Migräne, Mitochondrienschädigung und nitrosativer Stress

Kate

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Hallo zusammen,

angeregt durch einen Beitrag von KimS in einer anderen Rubrik (siehe: https://www.symptome.ch/threads/migraene-haeufige-und-behandelbare-ursache.50420/#post-300300) mache ich hier einen Thread zu diesem Thema auf. Einige von uns haben Migräne oder migränoide ("migräneartige") Beschwerden.

Kim verweist auf eine Studie mit dem Titel

Functional Vitamin B12 Deficiency Represented by Elevated Urine Methylmalonic Acid Levels in Patients with Migraine

- auf deutsch:

Funktioneller Vitamin B12-Mangel, dargestellt durch erhöhte Methylmalonsäurewerte im Urin bei Patienten mit Migräne

erschienen in: Turk J Med Sci 2008; 38 (5): 409-41
Autoren: Osman Metin İPÇİOĞLU, Ömer ÖZCAN, Mustafa GÜLTEPE, Hakan TEKELİ, Mehmet Güney ŞENOL2

Eine englischsprachige Berschreibung der Studie findet sich hier: https://journals.tubitak.gov.tr/medical/issues/sag-08-38-5/sag-38-5-5-0706-26.pdf

Kuklinski sieht - wie auch andere Autoren - die Migräne als Mitochondropathie. Sie geht nach Kuklinskis Beobachtungen mit nitrosativem (NO)-Stress einher. Ich verstehe seine Ausführungen so, dass (z.B. durch eine instabile HWS entstehendes) NO einerseits die Migräneanfälle auslösen kann und andererseits durch die in der Folge entstehende Mitochondrienschädigung weiteres NO und damit auf Dauer nitrosativer Stress entsteht. Da Vitamin B12 zum Abbau von NO (Stickstoffmonoxid) benötigt wird, kann es durch chronischen nitrosativen Stress zu einem funktionalen Vitamin B12-Mangel kommen.

Einige Zitate von Kuklinski:
Nach der Aura setzen heftige Schmerzen ein, die von der Nackenregion einseitig entlang des Trigeminus-Stirnastes bis hinter das Auge ausstrahlen. Sie beruhen auf einer maximalen Blutadernerweiterung auf der harten Hirnhaut. Der Übeltäter ist Stickstoffmonoxid (NO). Es wird entlang der Trigeminusfasern freigesetzt.

Migräne kann erworben werden. Die häufigste Ursache ist die HWS-Instabilität nach Gewalteinwirkungen in den Kopf-, Schulter-, Nacken-, Wirbelsäulenbereich. (...)

Die Migräne wird auch vererbt, und zwar mütterlicherseits. (...) Die biochemischen Veränderungen können zu einer Mitochondrienschädigung führen. Diese wird dann vererbt, selbst wenn bei der Mutter im Leben irgendwann die Migräneaktivität abklingen sollte. Die Mitochondropathie bleibt – sie ist nicht reparabel.

Geschädigte Mitochondrien bilden Stickstoffmonoxid (NO). Es verhält sich völlig anders als die übrigen NO-Formen des Hirns oder der Blutgefäß-Innenwände. Dieses NO hemmt die Energiebildung in den Mitochondrien, und zwar organübergreifend.

Aus: KFS

Auch in der o.g. Studie wird NO auslösender Faktor von Migräneattacken genannt, jedoch andere mögliche Zusammenhänge dargestellt:

It has been suggested that nitric oxide (NO) may be involved in the early phase of spontaneous migraine attacks. Hydroxocobalamin (OHB12) appears to be such a NO-scavenger (2) and is a likely candidate for migraine prophylaxis. Therefore, cobalamin deficiency could also
lead to migraine attacks by altering NO levels.

Auf deutsch (ohne Gewähr):
Es wurde darauf hingewiesen, dass Stickstoffmonoxid (NO) an der frühen Phase spontaner Migräneattacken beteiligt sein kann. Hydroxocobalamin (OHB12) scheint ein derartiger NO-scavenger (2) zu sein und ist wahrscheinlich ein Kandidat zur Migräneprophylaxe. Daher könnte ein Vitamin B12-Mangel auch zu Migräneattacken führen durch Veränderung der NO-Spiegel.

Danke, Kim, für die Anregung :)

Gruß
Kate
 
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Es wurde darauf hingewiesen, dass Stickstoffmonoxid (NO) an der frühen Phase spontaner Migräneattacken beteiligt sein kann. Hydroxocobalamin (OHB12) scheint ein derartiger NO-scavenger (2) zu sein und ist wahrscheinlich ein Kandidat zur Migräneprophylaxe. Daher könnte ein Vitamin B12-Mangel auch zu Migräneattacken führen durch Veränderung der NO-Spiegel.
Kate

Danke Kate für diesen interessanten Beitrag!

Ja, kann ich nur bestätigen - auch ich bin seit meiner Jugend Migränepatientin mit übelsten Attacken.

Meine Frage ist nur - Dr. K. redet immer von B12-Mangel und Substitution. Auch bei mir. Meine Blutergebnisse sagen aber, dass ich keinen Mangel mehr habe, da ich oral B12 genommen habe und der Wert jetzt bei ca. 500 liegt (lag vorher bei 200). Mein mich behandelnder Arzt, der die Erkenntnisse von K. "zur Kenntnis" nimmt, aber oft anderer Meinung ist, sagt nun, ich hätte genug B12 und bräuchte das nicht mehr.

Gibt es aber einen "individuellen Mangel"? Also obwohl die Blutergebnisse in Ordnung sind, brauchen wir cervical-Geschädigten mehr als der Otto-Normalverbraucher?

Meine Migräne ist seit der Behandlung mit Mikronährstoffen besser geworden, aber immer noch bekomme ich ca. alle 4 bis 8 Wochen starke Attacken mit neurologischen Symptomen.

Übrigens - Magnesium ist wohl auch extremst wichtig bei Migräne und soll die Spastiken in den Gehirn-Blutgefässen, die bei Migräne ablaufen, deutlich mildern oder sogar eleminieren. Eine ausreichende Substitution von Magnesium halte ich deshalb neben dem B12 auch für wichtig.

LG
Jonie
 
Meine Blutergebnisse sagen aber, dass ich keinen Mangel mehr habe, da ich oral B12 genommen habe und der Wert jetzt bei ca. 500 liegt (lag vorher bei 200). Mein mich behandelnder Arzt, der die Erkenntnisse von K. "zur Kenntnis" nimmt, aber oft anderer Meinung ist, sagt nun, ich hätte genug B12 und bräuchte das nicht mehr.
Hallo Jonie,
diesen behandelnden Arzt kannst du getrost vergessen. Er scheint nicht die blasseste Ahnung zu haben. B12 im Blut zeigt nur was du zu dir genommen hast, nicht den Bedarf. Brauchen wirst du bei deiner Erkrankung das B12 immer, wenn auch bei fortschreitender Therapie weniger. Eine zufriedenstellende B12-Substitution hast du erst, wenn du im Blut bei einem Wert von 1200 angekommen bist - und diesen Wert hältst.
 
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Hallo,

finde diesen Satz aus dem Link von Kate hier ganz interessant: Vitamin B12

Bei Alzheimer und bei Verdacht auf Amalgamvergiftung wurde Vitarmin B12 Mangel im Zentralnervensystem festgestellt, ohne dass geringe Werte im Blut vorlagen.

(Hervorhebung von mir)

Gruß, Brigitka
 
Hallo Brigitka,

kennst Du diesen Link: Diagnostik des Vitamin B12-Mangels aus dem B12-Thread (der zugegebener Maßen inzwischen sehr lang ist ;)) schon? Der Vortrag von Dr. Kirkamm (GANZIMMUN) ist sehr gut gemacht, finde ich, und zeigt auch die Unterschiede in der Aussage der einzelnen B12-Labormarker auf.

Ich habe den Vortrag jetzt auch hier: Laboruntersuchungen Stress - Symptome, Ursachen von Krankheiten - Forum, Hilfe, Tipps zu Gesundheit verlinkt, damit er besser auffindbar ist. Im selben Wiki-Artikel unter "M" findest Du auch etwas über Methylmalonsäure (Abk. MMA von engl. methylmalonic acid).

Bei meiner Beschäftigung mit organischen Säuren im Urin (Methylmalonsäure ist so eine organische Säure) bin ich kürzlich nochmal auf einen Hinweis gestoßen, was die MMA so "besonders" macht: Es ist ein funktioneller Marker des Vitamin B12-Mangel. Das heißt, er kann aufzeigen, dass auf bestimmten Stoffwechselpfaden nicht genügend Vitamin B12 zu Verfügung steht. Das führt dazu, dass das ein Stoffwechsel-Zwischenprodukt nicht in normalem Maß in das nächste Stoffwechsel-Zwischenprodukt umgewandelt (weil dafür mehr Vitamin B12 benötigt würde) und statt dessen vermehrt MMA über den Urin ausgeschieden wird.

Hier steht etwas über den betreffenden Stoffwechselpfad:
Vitamin B12 ist auch am Citratzyklus beteiligt: es fungiert als Coenzym der Methylmalonyl-CoAMutase, die Methylmalonyl-CoA zu Succinyl-CoA katalysiert. Ist dieser Stoffwechselweg gehemmt, kommt es zu einer vermehrten Ausscheidung von Methylmalonsäure.
Aus: https://web.archive.org/web/20100922153508/http://www.nitrostress.de/07_pdf/nitrosativer-stress.pdf

Bei der Methylmalonazidämie (erhöhte Ausscheidung von Methylmalonsäure, Anm. Kate) ist der Abbau der Aminosäuren Isoleucin, Valin, Methionin und Threonin, von Fettsäuren mit ungeradzahliger Kettenlänge sowie von Cholesterin auf der Stufe der Umwandlung von Methylmalonyl-CoA zu Succinyl-CoA gestört (Abbildung 28). Dieser Abbauschritt wird durch das Enzym Methylmalonyl-CoA-Mutase bewirkt, das Adenosylcobalamin als Cofaktor benötigt.
Aus: https://www.labor-bo.de/fileadmin/BO_PDF/Neugeborenen-Screening/Screening_Handbuch_Kap_5.2.3.pdf - die genannte Abbildung 28 findet sich auf Seite 70.

Nach meiner Information ist es zudem so, dass dieser funktionelle Mangel durch die MMA angezeigt werden kann, bevor sich ein Vitamin B12-Mangel im Blut auch direkt nachweisen lässt. Zudem ist es wohl so, dass die Menge des benötigten Vitamin B12 sehr individuell ist, was die Aussagekraft der Blutwerte weiter relativiert.
 
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Hallo Kate,

danke für die Verlinkung/Hinweis! :) Ich hoffe dass wirklich viele etwas davon haben werden.

Zur richtigen Diagnostik habe ich in dem Beitrag auch einiges geschrieben. Die im Beitrag verlinkten Artikel kan man evt auch gut benützen um auszudrücken und den Arzt zu informieren. Es sind seriösen/verlässlichen Quellen also dazu gut geeignet.
(Da viele Ärzte da ja kaum wissen wie man ein Mangel feststellt.)

Herzliche Grüsse,
Kim

NB: Es gibt mittlerweile zahllose Studien wo sich immer wieder herausstellt, das nur Blutserumwert messen dazu führt dass tatsächliche Mängel nicht festgestellt werden.
Methylmalonsäure im Urin ist da am Meisten aussagekräftig.
Im Blut gemessen gibt es das Risiko auf falsch positiven Werte wenn eine Nierenfunktionsstörung vorliegt, daher ist der Urinwert messen bevorzügt.

PS2: Wenn erwünscht kann ich noch (viel) mehr Links reinstellen, wo wissenschaftlich wiederholt festgestellt wird, dass nur der Blutserumwert messen oft nicht ausreicht, also tatsächlige Mängel damit oft nicht gefunden werden usw... und wie richtig diagnostiziert wird.
 
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Hallo Kate, hallo zusammen,

Danke für die vielen interessanten Links. Werde ich mir angucken.

Außerdem muß ich mal sagen, daß ich schwer beeindruckt bin, was hier im Forum schon alles an Wissen zusammengetragen wurde, und das meistens von Leuten, die selbst ziemlich krank sind.

Liebe Grüße, Brigitka
 
Gerade gefunden: Wie man Migräne heilt!

Man kann sich hier einiges herunterladen (auch über CFS "Wie man Chronische Erschöpfung heilt"). Über die Wirksamkeit kann ich nichts sagen, aber ich denke, es lohnt auf jeden Fall, sich das gründlich durchzulesen.

Grüsse,
Uta
 
Hier wird so geschrieben als wäre der B12 Mangel die Ursache.. es ist doch nur ein Zeichen
Wenn jemand eine Vergiftung hat muss er doch zuerst die Gifte ausleiten.
 
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