Hallo
Ich möchte nachträglich noch gerne etwas sagen, hat ein bisschen gedauert mit meiner Antwort, weil ich mir nicht sicher bin, wie ich es formulieren soll.
Was mir nicht gefällt in Deinen Ansichten, ist das Herausstellen / Betonen , das Inchisohn wie Dein Sohn oder Du selbst anders sind usw.
Jeder ist eine eigene Persönlichkeit, ich mag die Schubladen nicht.
Es ist nur nicht leicht für Jeden, seine individuell passende NIsche zu finden.
Das finde ich ziemlich unfair.
Ich habe mich im März in diesen Thread eingeklinkt, nachdem ich ein wenig in den Seiten geblättert hatte. Nicht alles natürlich, das war mir zeitlich gar nicht möglich. Aber immer wieder war die Rede von Asperger und Depressionen. Insbesondere die Depressionen des Sohnes bezeichnete Inchi selbst als "Depression" und sie beschrieb eindrücklich die entsprechende Symptomatologie. Dies auch im Verlauf des Gespräches in den letzten Wochen.
Somit habe ich lediglich Bezug auf das bereits Geschilderte genommen.
Dass ich dabei von uns selbst berichtet habe, wie wir mit
ähnlich lautenden Schwierigkeiten umgehen, ist hier nun also deiner Ansicht nach so zu interpretieren, dass ich Inchi meine Meinung aufdrücken möchte und ihren Sohn in eine "Schublade" stecken möchte.
Welche Schublade überhaupt?
Autismus gestaltet sich in einer buntgemischten Ausprägungspalette. Auch wenn ich über manche Gemeinsamkeiten berichtet habe, so sind die beiden jungen Männer dennoch so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Und gerade weil ich weiss, wie verschiedenartig sich Autismus präsentieren kann, hielt ich es für wichtig und informativ, wenn man einen kleinen Einblick in ein autistisches Leben bekommen kann, vor allem wenn doch noch Unsicherheiten bestehen bezüglich der Diagnosestellung. Aus diesem Grund gab ich so viel Persönliches hier im öffentlichen Forum preis.
Liebe Inchi, tut mir leid, dass ich gerade über dich hinweg geschrieben habe. Aber irgendwie muss ich das nun noch loswerden und mir fällt einfach keine andere Möglichkeit ein, wie ich das besser anstellen könnte.
Bereits Anfang 2011 hast du versucht die Nahrung umzustellen. Dies scheint misslungen zu sein (ich habe den Thread noch immer nicht ganz lesen können, es ist einfach zu viel), denn du berichtest immer noch von leckeren Kuchen etc., was sehr häufig in eurem Speiseplan vorkommt.
Das verstehe ich nicht so ganz, denn wenn - so wie man mir ja nun sehr deutlich zu verstehen gegeben hat - man absolut überzeugt davon ist, dass sämtliche Schwierigkeiten nur mit der falschen Ernährung zusammenhängen, dann richtet man sich doch auch danach und versucht alles Unpassende wegzulassen.
Ich habe noch einen zweiten Sohn (Nichtautist). Er hatte einen schwierigen Start (Neugeborenensepsis) und war längere Zeit hospitalisiert. Bereits kurze Zeit nach Entlassung wurde eine schwere Störung des Darms festgestellt. Er vertrug praktisch nichts, musste mittels Heilnahrung ernährt werden. Ich musste jahrelang eine strenge Diät einhalten, damit das Kind nicht mit heftigen Koliken und Durchfällen/ Übelkeit reagierte. Nur schrittweise konnte ich weitere Nahrungsmittel einführen. Ich weiss somit, was es bedeutet, wenn der Körper keine Nahrung verträgt, keine Nährstoffe aufnehmen kann. Wir haben zum Teil schlimme Verdachtsdiagnosen erhalten, er ist mehrfach im Spital abgeklärt worden auf viele Stoffwechselstörungen. Nach ca. 8 Jahren wies er dann endlich ein fast normales Essverhalten auf, wobei er auch heute noch sehr ausgewählt isst und viele Nahrungsmittel von sich aus ablehnt. Er hat seither ausser der manifesten Eisenmangelanämie kaum mehr Verdauungsprobleme zurückbehalten und verträgt das Essen, welches er für sich akzeptiert, gut.
Ich glaube nicht, dass man mir Unwissenheit bezüglich Negativauswirkungen von Nahrungsmittelintoleranzen anlasten könnte...
Wie ich zuvor schon einmal schrieb, bin ich selbst davon überzeugt, dass die Ernährung eine grosse Rolle spielt auch in Bezug auf körperliche Probleme. Oftmals sieht man keinen direkten Zusammenhang, wenn man nicht direkt mit Verdauungsproblemen reagiert.
Wenn etwas im Körper aus dem Gleichgewicht geraten ist - sei es aufgrund Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder aber auch über äussere Einwirkungen etc. -, dann gerät auch die Psyche aus dem Gleichgewicht. Je akuter die körperliche Situation, umso stärker reagiert man mit psychischen Auffälligkeiten/ Beschwerden.
Man muss den Menschen ganzheitlich betrachten.
Dennoch ist eine akute depressive Episode nicht mit dem Weglassen von Kuchen oder was auch immer in den Griff zu bekommen. Die Depression wurde sicherlich auch nicht durch Nahrungsmittelunverträglichkeiten ausgelöst. Hingegen kann sie sich darüber verstärken.
Inchisohn sagt es selbst: Er braucht eine Aufgabe.
Und genau das habe ich immer wieder versucht hervorzuheben, Inchisohn braucht eine Tagesstruktur, die in ihm wieder Mut zum Leben erwecken kann.
Und noch einmal, ich wiederhole mich schon wieder: Das bedeutet überhaupt nicht, dass er ohne Rücksicht auf sein Befinden einen 8,5 Stunden-Job absolvieren soll. Dass er dies nicht schaffen kann unter den gegebenen Umständen, ist klar. Aber man kann ihn auch nicht im Zimmer hocken lassen.....
Das Thema Eigenmotivation hatte ich schon vor vielen Seiten angesprochen. Deshalb auch meine damaligen Fragen bezüglich der Tätigkeiten, die er denn gerne machen würde. Was sind seine Vorstellungen?
Seine zahlreichen Ängste kann er nicht in den Griff bekommen, wenn er sie nicht ausspricht und vor allem wenn er sie nicht selbst erkennt und bearbeitet.
Egal, wie eine eventuelle Diagnose nun heissen mag, egal was die Ursache für seine grossen Schwierigkeiten und Beschwerden ist - das Wichtigste ist doch, dass dieser junge Mann (er ist erwachsen und kein Kind mehr !) an Lebensqualität gewinnt, den Sinn des Lebens wiederfinden kann und selbständig sowie selbstbestimmt und selbstbewusst werden kann, sich entwickeln kann.
Aber auch, dass er lernt sich selbst so anzunehmen, wie er ist - was meines Erachtens der noch viel wichtigere Teil der Arbeit ist. Denn dann kann er vielleicht auch endlich aufhören, sich ständig selbst zu vergleichen mit anderen Menschen. Denn darauf reagiert er nur noch depressiver und macht sich insgesamt selbst schlecht, lehnt sich ab.
Er wird sich selbst mit sich auseinandersetzen müssen. Erst dann wird er sich selbst sehen und dann wird er auch erkennen, dass er ebenfalls einige Stärken hat und wird die Energie und Eigenmotivation aufbringen können, um sein Tagewerk bestreiten zu können.
In diesem Sinne wünsche ich euch Durchhaltevermögen und Kraft
LG Annette