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Kranke Buben - gesunde Mädchen
An den so genannten X-chromosomalen Erbleiden erkranken nur männliche Nachkommen. Mädchen bzw. Frauen sind Überträgerinnen der Geninformation - mit einer 50%igen Chance, ihr gesundes X-Chromosom an einen Sohn weiterzugeben, und einer ebenso 50%igen Wahrscheinlichkeit, ihm das defekte X-Chromosom zu vererben.
Eine der bekanntesten derartigen Gendefekte ist die Bluterkrankheit, die Hämophilie. Auch die Rot-Grün-Farbenblindheit betrifft nur männliche Nachkommen, ebenso die Duchenn’sche Muskeldystrophie, eine Form von Muskelschwund.
Umweltfaktoren spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle. Die Hämophilie zählt übrigens zu jenen Erbkrankheiten, die sehr häufig auch spontan entstehen. Bei etwa einem Drittel aller Hämophilen ist ihre Krankheit auf einen spontanen Gendefekt zurückzuführen. Dabei passiert in einer Eizelle oder in einer der vielen Millionen Samenzellen ein Programmfehler. Wenn ausgerechnet diese Eizelle oder diese Spermie zur Befruchtung kommt, dann hat der daraus entstehende Mensch plötzlich eine vererbbare Krankheit, obwohl beide Eltern völlig gesunde Gene hatten. Eine weitere Spielvariante in der Genetik ist das so genannte Imprinting. Normalerweise werden die ererbten Gene abwechselnd genutzt, sodass im Organismus Eiweißbausteine sowohl mütterlicher als auch väterlicher genetischer Herkunft zirkulieren. Offenbar trifft dieser parallele Einsatz der Erbinformation aber nicht für alle Gene zu, so dass in bestimmten nur entweder das väterliche oder das mütterliche Gen benutzt wird. Je nach Geschlecht der Nachkommen und je nachdem, ob ein gesundes oder krankes Gen an die nächste Generation weitergereicht wird, kann in einer Familie eine Erbkrankheit wieder auftauchen, die zumindest seit mehreren Generationen unbekannt war. Das Zufallsprinzip bei der Weitergabe entweder eines defekten oder gesunden Gens entscheidet also auch darüber, ob eine Erbkrankheit eventuell eine oder sogar mehrere Generationen überspringt, bevor die verhängnisvolle Erbfolge fortgesetzt wird. Dies gilt auch für nicht geschlechtsspezifische Erbkrankheiten. Nach heutigem Erkenntnisstand können auch weitere vererbbare und auch umweltbedingte Faktoren an einem solchen Generationssprung beteiligt sein. Einer noch genaueren Erklärung dafür sind die Molekularbiologen noch auf der Spur. Und noch einen interessanten Kontrollmechanismus haben die Molekularforscher bei manchen Patienten entdeckt, die aufgrund einer bestimmten Genmutation eigentlich an einer besonders schweren Form der Bluterkrankheit leiden müssten. Sie entdeckten einen weiteren Genschaden, der eine übersteigerte Gerinnung bewirkt und zu Thrombosen führt. Beim hämophilen Patienten wirkt diese zusätzliche Gendefekt ausgleichend und mildernd auf seine Blutungsneigung.
Erbkrankheiten
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