Kamille / sekundärer Pflanzenstoff Apigenin - Wirkung auf ZNS (u.a. Schlaf)

Kate

Moderatorin
Teammitglied
Themenstarter
Beitritt
16.11.04
Beiträge
16.396
Hallo zusammen,

sie ist eine alte Heilpflanze und sicherlich vielen als Mittel bei Magen-Darm-Beschwerden bekannt. Dass die Kamille noch mehr kann, erfuhr ich kürzlich bei einem Interview mit der Gynäkologin, Hormonspezialistin und funktionelle Medizinerin Dr. Simone Koch aus Berlin (https://deutschepodcasts.de/podcast...r-simone-koch-uber-hormone-testosteron-sex-kr), in dem sie Kamillenextrakt bzw. den sekundären Pflanzenstoff Apigenin darin als einen ihrer Lieblingsstoffe zum Entspannen nannte.

Ich habe mal ein wenig gesucht und u.a. folgendes dazu gefunden:
Kamille ist eine mild schlaffördernde Pflanze. Der schlaffördernde Wirkstoff ist Apigenin – ein Flavonoid (sekundärer Pflanzenstoff), welcher an Benzodiazepin-Rezeptoren im zentralen Nervensystem bindet. Diese Bindung beruhigt die Nervenzellen und erleichtert das Einschlafen (Avallone, Zanoli, Corsi, Cannazza, & Baraldi, 1996).
Bei einer Studie mit 12 Probanden, fielen 10 in einen tiefen Schlaf, nachdem sie Kamillen-Tee getrunken hatten (Gould, Reddy, & Gomprecht).
Weiterhin zeigen Studien, dass Kamille erfolgreich bei generalisierter Angststörung (Awad et al., 2007; Amsterdam et al., 2009) und Depression (Amsterdam et al. 2012) eingesetzt werden kann.

Folgende Studien werden auf der Seite genannt:
  1. Avallone, R., Zanoli, P., Corsi, L., Cannazza, G., & Baraldi, M. (Department of P. S. M. U. V. C. 183, 41110 M. (Italy)). (1996). Benzodiazepine-like compounds and GABA in flower heads of Matricaria chamomilla. Phytotherapy Research (United Kingdom).
  2. Awad, R., Levac, D., Cybulska, P., Merali, Z., Trudeau, V. L., & Arnason, J. T. (2007). Effects of traditionally used anxiolytic botanicals on enzymes of the gamma-aminobutyric acid (GABA) system. Canadian Journal of Physiology and Pharmacology, 85(9), 933–42.
  3. Amsterdam, J. D., Li, Y., Soeller, I., Rockwell, K., Mao, J. J., & Shults, J. (2009). A randomized, double-blind, placebo-controlled trial of oral Matricaria recutita (chamomile) extract therapy for generalized anxiety disorder. Journal of Clinical Psychopharmacology, 29(4), 378–82.
  4. Gould, L., Reddy, C. V, & Gomprecht, R. F. Cardiac effects of chamomile tea. Journal of Clinical Pharmacology, 13(11), 475–9.
  5. Amsterdam, J. D., Shults, J., Soeller, I., Mao, J. J., Rockwell, K., & Newberg, A. B. (2012), Chamomile (Matricaria recutita) may provide antidepressant activity in anxious, depressed humans: an exploratory study. Alternative Therapies in Health and Medicine, 18(5), 44–9.
Die Studien Nr. 1 und Nr. 5 werden auch auf dieser Seite genannt: https://www.manifatturafalomo.de/blog/schlaf-tipps/kamille-zum-schlafen-5-fakten/

Dort werden die Ergebnisse so zusammengefasst:

1. Woher kommt die beruhigende und entspannende Wirkung?

Laut einer Studie der University of Pennsylvania und wie 2012 im bekannten Magazin Alternative Therapies in Health and Medicine veröffentlicht, wirkt die Kamille nicht nur stimmungsaufhellend, sondern trägt auch zur Senkung von Stressleveln bei und kann das Einschlafen erleichtern.

2. Wie ist die chemische Zusammensetzung der Kamille?

Kamillentee fördert aufgrund seiner beruhigenden Wirkung den Schlaf.

Die Kamille ist nämlich als Beruhigungsmittel weit bekannt, die das Einschlafen fördern kann. Laut der Studie Benzodiazepine compounds and GABA in flower heads of matricaria chamomilla (Phytotherapy Res. 1996), geht man davon aus, dass Flavonoide und Apigenin der beruhigenden Wirkung zugrunde liegen.

Die Seite gibt auch einige praktische Hinweise, u.a. dass man den Aufguss nur 2-3 Minuten ziehen lassen dürfe, damit die „beruhigende“ Wirkung nicht verloren geht und dass man danach besser nicht Autofahren sollte (höre ich zum ersten Mal, allerdings las ich es auch als Warnhinweis uinter einem NEM mit Kamille).

Aus https://www.businessinsider.de/wissenschaft/gesundheit/schlafprobleme-kamillentee-trinken/:
In einer Studie, die 2015 im Fachjournal „Journal of Advanced Nursing“ veröffentlicht wurde, wurden 80 Frauen untersucht, die Schlafprobleme hatten und kürzlich ein Kind auf die Welt gebracht hatten. Die Forscher stellten fest, dass diejenigen, die Kamillentee tranken, weniger unter Schlafmangel-Symptome litten.
Studie: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/jan.12836
In einer Studie aus dem Jahr 2018 mit Frauen nach der Menopause stellte sich heraus, dass diejenigen, die zweimal am Tag hochqualitative Kamillenextrakt-Tropfen zu sich nahmen, nach vier Wochen Behandlung schneller einschliefen als die Frauen in der Kontrollgruppe, die diese Tropfen nicht zu sich nahmen.
Der Link in diesem Zitat funktioniert bei mir nicht.

Quellen für einige der o.g. Studien:
Nr. 5: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22894890/ - Schlussfolgerung dort, übersetzt mit Deepl-Translator (kostenlose Version)
Schlussfolgerung: Kamille kann eine klinisch bedeutsame antidepressive Wirkung haben, die zusätzlich zu ihrer zuvor beobachteten anxiolytischen Wirkung auftritt.
Nr. 1: Die schon ziemlich alte Studie (1996) steht im Volltext hier: https://www.researchgate.net/public...GABA_in_flower_heads_of_Matricaria_chamomilla

Die Schlussfolgerung dieser Studie https://link.springer.com/article/10.1186/1472-6882-11-78 klingt eher bescheiden - Übersetzung mit Deepl-Translator (kostenlose Version):
Kamille könnte bei Erwachsenen mit chronischer primärer Schlaflosigkeit im Vergleich zu Placebo einen bescheidenen Nutzen für das Tagesgeschehen und einen gemischten Nutzen für das Schlaftagebuch bieten. Um diese Schlussfolgerungen zu überprüfen, wären jedoch weitere Studien mit ausgewählten Insomniepatienten erforderlich.

Diese Studie ist auch schon >10 Jahre alt und vermutlich teils überholt, liefert aber einen Überblick über viele mögliche Gesundheitswirkungen der Kamille: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2995283/

Ich werde es auf einen Versuch ankommen lassen (mag allerdings abends keinen Tee mehr trinken). Habt Ihr Erfahrungen mit Kamille gemacht?

Gruß
Kate

Nachtrag:
In dieser Rubrik wurde die Kamille bislang nur in diesem Thread "Homöopathisches" Schlafmittel Calms Forte wirkt - zu? - gut an zwei Stellen erwähnt (Beiträge #1 und #2).
Im Forum gibt es nur einen Thread, der "Kamille" in der Überschrift enhält: Herzrasen nach Kamille
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich kann dazu nur sagen, dass ich nach meinem künstlichen Koma von 10 Tagen (wegen eines plötzlichen Aneurysma-Aufbruchs am Kopf) am liebsten Kamillen-Tee auf der Intensivstation getrunken habe, ohne dass mir dieser speziell empfohlen worden wäre.
 
Dass die Kamille noch mehr kann, erfuhr ich kürzlich bei einem Interview mit der Gynäkologin, Hormonspezialistin und funktionelle Medizinerin Dr. Simone Koch aus Berlin (https://web.archive.org/web/2023033...r-simone-koch-uber-hormone-testosteron-sex-kr), in dem sie Kamillenextrakt bzw. den sekundären Pflanzenstoff Apigenin darin als einen ihrer Lieblingsstoffe zum Entspannen nannte.
Ich habe hier den Link zu dem Interview noch nachgetragen. (Ich finde es auch sonst interessant, sie spricht u.a. über den extrem hohen Östrogen-Gehalt der Milch von dauer-schwangeren nicht-Demeter-Kühen und davon, dass Schafe und Ziegen so etwas "nicht mit sich machen lassen" 🐑 🐐 .)

Ich habe heute einen Kamillentee getrunken, allerdings vergessen, diesen nur 2-3 Minuten ziehen zu lassen...

Gruß
Kate
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Man kann manchmal lesen, daß Apigenin in der Krebsbekämpfung helfen kann. Das ist nicht wirklich belegt.
... Studien deuten darauf hin, dass selbst hohe Apigeninmengen in der Nahrung nicht vor Krebs schützen. In einzelnen Fällen besteht der Verdacht, dass Apigenin in hohen Mengen die Wirkung einer Chemotherapie abschwächen oder sogar das Krebswachstum beschleunigen könnte. ...
https://medizin-transparent.at/apigenin-gegen-krebs/

Apigenin in der Kamille gehört ja zu den Flavonen, denen gute Wirkungen zugeschrieben werden. Vielleicht gehört Sellerie auch zu den „gesunden“ Gemüsen? Trotzdem Vorsicht: der Fingerhut ist giftig ist!
... Das Flavon Apigenin ist in Dahlien, Kamille und Sellerie enthalten. Luteolin verursacht die Gelbfärbung in der gelben Paprika und dem gelben Fingerhut. ...

Apigenin-Gehalt – angegeben in mg – pro 100 g Lebensmittel
Obst
Wacholderbeeren5,57
Kumquats27,87
Gemüse
Knollensellerie (roh)2,41
Artischocken (roh)7,48
Sellerieherzen, grün19,10
Petersilie, frisch215,46

Wichtig zu wissen: Es gibt die "Echte Kamille" und die „Hundskamille“ mit unterschiedlicher Wirkung:
https://www.gesundmitnatur.at/blog/2016/5/29/tipps-um-echte-und-falsche-kamille-zu-unterscheiden

Grüsse,
Oregano
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Vielen Dank für Deine Ergänzungen, Oregano.

Die Petersilie ist natürlich der Hammer, irgendwann wurde das auch in einem der vielen Online-Vorträge gesagt, die ich in der letzten Zeit gehört habe. Auch Kumquants sind "nicht ohne", nur wüsste ich nicht, wo ich die herbekommen sollte (außer aus @alibiorangerl 's Avatar - und vielleicht Garten 🍊 ?). Auf jeden Fall gut zu wissen und hier stehen zu haben.

Ebenso wie die Unterscheidung von der Hundskamille, jedenfalls wenn man selbst Sammeln geht.

Dass es zu der Anti-Krebswirkung widersprüchliche Studien gibt, war mir bekannt; dazu würde ich es wohl auch nicht (jedenfalls als Apigenin und hochdosiert) einsetzen.

Gestern Abend habe ich kurz vor dem Schlafengehen einen 2,5 Minuten lang mit wenig (um die schlafstörende Wirkung von Flüssigkeit auf Niere/Blase zu minimieren) heißem Wasser gezogenen Kamillentee getrunken und habe das nicht so direkt bemerkt. Aber man unterliegt ja immer verschiedenen Einflüssen und sollte hier sicherlich länger die Wirkung beobachten.

Gruß
Kate
 
Die Petersilie ist natürlich der Hammer
Petersilie enthält von allem hammermäßig viel. ;) Nur leider ißt man sie selten in 100gr-Mengen. Mein Petersilien-Gericht ist Bärlauchpesto: da kommt mengenmäßig fast genauso viel rein wie Bärlauch. In einem grünen Smoothie müßte man auch gut 20 bis 50gr Petersilie unterbringen können.

Kumquats liebe ich, aber sie sind so intensiv, daß ich sie eher als Würz- und nicht als Mengenzutat verwende (an Curries, Chutneys etc.).

Ich konnte die Datengrundlage von Oreganos Tabelle mit etwas Browserschwierigkeiten hier herunterladen:
(USDA Database for the Flavonoid Content of Selected Foods, Release 3.1, Prepared by Seema Bhagwat, David B. Haytowitz, and Joanne M. Holden (ret.))
 
Na, die Liste ist aber auch der Hammer (y)

Nur leider ißt man sie selten in 100gr-Mengen. Mein Petersilien-Gericht ist Bärlauchpesto:..
Pesto ist eine gute Idee, zumal ich Petersilie nicht sonderlich mag (die Blatt- schon eher als die krause). Wobei ich sie mir trotzdem schon büschelweise in den Mund geschoben habe, wenn ich dran gedacht habe ;)

Kumquats liebe ich,..
... und wo kaufst Du die? Wogmöglich habe ich sie nur "übersehen" in meinen Bio-Läden (weil ich i.a. nur Beerenobst esse und die Obstabteilung eher links liegen lasse)...

Gruß
Kate
 
Ich hatte mal ein Kumquat-Bäumchen, das mir leider erfroren ist, da habe ich den Geschmack kennengelernt. In den letzten Jahren hatte mein Biokisten-Anbieter im Winter ab und zu auch Kumquat im Angebot. Aber da reicht mir eine Tüte mit 200 gr für ein halbes Jahr -- die trocknen auch ein und sind dann immer noch verwendbar.

Ich habe aber auch festgestellt, daß es verschiedene Kumquat-Sorten auf dem Markt gibt. Manche schmecken fast wie Mandarinen, die mag ich nicht so.
 
Ich hatte noch folgendes Kombi-Präparat auf einer Suche nach Kamillenextrakt gefunden:
Zusammensetzung pro Tagesportion (1 Kapsel)

Honokiol [als Magnoliaextrakt (Rinde)]
120 mg​
Zitronenmelliseextrakt (Blätter) [std. auf >7% Rosmarinsäure, >14% Hydroxyzimtsäure]
300 mg​
Kamillenextrakt (Blume) [std. auf 20% Apigenin]
125 mg​
Sonstige Bestandteile: Pflanzliche Cellulose (Kapsel), pflanzliches Stearat, Maltodextrin, Siliciumdioxid, mikrokristalline Cellulose.

Hat das mal jemand probiert? Wir haben ja hier einige LEF-Freunde an Board...

Zitronenmelisse ist mir als beruhigender Stoff bekannt (wird auch in einem der Links weiter oben als gute Ergänzung empfohlen), aber von Honokiol habe ich zuvor noch nie gehört.

Gruß
Kate
 
Bei einem Essen während eines TCM-Kurses hat eine Teilnehmerin einen Petersilien-Salat mitgebracht. Er bestand hauptsächlich aus glatter Petersilie, Zwiebeln in ganz dünnen Scheiben geschnitten, Olivenöl, etwas Senf und ein paar kalten gekochten Kartoffeln. Das schmeckt wunderbar !

Grüsse,
Oregano
 
Zu Kamille fand ich noch folgende interessante Links:


Je nach Indikation sollte man demnach schauen, ob man lieber ein Öl nimmt, da manche Wirkstoffe fettlöslich sind. Auch das Apigenin ist offenbar im Tee nicht enthalten, siehe die dort genannte Tabelle 1 !

Ich habe bisher kein für mich überzeugendes Kamillenöl gefunden - die von Abtei und Mivolis sowie das im Artikel genannte Kamillosan enthalten Zusatzstoffe, deren Unbedenklichkeit ich noch nicht ergründet habe; bin vorsichtig, nachdem ein über Ama*** bestelltes Produkt bei mir Durchfälle auslöste, womöglich aufgrund des angeblich harmlosen Zusatzstoffes "pflanzliches Glycerin" (der u.a. ein darmreizendes Abführmittel ist).

Dieser Text

... listet u.a. alle Anwendungen im Überblick, sortiert nach Wirksamkeit und schreibt zur beruhigenden Wirkung:
An Mäusen, Ratten und am Menschen konnte man eine beruhigende und angstlösende Wirkung von Kamille nachweisen. Einige Inhaltsstoffe (z.B. Apigenin) binden im Gehirn an denselben Rezeptor wie viele andere synthetische Beruhigungsmittel (Benzodiazepin-Rezeptor).

Kamillenextrakte enthalten außerdem den Neurotransmitter GABA (γ-Aminobuttersäure), der eine Schlüsselrolle bei Stress und Angstreaktionen einnimmt und zentral dämpfend wirkt. (...)

Eine neue Studie aus dem Jahr 2017 bestätigt die schlaffördernde Wirkung bei älteren Menschen. Sie hatten 2 Mal täglich eine Kapsel mit 400 mg Kamillenextrakt erhalten. Nach vier Wochen war die Schlafqualität der Senioren deutlich besser als in der Kontrollgruppe mit Placebo.
Die genannte Studie ist offenbar diese:
Abdullahzadeh M et al: Investigation effect of oral chamomilla on sleep quality in elderly people in Isfahan: A randomized control trial. J Educ Health Promot. 2017 Jun 5;6:53. doi: 10.4103/jehp.jehp_109_15. eCollection 2017

Gruß
Kate
 
Was mir noch zur Kamille einfällt: es gibt sie auch in homöopathischer Form. Ich habe zB. Chamomilla D6 jeweils zusammen mit Hypericum D6 nach einer Zahnextraktion genommen.


Evtl. kann man ja eine Tinktur selbst herstellen?:

Grüsse,
Oregano
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben