Hallo,
nachdem ich hier zitiert wurde, bin ich selber wieder über meine alten Beiträge gestolpert und will mich hier kurz einklinken.
Seit den Beiträgen aus 2012 hat sich bei mir ein markante Instabilität C0-C2 entwickelt, so dass es eine ziemliche Balancesache ist, meinen Kopf so auf dem Hals zu halten, dass er mir nicht verrutscht und Symptome auslöst. Ich habe so einiges an Symptomen mitgemacht in den letzten Jahren, und ich habe dabei gelernt, dass es wichtig ist, auf Warnsignale meines Körpers zu hören. Wenn ein Brennen am Hinterkopf einsetzt, mir schlecht wird, die Hände taub werden oder Koordinationsstörungen zunehmen, muss ich mich in Rückenlage hinlegen, wenn ich keine heftigeren Symptome riskieren will.
Seit ich für Fahrten grundsätzlich eine feste HWS-Orthese nutze, bin ich wieder besser transportfähig - das war zwischenzeitlich ganz schwierig. Eine weiche Halskrause nutze ich bei Bedarf.
Als Ursache für die Instabilität wurde bei mir zwischenzeitlich ein hypermobiles Ehlers-Danlos Syndrom festgestellt. Ich habe dazu einen anderen Thread hier angefangen, in dem ich mehr dazu schreibe.
Ich habe manche Therapien ausprobiert. Die manuelle Therapie hat damals zwar geholfen, Verspannungen und Blockaden zu lösen, rückblickend aber auch die Instabilität verstärkt. Seit einigen Jahren habe ich stattdessen Einzeltherapie im Bewegungsbad, wo mein Therapeut mit mir zusammen nach Übungen sucht, die mir gut tun. Das sind vor allem achssymmetrische Ganzkörperübungen mit Auftriebskörpern aus Schaumstoff (Poolnudeln, Hanteln, Schwimmbretter,...), mit denen auch die tiefe Muskulatur angesprochen wird. Übungen direkt an der HWS vertrage ich gar nicht.
Mit meinem heutigen Wissen würde ich sagen:
Ja, es kann schon gefährliche Situationen in Folge einer Instabilität der oberen HWS geben. Allerdings ist das ein ziemlicher blinder Fleck in der Medizin und auch für Ärzte mit viel Unsicherheit verbunden. Leider gibt es in der Medizin eine lange Tradition, dass Symptome, die sich Ärzte nicht erklären können, automatisch als psychisch bedingt abgetan werden, was in einer Notfallsituation natürlich besonders kritisch ist. Es kommt hinzu, dass bei einer Aufnahme über die Notaufnahme meist nur die üblichsten bekannten Ursachen für die Symptome abgeklärt werden und mehr oft auch finanziell nicht drin ist.
Mein Fazit aus heutiger Sicht ist:
Bei Symptomen, die sich wirklich kritisch anfühlen, würde ich zur Notaufnahme gehen - nach Möglichkeit an eine Uniklinik oder in ein Krankenhaus, wo mein Fall bekannt ist und mich Ärzte ernst nehmen.
Wichtiger ist aber noch, sich ein Ärztenetzwerk aufzubauen an Ärzten, die einen kennen, ernst nehmen und unterstützen. Dazu braucht es Ärzte, die wissenschaftlich denken, bereit sind, dazuzulernen und zuzuhören und die ihr eigenes Wissen nicht überschätzen. Es ist hilfreich, gut zu recherchieren, an wen man sich wendet. Ich persönlich finde es wichtig, Ärzte im Bereich der Schulmedizin zu haben, die einen begleiten - auch und gerade, um im Fall eines Notfalls auch in der Schulmedizin ernstgenommen zu werden.
Hinsichtlich Untersuchungen, die Ärzte aufhorchen lassen, würde ich inzwischen sagen, dass neurovegetative Diagnostik/Diagnostik des autonomen Nervensystems sehr wichtig ist. Es gibt nur wenige Ärzte - meist an Unikliniken - die darauf spezialisiert sind, aber mit den Neurologen, die ich in diesem Bereich kennengelernt habe, habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht.
Außerdem halte ich polysomnographische Untersuchungen mit neurologischer Auswertung für sehr hilfreich - also eine Schlafstudie, bei der unter anderem nach zentraler Schlafapnoe geschaut wird (wichtig: nicht nur nach obstruktiver Schlafapnoe), nach Störungen der Schlafphasen etc.
Ganz grundsätzlich ist es sinnvoll, Symptome zu dokumentieren, ggf. auch mit Foto bzw. kurzer Filmaufnahme, gerade wenn Symptome wechselhaft auftreten. Und es ist sinnvoll, sämtliche Arztbriefe und nach Möglichkeit auch Rohdaten zu sammeln und sich einen Patientenordner anzulegen. Besonders wichtig sind dabei natürlich auch die radiologischen Daten. Selbst, wenn ein Arzt das, was er sieht, als unauffällig bewertet, kann das ein anderer Arzt ggf. anders sehen.
Noch ein Wort zu den Angeboten an Atlastherapie, die es gibt, weil Du, Verbleit, das erwähnt hast:
Ich sehe das sehr kritisch und kenne mehrere Patienten, die sich durch Therapien dieser Art teilweise markante Verschlechterungen eingefangen haben. Der Übergangsbereich zwischen Kopf und Halswirbelsäule ist ein sehr sensibler Bereich, in dem sehr viele wichtige Strukturen verlaufen. Es werden noch lange nicht alle Zusammenhänge verstanden. Ich verstehe das Anliegen der Ärzte und Therapeuten, zu helfen und zumindest irgendetwas anzubieten (und klar lässt sich mit Patienten, die verzweifelt nach jedem Strohhalm greifen, auch Geld verdienen). Aber ganz grundsätzlich birgt jedes Verschieben eines Gelenks die Gefahr, dass das Gelenk dadurch instabiler wird. Und aus eigener Erfahrung muss ich sagen: Eine Instabilität in diesem Bereich sollte man wirklich nicht riskieren, da steht zu viel auf dem Spiel. Während sich eine Blockade bzw. Fehlstellung meist auch von selber wieder irgendwann zurückbildet, wird es mit einer ausgeprägten Instabilität in dem Bereich richtig schwierig.
Viele Grüße,
odyssina