Ich habe mir mal überlegt, weshalb der von mir eingangs erwähnte interreligiöse Dialog in unserer Umgebung "funktionierte":
- der Diakon der Nachbargemeinde ist sehr weltoffen und innovativ
- die einzige Frau in unserem Gemeinderat (5-er Gremium, politische Behörde) hat absolut keine Berührungsängste den Menschen unterschiedlichster Kultur und Religion gegenüber
- und wer das ganze dann in die lokale Presse gebracht hat, ist eine junge, türkische Journalistin
Diese 3 "Faktoren" haben dazu beigetragen, dass dies auch einer breiteren Öffentlichkeit bewusst gemacht wurde. Diese 3 "Faktoren" und der genannte Imam - 4 Menschen, die etwas ins Rollen gebracht haben
Liebe Grüsse
pita
Ich finde das total klasse, Pita!
Ich habe drei Jahre lang ein Integrationsprojekt in einer ländlichen Samtgemeinde geleitet. Es leben dort neben der "Urbevölkerung"
sehr viele Deutsch - Russische - Spätaussiedler und etliche, vorwiegend exjugoslawische, kurdische, aber auch einige arabische Muslime. Während mehrerer "Interreligiöser Treffen" in unserer Begegnungsstätte stellte sich schnell heraus, dass die gegenseitige Neugier groß war und dass man (Muslime unterschiedlicher Richtungen, Protestanten und Katholiken) ein großes Interesse hatten, sich dem Anderen näher zu bringen, sich mitzuteilen und den eigenen Glauben zu vermitteln.
(Mir selbst ist das Interkulturelle eigentlich wichtiger als das Interreligiöse, aber es lässt sich nicht immer trennen und irgendwo muss man anfangen).
Am ersten Abend ist damals etwas für mich ganz seltsames passiert: die beiden muslimischen Referenten, beides Laien, hatten die
Fünf Säulen des Islam dargestellt. Danach gab es eine Diskussion, in der es eine hohe interreligiöse Toleranz und Verständnisbereitschaft gab.
Ein Konflikt entstand zwischen einer Katholikin und einem Protestanten, infolge eines sprachlich bedingten Missverständnisses bezüglich der anderen Konfession. Es kam zu einem kurzen verbalen Schlagabtausch, in dessen Folge die Katholikin (eine etwas vollschlanke Dame) sogar bedrohlich aufstand. Die beiden Muslime saßen mit gemischten Gefühlen da und blickten. wie beim Tennisspiel von einem zum Anderen und zurück.
Kurz darauf konnte das Missverständnis aufgeklärt werden.
Einer der beiden muslimischen "Gastredner" meinte später zu mir: "Wenn das schon zwischen Protestanten und Katholiken so leicht zu Missverständnissen kommt, wie schwer muss es dann erst zwischen den Christen und Muslimen sein!"
Übrigens habe ich im Ort ähnliche Verständnisschwierigkeiten zwischen den sunnitischen und den, in Derwischorden organisierten, sufistisch orientierten (Kadiri, Rufahi) schiitischen Ex - Jugoslawen.
Pita, es ist, finde ich, wie Du es sagst: Weltoffenheit und Kontaktfreude sind ganz wichtig für den interkulturellen wie den interreligiösen Dialog und vor allem auch für ein gemeinsames Miteinander.
Selbstsicherheit und Selbstwertgefühl sind auch ganz wesentlich dafür, meine ich. Denn je selbstbewusster (in der Selbstsicherheit, im Glauben, im Denken etc.) wir Menschen sind, desto offener sind wir auch.
Ich habe mich gefreut, Deinen Beitrag zu lesen!
Herzliche Grüße
von
Leòn