Nein, ich weiss wo ich hinkomme und es ist eher das Gegenteil der Fall. Wenn man frei ist, dann ist man auch frei zu leben und irgendwann mal zu sterben und wie Bonhöfer es sagte, das ist dann nicht das Ende, sondern der (wirkliche) Anfang.
Für Dietrich Bonhoeffer, ein sehr mutiger, freiheitsliebender Mann, war die Bergpredigt zentral. In jener Lehrveranstaltung Jesus von Nazareths fügte dieser den starren, befehlsartigen zehn Geboten die Menschlichkeit bei. Es ist sehr wohl möglich, dass von Nazareth damit einen Grundstein zu den Menschenrechten gelegt hat, und damit die Ordnung der Gesellschaft von den Ge- und Verboten des alten Testaments oder Hammurabis oder des Koran etc. in Richtung der freien Entscheide angestossen hat. Dass von Nazareth dabei auf die ihm geläufige Theologie zurückgriff ist entschuldbar, stand ihm doch philosophisches Rüstzeug nicht zur Vefügung.
Auch Bonhoeffer war als Theologe in dem kirchlichen System befangen (Lehrauftrag, Beamtung, Tradition), dass er seine Erweiterung der Bergpredigt zur Grundlage des freien Willens nicht von dem religiösen Ballast befreien konnte, den von Nazareth und zahlreiche Theologen nach ihm fleissig tradierten.
Die Philosophie hingegen hat sich immer wieder von diesem Ballast befreit. Sie hat aber nie den Einfluss der Theologie auf die Gesellschaft wettmachen können, da sie sich der Anbiederung an die Macht enthielt, und da sie auch keine bunten sonntäglichen Spiele für das Volk bereithielt.
Von dieser religiösen Befangenheit sind wir heute befreit, weil im Zuge der Napoleonischen Reformen, trotz zwischenzeitlicher Restauration des Gottesgnadentums, die Priester wenigstens in unserem Teil der Welt aus der Macht vertrieben wurden. Bonhoeffer hat, im Gegensatz zu den meisten seiner Berufsgenossen, nicht den über Jahrtausende gewohnten feigen Anschluss an die Macht gesucht, sondern sich gegen diese gestellt. Das konnte er nur, weil seine Theologie von der diesseitigen Freiheit der Menschen handelte. Das Bekenntnis zum Jenseits bleibt da nur noch Floskel.
Ich sehe nicht und niemals ein, warum, wozu dieses Leben ein Fortsetzung brauchen sollte.
Noch eine Bemerkung zu dieser besorgten Frage hier:
Und wo ist da der genannte Seele / Geist?
Ah, Du fragst nach einem dieser Deponieprobleme, die uns je länger desto mehr beschäftigen.
Erloschen sind Seele und Geist, zusammen mit dem Körper, mit dem sie eine unlösbare Einheit bildeten. Das vitale des Menschen, was ihn von der leblosen Leiche unterscheidet, dem sagt ihr "Seele" in der irrigen Annahme, das das wie ein Leintuch von der Matratze getrennt werden könnte, zur Wäsche mit weihrauchparfumiertem Vergebungspulver oder gar zum späteren strafweisen Wiedergebrauch.
Den höheren Steuerungsfunktionen, die Bewusstsein erzeugen sagt ihr "Geist". Diese Dreiteilung ist derartig praktisch, dass man fast nicht umhin kommt, sie zu übernehmen. Beim Sterben allerdings geht das so nicht: Dass der Körper nicht Plopp macht und zerfällt ist offensichtlich, dass keine Seele mehr "drin" auch, und der Geist kann ja schon länger vor dem Sterben langsam sich zurückgezogen haben durch den Verlust entsprechender Körperfunktionen. Jetzt wollt ihr also die Seele abgetrennt sehen und in einem grotesk verorteten Jenseits deponieren, je nach Tradition zur Wiederverwertung oder als Endlager. Aber da ist keine Seele mehr, denn der Mensch ist ja gestorben, hat seine Vitalfunktionen eingestellt, was bleibt ist eine zerfallende Leiche.
Ist das denn so schwierig, zu akzeptieren, dass das Offensichtliche so ist?, dass das Leben des Einzelnen ganz schlicht erlöscht, während das Leben als Ganzes in dieser rasenden Entwicklung steht, die es auf diesem Planeten zu der Bildung von Menschen und z.B. Wespen geführt hat und die noch lange weiterführen wird. Wohin? Keine Ahnung, woher sollten wir die Zukunft wissen, wenn wir die Vergangenheit nur bruchstückhaft verstehen? In unserem Zeithorizont können wir nur erkennen, dass sich die Spezies Mensch im exponentiellen Wachstum befindet und dadurch den Planeten recht heftig belastet. Ob das nachhaltig ist, entscheidet über den Bestand dieser Spezies, nicht aber über den Bestand des Lebens hier. Das gab es ohne Menschen, und das wird es auch ohne Menschen geben können.
Vom Leben an Anderen Orten dieses oder eines anderen Universums brauchen wir nicht zu sprechen, da jenes wohl unabhängig von unserem entstehen würde, wenn auch aus der gleichen Bestreben der Materie, sich gelegentlich zu komplexen, selbstreproduzierenden Formen zu organisieren.
Von Innen heraus geschieht das, ganz ohne irgendeines Old Rauschebarts Einhauchungen, die später dann zu dem angefragten Deponieproblem führen würden.
Schönen Abend wünscht
Puistola