Warum nur Krankenhäuser?
Warum nicht auch Ärztehasser?
Liebe Arosa,
es begab sich einmal zu der Zeit als die Mehrzahl der Bankbeschäftigten, Polizisten, Bahnbeschäftigten oder Lehrer noch Beamte waren – und bei allem, was man dieser Menschengruppe im Punkto Fleiß und Arbeitsgeschwindigkeit Schlechtes nachsagen konnte, konnte man aber in einem Punkt ziemlich sicher sein: man konnte diesen Menschen vertrauen.
In dieser guten alten Zeit konnte man auch bei der Mehrzahl der Ärzte darauf vertrauen, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen im Rahmen ihrer Möglichkeiten - ohne finanzielle Überlegungen und ohne darüber nachzudenken, bei welchem Menschen es sich mehr lohnt, ihn zu behandeln und bei welchem weniger - versuchten ihre Patienten zu heilen.
Im Hinterkopf den Eid des Hippokrates – den ja schon lange kein Arzt mehr leisten muss:
Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden. Auch werde ich niemandem ein tödliches Gift geben, auch nicht wenn ich darum gebeten werde, und ich werde auch niemanden dabei beraten.
Die heutige Gesundheitsindustrie war damals noch in staatlicher Hand – damals ging es noch um Gesundheit und noch nicht um Gewinnoptimierung.
Aber wer heute noch daran glaubt, dass er bei der Bank immer in seinem Sinne beraten wird, oder dass es keine Betrüger unter den Polizisten gibt, oder dass kein Bahnschaffner ein Kind, dass er ohne Fahrschein erwischt, in der Walachei aus dem Zug schmeißt und dass es unter den Lehrern nicht etliche gibt, die gehörig einen an der Waffel haben und der vor allen Dingen daran glaubt, dass das, was ein Arzt ihm sagt das ultimativ Richtige ist und das es Gotteslästerung wäre, es zu hinterfragen, ist verraten und verkauft.
Der Unterschied zwischen Krankenhausärzten und niedergelassenen Ärzten ist für mich, dass man bei den niedergelassenen die Chance hat jederzeit den Arzt zu wechseln und die Diagnosen überprüfen zu lassen bzw. im Internet selbst zu überprüfen.
Wenn man ermal im Krankenhaus ist, wird einem kein außenstehender Arzt mehr helfen können und der Wechsel in ein anderes Krankenhaus ist – wenn er überhaupt möglich ist – nicht gerade einfach. Außerdem weiß man auch nicht, ob man vom Regen in die Traufe gerät.
Besonders hier in der Region Hannover gehören ca. 90 % der Krankenhäuser in irgendeiner Form zusammen – und wenn die elektronische Krankenakte mit den falschen Diagnosen und dem Bericht über den „psychiatrisch auffälligen“ Angehörigen schon vor dem Patienten im anderen Krankenhaus ankommen, wird sich dort auch nicht viel ändern.
Den Begriff Ärztehasser gab es bereits, als ich wegen der Behandlung meiner Mutter angefangen habe, den Ärzten zu misstrauen: Es gab das Ärztehasserbuch von Werner Bartens. Das war das erste Buch, was ich zu diesem Thema gelesen habe und es hat mich zu meinem Namen inspiriert.
Dazu kommt, dass ich bei meinen Eltern das Glück hatte, einen Hausarzt zu haben, der wohl selbst noch an den Eid glaubt. Der hat Hausbesuche gemacht und ich hatte meine Liste mit Fragen und Vorschlägen. Er hat sich das angehört, hat gesagt das machen wir so und wenn etwas nicht gemacht werden sollte, hat er verständlich erklärt, warum nicht. Ohne diesen Arzt wären meine Eltern Monate früher und viel elendiger gestorben.
Aber die Hausärzte haben wirklich finanzielle Grenzen, weil sie von den Krankenkassen gedeckelt werden. Ich wollte z. B. für meinen Vater ein Rezept für Ergo- und Physiotherapie haben. Das konnte der Hausarzt nicht machen, weil er in dem Quartal schon zu viel verschrieben hatte und es wirklich aus eigener Tasche bezahlen müsste. Er schrieb eine Überweisung zur Neurologin und so hat es dann geklappt.
Und das alles wird immer schlimmer werden – besorg Dir mal ein Buch von Renate Hartwig.
Lg Silke