Hermann Hesse

Ein Gedicht von Hermann Hesse, dass viele nicht kennen und dass er kurz vor seinem Tod geschrieben hat.

Zerschlagen ist die alte Leier am Felsen, welcher Christus heißt!
Die Leier, die zur bösen Feier bewegt ward von dem bösen Geist,
Die Leier, die zum Aufruhr klang, die Zweifel, Spott und Abfall sang.
O Herr, o Herr, ich kniee nieder, vergib, vergib mir meine Lieder!

Der Kirche ist und ihrem Glauben manch Spottlied frevelhaft erschallt;
Es sollte Zucht und Ordnung rauben durch weicher Töne Truggewalt.
Die freie Rotte triumphieret! Ich hab ihr manchen zugeführet.
O Herr ich schlag die Augen nieder; vergib, vergib mir meine Lieder!

Und als des Märzens Stürme kamen bis zum November trüb und wild,
Da hab ich wilden Aufruhrsamen in süße Lieder eingehüllt.
So manches Herz hab ich betöret, des ew'gen Lebens Glück zerstöret.
Gebeugten Hauptes ruf ich wieder: O Herr, vergib mir meine Lieder!

Zerschmettert ist die alte Leier am Felsen, welcher Christus heißt!
Die Leier, die zur bösen Feier bewegt ward von dem bösen Geist.
Ach schenk mir eine, neu und mild von heil'gem Friedensklang erfüllt;
O, neige segnend Dich hernieder und gib mir neue, neue Lieder!
 
Es scheint nicht klar zu sein, von wem dieses Gedicht ist, aber es spricht einiges dafür, daß es von Heinrich Heine ist:

Hinweis: Obiges Lied wird meist Heinrich Heine zugeschrieben, der sich am Ende seines Lebens bekehrt und dabei dieses Gedicht geschrieben haben soll. Soweit wir wissen gibt es aber dafür keine Belege.


(Gedicht, Autor: unbekannt)
Zerschlagen ist die alte Leier am Felsen, welcher Christus heißt! (christliche Gedichte)
www.freak-search.com/de/thread/137155/letzte_worte_von_heinrich_heine_vor_seinem_tod

Grüsse,
Oregano
 
Hermann Hesse war ja oft krank. Insofern sind diese Gedanken von ihm nicht einfach aus der Luft gegriffen:

"Sie haben eine Krankheit, die leider Mode ist und der man jeden Tag bei intelligenteren Menschen begegnet. Die Ärzte wissen natürlich nichts davon. Es ist mit moral insanity verwandt und könnte auch Individualismus oder eingebildete Einsamkeit genannt werden. Die modernen Bücher sind voll davon. Es hat sich bei Ihnen die Einbildung eingeschlichen, Sie seien vereinsamt, kein Mensch gehe Sie etwas an und kein Mensch verstehe Sie. Ist es nicht so?"
"Ungefähr, ja", gab ich verwundert zurück.
"Sehen Sie. Für den, der die Krankheit einmal hat, genügen ein paar Enttäuschungen, um ihn glauben zu machen, es gebe zwischen ihm und anderen Menschen überhaupt keine Beziehungen, höchstens Mißverständnisse, und es wandle eigentlich jeder Mensch in absoluter Einsamkeit, könne sich den anderen nie recht verständlich machen und nichts mit ihnen teilen und gemeinsam haben. Es kommt auch vor, daß solche Kranke hochmütig werden und alle anderen Gesunden, die einander noch verstehen und lieben können, für Herdenvieh halten. Wenn diese Krankheit allgemein würde, müßte die Menschheit aussterben. Aber sie ist nur in Mitteleuropa und nur in den höheren Ständen zu treffen. Bei jungen Leuten ist sie heilbar, sie gehört sogar schon zu den unumgänglichen Entwicklungskrankheiten der Jugend."
- Hermann Hesse, Gertrud
Worte-Projekt: Zitate von Hermann Hesse

Grüsse,
Oregano
 
Es gibt ein Hörbuch, das Spass machen kann, wenn man Hesse mag:

Hermann Hesse: Die großen Romane. Demian (Hörspiel). Siddhartha (Lesung) Der Steppenwolf (Hörspiel). DAs Glasperlenspiel (Hörspiel).

Gelesen von Anna Thalbach, Burghart Klaußner, Ulrich Matthes, Manfred Zapatka u.a.

Der Hörverlag, München 2012.
14 CD, 863 Minuten, 39,99 €


Grüsse,
Oregano
 
Hallo Leon,

QUOTE]Ich habe da mal eine Frage als Vater.
Ich habe eine geistig ziemlich reife Tochter. Die hat mir mit ihren dreizehn Jahren verkündet, dass sie Jugendbücher inzwischen für zu durchschaubar hält und die Überlegung geäußert, vielleicht mal ein Erwachsenenbuch lesen zu wollen.
Ich habe erst mal meinen Mund gehalten aber gleich an "Unterm Rad" gedacht. Was denkt Ihr dazu?
[/QUOTE]Ach wäre ich doch damals schon hier eingetragen gewesen, ich hätte dieses Buch von Hesse nicht nur verschlungen wie jetzt, sondern auch noch in mein Leben eingebaut.

Darf ich fragen, ob Du Deiner Tochter damals (2007) das Buch gegeben hast?
Und??? wie ist es bei ihr angekommen?
Ich finde es, (gerade vor 3 Wochen erst gelesen,) hervorragend geeignet, schlauen Kindern ab 13 mal in die Hand zu drücken. Hesse selber hat ja auch als Bub schon die Seemannskiste seiner Großvaters leer gelesen, die über seinem Kopf im Speicher gestanden war und von ihm später hoch gelobt wurde als umfassende Sammlung von Lesekultur.

Danke noch mal für den Tipp, wenn er auch spät kommt. :)

Übrigens, Tschick von Herrendorf ist auch ein heißer Tipp. Gefällt der Jugend ausnehmend gut. Für Väter ist eher "Sand" von ihm lesenswert.

Ich möchte auch noch auf seinen Fortsetzungsartikel in Google "Arbeit und Struktur" hinweisen, in dem er seinen Kampf gegen den Hirntumor schildert. Ein Beispiel dafür, wie tapfer einer sein Los trägt und trotzdem kreativ bleibt.

Liebe Grüße
Rota

PS Statt link: Arbeit und Struktur, Herrndorf in Goggle aufrufen und die Nr. sechsundzwanzig aufrufen. Damit kann man sich dann vor und zurück scrollen.
Sehr lesenswert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Rota,:)

kannst Du den Link dazu noch reinsetzten. Das wäre nett, ich habe es so leider nicht gefunden.

Lieber Gruß
LieberTee
 
Hallo Lieber Tee,

kannst Du den Link dazu noch reinsetzten. Das wäre nett, ich habe es so leider nicht gefunden.

Ich habe die Quelle oben noch unter PS eingestellt.
Für Dich aber gern noch einmal:

Arbeit und Struktur, Herrndorf
Liebe Grüße
Rota
 
Mir persönlich gefällt das Gedicht besonders gut:

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern
es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben
und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne
der uns beschützt und der uns hilft zu leben
wir wollen heiter Raum um Raum durchschreiten
an keinem wie an einer Heimat hängen
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen
er will Stuf' um Stuf' uns heben, weiten
kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen
nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise
mag lähmender Gewöhnung sich entraffen
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegensenden
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.
- Hermann Hesse, Das Glasperlenspiel
 
Hallo Sandra,

ja, diese Zeilen von Hermann Hesse sind bekannt und beliebt - und sie sind hier im Forum schon öfter zitiert worden wie z.B. hier:

https://www.symptome.ch/threads/fruehling.2968/page-2#post-23083
https://www.symptome.ch/threads/ehe-nur-der-vernunft-halber.110120/page-2#post-935057
https://www.symptome.ch/threads/hermann-hesse.6810/page-10#post-700095
https://www.symptome.ch/threads/alles-hat-seine-zeit.93987/#post-762433

Schön, dass der Hesse-Thread wiederbelebt wird:).

Liebe Grüße,
Malve
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Malve,

es tut mir leid, ich wusste das nicht, wollte da keinen zuspamen mit dem gleichen Gedicht...:p

Aber Hesse ist und bleibt nun mal legendär!

Da muss ich noch einen wunderbaren Text da lassen...:

Das Leben hat so viel Sinn, als Sie ihm zu geben vermögen. Die Bibel und das Dogma und alle Philosophien sind nur eine Hilfe, diese Sinngebung zu erleichtern. Die Natur, die Pflanze und das Tier, bedarf der Sinngebung nicht weil sie den Gedanken und die Sünde nicht kennt. Sie lebt naiv und unschuldig. Wir Menschen sind weniger als Tiere, wenn wir versuchen wollen, ohne Sinn zu leben. Sinn gewinnt das Leben, wenn wir es, soweit möglich, dem naiven Streben nach egoistischer Lust entziehen und in einen Dienst stellen. Wenn wir diesen Dienst ernst nehmen, kommt der „Sinn” von selbst.

(Hermann Hesse: Gesammelte Briefe)
 
Mir persönlich gefällt das Gedicht besonders gut:

Stufen

Hallo Sandra,

es ist schon seltsam. Hermann Hesse wird vermutlich von mindestens genauso viel Menschen geliebt wie verachtet. Auch der kürzlich verstorbene Karlheinz Deschner (dessen Tierliebe und seine "Kriminalgeschichte des Christentums" ich sehr schätze) hat ihm in seinem Buch "Kitsch, Konvention und Kunst" als Epigonen verrissen.

Und dennoch: Ich selbst liebe Hesse. Das Ende aus seinem Gedicht "Stufen"
"Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegensenden
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde."

habe ich der Todesanzeige meiner Mutter hinzugefügt.

Liebe Grüße

Jürgen
 
Wahrscheinlich gibt es dieses Gedicht schon in dieser Rubrik. Trotzdem stelle ich es ein - es ist für mich einfach schön und treffend.
Es findet sich übrigens auf der Seite eines Zahnarztes, der mit seiner Praxis aufhört. - DAs finde ich unerwartet und schön.

Hermann Hesse :


Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!


Dr. med. dent. Wolf Brockhausen, Bochum, Ganzheitlich-naturheilkundliche Zahnmedizin

Grüsse,
Oregano
 
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