Sehr große Unruhe bei (adoptiertem) Kleinkind

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Hallo zusammen,

hier geht es um Junior, der 2,5 Jahre alt ist und vor rund zwei Monaten von mir aus dem Ausland adoptiert wurde.

Er ist wirklich ein liebes, aufgewecktes und sehr interessiertes Kerlchen. In diesen zwei Monaten ist er 5 cm gewachsen, hat eine Kleidergröße und Schuhgröße dazugewonnen und ganz, ganz viel gelernt. Er hat angefangen zu sprechen, erlebt gerne was und ist technisch interessiert (Autos usw. usf., Motorräder sind noch besser, wenn sie vorbeifahren und schön viel Krach machen).

Junior experimentiert gerne, findet jedes Knöpfchen, das man drehen kann. Ich mag ihn wirklich gerne und möchte ihn nicht mehr missen. Der einzige Nachteil ist, dass er leider immer wieder Anfälle von Hyperaktivität bekommt. Die können z.B. ausgelöst werden, wenn er jemandem begegnet, der ihn wohl an früher jemanden erinnert. Wenn er was erlebt, was er sehr spannend findet usw. usf.

Diese Anfälle äußern sich dann so, dass er alles runterschmeißen muss (ich sage wirklich muss, er kann dann an gar nichts vorbeigehen ohne zu poltern), er schmeißt dann seine Flasche, den Löffel, den Teller, alles zig mal, Essen, der Wäscheständer muss dran glauben, Klamotten, einfach alles, was ihm dann begegnet und gerade zufälligerweise auf seinem Weg liegt). Ablenkung geht nicht.

Jetzt frage ich mich wie ein 2,5jähriger diese Hyperaktivität ausleben kann, diesen Adrenalinstoß in seinem Inneren loswerden kann. Zu einem älteren Kind könnte man vielleicht sagen, renn ein paarmal die Straße rauf und runter, treib Sport oder ihn auch fragen wonach ihm ist. Das ist hier aber nicht möglich. Aber vielleicht gibt es da doch was, was man tun kann? Boxsack? Laufen?

Es hat sich schon gebessert (oder ich kann besser damit umgehen), aber manchmal ist es schwer auszuhalten. Es ist ja nicht immer nur zu Hause, es kann auch unterwegs wo sein und da kann es schwierig sein, wenn man wo vorbei möchte und Junior alles versucht alles auf den Boden zu werfen.

Interessanterweise hat er keine Schlafprobleme. Das klappt super.

Ach ja, diese Hyperaktivität bei einem adoptierten Kind gilt durchaus als "normal" und könne monatelang anhalten. Aber vielleicht gibt es eine Möglichkeit sie etwas erträglicher zu machen, bis die Phase vorbei ist. Für alle, denn ich glaube auch nicht, dass der Kleine happy ist, wenn er so austackert.

Wer hat eine Anregung für mich? Danke im voraus.
 
Jetzt frage ich mich wie ein 2,5jähriger diese Hyperaktivität ausleben kann, diesen Adrenalinstoß in seinem Inneren loswerden kann....

Ich würde mich auch fragen, ob das ein Nahrungsmittel bzw.ein Zusatzstoff auslösen könnte?

Ich denke da an zuviel Zucker, einen chemischen Farbstoff, jodiertes Salz, Mikrowellenessen ... manche Kinder werden von unverträglichen Essen dick, andere zappeln es sich wieder runter....

das wäre mein Ansatz, bzw. eine Möglichkeit.
 
Hallo Moehnchen,

ich würde - einfach, um da nichts zu versäumen - mir einen guten Osteopathen suchen, der mit Kindern arbeitet.
Vielleicht kann der etwas "richten", was bei früheren Erlebnissen, Unfällen, Schlägen(?), aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Bei Tieren hat man immer Spielzeug, damit sie sich auch mit dem Menschen zusammen austoben können: Stöcke, "Reißlappen", anderes. Vielleicht gäbe es so etwas auch für ein Kind?
Das würde sich natürlich danach richten, was dem Kind in so einem Moment Spass macht und ihm so hilft, seine Emotionen oder was auch immer abzubauen.

Grüsse,
Oregano
 
Hallo Moehnchen,

Versetzt dich mal in die Lage des Kindes. Mein Sohn ist jetzt 3 1/2. Mit 2,5 Jahre bekommen ein Kind ALLES mit. Unser Sohn merkt genau ob alles harmonisch ist oder ob wir gestresst sind. Wie schlimm muss die Trennung von allem Vertrautem sein?

Ja körperliche Aktivität halte ich für wichtig. Wie wäre es mit einem Dreirad? Da schafft man es noch hinterher zu laufen.

Dann ist es wichtig immer die Ruhe zu bewahren. Auch wenn der Kleine anscheinend ausser Kontrolle ist, ihr müsst immer ruhig bleiben und die Kontrolle behalten. Die Zeit wo unser Kind zwischen 2 und 3 Jahre alte war, empfand ich als die Schwierigste. Um so mehr ich mit meinem Sohn reden und ihm Dinge erklären kann, bzw. er mir sagen kann, was er möchte, um so einfacher wird es.

Liegt dein Kind mit der Sprache etwas zurück? Das könnte das Problem sein. Er denkt selbst aber kann es nicht ausdrücken. Ihr könntet zum Logopäden gehen und vielleicht auch zur Familienberatung, nur um sich ein paar Tipps von Profis zu holen.

Grüsse
derstreeck
 
Zuletzt bearbeitet:
Huhu,

verstehen kann ich das voll. Aber ich hoffe trotzdem auf Ideen (wie das mit dem Dreirad), um ihm, aber auch mir helfen zu können.

Und mit der Ernährung - aus diversen Gründen (Hashi) mache ich eh schon eine Beratung, will aber mit dem Kleinen nochmal besonders hin. Ich muss mich ja auch zuerst mal "einleben" sozusagen in diese völlig neue Situation und manche Sachen klappen echt gut, aber andere halt noch nicht. Und da finde ich einfach, sollte man mal anfragen (wie bei Euch), manchmal findet man da super Ideen.

Danke gerne für weitere.
 
Hallo

Kinder in diesem alter sind noch sehr abhängig von der Bezugsperson. Da der Kleine erst vor zwei Monaten adoptiert wurde ist die Situation wahrscheinlich noch ziemlich emotional belastend und unsicher. Klingt vielleicht jetzt ein bisschen komisch, aber er weiss bzw fühlt im Grunde noch nicht das diese Beziehung beständig ist oder ist noch unsicher. Vertrauen braucht Zeit. Ich könnte mir vorstellen, dass ihn dann solche Situationen die ihn erinnern, einfach überfordern und er diese Unausgeglichenheit so ausdrückt. Vielleicht würde ein Gegenstand den er mit positiven Emotionen verbindet helfen sich zu beruhigen oder sich wieder ausgeglichener zu fühlen. Eine art "Anker". Ein Plüsch das ihm gefällt und ihn immer begleitet. Ist nur so eine Idee. Oder vielleicht reagiert er auch positiv auf Musik. Tiere wirken auch beruhigend. Vielleicht könnt ihr Nachbars Katze oder Hund besuchen. Die Begegnung sollte aber auch Tiergerecht sein. Kein Schwanzziehen und so;-)


Liebe Grüsse, moon1
 
hallo moehnchen ,
Der einzige Nachteil ist, dass er leider immer wieder Anfälle von Hyperaktivität bekommt. Die können z.B. ausgelöst werden, wenn er jemandem begegnet, der ihn wohl an früher jemanden erinnert. Wenn er was erlebt, was er sehr spannend findet usw. usf.
vielleicht wäre es gut und hilfreich zu wissen ,ob der kleine sohnemann diese hyperaktivität auch in seiner vorherigen umgebung schon hatte .

lg ory
 
hier geht es um Junior, der 2,5 Jahre alt ist und vor rund zwei Monaten von mir aus dem Ausland adoptiert wurde.

Er ist wirklich ein liebes, aufgewecktes und sehr interessiertes Kerlchen. In diesen zwei Monaten ist er 5 cm gewachsen, hat eine Kleidergröße und Schuhgröße dazugewonnen und ganz, ganz viel gelernt. Er hat angefangen zu sprechen, erlebt gerne was und ist technisch interessiert (Autos usw. usf., Motorräder sind noch besser, wenn sie vorbeifahren und schön viel Krach machen).

Hallo Möhnchen
der Kleine kam aus dem Ausland, da hatte er sicherlich auch eine andere Sprache, andere Kultur um sich herum, wenn ja, muss er da sicher noch viel umlernen. Mit praktischen Tips kann ich Dir nicht helfen, aber ich wünsche Euch, dass er sich bald so ausdrucken kann, dass es nicht in Gewalt ausartet.

Alles Liebe
Béatrice
 
Und mit der Ernährung - aus diversen Gründen (Hashi) mache ich eh schon eine Beratung, will aber mit dem Kleinen nochmal besonders hin....

Vielleicht ist auch hilfreich, wenn man weiß, was er vorher so gegessen hat, aus welcher Kultur er kommt.
Nur mal angenommen, er hat bisher Reis und Gemüse gegessen, keine Kuhmilchprodukte und nun würde er Essen aus der Mikrowelle, viele Süssigkeiten, Fertigprodukte mit Glutamat und anderen chemischen Zusätzen bekommen, würde sich das bestimmt auch auf sein Verhalten auswirken.
 
was du schilderst wären typische Traumasymptome.

für ein so kleines Kind MUSS eine so gravierende Änderung seiner Umgebung eine traumatisierende Situation darstellen.
Hinzu kommt, dass es ja Gründe gegeben hat, weswegen das Kind zur Adoption freigegeben wurde. Auch diese können traumatisierend gewirkt haben.
Das Resultat ist ein permanenter und sehr hoher Stresspegel (dauerhaft übererregtes Nervensystem), der oft schwer erkennbar ist und im Extremfall dissoziiert wird.

Einfach nur ein gutes Umfeld bieten ist da zu wenig. Man muss wissen, wie man das Nervensystem eines adoptierten Kindes unterstützen kann, die unvermeidliche Umstellungsleistung zu bewältigen. Ansonsten kommt es u.a. zu Unruhe, Hyperaktivitätsschüben, .... (oder Depression, falls diese unterdrückt werden)

Mein eindringlicher Rat wäre, sich - falls noch nicht geschehen - bzgl. des Umgangs mit traumatisierten Kindern zu informieren. Stichworte Peter Levin, Somatic experiencing
z.B.
Verwundete Kinderseelen heilen, Peter A. Levine, ISBN 9783466306848 | Buch versandkostenfrei online kaufen - Lehmanns.de
Kinder vor seelischen Verletzungen schützen, Levine, ISBN 9783466308378 | Buch versandkostenfrei online kaufen - Lehmanns.de
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallöle,

danke für Eure Anregungen. Als ich Junior kennenlernte, hatte er keine Hyperaktivität. Ich habe nur die Info erhalten, dass durch die komplette Änderung der Umstellung eine erhöhte Anzahl von Adrenalin auch messbar wäre. Das könne bis zu einem Jahr dauern, bis dieses Stressniveau abgebaut wäre.

Ich werde mich aber trotzdem mal in die Abteilung für Ernährung begeben. Zwar nutze ich eigentlich keine Mikrowelle und bei mir wird auch frisch gekocht. Aber dennoch gibt es mal was süßes und sicherlich prinzipiell was anderes als es dort gegeben hat (war wohl in Hauptsache Breinahrung). Der Kleine hat auch definitiv (auch wenn es besser ist) Probleme mit der Umstellung in Form von Durchfall. Er isst aber gerne und probiert auch alles zumindest mal aus.

Und ich werde mal schauen was zum Thema Bewegung drin ist.
 
zur erinnerung , die frage von Moehnchen lautet;
Jetzt frage ich mich wie ein 2,5jähriger diese Hyperaktivität ausleben kann, diesen Adrenalinstoß in seinem Inneren loswerden kann.

Zu einem älteren Kind könnte man vielleicht sagen, renn ein paarmal die Straße rauf und runter, treib Sport oder ihn auch fragen wonach ihm ist.
Das ist hier aber nicht möglich.

Aber vielleicht gibt es da doch was, was man tun kann? Boxsack? Laufen?

gruß ory
 
Meine KK hat gerade schon Unterstützung bei der Ernährungsberatung angeboten. Werde ich im September mal angehen.
 
hallo Moennchen
Ich denke auch, dass es mit dem Vertrauen noch nicht so weit ist und er auf seine eigene Angst mit Aggression reagiert, es klingt fuer mich nach erlerntem Verhalten um zu ueberleben.
Vielleicht kann man ihm so eine "Durchdrehecke" fuer eine Zeitlang zugestehen, wenn es ihm gutgeht und eure Beziehung stabli wird, dann kann sich das langsam legen.
Auch ich bin Fan von Musiktherapie. Auch Malen ist gut.
Ganz wunderbar, aber noch etwas frueh, ist Kontakt zu Tieren. Pferde, Hunde...auch weil er dort nicht auf kluges Verstaendnis trifft, sondern mit seinem Verhalten sehr natuerliche Reaktionen hervorruft, das bremst einige hyperactive oder traumatisierte kinder im positive Sinn ein.

Moeglichkeiten, sein bisheriges Leben zu verarbeiten und mit der neuen Situation emotional umzugehen

lg dadeduda.
 
Hi,

ich lass ihn, ganz ehrlich gesagt, auch poltern, wenn er draußen ist. Da kann eigentlich nichts passieren, außer dass es etwas Krach macht und das stört mich nicht wirklich. So kann er sich etwas austoben.

Heute hab ich es, zufälligerweise, mit Musik probiert. Er hat sich damit wunderbar über eine Stunde beschäftigen können und immer neue Sachen entdeckt. Das war schon sehr schön.

Tiere hat er schon da. Er hat auch durchaus verstanden, dass die es gerne etwas langsamer und ruhiger haben. Wenn es auch mit der Umsetzung nicht immer so klappt.
 
ich möchte noch etwas nachtragen, auch wenn du es wahrsch. schon weisst.

auch wenn es absurd scheinen mag, so sehe ich das Verhalten als Zeichen einer positiven Entwicklung.
im Moment einer sehr schweren Belastung werden die Gefühle unterdrückt, um die Situation überstehe zu können und damit zu überleben.
die psychische Verarbeitung des Erlebten erfolgt dann wenn man wieder in Sicherheit ist.

Wenn sich nun bei diesem Kind die Symptome zeigen, dann sehe ich dies als Zeichen der Verarbeitung, und das bedeutet, dass ihr dem Kind anscheinend eine so sichere Umgebung geschaffen habt, dass sich seine Pysche "an die Verarbeitung wagt".

Wichtig wäre nun, dass es erlebt, dass es in Ordnung ist, dass es die Gefühle hat und erleben darf, und dass es sie nicht unterdrücken muss. auch wenn es lernen muss, die Gefühle anders auszudrücken, als durch wüten.
und dafür ist es wichtig, sich nie abzuwenden, sondern dem Kind permanent zu vermitteln, dass es "in Ordnung ist," so wie es ist - mit seine Gefühlen.

schön zu lesen, was du beschreibst, wie Musik und Tiere wirken.
 
Hallo Moenchen,

da Du Musik erwähntest fällt mir ein, dass meine Tochter, die in ihrem 1. Lebensjahr gefühlt ununterbrochen geschrieen und geweint hat, sich durch Walmusik beruhigen ließ - so dass ich diese Musik damals wie ein Wunder empfand....

Auf welche Musik hat Dein Sohn denn so positiv reagiert?

Lieben Gruß, mondvogel
 
Ok, bei mir war es ein Keyboard, das ein paar Sachen selbst spielt. Ich habe noch nicht ganz herausgefunden was seine Musikrichtung ist, aber wohl eher Helene Fischer als AC/DC.

Wie kamst Du denn auf Wale?

Heute hab ich Junior wo erlebt, wo es ganz chaotisch war. Da wurde auch gleich das ganze Kind chaotisch. Man sah ihm richtig an, dass er völlig überfordert war und gar nicht wusste was los war. (aber das war alles nur für einige Minuten).

Ich werde es mal damit versuchen ihm bewusst Sachen zu geben mit denen er poltern kann.
 
Wie kamst Du denn auf Wale?

Ich glaube das war in den Achtzigern was ganz Neues - jedenfalls faszinierten mich die Walgesänge damals ziemlich - es war vielleicht eher Zufall, dass ich merkte, dass sie auch meine Tochter beruhigten - Naturgeräusche haben ja was sehr Besänftigendes: auch Meeresrauschen, Wasserplätschern, Vogelgezwitscher....

Viellleicht hat es auch etwas damit zu tun, was man selber gerne hört????
ciao movo
 
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