerzeig auf die böse Pharmaindustrie ist es aber, folgt man dem Mediziner von der Stanford University nicht getan. "Warum die meisten (aller) veröffentlichten Forschungsergebnisse falsch sind", lautet der Titel seines am meisten gelesenen Werkes.



Vorträge im Internet
Das Studienzentrum der Uniklinik hat die Powerpoint-Folien zu den Vorträgen desForums"Patientennahe klinische Forschung" ins Netz gestellt:
https://www.uniklinik-freiburg.de

Ebenfalls ins Netz gestellt werden in den nächsten Tagen die Ton- und Filmmitschnitte der meisten Vorträge des Equator-Symposiums, darunter auch der sehr empfehlenswerte Vortrag von John Ioannidis (auf Englisch):
https://www.equator-network.org
 
Diesen Artikel hatte ich in der BZ auch gelesen und bei mir gedacht: Endlich werden einige Mediziner aktiv. Mögen sie nicht auch wieder gekauft und damit mundtot gemacht werden.

Segensgrüße

sidisch
 
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